Ehrlichkeit und Weihnachten

um eine dann doch großherzige Frau zu handeln, oder ?

Ich will mich hüten, die Größe ihres Herzens zu messen. Dann müsste ich auch sagen, dass sie genau so eine recht weitsichtige, aber auch harte, unbequeme, streitbare, unbeugsame Kriegerin für mich war. Doch sie hat mir schon vor Jahren die Augen geöffnet. Für die Rohheit und Blindheit des Menschen, der eingespannt in der industriellen Maschinerie selbst zur Maschine wird, hat mich nicht nur zum Nachdenken, sondern auch zum anders Handeln und zum aussteigen aus diesem Maschinendasein angeregt und mich so weitergebracht im Leben und ein Stück näher zu mir selbst.

Ohne sie haben sich meine Augen leider wieder fast ganz geschlossen, Gleichgültigkeit hat wieder von mir Besitz ergriffen und ich habe mir nichts besseres mit meiner Zeit anzufangen gewusst, als sporadisch wieder in die Kneipe zu gehen, zu den anderen Einsamen. Die Kneipe ist – nicht nur, aber auch - Treffpunkt, vielleicht sogar Heimat der Einsamen. Mit ihr war ich oft im Konflikt, auch mit mir selbst, aber einsam war ich nie.

Heute vergöttere ich sie nicht mehr. Nur hin und wieder überwältigt mich noch leichte Wehmut, wenn ich zurückdenke, doch es ist schon gut, so wie es ist. Erst aus der Ferne zu ihr sehe ich auch ihre menschlichen Schwächen und blinden Flecken, die sie zweifellos hat. Und sie hat viel Zeit mit mir verloren, ist selbst auf der Strecke geblieben und hat viel nachzuholen. Aber sie wird immer auch so ein abgerissenes Segment meiner Familie sein.

Und ich übe mich derweil darin, mich mit der Einsamkeit zu arrangieren. Die Kneipe ist dabei zum Glück nicht meine allererste Wahl.


http://www.youtube.com/watch?v=BAbbg_B-jvU
 
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heißt mir nicht, kaltblütig durchs Leben zu gehn,
über Zahlen, Formeln, Bilanzen schweben,
oder andrer Wesen Leben...

heißt mir nur, frei zu werden und Geist
über Materie heben.

Aufstehen. Richtung Heimat gehen.
 
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