Ein Fluch? Kann man den aufheben?

Hallo, wollte mich nur mal kurz zurückmelden.

Nachdem die Diskussion hier sich ja zuletzt um meine Oma drehte, bzw. ob sie besser ins Altenheim sollte, wusste ich zunächst gar nichts dazu zu schreiben...

Bis sie letzte Woche ihre Heizung abtötete und wir sie bei uns einquartierten...

Eigentlich hatte ich mich darauf gefreut, aber so, wie sie sich verhalten hat, haben wir jetzt entschieden, dass sie nicht an Heiligabend zu uns kommt.

Echt, sie hat kein gutes Haar an GAR nichts gelassen.

Von:

„Ach, was du dir so viel Arbeit machst mit dem ganzen Weihnachtsschmuck! Das ist doch viel zu viel!“ (Nein ist es nicht, wir LIEBEN das und der Samstag vor dem ersten Advent ist immer geprägt von lustigem Kartons-vom-Dachboden-holen und Dekoration-Aufhängen und die ganze Familie hilft dabei mit!)

Über:

„Was, und die Katzen setzen sich überall auf die Stühle und Sofas???“ (Wenn sie wüsste, dass der eine am liebsten auf den Platzdeckchen auf dem Esstisch schläft…)

Oder:

"Die großen Pfoten von dieser Katze sind aber nicht NORMAL. Das ist doch sicher KRANKHAFT!" (Nein, ist ganz normal bei einem stattlichen 6 kg Kater dieser Rasse...)

Und:

„Ach, deine Sofas sehen aber noch gut aus, nach so langer Zeit mit so GROSSER Belastung (sie meinte die Katzen, natürlich). Die waren wohl SEHR teuer???“ (Ja, waren sie, und darum sehen sie auch nach Jahren so GROSSER Belastung noch so gut aus...)

Bis zu:

„Machst du den Ofen denn GAR nicht sauber, bevor du neues Feuer anmachst???“ (Nein, tu ich nicht, laut Gebrauchsanweisung soll man den Brennraum nie ganz leerkehren, das Feuer brennt besser mit einer Ascheschicht...)


Nur so als kleiner Auszug, ich war völlig fertig, als sie endlich wieder in ihr – warmes – Haus zurückging.

Sie achtet natürlich peinlich genau darauf, dass sie solche Sätze nur dann zu mir sagt, wenn wir alleine sind. Den Kindern und insbesondere meinem Mann gegenüber gibt sie die zuckersüße Oma…

Der Hammer war allerdings: „Das KIND ist so NERVÖS!“ (über meinen Jüngsten, und der ist so ein braves, ruhiges Kind, mir fast schon ZU ruhig!!) und das war echt die Krönung, denn wer nervös ist, das ist sie, sie rennt den ganzen Tag nur durch mein Haus und zieht Bücher aus den Regalen („Ach, nur KRIMIS…“ – wobei sie „Krimis“ ausspricht, als ob es etwas unanständiges wäre…) und spürt Staub auf und mäkelt über allgegenwärtige Kinderzeichnungen und über noch viel allgegenwärtigere Katzenhaare (wobei, wasch mich, aber mach mich nicht nass, sie natürlich auch gemäkelt hat, als ich turnusmäßig den Staubsauger geschwungen habe).

Und WENN sie dann mal irgendwo sitzt, dann sicher nur für ein Viertelstündchen und das auch nur auf dem Schnäpperchen… So was von UNGEMÜTLICH!!!


Fürchterlich!

Dass das Essen, das ich aufgetischt habe, auch noch geschmeckt hat, hat ihr natürlich auch nicht gepasst... Sie konnte nur gar nichts finden, um dran zu mäkeln...

Sie kam mir total neidzerfressen vor!

Wieso kann sie sich denn nicht mit mir freuen, dass wir es schön haben??

Dabei wollte ich so eine schöne Adventswoche verbringen. Nachdem ich Dienstag Abend schon einen Mini-Igel vorm Überfahren und Verhungern gerettet hatte…

…der ist jetzt in Ermangelung von Igel-Pflegestellen bei uns ins Kinder-/Gästebad eingezogen (was wiederum das Missfallen der Gräfin hervorrief…) und mampft sich nach rekordverdächtigen +43 Gramm am ersten Tag jetzt hübsch stetig 10 g/Tag auf die stachelbewehrten Rippen…

Ich weiß schon, dass meine Freundin wieder sagen wird, ich sei zu gut für diese Welt, aber nach diesen zwei Tagen ist es definitiv, dieses Jahr kann sie Heiligabend bei sich zu Hause verbringen, wo ja alles genau so ist, wie sie das gerne hätte - ohne Weihnachtsdeko, ohne Katzen, mit lummeligen, verfleckten Sofas (die Sofa-Bezüge, die ich ihr vor zwei Jahren geschenkt habe, hat sie auch schon entsorgt, damit hatten die Sofas ja wie neu ausgesehen, wie geht denn das??), ohne flackerndes Kaminfeuer und sonstige lästigen Wohlfühlfaktoren...

Ich lasse mir mein Weihnachten nicht von dieser greisen Misanthropin verderben!!

Wir werden am Nachmittag bei ihr vorbeigehen und ihr ihre Geschenke überreichen (sauteure Fotobücher, die ich jedes Jahr in mühevoller Kleinarbeit zusammenstelle und mir so viel Mühe gebe, sie schön zu arrangieren und mit einem dezenten Hintergrund zu versehen, damit sie die Seiten besser betrachten kann, nein, ich mache nicht einfach ein Häkchen bei "2 Exemplare", wenn ich die Jahres-Fotobücher für meinen Mann bestelle, sondern ändere noch extra Bilder, ersetze z.B. zwei von drei Katzenbildern durch Bilder von uns, den Kindern oder vom Garten, weil ich weiß, dass sie Katzen nicht mag...) und doch weiß ich schon, dass sie wieder nur herummäkeln wird, warum z.B. Fotos drin sind von Freunden von uns, mit denen wir gegrillt haben, oder von der Taufe von unserem Patenkind und wie es das erste Mal bei uns zu Besuch war und so - aber sowas gehört doch zu unserem Familienleben, und nur weil sie sämtliche Familienfeste meidet und sämtliche Verwandtschaftsbesucher vergrault und einsam auf ihrem Berg hockt, müssen wir das doch auch nicht machen - oder zumindest im Foto-Jahresbuch so vorgaukeln???

Nein, Schluss aus Ende, Weihnachten wird schön und entspannt...

Da kommen lauter NETTE Leute, unser Patenkind nebst Familie und ein alter Freund von meinem Mann haben sich für die Feiertage angekündigt, da ist es doch gerade schön, wenn wir den Heiligabend im Kontrast zu den trubeligen Feiertagen ganz ruhig und nur en famille mit drei Kindern und drei Katzen verbringen...

DIE sind ja trubelig (oder sollte ich sagen: "nervös") genug!


Vielen Dank,

ohne die Diskussion über Altersheim wäre ich nie zu dieser Entscheidung gelangt, hätte nur wieder zum 100-tausendsten Mal meine andere Wange hingehalten - Schluß mit der pseudochristlichen Heuchelei, ICH bin auch was wert!
 
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Danke für die Blumen, Rena!

Nur eine winzige Richtigstellung: Sie ist nicht meine Mutter, sondern meine Oma.

Meine Mutter hat sich schon vor längerem vom Acker gemacht...

Jetzt kristallisiert sich alles konzentriert heraus:

War gestern beim Tierarzt, der residiert schräg gegenüber von meiner Oma, und alle waren ganz bestürzt, dass ich so fertig aussehe.

Auch kein Wunder, denn sie hat es fertiggebracht bei ihrem Aufenthalt die massiven "Störwellen", die sie mit sich trägt, bei uns festzusetzen, so dass unsere Heizung, die in homöopathischen Dosen herumzickte, sich just nach Beendigung ihres Aufenthaltes bei uns dazu entschloss, sich zu steigern und letztendlich am Sonntag in Dauer-Störungs-Modus überging.

So dass wir uns gezwungen sahen, gestern den Werkskundendienst antraben zu lassen, der fast alles, was getauscht werden kann, austauschte und eine stolze Rechnung in Höhe von 940 EURO präsentierte.

Nein, so was hebt die Stimmung nicht, und das erklärt, warum ich so mies aussah...

Habe dann dem Vet die Stories von meiner Oma erzählt (er musste auch fürchterlich schmunzeln zunächst) aber dann wurde er ernst und sagte mir, dass er beim Gassiführen seiner Hunde eine der Pflegekräfte am Gartentor fast zusammenbrechen sah, und natürlich sofort zu Hilfe eilen wollte - und dass diese dann gemeint hätte, wenn die Pflegedienstleitung ihr noch eine solche Patientin in den Tagesplan einteilen würde, dann würde sie umgehend fristlos kündigen - weil man es mit meiner Oma überhaupt nicht aushalten könne.

Uns war auch schon aufgefallen, dass sie gar kein gutes Haar an den Pflegekräften lässt, nichts, was die machen, ist ihr recht, bzw. wie sie es machen.

Dabei sind das so nette, wirklich engagierte Frauen, die mit einer riesigen Portion Engelsgeduld ausgestattet sind!

Unser Vet meinte dann, dass die ganze Nachbarschaft schon darüber rede, wie meine Oma mit den Pflegekräften umspringt!!!

Doch jetzt die Krönung: Gerade eben erreicht mich der Anruf des Sanitär-Installateurs, der sie betreut, heute morgen um halb fünf (!!!) habe meine Oma angerufen und den Chef aus dem Bett geklingelt, es habe eine Verpuffung in ihrem Gas-Wasserboiler gegeben.

Der Chef, der wohl schon das ganze Häuschen in die Luft fliegen sah, ist sofort hin gerast - um festzustellen, dass er a) keine Spuren einer Verpuffung entdecken kann und b) alle Sicherungsmaßnahmen korrekt funktionieren.

Weil er sich aber solche Sorgen machte, hat er dann noch einen Mitarbeiter noch mal alles auseinander bauen lassen - und auch der konnte keinen Anhaltspunkt für eine Störung entdecken.

Jetzt rief mich dieser Mitarbeiter an (der Chef ist auf Messe gefahren...) und bat mich förmlich händeringend darum, die Flüssiggasanlage durch einen Elektroboiler ersetzen zu dürfen, denn "es sei kein Zustand, dass die alte Dame sie in dreiwöchentlichem Abstand mit solchen Alarmmeldungen in Aufruhr versetze..."

Was soll ich machen???

Das Problem ist doch, sie macht das (unbewusst oder bewusst) mit ABSICHT!

Gut, sie ist 90 - aber dank der "bösen" Schwestern vom Pflegedienst, die ihr auf die Finger kucken, dass sie die Tabletten auch wirklich schluckt und nicht das Klo runterspült, fitter denn je!

Wir waren Sonntag Abend kurz bei ihr - sie spielte Klavier, dass es einem die Schuhe auszieht, so perfekt! Besser, als sie das mit 70 (und verschlampter Tabletteneinnahme) getan hat!

Und bezüglich des Aspekts soziale Vereinsamung: Sie hat deutlich MEHR soziale Kontakte, als früher!

Jeden Tag kommen DREI Pflegedienstmitarbeiterinnen vorbei, derzeit sogar vier, weil sie eine Druckstelle am Fuß hat, die versorgt werden muss.

Ich schaue zwei bis dreimal die Woche vorbei, meine Tochter einmal die Woche, verschiedene Nachbarinnen kommen einmal die Woche vorbei - früher, als sie noch fit war, da saß sie den ganzen Tag nur alleine in ihrer Wohnung, jetzt gibt es alle 14 Tage einen Ausflug mit dem Pflegedienst!!

(Wobei, was für ein AKT war das, bis sie da endlich mitging - und recht ist es ihr auch nicht - eigentlich...)

Früher hat sie nur mit ihrer Schwester, die unten im Haus wohnte, nachmittags Kaffee getrunken.

Die Schwester, die älter war und gebrechlicher, die hatte ein festes Netzwerk an Bekannten, die immer regelmäßig zu ihr kamen, und was hat meine Oma sich da nicht das Maul darüber verrissen, was das für "primitive Leute" wären.
ARGH!
Sie ist dann immer lieber oben in ihrer Wohnung geblieben... Fein vornehm und hat ihr Silberbesteck poliert oder sonst was sinnvolles gemacht...


Was tut man da???
 
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hy,
das ist echt klasse.
Du schreibst das so schön, das man meint, man sitzt mitten drin.
Im Ernst: da kannman nix machen. Die frau ist es gewohnt zu nörgeln und zu quängeln, dadurch bekommt sie Aufmerksamkeit. Die braqucht sie auch, ob sie das nun zugeben will oder nicht. Das alleinsein ist zwar manchmal nett, aber eigentlich ist es sch**** und eigentlich hätte sie viel lieber Beziehungen die funktionieren. Nur wie so was funktioniert, weiß sie nicht, woher denn auch?
Anscheinend fehlt ihr was. Ich nehme mal an, sie ist Witwe, sonst würdest du von deinem Opa schreiben. Lebt ihre Schwester noch?
Lebt eigentlich überhaupt noch jemand aus ihrer Generation?
Vermutlich nein.
Die Leute im Altenheim sind dann auch ganz sicher genau die, die sie noch nie leiden mochte und die möglicherweise sie in der schule übelst hänselten...etc.
Doch, kenn ich teilweise und teilweise kann ich dieses stachelige, borstige Verhalten verstehen. Es ist Abwehr, Schutz und vor allem Selbstschutz. Wenn sie sich öffnen würde, könnte sie dann wirklich weiterleben mit dem Wissen, das das Leben auch angenehmer sein könnte? Wenn sie deine Familie sieht, weiss sie, dass sie ja doch wieder zurück muss in die Einsamkeit. Vlt. war das Alleinsein mal eine gute Idee gewesen, aber jetzt?
Und ich bin mir sicher, das sie vieles wenn nicht sogar alle diese Gedanken und Empfindungen ins Ubterbewusste verbannt. Warum sonst sollte sie sich derart verhalten?
Davon mal abgesehen, dass sich auch die Gesellschaft verändert hat, alles ist ungewohnt modern geworden, aber die eigene Erziehung und die Erinnerungen an früher an das was war und irgendwie auch richtig war, bohren immer noch, die nachrichten berichten von Gewalt, überall lauern böse Menschen. Die Bild berichtet so oft von Menschen, die die eigene familie abschlachten. Das manifestiert sich oft in den Gedanken.
Lieber beisse ich ehe ich gebissen werde. Wenn der Preis Einsamkeit ist, garantiert mir das aber den vorteil, dass man mich nicht verletzten kann. Blöd ist nur das Gefühl, das etwas fehlt.
Das muss man ignorieren, sonst dreht man durch.
Es ist gut, dass du dich jetzt behauptest, dass du deinen standpunkt deutlich machst. Das ist ein großer Schritt und er kann reichlich weh tun.
Aber ehrlich, frag sie bei Gelegnheit mal, nur so, wie sie sich als frau eigentlich fühlt. Sie war doch mal eine junge frau, mit einem Mann, mit einer familie, was denkt sie jetzt, warum beisst sie so um sich und schreit im nächsten Moment auf vor Einsamkeit?
Was ist die Ursache?
Ich glaube nicht, das man die Ursache beheben kann, geschweige denn, dass sich ihr Verhalten ändern wird, dazu ist es wahrscheinlich schon zu spät. Aber ehrlich, sie wird nicht ewig da sein. Sieh sie als das was sie ist, nicht nur eine Oma, Mutter, Witwe, sondern eine frau.
Bevor meine Oma starb habe ich mit ihr ebenfalls ein Gespräch von Frau zu Frau geführt. Es tat uns gut, es war aufschlussreich und ich liebe sie dafür, dass sie mich hat in sie sehen lassen, in ihre Geschichte. Was meinst du, wie oft wir uns gefetzt haben. Aber Letztlich haben wir uns dann doch wieder vertragen.
Ich wünsche Euch alles Gute, es gibt kein Patentrezept für solche Verstrickungen, aber mögliche Lösungen evtl.

LG
Leprachaunees
 
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