Jake, hier im Forum aktiv, vertritt auch die weiß-grünen Farben.
Also angesichts der um sich greifenden rot-weiß-roten Beflaggung der Autos im Vorfeld der EURO hab ich mir gerade die Europa-Flagge bestellt... ich wohne als geborener Grazer und deutscher Staatsbürger (Hannoveraner von der Sozialisation her) sehr gern hier, aber zum chauvinistischen Farbenvertreter fühle ich mich nicht berufen *ggg*
Zum so oft konstruierten Gegensatz von "psychologischer" und "klassischer" Astrologie: Mir ist schon klar, dass auch mal der Begriff der "psychologischen" Astrologie geprägt wurde, wie es mittlerweile ja wohl 1001 Astrologien gibt, die für sich behaupten, etwas Besonderes zu sein - und manche versteigen sich dazu, mehr Wahrheit zu beanspruchen als die anderen.
Wenn ich davon ausgehe, dass Astrologie eine Möglichkeit ist, kosmische Ordnungsstrukturen in einem System von interagierenden Symbolen zu betrachten und zu interpretieren, dann hat das per se zumindest zwei psychologische Komponenten, ohne dass deshalb gleich die Astrologie psychologisch wird und ohne dass ich die psychologischen Ebenen zwischenmenschlicher Kommunikation einbeziehe.
Erstens sind auch psychologische Strukturen ein Anwendungsfall kosmischer Ordnungen. Folglich sind sie auch von den astrologischen Symbolen umfasst - ansonsten würde Astrologie wohl keinen Sinn machen. Astrologie ist also prinzipiell eine taugliche Methode, auch psychologische Strukturen nach astrologischen Deutungsverfahren zu betrachten, genauso wie ich historische, geologische oder biografische Analogien anschaue.
Zweitens ist Deutung selbst unausweichlich ein Prozess, der psychologischen Rahmenbedingungen unterliegt. Ob das nun in striktem Regelgehorsam erfolgt oder in intuitiver Auslegung der Bandbreiten astrologischer Komplexe ... Psychologie ist allerweil unausweichlich dabei. Ich hielte es für fruchtbarer, die Prozesse des Deutens selbst zu hinterfragen, sich dabei auch kritischer Selbsterfahrung auszusetzen, statt rechthaberisch zu postulieren, wer denn nun rechter hätte... ich merke schon, ich werd polemisch, und das wollte ich hier eigentlich nicht. Die Psychologie schlägt zu, unweigerlich... *g*
In diiesem Sinne wurzeln also auch die klassischen Astrologen zumindest zweifach in der Psychologie. Ohne dass dadurch ihre Astrologie zu einer psychologischen würde. Astrologie ist zunächst einmal eine Lehre, die überpersönlich Systeme errichtet, Methoden formuliert, ein Netz von Begrifflichkeiten über die prinzipiell gestaltlose kosmische Ordnung auswirft. Das machen auch andere Disziplinen so, und wenn sie es in hinreichend geteiltem Konsens machen, befreit das die Gültigkeit des Systems einigermaßen von der psychischen Gegebenheit des Ausübenden. Ich sag der Einfachheit mal, Astrologie wäre "eine" Lehre, wohl wissend um die Vielfalt der astrologischen Schulen. Vielleicht ist es wie in der Physik, wo ja auch für den praktischen Alltag Newton völlig ausreicht und Einstein vermutlich sehr wenig zur Planung einer Elektroinstallation beitragen könnte, von Max Planck ganz zu schweigen.
Beifügungen wie "psychologisch" oder "medizinisch" oder "entwicklungsorientiert" und dergl. mehr sagen ja nichts über die Astrologie an sich aus, sondern sprechen von der Blickrichtung dessen, der Astrologie anwendet. Es geht dabei um die Fokussierung von Deutungskontexten. Psychologische Astrologie fasst psychologische Strukturen ins Auge im Lichte analoger astrologischer Strukturen. Medizinische Astrologie betrachtet medizinische Phänomene und schaut auf Analogien zu kosmischen Strukturen, wie sie sich in den Symbolen der Astrologie ausdrücken. Frageastrologie befasst sich mit der Anwendung astrologischer Regeln auf die Deutung einer ganz konkreten Zeitqualität mit einem ganz konkret zugespitzten Fokus.
Mir ist es ziemlich unverständlich, woher diese hartnäckigen Frontenstellungen rühren - inhaltlich sehe ich nichts, was einer friedlichen Koexistenz der unterschiedlichen Anwendungsbereiche (!) von Astrologie im Wege stehen müsste. Fachliche Diskussion gibt's in allen Bereichen, und wenn ich hier einen Diskurs über Determinismus und Prognose führe, kann ich dort über die prinzipielle Fragwürdigkeit psychologischer Diagnosen streiten, ohne dass solche redlich ausgetragenen Konflikte die Sinnhaftigkeit der jeweiligen Werkzeugkästen gleich grundsätzlich in Frage stellen. Lediglich dort, wo nicht diskutiert, sondern an der Versteinerung gearbeitet wird, wird der Uranus dreinfahren, und das ist keine psychologische Deutung, sondern eine astrologische Prognose, die sich allerdings mit soziologischen und systemischen Befunden deckt (da heißt es dann nicht Uranus, sondern (R)evolution, Paradigmenwechsel, Strukturwandel ... wie gesagt, es geht immer um Blicke auf die gleiche darunter liegende Ordnung).
Last not least kommt die psychologische Komponente unweigerlich dort ins Spiel, wo Astrologie in Beratungs-Situationen genutzt wird. Das ist so ähnlich wie Watzlawicks Satz von der Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren. Ob das nun ein Setting mit einem hohen Autoritätsgefälle von Guru zu Gläubigem ist oder die Paarung von Bedürftigen mit Bedürftigen (Helfersyndrom) oder der fruchtbare Austausch von achtsam miteinander umgehenden Erwachsenen, was dabei bewusst und/oder unbewusst abläuft: wenn ich das begrifflich erfassen möchte, um es bewusst zu machen und gut damit umzugehen, ist es die Psychologie, die mir dafür das Instrumentarium liefert. Und freilich ist auch diese Struktur astrologisch präsent... zum Beispiel in der Synastrie von beratendem Astrologen und Klienten - durchaus spannend als Hintergrund der Deutungen und Gespräche, die so ein Gespann produziert. Langer Rede kurzer Sinn: Es ist eine gemeinsame Ordnung hinter dem, was da abläuft - mit den Möglichkeiten des Deutungssystems Astrologie erfassbar, mit den Möglichkeiten des Deutungssystems Psychologie beschreibbar. Beide Systeme bilden eine Schnittmenge, beide liefern Deutungs(an)sätze, die ihnen exklusiv zueigen sind... ich halte das für erfreulich und nicht für einen Grund, beide gegeneinander auszuspielen.
Alles Liebe,
Jake