Kinder lieben ihre Eltern, fühlen sich bei ihnen geborgen, brauchen sie, um von ihnen zu lernen, lassen sich von ihnen führen, vertrauen ihnen, und überlassen ihnen ihre Selbständigkeit in der Annahme, von ihnen besser versorgt zu werden als sie es von sich selber erwarten könnten.
Ungefähr so ist die Psychologie all jener, die an ein persönliches Gotteswesen glauben. Eigentlich recht infantil für jemand, der schon im Erwachsenenalter steht.
(Tschuldige, muss jetzt mal kurz über mich selber lachen.)
Etwas weiter fortgeschritten ist die Ansicht, Gott wäre eine unpersönliche Energie im Universum (bzw. das Universum selbst), die unser Leben lenkt und der wir uns voll und ganz hingeben können, weil sie für uns sowieso nur das Beste will und macht.
Zwar nicht mehr ganz so infantil wie der Glaube an einen persönlichen Gott, aber immer noch recht babyhaft.
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Sieht man diese beiden Einstellungen von außen, so bemerkt man, dass der Mensch seine individuelle Kraft und Dynamik freiwillig ruhen lässt, um sich von jemand (etwas) anderem führen zu lassen. Die möglichen Gründe dafür sind Faulheit, Unsicherheit bezüglich der eigenen Fähigkeiten, der Glaube, man wäre durch die Hilfe eines übernatürlichen Wesens größer und stärker als andere, und natürlich die Ablehnung der Eigenverantwortung bezüglich seines Daseins.
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Es gibt auch noch die Möglichkeit, sich als "nicht getrennt" von dieser göttlich-kosmischen Kraft - von Gott - zu erleben. Und oftmals entfaltet man erst dann wirklich seine "individuelle Kraft und Dynamik" wenn man sich "wieder" mit der "großen Ganzheit" verbunden weiß, weil hier die Quelle von allem ist. Mir gehts weniger um glauben oder nicht glauben sondern darum, sich die Quelle des Lebens bewusst zu machen und ich scher mich einen Schmarrn um Pannentheismus, Katholizismus, Monotheismus oder sonst irgend ein "mus" - ohne diese einzelnen Muse zu beleidigen, aber es gibt für mich keine Verpflichtung, an ein Mus zu glauben, wenn ich die ganze Frucht haben kann. Einzig was ich will ist der Anschluss an die Quelle der Kraft und die nenn ich Gott oder Einwesen. Und wenn es mir bestimmt ist, den Anschluss wieder zu verlieren, dann werde ich ihn eben wieder verlieren - und denken, die Kraft käme aus mir allein. Das wird dann wieder die Prüfung Nr.1 für mich sein, dem Hochmut zu verfallen oder zu widerstehen.
Individuation ist ein Prozess - der sich m.E. das ganze Leben hindurch zieht und in diesem steht nicht für jeden in jedem Moment das selbe an. Für den einen gilt es einen Weg "ohne Glauben oder Gewissheit" um Gott zu finden, ein anderer pflegt seit je her einen starken Glauben an die Quelle des Daseins, den Ur-Grund, und wieder ein anderer findet nach einem recht gottlosen, vielleicht sogar ein wenig teuflischen Leben zurück zum Glauben und zu dieser Quelle. Individuation bedeutet für mich - den Gott eventuell auch mal zu verlieren - aber genau so gut auch den "Anschluss" wieder zu finden. An die Quelle der Kraft.
Ich würde keinen Gedanken dran verschwenden, ob so ein Ungläubiger oder Gottesmörder (und sollte es Gott aus irgendeinem Grund dennoch geben, so müsste man ihn töten,) nun richtig oder falsch auf dem Weg ist. Daruf hab ich keinen Einfluss. Er hat sich entschieden "nicht an Gott zu denken oder zu glauben" bei seinem Tageswerk, und das ist eben so. Ich denke eben an Gott, die Ganzheit und ganze Wahrheit, die ich nicht kenne - auch wenn ich großen Mist bau und erkennen muss, dass ich selber voller Lüge bin. Hemmungslos. Weil bereits der Glaube an Gott - Wahrheit - besitzt Heilkraft und wirkt, wie eine Bachblüte oder ein homöopatisches Mittel, also sehr subtil.
Nicht, dass mich Menschen grundsätzlich nicht interessieren, aber um mir wirklich ein Bild zu machen, müsste ich erst in seine Schuhe steigen und ein paar Jahre drinnen spazieren gehen. Angesichts der Vielfalt an Individuen hätte ich da viel zu tun. Und ich kenn kaum einen, der sich gern meine Schuhe anziehen würde, bzw. gerne mal für eine Woche mein Gehirn ausleihen würde.
Naja, aber vielleicht ist es wirklich nur der "Gottesbegriff" der immer wieder diese Mißverständnisse schafft. Da ich den Begriff aber gern beanspruche, weil ichs eben so gelernt hab und weil ein schönes, kurzes Wort ist, ist es immer ein wenig bedauerlich, dass man immer dazusagen muss, was dieses Wort - Gott - für einen bedeutet. Für mich eine unfassbare Intelligenz im All, Ur-Grund des Daseins und Quelle der Kraft, einer gestaltenden Kraft, die die gesamte Natur gestaltet und von der auch der Mensch als Einzelwesen nicht getrennt zu denken ist.
Und für mich gibts 2 Gründe, die dieses Einzelwesen "Mensch" zu einem Gemeinschaftswesen machen. Zum einen die Angst, weil man in der Gemeinschaft eben besser Überlebenschancen hat und zum anderen die verbindende Kraft Gottes - also der Intelligenz im All - oder auch göttlicher Liebe. Man nenns wie man will. Ich für mich würde mich eher für die 2. Variante entscheiden, weil die Angst scheint mir ein schlechter Ratgeber zu sein. Die Angst rät mir im schlimmsten Fall sogar, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden und meinen Menschenbruder zu erschlagen. Darum wähle ich Gott statt der Angst, wenns um Gemeinschaft geht, weil dieser Gott kennt keine Feinde und die kosmische Intelligenz tötet nicht aus Egoismus und Habgier.
Wenngleich "diese Kraft" auch zur Zeit und aus der Zeit heraus nicht eindeutig wissenschaftlich nachweisbar - weil eben ewig. Ewiges Bewusstsein. Na stell sich das mal einer vor. Klar muss das rüberkommen, wie ein Traumgebilde, aber grad in einem Esoterikforum sollt mich das nicht wundern, wenn die Leut so wunderlich drauf sind und an sowas glauben, wie eine kosmische Intelligenz oder ein ewiges, reines Bewusstsein, frei von jeder Egozentrik.... ein Bewusstsein, von dem mein trüber, vom Schnaps verwaschener Teil nur ein winziger, kleiner Tropfen ist.
Ich kann mir schon denken, dass es in einem Atheisten oder einem Menschen, der sagt - ich glaube nich an Gott - die Frage gibt: "Woher bezieht ein "Gläubiger" diese Gewissheit. Das aber kann ich nicht beantworten, weil es eine Frage ist, ob das Herz aufgegangen ist - unabhängig davon, was für ein Leben einer geführt hat. Und selbst wenn er wie ein Teufel gelebt hat ist er nicht dagegen gefeit, dass ihm das Herz aufspringt, einmal im Jahr, zur Weihnachtszeit und manchmal auch dazwischen.