Hagall schrieb:
man sollte aber ehrlich dazusagen, dass es einem weitgehend egal ist oder man es zumindest billigend in kauf nimmt, dass pharmakonzerne nach wie vor massenhaft - zum teil äußerst schmerzhafte - tierversuche durchführen. wir profitieren ja davon (und ich bin da keineswegs ausgenommen).
Ein legitimer Kritikpunkt. Natürlich sterben sehr viele Tiere bei den präklinischen Studien, und das oft vergebens. Man muss das natürlich in dem Lichte sehen, dass es keine richtige Alternative gibt, man könnte
a) entweder sofort zu Phase-I-Studien mit Menschen springen und diesen Menschen noch großteils unbekannte Wirkstoffe geben.
b) gar keine Medikamentenforschung mehr betreiben
Es kommt letztlich aufs Weltbild drauf an, wie man hier entscheidet. Man muss sich vor Augen halten, dass für jedes Tier, das in solchen Versuchen stirbt, später Tausende oder Millionen Menschen gerettet werden können.
federschnee schrieb:
Die Kehrseite scheint aber auch immer mehr Macht zu bekommen. Es werden teilweise Medikamente auf den Markt geworfen, die nicht ausreichend getestet wurden.
Das würde ich so nicht unterschreiben. Eher das Gegenteil. Seit 1948 ist die Menge an jährlich durch das FDA zugelassenen NMEs (neue Wirkstoffe) kaum gestiegen (
Link), und das, obwohl sich die Pharmaindustrie seit dieser Zeit um das x-fache vergrößert hat. Das heißt - netto gesehen wird die Entwicklung neuer Stoffe immer teurer, immer langwieriger und immer schwerer. Die Entwicklung eines völlig neuen Wirkstoffes kostet heutet schon zwischen 1-2 Milliarden Dollar. Gleichzeitig produzieren neue Stoffe viel weniger Profit als die "Blockbuster" der 80er und 90er Jahre. Diese "Austrocknung der Pipeline" wie sie genannt wird ist problematisch - einerseits kann man natürlich die Bestrebungen der FDA (bzw. in Europa die EMEA) verstehen, nur hochqualitative Wirkstoffe zuzulassen. Andererseits führen diese Beschränkungen natürlich dazu, dass - wie ich oben schon erwähnte - viele Pharmafirmen sich von R&D (also der Forschung) distanzieren und versuchen, auf andere Weise ihren Profit reinzubekommen (Marketing, me-too-drugs, Patentverlängerungen etc).
JacquesDeMolay schrieb:
In der Folge ging es auch darum, dass hauptsächlich jene behandelt werden, die es sich leisten können, die versichert sind und bei der Auswahl der Patienten, wurde aufs Geld geschaut. Diese Episode ist heute aktueller denn je.
Was erwartest du? Wie oben schon gesagt wurde: Gehst du zum Bäcker und forderst, dass er dir die Brötchen gratis gibt, weil du sie zum Leben brauchst? Müssen alle Industriezweige, die lebensnotwendige Produkte herstellen "für lau" arbeiten und wir sollen nur noch für "Luxusgüter" zahlen?
Wie gesagt: die Kosten für die Erforschung eines neuen Wirkstoffs liegen im Milliardenbereich. Die Herstellungskosten sind teilweise auch nicht ohne. Wieso sollte man
dafür kein Geld bekommen?
Und übrigens: Ich wurde auch schon in Krankenhäusern im Ausland in Notfällen behandelt, die keinerlei Ahnung hatten, ob ich versichert sei und ob ich liquide genug war, die Rechnung zahlen zu können. Wäre ich in Privatinsolvenz gegangen, wären die auf ihren über 5000 EUR Behandlungsgebühren sitzengeblieben.