Die Idee der kritischen Vernunft

S

SammyJo

Guest
Zur Problematik der rationalen Begründung und des Dogmatismus


Erstaunlicherweise pflegt man im deutschen Sprachbereich gerade eine der ältesten und darüber hinaus eine der wirksamsten und für unsere kulturelle und soziale Entwicklung bedeutsamsten Traditionen des europäischen Denkens nicht selten zu vergessen, zu bagatellisieren oder gar zu diffamieren, oder aber sie zumindest als fragwürdig zu behandeln: nämlich die Tradition des kritischen Denkens und der kritischen Diskussion, der unvoreingenommenen Analyse und Prüfung von Anschauungen, Wertungen, Autoritäten und Institutionen (1). Die bei uns noch immer weitverbreitete Gewohnheit, kritisches Denken mit einem negativen Wertakzent zu versehen, mag dazu verleiten, daß man die Rolle und die historische Bedeutung dieser Tradition falsch einschätzt, zumal sich alle möglichen Verfechter von Auffassungen, die durch kritische Untersuchungen gefährdet sind, große Mühe geben, eine solche Fehleinschätzung zu fördern und den Wirkungsbereich der Kritik nach Möglichkeit einzuschränken. Das ist an sich durchaus verständlich, wenn man sich vor Augen hält, daß diese Tradition ihrem Charakter nach immer wieder mit anderen Traditionen in Konflikt geraten mußte, die aus irgendwelchen Gründen ein Interesse an der dogmatischen Fixierung von Anschauungen hervorbrachten, gleichgültig, ob es sich dabei um religiöse, metaphysische, moralische, politische oder andere Anschauungen handelte. Nicht selten wurden nach einem solchen Konflikt die Resultate kritischen Denkens allmählich mehr oder weniger stillschweigend übernommen und assimiliert, was aber der kritischen Einstellung an sich keineswegs immer die entsprechende Anerkennung verschafft hat – teilweise sicher deshalb nicht, weil es den Vertretern anderer Traditionen vielfach möglich war, die Quellen ihres Denkens entsprechend umzudeuten.


Natürlich ist der Geist der kritischen Diskussion keine sozial freischwebende und völlig ungebundene Erscheinung, sondern ein Tatbestand, der eine entsprechende soziale Konstellation voraussetzt, die, historisch gesehen, nicht eben häufig realisiert gewesen ist. Eine institutionelle Sicherung freier und unvoreingenommener kritischer Forschung und Diskussion scheint sich in vielen Fällen nicht so leicht bewerkstelligen zu lassen wie die institutionelle Verankerung dogmatischer Überzeugungen. Der Anspruch, im vollen und alleinigen Besitz der Wahrheit zu sein und daher kritische Argumente nicht beachten zu müssen – ein Anspruch, der im engeren Bereich der Wissenschaft meist als naiv und keineswegs als Zeichen der Überlegenheit gilt, erweist sich in anderen Bereichen oft als von erstaunlicher Durchschlagskraft, wenn er mit der Fähigkeit verbunden ist, wichtige Bedürfnisse zu befriedigen oder ihre Befriedigung in Aussicht zu stellen. Von solchen Ansprüchen her wird die Freiheit der Forschung immer wieder gefährdet, auch in Gesellschaften, in denen es gewisse institutionelle Garantien für sie gibt. Das ist natürlich vor allem da der Fall, wo wissenschaftliches Denken in Konkurrenz tritt mit institutionell verankerten Ideologien, die nicht das Interesse an der Wahrheit und der freien Wahrheitsfindung in den Vordergrund stellen, sondern die Legitimation geistiger und sozialer Tatbestände, die Rechtfertigung von Glaubenssätzen, Herrschaftsformen und sozialen Ordnungen.


Die Idee der kritischen Prüfung ist eine methodische Idee, die darauf zurückgeht, daß unser Denken und Handeln der Irrtumsmöglichkeit unterworfen ist, so daß derjenige, der ein echtes Interesse an der Wahrheit hat, daran interessiert sein muß, die Schwächen und Schwierigkeiten seiner Denkresultate und Problemlösungen kennenzulernen, Gegenargumente zu hören und seine Ideen mit Alternativen konfrontiert zu sehen, um sie vergleichen, modifizieren und revidieren zu können. Nur Anschauungen, die kritischen Argumenten ausgesetzt werden, können sich bewähren. Nur auf dem Hintergrund alternativer Auffassungen lassen sich die Vorzüge und Nachteile bestimmter Konzeptionen beurteilen. Es lohnt sich daher immer, ernsthaft zur Diskussion stehende Ideen in eine Form zu bringen, die solche Vergleiche ermöglicht und ihre Prüfung erleichtert und sie dann tatsächlich mit Alternativen und Argumenten zu konfrontieren. Nur in diesem Fall haben sie Gelegenheit zu zeigen, was sie für die Weltorientierung leisten (5). Es ist zwar stets möglich, Anschauungen aller Art gegen jede Kritik zu immunisieren, sie entsprechend zu formulieren, zu interpretieren und zu behandeln. Methodische Strategien, die das leisten, können ohne Schwierigkeit gefunden werden. Man kann in dieser Beziehung auf ein reichhaltiges Repertoire zurückgreifen. Man kann derartige Strategien außerdem einstellungsmäßig verankern, indem man sich eine dogmatische Haltung zu eigen macht oder andere in dieser Weise beeinflußt. Man kann sie weiter institutionell absichern, indem man die soziale Kommunikation in entsprechender Weise kanalisiert, einschränkt und in bestimmten Richtungen unterbindet, so daß man gegen kritische Argumente aus bestimmten sozialen Bereichen weitgehend geschützt ist. Alles das ist immer wieder mehr oder weniger erfolgreich praktiziert worden. Aber solche Vorkehrungen sind nur geeignet, das Wachstum unseres Wissens und unserer Einsicht, die Entdeckung unserer Schwächen, Fehler und Irrtümer aufzuhalten oder gar völlig zu unterbinden. Sie können daher niemals im Interesse einer besseren Wahrheitsfindung, im Interesse der Erkenntnis, stattfinden, sondern –wenn man einmal von Mißverständnissen absieht – nur in erkenntnisfremden Motiven wurzeln. Die Sicherung des einmal Erworbenen, des Gewohnten und Geglaubten gegen jede Gefährdung steht dabei im Vordergrund, nicht aber seine Bewährung gegenüber möglichen Alternativen, denn bewähren können sich Ideen, Systeme und Konzeptionen aller Art nur insoweit, als sie dem Risiko des Scheiterns ausgesetzt werden. Die durch ihre Dogmatisierung zu erreichende Sicherheit ist also fragwürdig, nicht nur deshalb, weil sie tatsächlich nur temporären und relativen Charakter zu haben pflegt, sondern darüber hinaus, weil sie ein intellektuelles Opfer voraussetzt: man muß bis zu einem gewissen Grade das Interesse an der Wahrheit, an der Erkenntnis und ihrem Fortschritt opfern, um sie zu erreichen. Die Garantie des Bestehenden bedeutet die Absicherung gegen mögliche Einsichten, die Festigung bestehender Irrtümer, die Zementierung erworbener Positionen und damit die Hemmung der geistigen und sozialen Entwicklung.


http://www.gkpn.de/albert.htm



Und verdeutelt (und verschandelt) mir das hier bitte nicht (wieder) zum Islam-Thread, ich wünsche dies ausdrücklich nicht!

:morgen:
 
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Ja, damit sind natürlich die Inhalte sofort als diskussionsunwürdig zu sehen, so etwas macht man nicht am Inhalt fest. Aber gut.

Noch dies hier:


GWUP kritisiert UN-Menschenrechtsrats-Resolution zur Einschränkung der Meinungsfreiheit

Der UN-Menschenrechtsrat hat zum zweiten Mal eine Resolution verabschiedet, nach der die "Diffamierung von Religionen", insbesondere des Islams, als Rassismus zu brandmarken sei. In diesem Beschluss werden Medien und "extremistische Organisationen" beschuldigt, "Stereotypen bestimmter Religionen und heiliger Personen" zu verbreiten. UN-Mitgliedsstaaten werden aufgefordert, innerhalb ihrer Rechtssysteme dagegen vorzugehen. Die Besorgnis über Rassismus und Diskriminierung in einer Zeit des "Kriegs gegen den Terror" wurde zum Anlass genommen, um Kritik am Islam mit anti-muslimischer Hetze gleichzusetzen. Offenbar soll das Recht auf freie Meinungsäußerung im Namen von "Dialog" und "Vielfalt" erstickt werden. Die Resolution wurde mit 23 gegen 11 Stimmen bei 13 Enthaltungen verabschiedet, zwei Ja-Stimmen mehr als beim ersten Mal.
Zusammen mit dem Center for Inquiry International und anderen Nichtregierungsorganisationen verurteilt die GWUP diese Resolution. Der GWUP-Vorsitzende Amardeo Sarma warnt vor den Auswirkungen eines Verbots der Kritik an Glaubenssystemen. "Hierdurch werden die Grundlagen einer offenen Gesellschaft und von Wissenschaft in Frage gestellt. Wissenschaft ohne freies Denken und freie Rede mit der Möglichkeit, potentiell anstößige Fragen anzusprechen, ist undenkbar." Diffamieren könne man nur Personen, keine Glaubenssysteme. Nach Auffassung einer breiten Gruppe von sozialen Organisationen werden solche Resolutionen lediglich dazu führen, dass die Unterdrückung unerwünschter Meinungen, insbesondere in islamischen Staaten, legitimiert wird.

GWUP e.V.

http://www.gwup.org/infos/nachricht...ution-zur-einschraenkung-der-meinungsfreiheit


Normalerweise zitiere ich die nicht, aber hier stimme ich uneingeschränkt zu.

Und denkt bitte daran, es geht NICHT um dies und das, sondern um das Recht der freien Meinungsäußerung und die Idee der kritischen Vernunft.

Wir sind immer mehr auf dem Weg, dieses Recht zu beschneiden, gell?

Bitte, bitte verschandelt mir den Thread nicht mit Islamophobie usw., sondern falls sich einer meldet, versucht euch zur Thematik der freien Meinungsäußerung zu äußern. Den darum gehts.

Kann jemand das differenzieren, obwohl da die Kritik an Glaubenssystemen erwähnt wurde? (Auch an Opti gerichtet? Denn wenn du hieher kommst, ist leider alles hier gelaufen :D)


Ich selbst bin jetzt weg, aber ich wollte das als Gedankenanstoss noch hier lassen.

Fröhliches Sonnen wünsche ich,

AJo

:)
 
Ja, damit sind natürlich die Inhalte sofort als diskussionsunwürdig zu sehen, so etwas macht man nicht am Inhalt fest. Aber gut.

Noch dies hier:




http://www.gwup.org/infos/nachricht...ution-zur-einschraenkung-der-meinungsfreiheit


Normalerweise zitiere ich die nicht, aber hier stimme ich uneingeschränkt zu.

Und denkt bitte daran, es geht NICHT um dies und das, sondern um das Recht der freien Meinungsäußerung und die Idee der kritischen Vernunft.

Wir sind immer mehr auf dem Weg, dieses Recht zu beschneiden, gell?

Bitte, bitte verschandelt mir den Thread nicht mit Islamophobie usw., sondern falls sich einer meldet, versucht euch zur Thematik der freien Meinungsäußerung zu äußern. Den darum gehts.

Kann jemand das differenzieren, obwohl da die Kritik an Glaubenssystemen erwähnt wurde? (Auch an Opti gerichtet? Denn wenn du hieher kommst, ist leider alles hier gelaufen :D)


Ich selbst bin jetzt weg, aber ich wollte das als Gedankenanstoss noch hier lassen.

Fröhliches Sonnen wünsche ich,

AJo

:)

Das hat sich wohl erledigt, Opti ist nicht mehr hier.

Wer wird wohl der nächste Reibebaum sein?

Ist doch sonst langweilig :rolleyes:
 
Ja, damit sind natürlich die Inhalte sofort als diskussionsunwürdig zu sehen, so etwas macht man nicht am Inhalt fest. Aber gut.

Nein, Sammy Jo. Meine philosophische Position klammert Popper und die meisten Philosophen des 20ten Jahrhunderts aus.

Dein Thema ist eher für Denker-Forum geeignet. Hier sind wir bei der BILD-Abteilung, denke ich. ;)
 
wie gehts Du den subjektiven Ansatz-Anteil um?

im 21ten Jhd. freunde mich mit Richard David Precht an.
 
(Persönlicher) Glaube ist eine Ansicht/Meinung(im speziellen eine metaphysische Ideologie)
Ansichten müssen kritisierbar und bewertbar sein.
Ich könnte sonst jeden Schei.. zur Religion erheben, siehe auch Scientology.

Geschlecht/Rasse/Alter sind keine Ansichten, die man kritisieren kann.
Man kann zum Beispiel nicht jemanden rational dafür kritisieren eine Frau zu sein.

Habe ich schon mal gesagt, dass ich die GWUP toll finde:D:tomate:
 
(Persönlicher) Glaube ist eine Ansicht/Meinung(im speziellen eine metaphysische Ideologie)
Ansichten müssen kritisierbar und bewertbar sein.
Ich könnte sonst jeden Schei.. zur Religion erheben, siehe auch Scientology.

Geschlecht/Rasse/Alter sind keine Ansichten, die man kritisieren kann.
Man kann zum Beispiel nicht jemanden rational dafür kritisieren eine Frau zu sein.

Habe ich schon mal gesagt, dass ich die GWUP toll finde:D:tomate:


Okay,

dann bitte hier:


10-Jahresplan der OIC


Richtig in Schwung kam die Debatte erst nach den internationalen Turbulenzen um die dänischen Karikaturen, auf denen der Prophet Mohammed als Terrorist dargestellt und auch sonstwie verunglimpft wurde. Es kam zu einer regelrechten Hetzkampagne gegen Dänemark, die ihren Höhepunkt Ende 2005 hatte. Daraufhin wurde an einer Gipfelkonferenz der OIC im Dezember 2005 ein 10-Jahres-Aktionsplan verabschiedet. Eines der erklärten Ziele des Plans ist die Verabschiedung einer internationalen Resolution zu Islamophobie, in der alle Staaten aufgefordert werden, Gesetze mit abschreckenden Strafen zu erlassen.




Problematik des Begriffs «Diffamierung von Religionen»
Europäische und andere westliche Staaten wehren sich dagegen, dass die Diffamierung von Religionen als Menschenrecht anerkannt werden soll. Zum einen würde es sich hierbei nicht um ein individuelles Recht für einzelne Personen handeln, sondern es würde ein Recht für eine Religion geben, was per se schon widersprüchlich ist. Die Menschenrechte dienen zum Schutz von Individuen und nicht zum Schutz von Konzepten oder eben Religionen. Zum anderen würde ein Recht, das Religion vor Diffamierung schützt, in der Realität eine starke Einschränkung für die Meinungsfreiheit bedeuten. Niemand darf wegen seiner Äusserungen über eine bestimmte Religion bestraft werden, es sei denn, es handle sich um eine ohnehin strafbare Verletzung religiöser Gefühle (Blasphemie-Verbote auf der Ebene des Strafrechts) – dies ist ein lange verankerter Grundsatz westlicher Demokratien und fällt unter die Meinungsäusserungsfreiheit. Über den Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Religionszugehörigkeit hingegen herrscht Einigkeit, weshalb dieses Recht ja auch in den internationalen Menschenrechten verankert ist.

Ausserdem ist Diffamierung in den meisten Rechtssystemen ein rechtliches Konzept, das es Einzelpersonen oder Einheiten mit Rechtspersönlichkeit gestattet, wegen Verleumdung oder übler Nachrede zu klagen. Wie ein solches Konzept auf eine Religion übertragen werden und damit dem Menschenrechtsschutz dienen soll, ist nicht nachvollziehbar.



http://www.humanrights.ch/home/de/idart_6794-content.html


Ja, es wird langsam so richtig lustig. Machen wir eben mal ein Menschenrecht für eine ideologische Gesinnung klar! Why not?


>>>>>Diffamierung ist personenbezogen!<<<<<



"Menschenrechtler sieht Redefreiheit in Gefahr!"


http://www.swissinfo.ch/ger/swissinfo.html?siteSect=117&sid=10432796&cKey=1236844699000&ty=st
 
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Zitat:Ja, es wird langsam so richtig lustig. Machen wir eben mal ein Menschenrecht für eine ideologische Gesinnung klar! Why not?


Wieso kein nationalsozialistischer Gottesstaat? Ich muss bloß Hitler zum Gott
erklären, was nach dessen eigenen Aussagen und seinem Absolutheitsanspruch gar nicht so kompliziert ist (nicht umsonst hieß es ja Führerkult), ein Schuss Ariosophie,
und Bischof Williamson als Papst, das wärs doch.:rolleyes: Und so eine Religion ist machbar. Dann wird es als Glaubensgerüst bezeichnet, dass es keine Gaskammern gab, Juden vom Teufel als Parasiten erschaffen wurden usw.Toll:ironie:

Oder gibt es in Zukunft ein Gremium, was entscheidet was Religion ist, und was nicht.
 
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