Eigene Entscheidung oder Schicksal?

Wow, da geht's ja wieder mal rund... ich stimme A-Nummer zu, dass vieles hier mit syst.-phän. Aufstellungsarbeit nichts zu tun hat, nicht einmal seine eigenen Ansichten, was denn syst.-phän. Aufstellungsarbeit wäre - auch da lese ich vor allem Glaubenssätze, was rechtgläubige Aufstellung wäre. Durchaus okay, wenn sich solche Glaubenssätze darin bescheiden würden zu bleiben, was sie sind - austauschbare Ansichten. Es fehlt halt die kanonische Dogmatik ... weil je gerade Hellinger der letzte wäre, der sagen würde "Meine Arbeit ist die einzig wahre!" (Unterstell ich ihm jetzt mal ... auch ein Glauben). Es erinnert mich ein wenig an Rudolf Steiner, der seinerzeit die Annahme der Ehrenmitgliedschaft in der Anthroposophischen Gesellschaft verweigert hätte (berichtet Döbereiner) mit der Bemerkung, es röche ihm da zu sehr nach Sakristei.

Außerdem fange ich mit der Feststellung, was etwas nicht wäre, wenig an. Ich fange auch - einfach wegen anderer spiritueller Zugänge - mit der Befragung innerer Seelenanteile nichts an, und ich habe auch Bauchweh bei dem Schicksalsbegriff, wie er m.E. häufig recht pauschal verwendet wird in der Annahme, es könnten eh alle nur das Gleiche drunter verstehen.

Problematisch erscheinen mir oft gewisse Warum-Fragen. Ich sehe weit und breit keine schlüssige Antwort darauf, warum der kleine Franzi mit seinem Urgroßvater verstrickt ist. Ich erlebe in einer Aufstellung (und interessanterweise in ganz unterschiedlichen Aufstellungsverfahren, sehr zum Ärger der jeweils anderen, wenn sie auf Abgrenzung bedacht sind), dass sich eine Verstrickung des kleinen Franzi mit seinem Urgroßvater zeigt. Und dass es gut wirkt, wenn diese Verstrickung in angemessener Weise gelöst wird - wobei "angemessen" je nach Aufstellungsphilosophie wiederum unterschiedlich geübt wird. Wenn dann der kleine Franzi nach einer Weile berichtet, dass sich viel in seinem Leben zum Besseren geändert hat, kann ich
a) das nur dann akzeptieren, wenn ich mir auch erklären kann, warum das so ist ... das führt dann entweder zu nachvollziehbaren Annäherungen, zu Konstrukten, die sich in ihrer Unsicherheit dogmatisch abzusichern versuchen, oder zu Ablehnung à la Palmström, dass "nicht sein kann, was nicht sein darf". Wie auch immer, dem kleinen Franzi geht es besser.
b) kann ich das einfach sehen und nehmen und schauen, ob es ähnliche Phänomene auch anderswo gibt, und kann Strukturen untersuchen und mich bemühen zu erkennen, ob solche Strukturen nach bestimmten Regelmäßigkeiten verlaufen - das ist keine Erklärung der Warum-Frage, sondern eine Vertiefung von Vertrauen in Wirkendes durch Beobachtung. Matthias Varga von Kibed sagte mal, er könne den Begriff "systemisch" nicht befriedigend definieren, sondern er gebrauche ihn vorwiegend auf dem Boden eines Komparativs: Etwas sei umso systemischer, je mehr es auf kausale Begründungen (die Warum-Frage) verzichten könne. Das gefällt mir.
Das gefällt mir vor allem, weil es mir ermöglicht, das Mysterium zu nehmen. Ich brauch mir keine Erklärungen dafür zu basteln, die mir (mir!) angesichts des Unfassbaren, Unbenennbaren oft sehr nach dem Maß der eigenen Scheuklappen gestrickt erscheinen ... ich seh meine Grenzen und das, was von jenseits meiner Grenzen hereinwirkt, und ich kann damit leben.

Alles Liebe,
Jake
 
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Schönen Guten Morgen! :liebe1:

Wieder einmal: Herzlichen Dank für Eure Antworten - vieles davon stößt bei mir auf Resonanz, vieles bringt mich ins Schleudern. :weihna1

Etwas sei umso systemischer, je mehr es auf kausale Begründungen (die Warum-Frage) verzichten könne. Das gefällt mir.

Schade, Jake - die Warum-Frage finde ich so interessant, dass der Begriff "systemisch" mich nicht trösten kann.... ich wäre gerne schon so relaxed, dass ich das so sehen könnte *zugeb*

Ich grüble über das Warum und möchte ganz einfach und naiv laut vor mich hindenken:

Kann es nicht sein, dass einfach alles durch das Gesetz der Resonanz ausgelöst wird?

Ein Beispiel:

Ein Kind nimmt Bezug zu einem bestimmten (Lebens)Thema auf, sei es nun durch "aktives Wählen" vor der Inkarnation oder in den ersten Lebensmonaten durch Traumata oder einfach prägende Erlebnisse (z.B. die Mutter wird krank, liegt im Spital - das Kind erfährt die Gefühle des Verlierens der Bezugsperson mit voller Wucht und "öffnet" sich ab diesem Zeitpunkt für alle damit verwandten Themen).

Nun gibt es dadurch eine Resonanz zum, bleiben wir beim Beispiel Verlassenheitsangst, relevanten Thema. Wenn nun ein Vorfahre genau dieses Thema berührt (Mutter verloren oder ähnliches), dann reisse ich mich geradezu darum es zu übernehmen, weil es in meine Ängste reinspielt.

Oder kann es sein, dass man Themen der Ahnen in Wahrheit über seine Eltern aufnimmt? Dass die Eltern schon dieses "Problem" mitgeschleppt haben und es nun einfach als "Nebenprodukt" mitübernommen wird?

Hm, ist das nun völlig verdreht, was ich mir da in meiner ewigen Warum-Fragerei zusammenreime?

Liebe Grüße
Reinfriede
 
Hallo Reinfriede!

Wenn das "Gesetz der Resonanz" für Dich eine befriedigende Erklärung ist, dann stimmt's für Dich ja eh. Und wenn es nicht mehr stimmt, wirst Du andere Erklärungsmodelle suchen (oder nicht).

Ich für mich - und ohne das jetzt zu Deiner Sichtweise in Konkurrenz zu stellen - kenne kein "Gesetz der Resonanz" und habe keine Ahnung, wer das erlassen haben könnte. Ich beobachte häufig Phänomene, die sich als Resonanz beschreiben lassen, und das legt es nahe, in ähnlich gelagerten Fällen solche Modelle zu verwenden ... ohne ein "Gesetz" draus zu machen: Es kann im Einzelfall vielleicht auch ganz anders sein. Rupert Sheldrake hat mal angeregt, die "Naturgesetze" als "Gewohnheiten der Evolution" zu betrachten. Und Rupert Riedl (warum heißen Biologen so gern Rupert???) fragte mal "Wieviele weiße Schwäne müssen vorbeifliegen, damit ich sicher sein kann, dass der nächste kein schwarzer Schwan ist?"

Vielleicht sind wir da ja gar nicht so weit auseinander - du nennst es Gesetz, ich nenne es strukturelle Analogie... aber zurück zu den Aufstellungen: Ich glaube(!) schon, dass Aufstellungen keine Warum-Fragen beantworten ... ich scheue mich auch davor, weil das ganz schnell zu (oft auch nur latenten, unbewussten) Schuldzuweisungen führen kann: Der Urgroßvater ist schuld, dass es dem kleinen Franzi schlecht geht. Darauf zu verzichten, das wäre die mir sympathischere systemische Betrachtung. Auf einer anderen Ebene tauchte das bei C. G. Jung auf, als er die Phänomene der Synchronizität beschrieb. Die waren auch kausal nicht zu erklären und dennoch zu beobachten (für den, der bereit war, sie als solche zu beobachten). Und wo sich solche Sichtweisen von Kausalität und Schuldzuweisung einschleichen, verlieren Aufstellungen meines Erachtens deutlich an Wirkung. Das besagt aber nichts über die Berechtigung oder Nicht-Berechtigung, die Warum-Fragen in all ihrer Unendlichkeit zu stellen.

Alles Liebe,
Jake
 
Lieber Jake!

Mit dem Wort "Gesetz" hast Du mich jetzt erwischt ;) - es ist nicht richtig, Gesetz zu schreiben, mit der Beschreibung "Gewohnheit" liegst Du sicher näher dran. Gesetz klingt so dogmatisch....

Den Gedankengang, warum Kausalität eine Schuldzuweisung nach sich ziehen könnte, kann ich nicht ganz nachvollziehen, insbesondere wenn ich Resonanz als Ursache annehme.

Resonanz hat ja in erster Linie etwas mit mir zu tun - als alter Solipsist muss ich das wohl so sehen *grins* - "Schuld" in dem Sinne sehe ich da keine :confused: (beim Großvater oder Onkel Franzi etc.).

Liebe Grüße
Reinfriede
 
Zu den Warum-Fragen (und Nicht-Warum-Fragen) :

Für mich ist das wie bei einer Wanderung : einmal geht's bergauf, dann wieder bergab, dann wieder eben dahin. Jeder ist gerade auf seinem Punkt des Weges. Da kann man auch nicht sagen : wer hat recht - der der jetzt gerade bergauf geht (der "warum" fragt) oder der, der jetzt bergab geht (der nicht "warum" fragt). Entscheidend ist, ob man auf dem EIGENEN Weg ist und den Schritt geht, der gerade ansteht. Wie heißt es so schön : Der Weg entsteht im Gehen.

Alles hat seine Zeit - das Fragen und das Nicht-Fragen. Entscheidend ist, dass man in der Zeit des Fragens fragt (und den anstehenden Fragen nicht ausweicht) und in der Zeit des Nicht-Fragens nicht-fragt (und die anfängliche Leere und Stille nicht durch Fragen zudröhnt). Alles zu seiner Zeit.

Liebe Grüße, Reinhard
 
Den Gedankengang, warum Kausalität eine Schuldzuweisung nach sich ziehen könnte, kann ich nicht ganz nachvollziehen, insbesondere wenn ich Resonanz als Ursache annehme.
Resonanz ist mit Schuldzuweisung nicht zu verbinden, das sehe ich auch so. Dass (andere) kausale Begründungen zugleich als Schuldzuweisung benutzt werden, hab ich schon oft beobachtet... auch dann, wenn zum Beispiel "dem Schicksal" die Schuld gegeben wird, dass es mir gut oder schlecht geht.

Alles Liebe,
Jake
 
wer hat recht - der der jetzt gerade bergauf geht (der "warum" fragt) oder der, der jetzt bergab geht (der nicht "warum" fragt).

Na, da bin ich ja Zeit meines Lebens immer nur am Bergsteigen *ächztundschwitzt* :mad2: - und bin daher neidisch auf die Menschen, die diese Fragen nicht (mehr) stellen müssen - ich würde auch gerne mal den Berg hinuntertänzeln, so ganz entspannt und pfeifend :).....

....aber ich weiß - passt ja zum Threadthema: Eigene Entscheidung....:clown:

Liebe Grüße
Reinfriede
 
Hallo A.

1. Bitte ein Photo !!! (Vielleicht steht Dir ja die neue Frisur ?)
***Bild entfernt. Urheberrechte beachten.***

2. Diese Feststellung wird hier ohnehin laufend wiederholt - dass es "DIE" Aufstellungsarbeit nicht gibt, sondern dass es verschiedene Formen gibt - neben anderen auch die von Hrn. Hellinger.

Ich sprach nicht von DER Aufstellungsarbeit, sondern schrieb:
das hat mit seriöser systemisch-phänomenologischer Aufstellungsarbeit nix mehr zu tun.

Man lese bitte genau vor dem Verurteilen und Bekämpfen.

Wenn Du alle andere Formen der Aufstellungsarbeit nur als "Verzerrungen" sehen willst, stellt sich für mich die Frage, warum Du andere Sichtweisen nicht aushältst und sie immer wieder abwerten mußt.

Ich halte andere Sichtweisen gut aus, möchte aber mit einigen nicht in den gleichen Topf geworfen werden. Die Kritiker bzw. Feinde der Aufstellungsarbeit warten nur darauf, dass es eine solch eine undifferenzierte Soße gibt.

Mir persönlich ist die Buntheit des Lebens lieber, als das Schwarz-Weiß der "allein seeligmachenden" Wahrheiten und Methoden.

Aber meine Farbe bleibt dabei ausgeschlossen. Du verurteilst sie sofort, wo du sie nur siehst.

Schreib einfach Deine Sicht der Dinge - vielleicht geht's auch ohne Abwertung der Sicht- und Erlebnisweisen anderer Menschen ?

Jede Differenzierung, die du dir persönlich anziehst ist gleich eine Abwertung?
Allerdings gebe ich zu: Arbeitsweisen, die Menschen weiter in die Anmaßung und Verstrickung hinein treiben, sind nicht meins und in meinen Augen weniger sinnvoll.

By the way : Nach dem, was ich von Hrn. Hellinger gelesen habe, respektiert er Menschen, die andere Erfahrungen machen als er - und erhebt nicht den intoleranten Absolutheitsanspruch, den Du in letzter Zeit hier vermittelst.

Ich erhebe keinen intoleranten Absolutheitsanspruch. Das ist eine Unterstellung deinerseits.

Mir ging es nicht um Ausschluss, sondern um genau Hinschauen, was wohin gehört. Ich selbst möchte mit Menschen, deren Abreit ich als nicht hilfreich und nicht seroös erlebe, nicht arbeiten. Ich habe genug von denen erlebt. Danke.

Ich berichtige und difernziere hier also: mit den von mir hier kritisch benannten Sichtweisen habe ich nichts zu tun.

A.
 
Hallo Harry,

Hallo A.1526,



-ich hab nie behauptet, meine Aussagen hätten was mit syst.-phän. Aufstellungsarbeit zu tun :)

Und ich hab nie behauptet, dass du das behauptet hättest. Wieso also ziehst du dir den Schuh derart heftig an?

-anmassend finde ich, wenn du mich nun ob dieser deiner Annahme als unseriös arbeitend bezeichnest
Bitte nimm das zurück .

Ich habe nirgendwo geschrieben, dass Harry55 unseriös arbeitet. Ich habe etwas zu dem Unterschied einiger auch von dir zitierter Haltungen zu seriöser systemisch-phänomenologischer Arbeit - also seriös aus Sicht derselbigen geschrieben. Also gibt es nichts zurück zu nehmen. Scheinbar habe ich aber einen Knopf getroffen. Ist aber deine Sache und ich werde dir dazu (im Unterschied zu anderen hier) keinen esoterischen oder psychologischen Rat geben, wie du damit umzugehen hättest.

Seriös ist für mich alles, was nachweislich wirkt. Wer heilt hat Recht. Ob damit seine Theorie über sein Heilen auch stimmt, vermag ich nicht zu beurteilen. Manchmal tun ja Menschen richtige (=wirksame) Dinge und haben darüber eine weniger "richtige" i.S. von realistische Theorie, wieso sie eine Wirkung erzielten.

A.
 
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Mir stehen ob der vorgängigen Verzerrungen der Aufstellungsarbeit die Haare zu Berge - und zwar sämtliche ! Ich lege Wert auf die Feststellung dass derlei Spekulationen nichts mit der Aufstellungsarbeit wie sie Bert Hellinger initiiert hat, zu tun haben und möchte hier eine klare und energische Abgrenzung vornehmen. A.
Sorry, Leute, aber das hat mit seriöser systemisch-phänomenologischer Aufstellungsarbeit nix mehr zu tun. Da gruselt's mich einfach nur ob der Anmaßungen ... A.
Hallo A-Numero,

"Vorgängig" waren nun mal zB. die Postings von Harry und mir. Wie Du Dich da jetzt drum herum windest und rauszureden versuchst, das ist für mich enttäuschend. Wenn Du schon die Beiträge und Arbeitsformen von anderen abwertest, dann steh auch dazu. Punkt.

Reinhard
 
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