Eigene Entscheidung oder Schicksal?

Aus der Literatur, aus erlebten Familienaufstellungen. Oder ist diese Verallgemeinerung falsch (wie so alle im FA)?
Wie das im allgemeinen ist mit den Verallgemeinerungen (und ganz unabhängig von FA), das wär auch diskutabel... im konkreten Fall halte ich diese Verallgemeinerung für falsch.

Ich erinnere mich, dass Hellinger früher - und auch in Publikationen - die Ansicht vertreten hat, es dürfe niemand aus dem Familiensystem ausgeschlossen werden mit Ausnahme der Mörder ... die würden sich selbst rausstellen. Seit einigen Jahren sagt Hellinger selbst, dass er diese Anschauung nicht mehr aufrecht erhalten könne, auch die Mörder gehörten zum System, da auch sie von einem Größeren in den Dienst genommen wären, über das uns ein Urteil nicht zustünde. Da liegt ja nicht zuletzt auch ein Motiv für die politischen Auseinandersetzungen rund um Hellinger.

Etwas anderes ist die Frage von Schuld und Schuldausgleich. Das scheint einer der wirksameren Dynamiken in systemischen Verstrickungen zu sein, wenn etwa ein später Kommender in seinem Leben eine Schuld auszugleichen versucht, die auf einem Ahnen lastet. Wobei Varga von Kibed darauf hervorhebt, dass Hellinger den Schuldbegriff von seinen moralischen Implikationen befreit und ihn sozusagen zu einem ökonomischen Begriff umgeformt hätte (aufbauend auf chassidischen Wurzeln): Jemand etwas schuldig bleiben, also jeweils nur aus der Beziehung heraus zu verstehen. Und das eröffnet die Möglichkeit, auch etwas auszugleichen, was ich schuldig geblieben bin.

Der kleine Franzi ist also nicht berechtigt, dem Urgroßvater eine Schuld vorzuwerfen, die er in Beziehung zu seinem - z.B. - Sohn, also Franzis Großvater, auf sich geladen hat. In der Aufstellung können das Franzis Uropa und sein Opa klären, was sie einander schuldig geblieben sind, und das befreit Franzi von der Verstrickung mit unausgeglichenen Schuldigkeiten. Er kann es nicht "für seinen Opa" tun. Es befreit ihn dann, wenn er zugleich auch darauf verzichtet, das zwischen Uropa und Opa Gewesene nach seiner eigenen Moral zu bewerten.

Alles Liebe,
Jake
 
Werbung:
Schönen guten Morgen! :liebe1:

Ich habe mir Eure Beiträge ein paar Tage lang durch den Kopf gehen lassen.

Ich möchte mal aus meinem Verständnis heraus kurz zusammenfassen, welche Möglichkeiten sich herauskristallisiert haben (verbessert mich bitte, wenn ich irgendetwas falsch verstanden haben sollte):

Wenn ich nun von "Schuld" spreche, so möchte ich bitte es ohne Bewertung verstanden wissen, sondern eher im Sinne von "Fremdlast"....

(Harry) Die Theorie des "Plans" vor der Geburt, die besagt, dass jeder sich die Familie aussucht, die die besten Voraussetzungen für die eigene Entwicklung bietet - "Schuldübernahme" von Ahnen gehören hier allerdings NICHT dazu. Sie wieder zu übergeben, führt den Betreffenden wieder näher zu seinen eigentlichen Aufgaben.

(Reinhard) Das Modell der Reinkarnation. Demnach suchen wir uns, aufgrund von entstandenen "Schienen" die nächste Problematiken für die kommende Inkarnation aus, um sie auflösen zu können - Schuldübernahmen von Ahnen sind dabei vorgesehen.

(Pluto) Der Denkansatz, dass es ein Schicksal gibt, etwas, das außerhalb von uns entscheidet, wer welche Probleme der Ahnen übernimmt.

(Jake) Die Meinung, dass es KEINEN kausalen Zusammenhang gibt, sondern im Prinzip nur beobachtet werden kann, dass gewisse Gewohnheiten (um das Wort Gesetzmäßigkeiten zu vermeiden ;)) innerhalb eines Systems wirken.

Ja, und schließlich noch meine (derzeitige) Theorie, die das Entstehen der Resonanz auf ein bestimmtes Problem und damit der Bereitschaft, eine bestimmte Fremdlast zu übernehmen, in der Kindheit vermutet.

Ich hoffe, ich habe keine Meinung dazu übersehen....

Ich kann nun davon ausgehen, dass alle Theorien oder Denkansätze gleich-gültig sind. Jedem das Seine - ist doch was Schönes:liebe1: .

Doch irgendwie frustriert mich das auch ein bissi. :clown: Ich habe das Gefühl, auf der Stelle zu treten und bei diesem Thema nicht weiterzukommen.

Liebe Grüße
Reinfriede
 
Hallo Reinfriede,

Doch irgendwie frustriert mich das auch ein bissi. Ich habe das Gefühl, auf der Stelle zu treten und bei diesem Thema nicht weiterzukommen.

Meinst du wegen der Schuld, wegen des Schicksals oder wegen etwas anderes? Was ist dir noch nicht klar?

Jake hat schon über die Schuld geschrieben. Ergänzen möchte ich dazu: Schuld entsteht, wenn ich einem anderen etwas antue. Der andere hat einen Schaden dadurch. Ich sehe nicht ein, dass ich etwas getan hätte, was falsch gewesen war und verharre in meinem Tun (Recht haben). Diese Schuld kann wieder ausgeglichen werden, wenn ich dem anderen dann etwas gutes tue. Geschieht dies nicht, kann ein Später geborener diese Schuld auf sich nehmen und versuchen sie auszugleichen. Es hilft ihm nichts, weil er nichts getan hat. Es hilft ihm, die Schuld bei dem Vorfahren zu lassen, wo sie hingehört.

Das waren jetzt zwei Ebenen von Schuld:
a) meine eigene für begangene Taten, die ich nicht wiedergutgemacht habe
b) übernommene von Vorfahren (die dann auch zum sog. Helfersyndrom führen kann)

Liebe Grüße pluto
 
Ich kann nun davon ausgehen, dass alle Theorien oder Denkansätze gleich-gültig sind. Jedem das Seine - ist doch was Schönes:liebe1: .

Doch irgendwie frustriert mich das auch ein bissi. :clown: Ich habe das Gefühl, auf der Stelle zu treten und bei diesem Thema nicht weiterzukommen.
Liebe Reinhilde,

Das wundert mich nicht. Solange das abstrakte Gedankenkonstrukte bleiben, bewirken sie nichts. Wenn ich Dich richtig verstanden habe, ist bei Dir ja die Suche nach Erklärungen Teil des Problems und nicht Teil der Lösung.

Was mir bisher nicht klar geworden ist : wofür genau Du eine "Erklärung" suchst. Oder noch besser : was genau Dir fehlt und Du Dir wünscht. Was (oder wer) auch immer das ist - dort hilft es nicht, die "Erklärung" zu finden, sondern zB. die entsprechende Verstrickung zu lösen. Nicht denken, sondern tun und leben. In welchem Punkt weichst Du vom Erleben ins Überlegen aus ?

Wie ich es verstanden habe, sind das alles nämlich gerade keine Theorien und Gedankenansätze - sondern Formen wie Zusammenhänge ERLEBT werden. Solange Du die Antworten als abstrakte Gedankengänge siehst, hast Du den (meiner Meinung nach) wesentlichsten Punkt nicht verstanden (auch wenn Du sie inhaltlich korrekt wiederholst) : dass das Lebensformen sind und keine abstrakten Gedanken.


Im Bild : Du fragst, wie Leute Topfenstrudel machen, und bekommst einige Antworten. Dann sagst Du, "Frustrierend, jetzt habe ich zwar einige Rezepte, aber ich bin immer noch hungrig." Ein Kochrezept wird erst dadurch hilfreich, wenn man es anwendet und danach kocht.

Die "Erklärung" ist ja quasi die Diagnose - und die beste Diagnose hilft nichts, wenn nicht die entsprechende Therapie folgt.

Wenn ich weiß, dass kein Luft im Fahrradreifen ist, weil im Reifen ein Loch ist - ist deswegen noch immer keine Luft drinnen. Erst wenn ich die Erklärung dazu nütze, das Loch zu kleben und dann Luft reinzupumpen - erst dann wird sie hilfreich.

Erklärungen zu suchen, kann auch eine Form sein, Lösungen zu vermeiden.

Liebe Grüße, Reinhard
 
PS.: Das ist es, was ich an Aufstellungen so schätze. Worüber man endlos reden, diskutieren und nachdenken kann (ohne dass es etwas bewirkt) - wird dort oft in kürzester Zeit klar : was ist zu TUN (oder : was ist zu LASSEN oder ZUZULASSEN.) Und dann liegt es an einem selbst, ob man diesen Schritt geht oder nicht.

LG, Reinhard
 
Hallo Reinfriede,

(Harry) Die Theorie des "Plans" vor der Geburt, die besagt, dass jeder sich die Familie aussucht, die die besten Voraussetzungen für die eigene Entwicklung bietet - "Schuldübernahme" von Ahnen gehören hier allerdings NICHT dazu. Sie wieder zu übergeben, führt den Betreffenden wieder näher zu seinen eigentlichen Aufgaben.

Nur der Vollständigkeit halber :
Reinkarnation gehört bei meiner Meinung auch noch dazu :)

LG
Harry
 
Hallo Pluto,

zur "Schuld" gabs, glaub ich, auch schon einige Threads....

Ich versuche mich mal aufs neue. Mal schaun, was dabei rauskommt.

Ergänzen möchte ich dazu: Schuld entsteht, wenn ich einem anderen etwas antue. Der andere hat einen Schaden dadurch.
Das glaube ich nicht. Auch FA's zeigen das. Nach meiner Meinung des "Plans" https://www.esoterikforum.at/forum/showpost.php?p=849393&postcount=32 Beitrag #32 und erlebten Aufstellungen gibt es nur Schuld, wenn ich jemandem ohne Einverständnis etwas antue. Und das Einverständnis kann auch vor der Geburt ( eine Art Abmachung ) gegeben worden sein.
Bsp. Täter / Opfer.
Das Wort Opfer in dem Zusammenhang Täter/Opfer spricht schon Bände. Unsere Sprache hat kein anderes Wort dafür. Ich glaube, dass es viele Fälle von Tätern gibt, die das wirkliche Opfer sind ( etwas aufgeben, verlieren ), weil sie die Tat im Einverständnis mit dem Opfer begingen. Sprich, das Opfer wurde beschenkt, der Täter spielt in diesem Leben den bösen Buben ( aus Liebe zum Opfer in diesem Leben/Inkarnation).
Ein heisses Thema, ich bin mir dessen bewusst.

Diese Schuld kann wieder ausgeglichen werden, wenn ich dem anderen dann etwas gutes tue.
Nein. Man kann sich nur entschuldigen, wenn es ein Übergriff ( ohen Einverständnis des Opfers ) war oder es ist gar keine "Schuld", s. oben.

Das waren jetzt zwei Ebenen von Schuld:
a) meine eigene für begangene Taten, die ich nicht wiedergutgemacht habe
b) übernommene von Vorfahren (die dann auch zum sog. Helfersyndrom führen kann)
Meiner Meinung nach gibt nur eine Art: Die Tat ohne Einverständnis ( = Übergriff ).

Somit gibt es auch Taten - die ich aus Liebe zu einem Ahn und in dessen Auftrag - begehe,
ohne Schuld, wenn mit Einverständnis des "Opfers". ( Nenn ich mal das positve Helfersyndrom, weil angemessen )

Alles Liebe
Harry
 
Wenn ich Dich richtig verstanden habe, ist bei Dir ja die Suche nach Erklärungen Teil des Problems und nicht Teil der Lösung.

Ich würde hier gar nicht mal so unterscheiden wollen in Problem oder Lösung - es geht mir darum, WARUM es so ist.
Was mir bisher nicht klar geworden ist : wofür genau Du eine "Erklärung" suchst. Oder noch besser : was genau Dir fehlt und Du Dir wünscht.
Ich sehe schon, ich habe mich nicht verständlich ausgedrückt - ich versuche es nun:

Ich habe vor nicht allzu langer Zeit als Statist bei meiner ersten FA mitgemacht - ich war schwer beeindruckt. Es war toll, plötzlich die Haltung eines anderen zu spüren, Gedanken zu empfinden, die "nicht meine" sind.

Und nun frage ich mich natürlich, WARUM. Ich meine dieses "natürlich", weil ich IMMER nach dem Warum frage, es gehört zu mir.:clown:

Es entstanden nach dieser Aufstellung viele "Warums", einige davon konnte ich für mich klären - die Logik möchte ja auch befriedigt werden.

Doch an dieser Frage, dem Grund für diese Übernahme der Fremdlast, bin ich hängengeblieben. Jetzt bietet sich das Bild, dass es dazu verschiedene Erklärungsmodelle gibt - je nach Gusto.

Und damit habe ich ein Problem - ich verstehe nicht, wenn es verschiedene Ansichten gibt, warum an diesem Punkt nicht weitergeforscht wird.

Die Diskussion erinnert mich an ein Gespräch mit einem Internisten, der bei mir den M. Meulengracht diagnostiziert hatte. Ich fragte ihn, ob denn, da ja das Bilirubin aus dem Blut in der Leber nicht konjugiert werden könne, dieses nicht bei der Zusammensetzung der Gallenflüssigkeit fehlen würde - der Internist schaute mich verdutzt an, klopfte mir auf die Schulter und sagte: "Die Hauptsache ist, dass sie gesund sind!" .......So ähnlich fühle ich mich jetzt.

In welchem Punkt weichst Du vom Erleben ins Überlegen aus ?
Äh, das habe ich jetzt nicht verstanden :confused:

Wie ich es verstanden habe, sind das alles nämlich gerade keine Theorien und Gedankenansätze - sondern Formen wie Zusammenhänge ERLEBT werden. Solange Du die Antworten als abstrakte Gedankengänge siehst, hast Du den (meiner Meinung nach) wesentlichsten Punkt nicht verstanden (auch wenn Du sie inhaltlich korrekt wiederholst) : dass das Lebensformen sind und keine abstrakten Gedanken.
Lieber Reinhard, hier verstehe ich das ebenfalls nicht - da hast Du recht. Was meinst Du mit Lebensformen?

Im Bild : Du fragst, wie Leute Topfenstrudel machen, und bekommst einige Antworten. Dann sagst Du, "Frustrierend, jetzt habe ich zwar einige Rezepte, aber ich bin immer noch hungrig." Ein Kochrezept wird erst dadurch hilfreich, wenn man es anwendet und danach kocht.
Vielleicht kann man es so formulieren: Ich frage nicht nach dem Rezept, sondern will verstehen, warum der Teig durch die Zugabe von Backpulver aufgeht - die Chemie sozusagen, das WARUM. Warum funktioniert es?

Erklärungen zu suchen, kann auch eine Form sein, Lösungen zu vermeiden.
Und auch bei diesem Satz stehe ich an - was sollte daran falsch sein, etwas wissen zu wollen? :confused:

Leicht verwirrte Grüße
Reinfriede
 
Werbung:
Hallo Harry,

sich zu entschuldigen kann man üben und das kann dann recht einfach sein. Auch wenn ich mich ernsthaft bei jemandem, dem ich etwas angetan habe, entschuldige, ist damit die Tat noch nicht aus der Welt. Ungeschehen kann ich sie nicht machen, aber mich nur zu entschuldigen, weil ich meinen Fehler eingestehe ich ein bisschen dürftig und mir aus dem systemsichen Zusammenhang nicht bekannt.

Meiner Meinung nach gibt nur eine Art: Die Tat ohne Einverständnis ( = Übergriff ).

Verstehe ich jetzt nicht ganz. Taten werden meines Wissens immer ohne Einverständnis des anderen verübt. Ebenso werden sie ohne Einverständnis eines anderen übernommen.

Somit gibt es auch Taten - die ich aus Liebe zu einem Ahn und in dessen Auftrag - begehe,
ohne Schuld, wenn mit Einverständnis des "Opfers". ( Nenn ich mal das positve Helfersyndrom, weil angemessen )

Soweit ich in Familienaufstellungen gesehen und erlebt habe, waren das immer Übergriffe und das Opfer war auch nie mit einverstanden, wenn ein Späterer für ihn etwas übernommen hat. Im Gegenteil. Die Früheren sind froh, wenn alles, was mit ihnen zu tun hat, bei ihnen bleibt und bleiben kann und sich kein Späterer einmischt und ihres als seines ansieht.

Ich habe genügend Menschen mit Helfersyndrom kennengelernt, und alle mussten sich durch ihr Helfen beweisen, dass sie so gut sind. Es ging einzig um sie und der andere, dem geholfen wurde, war einzig ein Vorwand um eigene Bedürfnisse zu befriedigen. Zu Beginn einer solchen Beziehung findet es der Gefolfene klasse, dass sich endlich jemand für ihn interessiert. Mit dem Andauern einer solchen Beziehung merkt er, dass der andere sich immer mehr in sein Leben einmischt und ihm Dinge (Helfen) aufdrückt, ohne gefragt worden zu sein und die er auch nicht will.

Das Wort Opfer in dem Zusammenhang Täter/Opfer spricht schon Bände. Unsere Sprache hat kein anderes Wort dafür. Ich glaube, dass es viele Fälle von Tätern gibt, die das wirkliche Opfer sind ( etwas aufgeben, verlieren ), weil sie die Tat im Einverständnis mit dem Opfer begingen. Sprich, das Opfer wurde beschenkt, der Täter spielt in diesem Leben den bösen Buben ( aus Liebe zum Opfer in diesem Leben/Inkarnation).
Ein heisses Thema, ich bin mir dessen bewusst.

Ähnlich habe ich es bisher auch erlebt. Allerdings habe ich festgestellt, dass Täter und Opfer Stigmas sind, wobei der Mensch dahinter vergessen wird und verloren geht. Verena Kast hat einmal geschrieben, dass die Opfer in Wirklichkeit die wahren Täter sind, weil sie den anderen durch ihr Agieren in die Rolle des Bösen manipulieren. Sie hat auch festgestellt, dass die Opferhaltung gerne angenommen wird und Täter keiner sein will. Und sie hat herausgefunden, dass wir alles beide in uns haben. Einmal ist der Täter-Anteil in uns größer, einmal der Opfer-Anteil. Daraufhin habe ich mal die Menschen beobachtet und festgestellt, dass ich auch Täter-Anteile in mir habe und dass diese Verhaltensweisen sehr weit verbreitet sind.

Liebe Grüße pluto
 
Zurück
Oben