die beschedene frage der woche an
Radio Erivan lautet:
"Waren im dritten reich nicht alle deutsche (natürlich auch alle "ostmärker") eigentlich
gegner der nazinalsozialismus, sie konnten es nur nicht zeigen, weil sie "angst" haben mussten --- wie uns herr öttinger in seiner trauerrede bei der beerdigung von herrn filbinger so "anschulich" vor augen geführt hat ?" bitte um schnelle und ausführliche antwort an
shimon1938
Ich denke, die Aufregung der Medien beruht auf einem kapitalen Irrtum. Es wurde nicht die Textsorte berücksichtigt, die Oettinger am Grab von Filbinger abgesondert hat. CDU-Generalsekretär Thomas Ströbl hat bereits die richtigen Worte gefunden (Interview im *Focus*): «Es war eine Trauerrede, die an die Familie gerichtet ist, und kein historisches Seminar.»
Richtig. Eine Trauerrede ist ein literarischer Text. Und wenn da aus einem Nazi-Richter ein Widerstandskämpfer wird, dann ist das normal und angemessen und fällt prinzipiell unter dichterische Freiheit. Oder wollen wir etwa die Freiheit der Künste, eine historische Errungenschaft, mal eben über Bord werfen, nur damit wir uns wieder schön die Mäuler zerreißen können über einen Mann, der nur seine Pflicht getan hat?
Außerdem: Es ist völlig richtig. Im Grunde waren alle Widerstandskämpfer, sie konnten es nur nicht zeigen, nicht aber aus Angst, sondern weil Männer generell Probleme damit haben, ihre wahren Gefühle zu zeigen. Das ist auch noch heute so, wie wir wissen.
Auch Hitler war im Grunde ein Widerstandskämpfer, der von dem Hype, den andere um ihn machten, leider nicht loskam und deshalb gezwungenermaßen diese *Herrenrassen*-Nummer durchziehen mußte, obwohl er in seinem tiefsten Inneren dagegen war. Aber er konnte sich selbst und anderen seine Gefühle nicht eingestehen, wir wissen ja, wie verklemmt er war. Am liebsten hätte er bei Stauffenberg mitgemacht, ging aber nicht, weil Goebbels & Co ihn aus der Führer-Nummer nicht rausließen.
Also, was regen sich eigentlich alle über Oettinger auf? Der wollte mit seiner Grabrede doch nur das Beste, genauso wie Filbinger als Marinerichter.