"Die Wirtschaft befreit die Menschen von der Arbeit"

Unser Leb
ensstandard wird gerade dann drastisch sinken, wenn wir wie bisher auf ihm beharren. Wir werden gar nicht drum rum kommen, uns chinesischen Löhnen anzunähern (auch wenn sich kein Politiker traut, das zu sagen). Und das ist auch gerecht so. Mit welchem Recht verdienen wir 20mal so viel, können uns Fernseher und Autos und Urlaubsreisen leisten? Wir haben uns lediglich daran gewöhnt, was "Besseres" zu sein. Doch diese Zeiten sind vorbei.

hallo,

ich verstehe das nicht.

was is daran gerecht ärmer zu werden?

gerecht wäre die diskrepanzen zwischen arm und reich
in einem menschlich-sozialen system aufzulösen, und zwar in
einer form, die den persönlichen wohlstand aller fördert.

wieso soll ich arm sein, weil jemand in china arm ist?
ich habe mir wohlstand verdient, ich habe sogar anspruch darauf,
so wie jeder einzelne mensch auf dem planeten wohlstand verdient
und einen anspruch darauf hat.

gerecht wäre wohlstand für alle, nicht armut für alle.

(p.s. und ich bin für die abschaffung von miete/strom/wasser kosten hehe)
 
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Randolph Carter schrieb:
das gibt von meienr seite erstmal einen applaus!

der kerl hat einfach recht...
weniger arbeit ist nunmal nichts schleches...
ob das bürgergeld eine gute idee ist, bleibst fraglich, aber es geht schon mal in die richtige richtung

ich finde, dass bestimmte basiskosten einfach von vornherein gedeckt gehören. (siehe mein anderen post)

ich bin nicht für den staat da, der staat ist mein diener.

und eine art monatliches bürgergeld, das zumindest diese grundkosten deckt,
(miete, strom, wasser) das steht allen zu vom lieben vater staat.

ich will nicht arbeiten müssen, um meine existenz
in einem sozialen/menschlichen rahmen zu sichern.
(dafür ist der staat da, das ist seine funktion)

das ist einfach verkehrt, ganzes system ist verkehrt.
sonst würden net alle meckern.
 
Wyrm schrieb:
Unser Leb

hallo,

ich verstehe das nicht.

was is daran gerecht ärmer zu werden?

gerecht wäre die diskrepanzen zwischen arm und reich
in einem menschlich-sozialen system aufzulösen, und zwar in
einer form, die den persönlichen wohlstand aller fördert.

wieso soll ich arm sein, weil jemand in china arm ist?
ich habe mir wohlstand verdient, ich habe sogar anspruch darauf,
so wie jeder einzelne mensch auf dem planeten wohlstand verdient
und einen anspruch darauf hat.

gerecht wäre wohlstand für alle, nicht armut für alle.

(p.s. und ich bin für die abschaffung von miete/strom/wasser kosten hehe)

Klar wäre das gerecht. Ich habe ja auch nicht geschrieben, wie's am schönsten wär, sondern wie's nach meiner Meinung kommen wird. Und der Wohlstand wird nicht mehr in dem Maße zunehmen, dass einerseits wir unseren Standard halten können aber andererseits Milliarden Menschen in den gleichen Genuss kommen. Die miesen Wachstumsraten zeigen's ja.

China wird reich, indem es Reichtum aus Europa und Amerika absaugt. Und eben das finde ich gerecht - nach jahrhundertelanger Demütigung und Unterdrückung steht es ihnen einfach zu, jetzt bewusst ihre stärkste Waffe einzusetzen: ihre Bescheidenheit - und ich wette, sie empfinden Genugtuung dabei (zumal wir uns nach wie vor für was Besseres halten). Und sie werden uns zwingen, auch wieder bescheiden zu werden - es sei denn, wir wollen völlig den Anschluss verlieren.

Und ich habe ja auch geschrieben: wir werden zu einem weniger materiell orientierten Verständnis von "arm" und "reich" kommen müssen.

Ist ein Mensch arm, wenn er statt 24 nur 10 oder 8 oder 5 Tage Urlaub hat? Ist er arm, wenn er keinen Geschirrspüler und keine Mikrowelle und kein Auto hat? Nach heutigem Verständnis vielleicht. Wie gesagt schöner wäre es eventuell, wenn alles so bliebe. Das wird sich aber als Illusion erweisen. Wir sind jetzt - wie einst unsere Vorfahren - wieder an der Reihe etwas aufzubauen für unsere Nachfahren. Wir haben halt "Pech" gehabt, nicht 30 oder 40 Jahre früher geboren worden zu sein.

Ich weiß nicht, wie alt Du bist. Gehörst Du zur Wiederaufbau-Generation? Ja, dann hast Du Dir den Wohlstand verdient. Aber Dich wird es ja dann auch nicht mehr betreffen. Doch die nachfolgenden Generationen (zu denen auch ich gehöre) haben im großen und ganzen das von ihren Ahnen aufgebaute Vermögen verprasst indem sie sich einen Luxus gönnten, der in keinem Verhältnis zu erwirtschafteten Werten mehr stand.

Nochmal: schön finde ich diese Vorstellung auch nicht. Aber es wird so kommen. Es sei denn, wir sind jetzt bereit so weitgehende Einschnitte hinzunehmen, dass es dafür am Ende nicht so "schlimm" wird. Forderungen, wie "wir müssen's nur den Reichen wegnehmen" werden nichts bringen und klingen zudem in chinesischen Ohren wie der blanke Hohn.

Wohlstand wird sich über andere Dinge definieren müssen.
 
JeaDiama schrieb:
Stell dir vor, alle EDV-Anlagen würden über Nacht den Geist aufgeben?
Was meinst du wie viele Menschen auf die Schnelle wieder Arbeit mit einem Gehalt nach Wunsch hätten?
Halleluja Schlaraffenland
Nur ganz wenige: Die Arbeitgeber könnten sich aus dem Überangebot menschlicher Arbeitskräfte jene auswählen, die zum niedrigsten Lohn zu arbeiten bereit wären. Das Massenangebot an menschlicher Arbeitskraft würde dazu führen, dass sich die Menschen gegenseitig in ihren Forderungen nach gerechten Arbeitsbedingungen unterbieten würden. Es würde dadurch zu einer massiven Verschlechterung der Arbeitsbedingungen kommen, gegen die auch die Gewerkschaften nichts ausrichten könnten. Ungefähr so geschehn in den krisenzerrütteten 1920erjahren, und gemündet hat's dann u.a. in den Nationalsozialismus.

Andererseits könnte es u.U. seinn, dass die niedrigeren Kosten für menschliche Arbeit bei einem hohen Ausbildungsniveau wiederum langfristig (sicher nicht kurz- oder mittelfristig) Arbeitsplätze aus Zweitweltländern anziehen.

Wirtschaft ist halt doch etwas komplexer als man sich das so vorstellt, da nützt dann auch die Vorstellung, wie nett es doch wäre, wenn wir alle bei Kerzenschein vor dem Kaminfeuer sitzen würden, während draussen der Wolf ums Haus schleicht, nichts.

Herr Werner hat da einige Dinge durchaus richtig erkannt und pointiert auf den Punkt gebracht, auch dann, wenn er es etwas provokativ formuliert. An anderen Stellen stimme ich ihm nicht zu. So bietet die Wirtschaft dem Menschen eben mehr als bloss Güterproduktion und der Staat eben mehr als bloss Geldumverteilung. In beiden zeigen sich Wertvorstellungen, beide haben unter anderem eine sinngebende Funktion, auch wenn es üblich unter den Wirtschaftern (und den Wirschaftsprofessoren, die sich feige aus dieser normativen Frage raushalten, wie ich aus eigener Erfahrung weiss) ist, das zu leugnen und weit von sich zu weisen. Mit Sinn haben die heutigen Unternehmer so gut wie gar nichts am Hut (und darum werden sie dann auch herzkrank, magenkrank und überhaupt krank).

Wo Herr Werner recht hat, ist dass nicht selten Steuern erhoben oder Subventionen garantiert werden, die völlig falsche Signale setzen und zu den unsinnigsten Resultaten führen. Das sind dann typischerweise die Resultate von Politikern, die von der Materie ungefähr so viel Ahnung haben, wie ein, sagen wir mal, Esoteriker es hat. So etwa, wenn ein Land wie Frankreich oder Spanien jährlich Unmengen von Tomaten vernichten aufgrund von Überproduktion, die nur darum möglich ist, weil diese Staaten in der EU sich Steuern einheimsen, die sie selbst durchgesetzt haben. (Gleichzeitig möchte ich nicht Bauer sein, bei den Arbeitsbedingungen. Mir ist nach wie vor beispielsweise nicht bekannt, welche volkswirtschaftlichen Schäden pro Jahr durch Hyperwettbewerb entstehen, wie er etwa im Logistikbereich herrscht. Dort führt das zu übermüdeten Fahrern, die noch kurz eine oder auch zwei oder drei Stunden länger hinter dem Steuer sitzen als legal, nur damit sie die beinahe brutalen Zeitforderungen ihres Arbeitgebers noch einhalten können.)

Ob die Sache mit dem Bürgergeld funktionieren würde, ist eine sehr interessante Frage. Die Schweiz kennt immerhin ein System der AHV (Alters- und Hinterbliebenenversicherung), welche im Alter jeder Person ein Mindesteinkommen zusichert, von welchem man aber noch nicht leben kann. Ob ich als momentan junger Mensch dann auch noch einmal in den Genuss dieser Einrichtung kommen werde, wenn ich durch meine Arbeitsleistung im Schnitt 4 nicht mehr Erwerbstätige zu finanzieren habe, das wird sich erst noch zeigen müssen, und ich sehe da ehrlich gesagt ziemlich schwarz (umso mehr, wenn ich sehe, zu welchen Bedingungen Länder wie Indien oder China zu produzieren bereit sind, es gibt dann noch weniger Gründe, warum ein Unternehmer ausgerechnet in Deutschland oder der Schweiz produzieren soll - diese Länder werden aber wiederum noch ihr blaues Wunder erleben, wenn sich erstmal die Arbeiter in einer Arbeiterrechtsbewegung zu formieren beginnen, die diesen Namen auch wirklich verdient).
 
Wyrm schrieb:
ich frage mich sowieso, wie das geregelt werden wird.

bei zunehmendem technologischen fortschritt ist es doch
klar, dass die zahl der arbeitslosen steigt ?
Nein, so einfach ist es nicht. Die Sachlage ist kompliziert: Mit zunehmendem technischen Fortschritt, also auf gut deutsch: zunehmender maschineller Produktivität kann v.a. einfache, repetitive Arbeit gut ersetzt werden. Das heisst, Leute die dieser Art Jobs ausführen, werden ersetzt durch Maschinen. Hier stimmt deine Aussage, dass sich die Arbeitslosigkeit unter diesen Leuten erhöht, denn sie sind nun mal nicht dazu ausgebildet, andere Jobs auszuführen, wo ein Mangel herrscht.

Langfristig aber führt die Verlagerung von menschlicher zu maschineller Arbeit eben auch zu einem anderen Effekt: Es entstehen neue Arbeitsgebiete, die vorher noch nicht existierten. Als Beispiel sei die Mobiltelefonbranche oder die Internetbranche zu nennen. Die hat vor 20 Jahren schlicht und ergreifend nicht existiert, heute beschäftigen diese Branchen abertausende von Menschen. Es kommt also langfristig durch den technischen Fortschritt gleichzeitig zu einer Umlagerung, also einer Umwandlung der Art, welche Arbeit ausgeführt wird.

Wenn man die beiden Effekte aufsummiert, dann heisst das: Arbeitsplätze im Produktionsbereich, die sich einfach automatisieren lassen, werden langfristig automatisiert. Die Automobilbranche hat in Deutschland keine wirkliche Zukunft, so einfach ist das. Falls die Firmen überhaupt in Deutschland bleiben, so wird es irgendwann (etwas übertrieben formuliert) leere Fabriken geben, in denen Roboter Autos am Stück fertigen. Da braucht's dann nur noch ein paar Ingenieure, die die Sache überwachen.
Dafür entstehen viele neue Arbeitsplätze in Bereichen, die sich eben nicht automatisieren lassen, und das sind v.a. Dienstleistungsbereiche, so noch immer individuell für den Kunden eine Lösung erarbeitet werden muss. In 30 Jahren wird die Biotechnologie ganz neue Berufsfelder schaffen, die sich heute niemand vorstellen kann. Zum Beispiel könnte es Apotheker und Drogeristen geben, die für jeden Kunden angepasst auf seine körperlichen Bedürfnisse eine Medizin ausarbeiten, so dass der Doktor nicht mehr einfach ein Rezept für ein bestimmtes Medikament verschreibt, sondern dass jeder Kunde ein ganz auf ihn abgestimmtes Medikament erhält, das dann bei ihm möglichst wenige Nebenwirkungen hat.

Die einfache Formel ist: Ein Fabrikarbeiter ist nicht in der Lage, Biotechnologie zu beherrschen. Durch die technologische Entwicklung wird er arbeitslos, während in der Biotech-branche (zumindest am Anfang) ein Spezialistenmangel herrscht. Also Arbeitslose auf Seite der einen, Arbeitskräftemangel auf der Seite der anderen, ohne dass sich beide Felder jemals finden.

Ausserdem wird es nie Massenarbeitslosigkeit in der Coiffure-Branche geben, weil hier nix automatisiert werden kann. Hier führt also auch technischer Fortschritt nicht zu Arbeitslosigkeit, denn die Person, die die Haare schneidet, muss auch mit einem Laser-Schneidegerät die Arbeit von Hand ausführen.

Darüberhinaus haben die Leute heute bei uns (!) massiv mehr Freizeit als früher. Das ist einfach ein Faktum, das niemand leugnen kann. Wer mir nicht glaubt, der soll sich mal selbst darum kümmern herauszufinden, wie seine Ur-Ur-Grosseltern noch ihre Brötchen verdient haben. Die haben zu unerträglichen Bedingungen pro Tag bis zu 16 Stunden gearbeitet, für einen Lohn, mit welchem sie knapp ihre Lebenskosten begleichen konnten. Das gibt es heute nicht mehr in Westeuropa - aber durchaus in Ländern wie China, Indien, Brasilien usw. Hier hat der technologische Fortschritt dazu geführt, dass der Mensch viel mehr Freizeit hat, da hat der Interviewte durchaus recht.

Und dann wären da auch noch die demographischen Faktoren zu berücksichtigen, also beispielsweise, dass in Ländern wie im Iran > 25% der Bevölkerung unter 20 Jahre alt ist, oder dass bei uns die Leute keine Kinder mehr kriegen und nur durch die zugezogenen Ausländer, die fleissig Kinder produzieren, die Bevölkerungszahl nicht absinkt.

Ein bisschen Klischee: Der zukünftige Deutsche wird also nicht mehr Heinz heissen und sein Leben lang bei der Deutschen Post gearbeitet haben, sondern er heisst Yussuf, ist der Sohn eines Türken, der in den 80erjahren nach Deutschland gezogen ist, um dort in einer Grossmetzgerei für einen mickrigen Lohn zu arbeiten (der immer noch dreifach so viel ist, wie er zu der Zeit in der Türkei verdienen könnte), er hat in Deutschland an einer FH Telekommunikation studiert, spricht fliessend deutsch, türkisch und englisch und verdient rund doppelt so viel, wie sein eigener Vater, welcher sehr stolz auf den Sohn ist. Während sich Heinzen's Sohn knapp mal durch die Mittelschule gekämpft hat.
 
Déguórén schrieb:
Und der Wohlstand wird nicht mehr in dem Maße zunehmen, dass einerseits wir unseren Standard halten können aber andererseits Milliarden Menschen in den gleichen Genuss kommen.
Ja, das sehe ich auch so.
China wird reich, indem es Reichtum aus Europa und Amerika absaugt.
Nein, das sehe ich nicht so. In China werden momentan nur bestimmte Leute reich, genauso wie in Europa und Amerika. Da sind immer noch ein paar hundert Millionen Chinesen, die überhaupt nichts vom wachsenden Business mitbekommen. Ausserdem nicht "Reichtum", sondern "Arbeitskräfte". Das ist nicht dasselbe.
Und eben das finde ich gerecht - nach jahrhundertelanger Demütigung und Unterdrückung steht es ihnen einfach zu, jetzt bewusst ihre stärkste Waffe einzusetzen: ihre Bescheidenheit
Das ist Polemik. Ich habe beispielsweise keinen Chinesen jahrhundertelang gedemütigt, und ich kenne sonst auch niemanden, der das getan hat. Darüberhinaus ist es billig, die eine Seite gegen die andere auszuspielen. Der Fokus sollte eher darin liegen, wie gemeinsam eine Lösung erarbeitet werden kann.
und ich wette, sie empfinden Genugtuung dabei
Und du?
Wohlstand wird sich über andere Dinge definieren müssen.
Das Problem ist nicht das "Zurückstecken", wie ständig behauptet wird, sondern die Ungleichverteilung. Und die wird vermutlich zunehmen.

Ich habe das Beispiel schon einmal gebracht: In welchem Land möchtest du lieber leben:
Land a), in dem du 5000 Geldeinheiten pro Monat verdienst, während um dich herum alle Leute 4000 Geldeinheiten verdienen, oder aber in Land b), wo du 6000 Geldeinheiten verdienst, während um dich alle 7000 Geldeinheiten verdienen (angenommen, die Lebenshaltungskosten sind exakt dieselben)? Obwohl es logisch wäre, Variante b) vorziziehen, weil du dir dort mehr leisten kannst, ist es menschlich, Variante a) vorzuziehen, weil eben deine persönliche Befriedigung nicht in einem absoluten Mass gemessen werden kann, sondern immer nur im Bezug zu deiner persönlichen Umwelt. "Zurückstecken" ist somit nur dann schlimm, wenn nicht alle in deinem Umfeld zurückstecken müssen.
 
fckw schrieb:
Nein, das sehe ich nicht so. In China werden momentan nur bestimmte Leute reich, genauso wie in Europa und Amerika. Da sind immer noch ein paar hundert Millionen Chinesen, die überhaupt nichts vom wachsenden Business mitbekommen. Ausserdem nicht "Reichtum", sondern "Arbeitskräfte". Das ist nicht dasselbe.
China als Land wird reich. Dass nicht jeder einzelne Bauer in jeder noch so abgelegenen Provinz reich wird, ist ja wohl klar (und schon gar nicht in dem Sinne, wie wir "reich" verstehen). Aber ich biete die Wette an: in einigen Jahren wird der allergrößte Teil der Chinesen vom chinesischen Aufschwung direkt profitieren: Gesundheitsversorgung, Bildungswesen, Energieversorgung. Es geht um die ganz "einfachen" Dinge, die wir längst nicht mehr zu würdigen wissen. Wir denken bei Wohlstand als erstes an Autos, Kosmetik und bizarre Freizeitvergnügungen. Wir sind dekadent geworden.

Ich habe beispielsweise keinen Chinesen jahrhundertelang gedemütigt, und ich kenne sonst auch niemanden, der das getan hat. Darüberhinaus ist es billig, die eine Seite gegen die andere auszuspielen.
Ich sag's nochmal: mir gefällt das auch nicht. Aber was Du hier schreibst ist reines Wunschdenken. Was glaubst Du, wie tief die "chinesische Seele" nach wie vor verletzt ist, nach Opium, Boxeraufstand und Kolonialzeit? Glaubst Du wirklich, da werden sich die Chinesen aus Mitleid mit den armen Europäern dazu durchringen, etwas weniger rabiat zu expandieren? Das ist doch den Chinesen egal, ob Du persönlich irgendeinen ihrer Landsleute beleidigt hast. Die Chinesen haben zum ersten Mal seit einem halben Jahrtausend die Möglichkeit, die Führungsposition der Europäer/ Amerikaner ins Wanken zu bringen und das werden sie auch tun.

Der Fokus sollte eher darin liegen, wie gemeinsam eine Lösung erarbeitet werden kann.
Eine zweite Illusion kommt hier zum Ausdruck: Die Illusion nämlich, wir säßen noch irgendwie in der Regie und hätten was zu melden. Aber die Rollen wurden vertauscht: Wir sind jetzt die Puppen und die Chinesen werden uns tanzen lassen. Ob das Polemik ist, spielt überhaupt keine Rolle. Es wird so kommen. Und die Chinesen werden uns mit Sicherheit nicht fragen, ob uns das gefällt und ob sie vielleicht dies und jenes anders machen sollen. Welchen Sinn hätte eine "gemeinsame Lösung" für die Chinesen? Das liefe alles auf eine Beschränkung des chinesischen Booms hinaus.

"Zurückstecken" ist somit nur dann schlimm, wenn nicht alle in deinem Umfeld zurückstecken müssen.
schöne Worte. Aber glaubst Du ernsthaft, das interessiert den Manager, der sein Unternehmen nach China verlagert? Oder gar die Chinesen? Darum geht es überhaupt nicht, ob es schlimm ist. Es wird notwendig sein.
Was, wenn alle Menschen die Dinge nur danach beurteilten, was schlimm ist? Nelson Mandela fand es bestimmt auch schlimm, Jahrzehnte lang eingesperrt zu werden. Aber darum ging es nicht - sein Kampf war notwendig.
 
Dein Beitrag ist in sich widersprüchlich und also nicht einleuchtend:
Déguórén schrieb:
Eine zweite Illusion kommt hier zum Ausdruck: Die Illusion nämlich, wir säßen noch irgendwie in der Regie und hätten was zu melden.
Weiter unten behauptest du:
Nelson Mandela fand es bestimmt auch schlimm, Jahrzehnte lang eingesperrt zu werden. Aber darum ging es nicht - sein Kampf war notwendig.
Entweder wir haben die Regie in der Hand oder wir haben es nicht. Gleiches gilt für Nelson Manela.

Entweder können wir etwas tun, und dann gibt es keinen Grund, passiv mit offenem Mund die wirtschaftlichen Vorgänge zu bestaunen - oder wir können grundsätzlich nichts tun, dann war Nelson Mandela's Kampf nicht "notwendig", wie du sagst, sondern eine "Illusion", weil nämlich auch Nelson Mandela am Weltgeschehn nichts hätte ändern können. Dass er am Schluss Erfolg hatte, wäre demnach nicht auf seine Kappe zu schreiben, sondern purer Zufall oder höheres Schicksal oder was-weiss-ich.

Ich halte herzlich wenig von jenen Schwarzseherpropheten, die es sich zum Lebensinhalt gemacht haben, gleichzeitig "uns allen im Westen" die Schuld an der Weltmisere zuzuschreiben (nur sich selbst offenbar nicht, sonst müssten sie vor lauter Schuldgefühlen sofort 50% ihres Lohnes an südamerikanische Landarbeiter abgeben, wogegen jene sicher nichts einzuwenden hätten), und eine möglichst rabenschwarze Zukunft zu malen. Aus einem unerfindlichen Grund scheinen diese Schwarzseher daran Gefallen zu finden, und es scheint ihnen persönliche Befriedigung zu verschaffen, solche Positionen von sich zu geben.

Von all meinen Freunden, die im zarten Alter von 18 Jahren derlei politische Statements von sich gaben, hat bis anhin kein einziger aktiv etwas gegen die ach so schlimme Weltlage unternommen.

Wirtschaft ist das Produkt von Menschen. Ich bin ein Mensch, also kann ich etwas tun. Die Gleichung ist sehr einfach. Ob ich damit die Welt aus den Angeln hebe, das weiss ich nicht, und das ist mir völlig egal. Ich wirke in dem Kreise, wo ich kann.
 
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fckw schrieb:
Dein Beitrag ist in sich widersprüchlich und also nicht einleuchtend:
Also jetzt komm mir bloß nicht mit der logischen Keule. Wo soll denn da der Widerspruch sein? Der Spruch mit der "Regie" bezog sich doch wohl eindeutig auf Deine Idee mit der "gemeinsamen Lösung". Und da haben wir eben keinen Spielraum.

...na gut einen winzig kleinen haben wir schon: wir können uns der Illusion hingeben, dass es mit unserem Wohlstand mehr oder weniger so weiter gehen wird. Wenn aber Europa auch in Zukunft ein Machtfaktor sein will (was wichtig wäre z.B. hinsichtlich der Verteidigung von Menschenrechten), dann ist kein Spielraum vorhanden: dann müssen wir die neuen Spielregeln akzeptieren. Warum? Das habe ich schon dargelegt.

Du kannst doch nicht irgendwelche Passagen nach Belieben zusammenstellen und daraus "logische Widersprüche" konstruieren!

Bei Mandela verhielt es sich nämlich genauso: Er hätte auch sein bisheriges Leben mehr oder weniger wie immer weiterleben können in der Hoffnung: "wird schon werden" (entspricht haargenau der Haltung der Europäer). Aber er hat erkannt: es bleibt keine andere Wahl als der Widerstand. Nur mit diesem gelingt es, ans Ziel zu kommen.
Ihm wurden neue Regeln aufgezwungen - Uns wird man neue Regeln aufzwingen.
Von dem Moment an, da Mandela die neuen Regeln akzeptierte, saß er auch wieder mit in der Regie. In dem Moment, da wir Europäer die neuen Regeln akzeptieren werden, können auch wir wieder mitbestimmen. Solange wir dazu aber nicht bereit sind, bleiben wir die Puppen.

Ich glaube, das mit den "logischen" Widersprüchen dürfte sich jetzt erledigt haben, nicht wahr?

Aus einem unerfindlichen Grund scheinen diese Schwarzseher daran Gefallen zu finden, und es scheint ihnen persönliche Befriedigung zu verschaffen, solche Positionen von sich zu geben.
Ich weiß ja nicht, wie oft ich es noch schreiben soll: Mir gefällt das auch nicht. Aber es wird so kommen.

nur sich selbst offenbar nicht, sonst müssten sie vor lauter Schuldgefühlen sofort 50% ihres Lohnes an südamerikanische Landarbeiter abgeben, wogegen jene sicher nichts einzuwenden hätten
Nur mal so: ich studiere und lebe unterhalb der "Armutsgrenze" (womit ich kein Problem habe). Überhaupt: was für einen seltsamen Zusammenhang hast Du da konstruiert? Das passt doch hier überhaupt nicht hin.

Wirtschaft ist das Produkt von Menschen. Ich bin ein Mensch, also kann ich etwas tun. Die Gleichung ist sehr einfach.
Tja, so einfach ist die Gleichung eben nicht. Du kannst es drehen und wenden wie Du willst. Die Chinesen sind in einer derart mächtigen Position, dass für sie nur der "rücksichtslose" Alleingang Sinn macht - die Europäer haben nichts zu bieten, was sie davon abbringen könnte.

So und nun dreh mir nicht wieder die Worte im Munde um. Komm lieber mit echten Argumenten, die plausibel aufzeigen, was Arbeitgeber in Zukunft an der vollständigen Verlagerung ihrer Unternehmen nach China hindern sollte, wenn die Chinesen genau das gleiche können wie wir, dabei aber fleißiger und wesentlich bescheidener sind? Wie soll Europa seinen (ihren?) Wohlstand halten, wenn massenhaft Arbeitsplätze nach China wandern (was wir jetzt erleben, dürfte ja erstmal ein sanfter Vorgeschmack sein)? Was spricht - wirtschaftlich gesehen - überhaupt noch für Europa?
 
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