Niemand
Sehr aktives Mitglied
Langri Thangpa saß im Schneidersitz vor einem niedrigen Holztisch, auf dem er Berge von gekochtem Reis angehäuft hatte, als eine Maus aus ihrem Schlupfloch herausgelaufen kam. Der Larna war dabei, verschiedene Halbedelsteine mit dem Reis zu vermengen und Mandalas daraus zu formen - geometrische Bilder von symbolhafter Bedeutung -, auf die er seinen müden Geist konzentrieren wollte.
Da der Lama still und friedlich da saß, kam die Maus ganz nah an ihn herangetrippelt und sprang auf den Tisch. Dort angekommen, versuchte sie, einen Türkis aus dem Reisberg zu zerren und mit sich davonzuschleppen. Aber der Edelstein war viel zu groß für das winzige Nagetier und klebte zudem an einem Brocken zermatschter Reiskörner fest.
»Lieber Freund«, sagte der alte Thangpa. »Das blaugrüne Ding ist kein Schimmelkäse, sondern ein Stein und daher ungenießbar. Gib es auf.« Die Maus hatte den Türkis inzwischen halb aus dem Reisberg gezerrt, konnte ihn jedoch nicht zwischen den Vorderpfoten halten und gleichzeitig davonlaufen. Langri Thangpa betrachtete die Bemühungen der Kreatur mit dem Blick eines erfahrenen alten Wanderers und dachte: »Dieses sinnlose Treiben erinnert mich an den unaufhörlichen Kampf mit der Materie in dieser Welt. Was nützt es uns, wenn wir Haufen von Materie von einem Platz zum nächsten bewegen? Scheinbar wird etwas geschaffen, doch letztlich wird alles wieder zerstört und stellt sich als ungenießbar und vollkommen sinnlos heraus...«
So dachte der Lama, während die Maus unverrichteter Dinge verschwand und sich eine Weile nicht mehr blicken ließ. Der Alte fuhr fort, sein Mandala zu formen, als er sah, daß die Maus zurückgekommen war - und diesmal in Begleitung eines Komplizen von der eigenen Art. Gemeinsam gelang es den beiden Tieren, den Türkis aus dem Reisberg herauszuziehen, indem die eine Maus schob, während die andere von vorne zerrte, worauf sie mit ihrer Beute unter dem Tisch verschwanden.
Da mußte Geshe Langri Thangpa zum erstenmal seit vielen Jahren lachen. Sein Lachen war spontan und voller Güte, und es erhellte sein düsteres Gesicht wie ein göttlicher Sonnenaufgang.
Laut rief er: »Möge allen Wesen im Universum gegeben werden, was sie wirklich haben wollen und brauchen.«
(aus: Surya Das - Tibetische Weisheitsgeschichten)
Da der Lama still und friedlich da saß, kam die Maus ganz nah an ihn herangetrippelt und sprang auf den Tisch. Dort angekommen, versuchte sie, einen Türkis aus dem Reisberg zu zerren und mit sich davonzuschleppen. Aber der Edelstein war viel zu groß für das winzige Nagetier und klebte zudem an einem Brocken zermatschter Reiskörner fest.
»Lieber Freund«, sagte der alte Thangpa. »Das blaugrüne Ding ist kein Schimmelkäse, sondern ein Stein und daher ungenießbar. Gib es auf.« Die Maus hatte den Türkis inzwischen halb aus dem Reisberg gezerrt, konnte ihn jedoch nicht zwischen den Vorderpfoten halten und gleichzeitig davonlaufen. Langri Thangpa betrachtete die Bemühungen der Kreatur mit dem Blick eines erfahrenen alten Wanderers und dachte: »Dieses sinnlose Treiben erinnert mich an den unaufhörlichen Kampf mit der Materie in dieser Welt. Was nützt es uns, wenn wir Haufen von Materie von einem Platz zum nächsten bewegen? Scheinbar wird etwas geschaffen, doch letztlich wird alles wieder zerstört und stellt sich als ungenießbar und vollkommen sinnlos heraus...«
So dachte der Lama, während die Maus unverrichteter Dinge verschwand und sich eine Weile nicht mehr blicken ließ. Der Alte fuhr fort, sein Mandala zu formen, als er sah, daß die Maus zurückgekommen war - und diesmal in Begleitung eines Komplizen von der eigenen Art. Gemeinsam gelang es den beiden Tieren, den Türkis aus dem Reisberg herauszuziehen, indem die eine Maus schob, während die andere von vorne zerrte, worauf sie mit ihrer Beute unter dem Tisch verschwanden.
Da mußte Geshe Langri Thangpa zum erstenmal seit vielen Jahren lachen. Sein Lachen war spontan und voller Güte, und es erhellte sein düsteres Gesicht wie ein göttlicher Sonnenaufgang.
Laut rief er: »Möge allen Wesen im Universum gegeben werden, was sie wirklich haben wollen und brauchen.«
(aus: Surya Das - Tibetische Weisheitsgeschichten)