Lieber Pan,
im Prinzip ist mir schon klar, welche Linie Du vertreten möchtest – dennoch ein paar Gedanken dazu:
So weiß ich nicht so recht, ob tatsächlich das Streben nach Gerechtigkeit, Wahrheit und Erleuchtung ein Ziel sein sollte. Werde ich mit diesen Werten tatsächlich zu einem besseren Menschen. Was ist denn Gerechtigkeit – denn die hängt vom Standpunkt des Betrachters ab. So empfanden die Israeliten die Landnahme Kanaans gerecht, ob das aber die Kanaaniter genauso sahen, möchte ich stark bezweifeln. So lassen sich an diesem klassischen Beispiel noch viele andere aus unseren Tagen anfügen.
So ist das auch mit der Wahrheit, welche ist denn die richtige, denn jeder hat so seine eigene. Ja und wie ist es mit der Erleuchtung? Haben uns die Früchte vom Baum der Erkenntnis tatsächlich menschlicher gemacht – ich denke nicht. Nicht der Geist mit seiner Erleuchtung lässt uns menschlicher werden, sondern die Gefühle in uns. Was nützt es von der Notwendigkeit der Nächstenliebe oder Willkommenskultur zu reden, wenn unser Tun nicht davon erfüllt wird. Gerade in unseren Tagen wird unentwegt davon geredet, was zu tun sei aber mehr halt nicht.
Was nützen also universelle Gesetze, wenn sie nicht mit Leben erfüllt werden und wie sollten die denn aussehen? Nein, Gesetze verführen uns nur dazu nach einem Weg zu suchen, warum sie gerade jetzt in dieser oder jenen Situation für mich nicht gültig sind. Nein, Gesetze betäuben nur das Gewissen – das unbestechlich in unserer Seele ruht. Ein Thema, das auch schon Jesus sehr beschäftigt hatte.
Ich denke, dass gerade die Wissenschaft zu starrem Denken verführt und seit der Zeit der Aufklärung mehr Kälte in unsere Seelenwelt getragen hatte. Ja, es war notwendig zu etwas mehr Nüchternheit zu finden, aber man hatte dann gleich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet (wie die Menschen nun einmal sind). Wäre es nicht klüger gewesen die Dinge ganzheitlich zu betrachten, damit sie mit der Menschlichkeit in Einklang kämen?
Ja, ich bin auch der Meinung, dass die Drohungen von Verdammung und der Apokalypse nicht weitergebracht haben und dem Menschen mehr schaden, als sie nützen. Ich möchte deshalb die Umkehr mehr in den Mittelpunkt rücken, wobei nicht nur die Rede davon meine – sondern in erster Linie das Tun.
Die Liebe möchte ich lieber durch das Gute ersetzen, denn die Liebe trägt nicht grundsätzlich zum Seelenheil eines Menschen bei. Ohne jetzt ein Anhänger Zarathustras zu sein, hatte er den Weg zu mehr Menschlichkeit auf den Punkt gebracht:
Jeder Mensch, unabhängig von seiner Herkunft, Zugehörigkeit oder Rasse kann die Gnade Gottes in Anspruch nehmen, wenn er nur "Gutes denken", "Gutes sagen" und "Gutes tun" würde.
Letztlich sollte man bei den transzendenten Wesen das Kind nicht gleich mit dem Bade ausschütten, denn diese Wesen sind bei näherer Betrachtung ein Teil von uns selbst und haben einen wichtigen Beitrag zu dem geleistet, was wir heute sind. Es lohnt sich aber genauer hinzuschauen, welches Wesen sie eigentlich in sich tragen, damit sie auch zum Seelenheil eines Menschen beitragen können. Ich schätze jedenfalls den Rat und die Meinung meiner spirituellen Begleiter, die mich auf meinem Weg durch diese Welt begleiten.
Mir ist bei Deinen Thesen aufgefallen, dass sie sehr vernunftbetont sind – bist Du das auch? Eventuell magst Du ja noch einmal überdenken, was uns wohl wirklich menschlicher werden ließe?
Merlin