Das Beispiel ist interessant, selbst aus ökonomischer Sichtweise.
Ein weiteres Beispiel:
Stell dir 2 Szenarien vor.
Szenario 1: Du lebst in Welt X und hast ein geregeltes Einkommen von 50'000 Geldeinheiten pro Jahr. Alle andern Bürger um dich herum verdienen aber bloss 40'000 Geldeinheiten.
Szenario 2: Du lebst in Welt Y und hast ein geregeltes Einkommen von 60'000 Geldeinheiten pro Jahr. Alle andern Bürger um dich herum verdienen aber 70'000 Geldeinheiten.
(Annahme: In beiden Szenarien sind die Kosten für die Lebenshaltung genau die gleichen.)
Frage: Welches Szenario würdest du für dich wünschen?
Die meisten Menschen würden Szenario 1 dem Szenario 2 vorziehen, obwohl es aus streng logisch-rationaler Sichtweise für sie vorteilhaft wäre, Szenario 2 zu wählen. Warum? Ganz einfach, weil sie in Szenario 2 10'000 Geldeinheiten mehr zur Verfügung haben als in Szenario 1 und darum unter einer absoluten Betrachtungsweise in Szenario 2 besser leben als in Szenario 1. Dass trotzdem die meisten Menschen NICHT Szenario 1 wählen, liegt ganz einfach daran, dass Reichtum eine relative (statt einer absoluten) Grösse ist, das heisst: Ein Mensch fühlt sich immer nur reich im Vergleich zu einem andern. Und offensichtlich ist das das einzig Ausschlaggebende für die subjektive Zufriedenheit des Menschen.
Man sieht das ziemlich gut an jenen Menschen, die zwar in einem Ersteweltland wie Deutschland/Schweiz leben, aber am ganz unteren Ende der Einkommensskala stehen, ein typisches Beispiel sind die notorisch unterbezahlten Kassierjobs bei Aldi & Co. Müssten diese Menschen dauerhaft glücklich sein, weil sie noch immer tausendmal so viel verdienen, wie ca. eine Milliarde anderer Menschen auf dem Planeten? Nein, weil diese Milliarde für ihr subjektives Empfinden unwichtig ist, massgebend ist die Umgebung, in welcher man sich aufhält, also die Nachbarn, der Radius, in welchem man sich bewegt, die Kultur, in der man lebt. Diejenigen, mit welchen man sich misst, sind nicht Menschen aus Zentralchina oder aus Zimbabwe oder aus Bangladesh, sondern es sind naheliegenderweise zuerst einmal Menschen aus München, aus Hamburg, aus Salzburg, Bern, Dresden usw. - und dort sind die Einkommensunterschiede durchaus frappant, dort verdient man nämlich als Kassierjob ca. die Hälfte (oder ein Drittel oder noch bedeutend weniger) als beispielsweise ein CEO einer grösseren Firma.
Manche Studien belegten das ganz schön. Mitte/Ende 90erjahre, als der Internetboom noch ein richtiger Hype war, gab es nicht wenige Menschen, v.a. in den USA, die mit dem Internet quasi über Nacht reich wurden. An einschlägigen Orten (z.B. dem Silicon Valley in Kalifornien) entstanden Quartiere, in welchen ausschliesslich solche Neureichen wohnten, die so viel Geld hatten, dass sie nicht wussten, wie sie es wieder loswerden sollten. Studien ergaben, dass diese Leute keineswegs zufriedener oder glücklicher waren als anderswo in den USA, ganz im Gegenteil waren sie sogar unglücklicher als anderswo (wie auch immer "Glück" gemessen wird...)! Man untersuchte die Sache und fand heraus, dass der Druck, in einer reichen Nachbarschaft zu wohnen, die Menschen unglücklich machte, weil ständig jeder sich neue Statussymbole anschaffen musste, um wieder einen kleinen Vorsprung vor dem Nachbarn zu haben.
(Tut mir leid, kann hier keine Quelle angeben, da mir entfallen ist, wo ich das gehört/gelesen habe.)