Die "Schuld" in Familienaufstellungen

liebe gaby!

danke für deine erhellende schilderung... die mit viel leben auffüllt, was ich so trocken theoretisch zu sagen versucht habe.

alles liebe, jake
 
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Liebe Leute,

ich hab noch etwas recherchiert und Folgendes von Bert Hellinger zum Thema Schuld gefunden:

Bert Hellinger schrieb:
© 2004 Kösel Verlag] [/font]
DIE SCHULD

Schuld hat immer mit Beziehung zu tun. Ihre erste Wirkung ist, dass sie trennt. Doch nur auf eine bestimmte Weise. Denn auf der anderen Seite verbindet sie auch, allerdings auf Abstand. Weil die Schuld trennt, macht sie auch frei, sowohl den, der schuldig wurde, als auch den, an dem wir schuldig wurden. Allerdings auch hier nur auf bestimmte Weise.

Wo es um die Schuld am Leben eines anderen geht, zwingt uns die Schuld, ihm ähnlich oder gleich zu werden. Denn die Trennung, die diese Schuld bewirkt, kann nicht aufrecht erhalten werden. Indem wir dem anderen gleich werden, zum Beispiel, indem wir als Folge dieser Schuld einem ähnlichen Schicksal zustimmen, öffnet sich der andere für uns. Er lässt uns wieder in seine Nähe, ja sogar in sein Herz. Wir beide stimmen gemeinsam den Folgen dieser Schuld zu, er als Opfer, ich als Täter. Wir schauen auf unser gemeinsames Schicksal, ergeben uns in dieses Schicksal, lösen uns in diesem Schicksal auf und sind in ihm sowohl verbunden als auch getrennt.

Dies gilt auch für eine Schuld, die weniger weit reichend war. Sie trennt und macht frei für das je Eigene. Doch wenn das Eigene sich erfüllt als das unausweichliche eigene Schicksal und in der Zustimmung zu ihm, was immer es auch mir und dem anderen abverlangt, werden wir in etwas, das uns beide bei weitem übersteigt, sowohl eins als auch voneinander frei.

Manche meinen, sie hätten auch vor Gott Schuld auf sich geladen. Doch wer sich vor Gott schuldig fühlt, verliert den Bezug zu dem anderen, an dem er schuldig wurde. Gott wird dann zwischen ihn und den anderen geschoben. Die Schuld und ihre Folgen werden in die Ferne gerückt, statt sich ihr von Angesicht zu Angesicht zu stellen.

Doch wie könnte einer vor Gott schuldig werden, ohne dass er ihn vom Himmel und aus seinem unzugänglichen Licht in die eigenen Niederungen zerrt? Statt dass er ihn ehrt, entehrt er ihn.

Weil die Schuld am Ende für alle, die sie erfasst, seien sie nun handelnd oder leidend, eine reinigende und sie vollendende Wirkung hat, ist sie an Kraft und schöpferischer Macht größer als ihr Gegenteil und daher dem Göttlichen - was immer wir dahinter auch erahnen mögen - näher und dennoch unsagbar entfernt.
Nach diesem Kapitel über die Schuld als Beziehungsphänomen fügt Hellinger Gedanken über die "Folgen der Schuld" (S. 101ff.) an, wie sie beobachtbar sind:

  • Schuld hat weit tragende Folgen für beide Beteiligten; den der schuldig am anderen wurde, wie auch den Geschädigten.
  • Die Folgen machen dort noch nicht Halt sondern wirken sich oft über Generationen aus und treffen völlig Unschuldige in beiden Systemen.
  • Schuld ist auch schöpferisch i.S. des Bewirkens von etwas, das fortwährend "Böses muss gebären", bis ein neuer schöpferishcer Akt es aufhält und wandelt. Dieser schöpferische Akt steht im diesnte ovn etwas, das der Schuld übergeordnet ist und setzt Kräfte freis, die nur durch diese Schuld entstehen können.
  • Schuld verbindet Opfer und Täter miteinander unauflöslich. Sie kommen nicht voneinander los, vor allem wenn es sich um schwere Schuld handelt, die den Tod des Opfers zur Folge hat.
  • Opfer (oder deren Nachkommen) werden mitunter böse und machen Vorwürfe, was die Bindung verstärkt.
  • Der Schuldige wird dann seine Schuld nicht wahrhaben wollen und sie rechtfertigen. Dazu vermeidet er, dem Opfer in die Augen zu schauen. Statt dessen verschließt er sein Herz vor dem Leid des Opfers. Auch dies verstärkt die Bindung und Trennung zugleich.
  • Wenn Täter und Opfer ihre Bindung nicht anerkennen, springen Nachkommen (v.a. Kinder und Enkel) für sie in die Bresche. Täterkinder werden Opfer und Opferkinder werden Täter. Auch gibt es Täterkinder, die zu Tätern werden, weil sie die Opfer rächen wollen und sich wie die Opfer fühlen. So wird die Trennung zwischen Opfer und Täter von ihnen aufrecht erhalten und auf anderen Kriegsschauplätzen öffentlich ausgelebt und fortgesetzt.
  • Die Unschuldig hinein Gezogenen können helfen, dass die Täter und Opfer zueinander finden, indem z.B. die Nachfahren der Schuldigen mit Liebe und Reue auf die Opfer schauen, sich neben sie legen und demütig warten, bis die Opfer ihm einen Platz neben sich einräumen. damit ist auch dem eigentlich Schuldigen ein Platz eingeräumt. Der wird von seinem Nachfahren nur vertreten. So kann der eigentlich Schuldige über seinen Nachfahren auf sein Opfer schauen und sich gemeinsam mit ihm dem Schmerz des Vorgefallenen aussetzen. Danach können sie sich dem gemeinsamen Schicksal in das sie eingebunden sind fügen. Dabei bleibt der Täter ein Täter und das Opfer ein Opfer.
  • Dieser Vollzug muss tatsächlich auf der Seelenbebene und nicht nur in der Vorstellung stattfinden. Dabei werden auch die Nachkommen von der Bewegung erfasst.
  • Das Ergebnis: alle Beteiligten können geläutert und ohne Ansprüche auf das Geschehene schauen
Bert Hellinger fragt weiter in diesem Zusammenhang, ob die Schuld nahc diesem Proztess vieleicht die Beteiligten einander näherbringen kann, als sie einander je ohne die Schuld kommen könnten; und wenn dem so wäre, würde Schuld nicht am Ende im Dienst des Menschen und seiner Vollendung stehen?

Liebe Grüße
Christoph
 
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