M
magdalena
Guest
liebe(r) naglegt -
danke für deine lieben worte.
ich weiß um die sinnhaftigkeit des aktuellen geschehens,
ich weiß, dass es etwas gibt, das ich noch immer nicht aufarbeiten konnte,
und dass ich die antworten zu suchen habe in mir sebst.
deshalb kehre ich dorthin zurück, wo es in meiner vergangenheit begonnen hat, soweit ich mich erinnern kann.
wie ein roter faden zieht es sich durch mein leben, dass ich menschen vertraute, die mich in stich gelassen haben, wenn ich in not geraten war.
lag es daran, dass ich zusehr vertraute - in andere - statt ausschließlich in mich selbst?
haben die traumata meiner kindheit dazu geführt, dass ich immer wieder menschen suche (suchte), außerhalb von mir selbst, denen ich vertrauen darf?
ich kehre zurück und schau mir das bild an, das bild eines meiner frühesten erinnerungen.
ich war kaum älter als zwei jahre.
mein vater war ein beamter der landesregierung und hatte in einem ort am land grundstückszusammenlegungen durchzuführen.
viele der bauern wollten diese von oben verordneten maßnahmen nicht.
ihre kinder haben den unmut der eltern gespürt.
meine mutter und ich sind in diesem sommer mit meinem vater mit aufs land gezogen.
wir hatten ein kleines häuschen gemietet.
ich bin mit meiner mutter zum nahegelegenen bach gegangen.
in dem bach hat sie die kotigen stiefel meines vaters gewaschen.
ich habe ihren unmut gespürt.
so hatte sie sich ihr leben nicht vorgestellt.
selbst vom land hat sie in eine großbürgerliche familie hineingeheiratet, eine familie, die sie abgelehnt hat -
und nun wieder am land, als stiefelwäscherin meines vaters.
all das habe ich natürlich erst viel später begriffen,
damals als kleines kind 'nur' ihre gefühle gespürt.
ich fragte, ob ich mit den landkindern spielen dürfte, die ich nicht weit vom bach gesehen habe.
ja, geh' nur - hat sie gesagt.
die kinder haben mich verhöhnt.
dann ist einer gegangen und mit einer teufelsmaske und ketten wiedergekommen.
ich habe angst bekommen und angefangen zu weinen.
da haben sie mich noch mehr verhöhnt und in einen kartoffelkeller gesperrt.
da würde ich, haben sie gesagt nicht wieder herauskommen.
im winter, haben sie gesagt, würden in den keller die kohlen hineingeleert.
die würden mich verschütten.
ich habe so lange geschrieen, bis sie mich endlich herausgelassen haben.
weinend und in voller panik bin zum bach gelaufen.
meine mutter war nicht mehr da.
ich bin zu unserem häuschen gelaufen und unterwegs niedergefallen.
ich bin oft niedergefallen und habe mir die kniee aufgeschlagen.
meine mutter hat mich geschimpft -
sie hat mich immer geschimpft, wenn ich niedergefallen war.
ob sie mich auch geschlagen hat weiß ich nicht.
nicht die strafe für mein niederfallen war das schlimme -
schlimm war, dass sie mich nicht getröstet hat in meiner not,
dass sie mich noch nicht mal angehört hat.
am abend, hat sie gesagt, würde mich mein vater nochmals bestrafen.
ich habe gespürt, dass er es nur halbherzig tut, nur weil sie es verlangt hat von ihm.
ich kann mich nicht erinnern, dass mich jemals ein mensch in den arm genommen hätte, wenn ich in not gewesen bin.
und doch - woher hatte ich es bloß - ich weiß es nicht mehr - habe ich meine kinder immer in den arm genommen und ihnen das liedchen gesungen -
heile heile segen
morgen gibt es regen
übermorgen schnee
dann tut's nicht mehr weh.
dass ich von meiner mutter kein verstehen bekommen könnte, habe ich in meinem noch jungen leben sehr schnell begriffen, die hilflosigkeit und hörigkeit meines vaters erst sehr viel später.
abgöttisch habe ich ihn geliebt.
noch länger, fast 30 jahre, hat es gedauert, dass ich mir eingestehen konnte, dass auch mein mann, und vater meiner kinder, mir niemals beigestanden ist, wenn ich in not gewesen bin.
immer bin ich diejenige gewesen, die für die anderen dazusein hatte.
es hat mich stark gemacht, immer stärker -
an meiner stärke ersticke ich noch.
dem psychiater, bei dem ich jahrelang in therapie gewesen bin nachdem mein sonnenscheinkind stephan an einer psychose erkrankt war, hatte ich all mein vertrauen geschenkt.
ich habe diesem menschen auch mein vertrauen nicht entzogen nachdem er mich weggeschickt und in den bittersten und härtesten jahren mit meinem psychotischen sohn alleine gelassen hat -
so wie alle anderen menschen auch.
mein vertrauen in ihn begann erst zusammenzubrechen als er auf die todesnachricht erst zwei monate später reagiert hat -
mit der erklärung, dass er früher die kraft nicht gehabt hätte dafür.
da habe ich ihn zum teufel geschickt.
allen kann ich vergeben, weil ich ihre hilflosigkeit verstehe -
aber nicht diesem menschen, der der erste war, der mich verstanden hat.
ihn muss ich jetzt endlich auch noch loslassen -
in frieden -
einzig aus eigener kraft -
im vertrauen in eine stärke, einen lebenswillen, der alle erdenkbaren höllen nicht nur überstanden hat, sondern immer mehr gestärkt hervorgegangen ist daraus.
aber manchmal, wie jetzt, erdrückt mich die aufgebürdete last, auch wenn ich weiß -
alles was nicht umbringt macht stark.
ich will aber nicht mehr stark sein -
ich will endlich einmal schwach sein dürfen, ohne gestraft zu werden dafür....
danke für deine lieben worte.
ich weiß um die sinnhaftigkeit des aktuellen geschehens,
ich weiß, dass es etwas gibt, das ich noch immer nicht aufarbeiten konnte,
und dass ich die antworten zu suchen habe in mir sebst.
deshalb kehre ich dorthin zurück, wo es in meiner vergangenheit begonnen hat, soweit ich mich erinnern kann.
wie ein roter faden zieht es sich durch mein leben, dass ich menschen vertraute, die mich in stich gelassen haben, wenn ich in not geraten war.
lag es daran, dass ich zusehr vertraute - in andere - statt ausschließlich in mich selbst?
haben die traumata meiner kindheit dazu geführt, dass ich immer wieder menschen suche (suchte), außerhalb von mir selbst, denen ich vertrauen darf?
ich kehre zurück und schau mir das bild an, das bild eines meiner frühesten erinnerungen.
ich war kaum älter als zwei jahre.
mein vater war ein beamter der landesregierung und hatte in einem ort am land grundstückszusammenlegungen durchzuführen.
viele der bauern wollten diese von oben verordneten maßnahmen nicht.
ihre kinder haben den unmut der eltern gespürt.
meine mutter und ich sind in diesem sommer mit meinem vater mit aufs land gezogen.
wir hatten ein kleines häuschen gemietet.
ich bin mit meiner mutter zum nahegelegenen bach gegangen.
in dem bach hat sie die kotigen stiefel meines vaters gewaschen.
ich habe ihren unmut gespürt.
so hatte sie sich ihr leben nicht vorgestellt.
selbst vom land hat sie in eine großbürgerliche familie hineingeheiratet, eine familie, die sie abgelehnt hat -
und nun wieder am land, als stiefelwäscherin meines vaters.
all das habe ich natürlich erst viel später begriffen,
damals als kleines kind 'nur' ihre gefühle gespürt.
ich fragte, ob ich mit den landkindern spielen dürfte, die ich nicht weit vom bach gesehen habe.
ja, geh' nur - hat sie gesagt.
die kinder haben mich verhöhnt.
dann ist einer gegangen und mit einer teufelsmaske und ketten wiedergekommen.
ich habe angst bekommen und angefangen zu weinen.
da haben sie mich noch mehr verhöhnt und in einen kartoffelkeller gesperrt.
da würde ich, haben sie gesagt nicht wieder herauskommen.
im winter, haben sie gesagt, würden in den keller die kohlen hineingeleert.
die würden mich verschütten.
ich habe so lange geschrieen, bis sie mich endlich herausgelassen haben.
weinend und in voller panik bin zum bach gelaufen.
meine mutter war nicht mehr da.
ich bin zu unserem häuschen gelaufen und unterwegs niedergefallen.
ich bin oft niedergefallen und habe mir die kniee aufgeschlagen.
meine mutter hat mich geschimpft -
sie hat mich immer geschimpft, wenn ich niedergefallen war.
ob sie mich auch geschlagen hat weiß ich nicht.
nicht die strafe für mein niederfallen war das schlimme -
schlimm war, dass sie mich nicht getröstet hat in meiner not,
dass sie mich noch nicht mal angehört hat.
am abend, hat sie gesagt, würde mich mein vater nochmals bestrafen.
ich habe gespürt, dass er es nur halbherzig tut, nur weil sie es verlangt hat von ihm.
ich kann mich nicht erinnern, dass mich jemals ein mensch in den arm genommen hätte, wenn ich in not gewesen bin.
und doch - woher hatte ich es bloß - ich weiß es nicht mehr - habe ich meine kinder immer in den arm genommen und ihnen das liedchen gesungen -
heile heile segen
morgen gibt es regen
übermorgen schnee
dann tut's nicht mehr weh.
dass ich von meiner mutter kein verstehen bekommen könnte, habe ich in meinem noch jungen leben sehr schnell begriffen, die hilflosigkeit und hörigkeit meines vaters erst sehr viel später.
abgöttisch habe ich ihn geliebt.
noch länger, fast 30 jahre, hat es gedauert, dass ich mir eingestehen konnte, dass auch mein mann, und vater meiner kinder, mir niemals beigestanden ist, wenn ich in not gewesen bin.
immer bin ich diejenige gewesen, die für die anderen dazusein hatte.
es hat mich stark gemacht, immer stärker -
an meiner stärke ersticke ich noch.
dem psychiater, bei dem ich jahrelang in therapie gewesen bin nachdem mein sonnenscheinkind stephan an einer psychose erkrankt war, hatte ich all mein vertrauen geschenkt.
ich habe diesem menschen auch mein vertrauen nicht entzogen nachdem er mich weggeschickt und in den bittersten und härtesten jahren mit meinem psychotischen sohn alleine gelassen hat -
so wie alle anderen menschen auch.
mein vertrauen in ihn begann erst zusammenzubrechen als er auf die todesnachricht erst zwei monate später reagiert hat -
mit der erklärung, dass er früher die kraft nicht gehabt hätte dafür.
da habe ich ihn zum teufel geschickt.
allen kann ich vergeben, weil ich ihre hilflosigkeit verstehe -
aber nicht diesem menschen, der der erste war, der mich verstanden hat.
ihn muss ich jetzt endlich auch noch loslassen -
in frieden -
einzig aus eigener kraft -
im vertrauen in eine stärke, einen lebenswillen, der alle erdenkbaren höllen nicht nur überstanden hat, sondern immer mehr gestärkt hervorgegangen ist daraus.
aber manchmal, wie jetzt, erdrückt mich die aufgebürdete last, auch wenn ich weiß -
alles was nicht umbringt macht stark.
ich will aber nicht mehr stark sein -
ich will endlich einmal schwach sein dürfen, ohne gestraft zu werden dafür....