Die Bankenkrise kehrt zurück und ZB´s - die Herren des Geldes

M

mdelajo

Guest
Ja, wer hätte denn bloss das gedacht?

In Zeiten des Lena-Wahns und der Fußball-WM wollen wir es nicht versäumen, uns zu informieren. Ich kopiere meinen Beitrag aus dem "Sparpaket-Thread" hierher und ergänze ihn etwas, da ich dieses Thema zu wichtig finde, als daß es im Nimmergesehenen Niemandsland ungelesen verschwindet.


Die Bankenkrise kehrt zurück 11.06.2010

Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und Investor George Soros sorgen sich um die Stabilität des Finanzsektors. Die Nervosität steigt, weil auch die EZB nicht helfen kann.

Erst brachten faule Kredite viele Banken in Bedrängnis. Regierungen mussten weltweit strauchelnde Kreditinstitute vor der Pleite bewahren. Dadurch erhöhten sich die Zinsen für den sowieso schon unübersehbaren Schuldenberg der Staaten und trieben ganze Nationen wie die Griechen der Pleite entgegen. Und nun belasten die von einem Ausfall bedrohten Staatsanleihen dieser Länder erneut die Bilanzen der Banken.


In Wien debattiert seit gestern der Club der internationalen Banken IIF darüber, wie jene Institute, die unter Schrottanleihen aus hoch verschuldeten Euro-Ländern ächzen, über Wasser gehalten werden können. In Frankfurt kam zur gleichen Zeit jene Institution zusammen, auf die sich bei dieser Fragestellung alle Augen richten: die Europäische Zentralbank (EZB). Eine Patentlösung hat sie auch nicht. Das Einzige, was sie den Banken bieten kann, ist eine Atempause.


Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, der nicht eben zu den Berufspessimisten zählt, sagte vor Kollegen in Wien: Er würde zwar nicht so weit gehen, von einer Vertrauenskrise unter den Banken zu reden. "Es gibt aber Befürchtungen bezüglich der Bilanzstärke einiger Institute", so Ackermann, der auch IIF-Vorsitzender ist. Francisco Gonzalez von der spanischen BBVA zeigte mehr Nerven: Der Topbanker lehnte jeden Kommentar zur heimischen Branche ab – bevor er fluchtartig das Podium verließ.

Analysten der US-Bank Morgan Stanley werden deutlicher. Sie warnen vor "massiven Risiken". Denn die Kreditklemme für Banken am Kapitalmarkt kommt zur Unzeit. Viele Institute sind mittlerweile sehr kurzfristig refinanziert. Bis Ende 2012 müssen europäische Geldhäuser 1,6 Billionen Euro umschulden. Das wird angesichts der Angst der Investoren vor den unkalkulierbaren Folgen der Schulden- und Bankenkrise immer schwieriger.


http://www.zeit.de/wirtschaft/2010-0...oros-ackermann



Wußtet ihr, daß die Deutsche Bank, die sich in persona Herrn Ackermann damit brüstet, keine Hilfen bekommen zu haben und zu brauchen, über Amerikas Rettungsaktion (180 Milliarden der US-amerikanischen Regierung insgesamt reingepumpt) des Versicherers AIG Milliardenbeträge erhalten hat? Nur mal so als Randinfo zum Thema Ehrlichkeit, Authentizität, Wahrhaftigkeit usw.

Die Deutsche Bank gehört zu den größten Profiteuren des milliardenschweren Rettungspakets der US-Regierung für den US-Versicherungskonzern AIG. Laut einer am Sonntag von AIG veröffentlichten Liste mit den zwischen September und Dezember 2008 entschädigten Geschäftspartnern erhielt die Deutsche Bank nach dem Beinahe-Kollaps des US-Versicherers 11,8 Milliarden Dollar (9,1 Milliarden Euro). Höhere Summen erhielten nur die US-Investmentbank Goldman Sachs mit 12,9 Milliarden Dollar und die französische Société Générale mit 11,9 Milliarden Dollar.

http://www.focus.de/finanzen/boerse/...id_380704.html


Wenn ihr den obigen Artikel und andere sorgfältig lest, wisst ihr auch, warum die Banken nicht beteiligt werden am Sparpaket -

sie sind tot! Zumindest offiziell bald, ein paar ausreichende Gelder werden den Weg schon irgendwohin gefunden haben, wo niemand genauer hinguckt.

Der Artikel ist vom 11.06.2010!

Und nein, unsere Banken haben natürlich kein Geld bekommen, sicher nicht. Sie werden nur durch Infusionen und Nährlösungen der Zentralbanken künstlich am Leben gehalten. Ein Perfusor hier, ein andere Spritze da, dort eine Infusion und hier ein Zugang mit dem lebenserhaltenden Stoff, den die ZB´s ja - ach siehe hier:

Das Geld, das die Zentralbanken verleihen, können sie selbst schöpfen. Denn sie sind die Herren des Geldes. Wenn mehr benötigt wird, geben sie eben mehr aus. Wenn zu viel da ist, schöpfen sie es ab. Dann locken sie die Banken mit hohen Zinsen für Einlagen.

http://www.pnn.de/fragen-des-tages/13084/


So funktioniert es also. Aha, da kommt das Geld her, haben wir zuwenig, schaffen die ZB´s einfach welches, haben wir zuviel, schöpfen sie ab. Ja, wenn das so einfach ist und lapidar (Kommentar siehe unten) abgetan werden kann. Wo ist denn das Problem? Also das für uns, weswegen wir soviel nun sparen müssen? Zssssss, ein Schelm, wer Böses ........


Von Stefan Kaiser

Geld im Angebot

Um die Folgen der weltweiten Finanzkrise abzumildern, pumpen die internationalen Notenbanken Milliardensummen in das System. Wie funktionieren diese Rettungsprogramme?

Die Zentralbanken sind so etwas wie die Feuerwehr des Finanzsystems. Immer wenn es brennt, werden sie gerufen. Und meist gelingt es ihnen auch, den Brand zumindest unter Kontrolle zu halten. Von Löschen kann – jedenfalls in der jetzigen Situation – keine Rede sein, auch wenn die Notenbanken dem weltweiten Finanzsystem nun mit Milliardensummen aushelfen. Seit Beginn der Bankenkrise im vergangenen Sommer haben sie mehrere Billionen Euro außerplanmäßig in die Märkte gepumpt. Allein am Dienstag stellten die Europäische Zentralbank (EZB) sowie die Zentralbanken aus England, Japan und den USA zusammen mehr als 146 Milliarden Euro zur Verfügung. Das Geld geht an die Banken, die sich aus gegenseitigem Misstrauen untereinander kein Geld mehr leihen. Sie brauchen dieses Geld aber, um ihre Geschäfte fortzuführen.

Dass die Zentralbanken den Geschäftsbanken Geld leihen ist zunächst einmal nicht ungewöhnlich. Es gehört zu ihren Aufgaben. So stellt die EZB wöchentlich im sogenannten Haupttender Zentralbankgeld zur Verfügung, das sich die Banken für eine Woche ausleihen können. Am Dienstag waren es zum Beispiel 150 Milliarden Euro. Dabei müssen die Banken als Sicherheit eigene Wertpapiere hinterlegen. Nach einer Woche müssen sie das Geld zurückzahlen und bekommen dafür ihre Sicherheiten wieder.

In Krisenzeiten, wie die Bankenwelt sie momentan erlebt, reicht diese wöchentliche Versorgung mit Zentralbankgeld allerdings nicht aus. Der Geldmarkt, auf dem die Banken normalerweise untereinander Geld handeln, droht auszutrocknen. Ablesen lässt sich dies immer an besonders hohen Tagesgeldzinsen.

In solchen Fällen kann die EZB zusätzliches Geld zur Verfügung stellen. Bis zum Sommer 2007 hatte sie davon nur einmal Gebrauch gemacht: Nach den Terroranschlägen des 11. September 2001. Doch seit Beginn der Finanzkrise muss sie immer wieder zu diesem Mittel greifen. Das zeigt, wie ernst die Lage ist.

Konkret geschehen die Eingriffe über einen sogenannten Schnelltender, der in der Regel nur 90 Minuten vorher angekündigt wird. Das Verfahren funktioniert ähnlich wie eine Auktion bei Ebay. Die Geschäftsbank bietet eine bestimmte Menge an Geld an und setzt einen Mindestpreis fest, der in der Regel beim Leitzinssatz liegt. Der beträgt derzeit 4,25 Prozent. Die Banken können nun bieten. Sie müssen angeben, wie viel Geld sie haben wollen und was sie dafür zu zahlen bereit sind. Also zum Beispiel eine Milliarde Euro zu einem Zinssatz von 4,4 Prozent. In der Regel ist die Nachfrage höher als das Angebot. Am Dienstag hätten die Banken in ihrer Not am liebsten 102 Milliarden Euro von der EZB gehabt. Die Notenbanker wollten aber nur 70 Milliarden rausrücken. Also kamen nur die Banken mit den höchsten Geboten zum Zuge. Durchschnittlich lag der Zinssatz bei 4,4 Prozent.

Das Geld, das die Zentralbanken verleihen, können sie selbst schöpfen. Denn sie sind die Herren des Geldes. Wenn mehr benötigt wird, geben sie eben mehr aus. Wenn zu viel da ist, schöpfen sie es ab. Dann locken sie die Banken mit hohen Zinsen für Einlagen.

Befürchtungen, dass durch die ständigen Spritzen der vergangenen Monate zu viel Geld ins System geflossen ist oder gar Inflation produziert wurde, halten Experten für unbegründet. Insgesamt habe die EZB während der gesamten Krise durchschnittlich nicht mehr Geld zugeteilt als sonst, sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Die Zuteilungen seien lediglich vorgezogen und die Zeiträume, für die das Geld ausgeliehen wurde, verlängert worden. Durch diese Politik unterscheide sich die EZB auch klar von der amerikanischen Notenbank Fed, die seit Beginn der Krise gleich mehrmals den Leitzins gesenkt hat. „Die Fed hat Geld einfach billiger gemacht“, sagt Krämer. „Die EZB hat da besser reagiert."


(Natürlich, zum Beispiel 141 Milliarden Euro für Schrottpapiere mit NULL Gegenwert aufgekauft. Gut gemacht!)

http://www.pnn.de/fragen-des-tages/13084/


Ich weiß, ein schwieriges Thema und so undurchsichtig. Nur wer sich wirklich dafür interessiert, wo unsere Finanzwirtschaft und somit wir hinsteuern, dem ist es angeraten dort genauer zu lesen und mal hinzugucken. Ich kopiere daher vieles, da die Artikel ja bald wieder von den Presse-Servern entfernt werden.


Viel Interessantes und Erhellendes wünsche ich beim Lesen (Spaß passt an dieser Stelle nicht so wirklich ........)

:morgen:
 
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Was wollen die denn bei uns holen ?
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http://ptrace.fefe.de/zuerich-bankenkrise-tram.jpg
 
Habe ziemlich viel gesucht im Netz, aber das ist erstaunlich oder auch wieder nicht, man findet über die Hintergründe, die Hiercharchien der Zentralbanken entweder nur Foreninhalte und Dubioses oder aber wenig bis gar nichts.

Habe aber auf diesem Wege etwas ziemlich Interessantes gefunden, eine Studie der Uni Münster (in Auftrag gegeben von der Europaabgeordneten Sarah Wagenknecht) im Jahre 2006.


Wem gehört die EU?

as Grundproblem besteht also in der Frage, über welchen Kapitalismus wir heute eigentlich noch reden. Bekanntlich hat das führende US-amerikanische Kapitalismusmodell seit den Siebzigern zwei Veränderungen erfahren. Erstens wurde der mit dem New Deal eingeführte, staatlich regulierte stakeholder-Kapitalismus durch ein neues Modell konzerngesteuerter Zielsetzungen und Verantwortungen ersetzt.

In diesem Modell ging es zweitens nicht mehr um das Wohlergehen der Beschäftigten und die Wohlfahrt der Kommunen, sondern darum, für die shareholder kurzfristig den Wert der Aktien und die Dividendenauszahlungen zu steigern. „Die praktischen Folgen sind ein stetiger Druck, die Löhne und sonstigen Ansprüche der Beschäftigten zu kürzen (was in manchen Fällen zum Diebstahl der Pensionen und zu anderen Verbrechen führte) sowie politische Propaganda und Lobbyismus zugunsten der Senkung von Unternehmenssteuern, mit denen staatliche und öffentliche Aufgaben finanziert werden könnten.“ 9

Dieses System geht inzwischen als Franchise um die Welt. Und es erzeugt in den verschiedenen Regionen und eben auch im EU-Raum spezifische Varianten der sozialen, kulturellen und politischen Konsolidierung des Prozesses der Akkumulation durch Enteignung. Was übrigens das gleiche bedeutet wie Akkumulation durch Privatisierung.

Und hier wird gerade auch die Sphäre der Kultur zu einem zentralen Schauplatz, auf welchem die Medienkonzerne alle Inhalte, die gefilmt, gesendet oder ins Internet platziert werden, durch kommerzielle Funktionalisierung „in eine überwältigende Kontrolle menschlicher Kommunikation umwandeln, die beispiellos in der Geschichte ist." 10

Mit riesigem Progagandaufwand wird beispielsweise in dieser Kommerz-Kultur das ideologische Projekt einer Ownership Society vorangetrieben: „So wie wir Konservativen unsere Werte von Generation zu Generation weiterreichen, so möchte ich auch den Reichtum zwischen den Generationen weiterfließen sehen. Wir wollen nicht, dass jede Generation von vorne anfangen muss, abgeschnitten von der Vergangenheit und ungewiss ob der Zukunft.“11

Und das Cato Institute setzt noch eins drauf: „Individuen gewinnen Verfügungsmacht, wenn sie sich von den Almosen des Staates unabhängig machen und stattdessen ihr eigenes Leben und Schicksal kontrollieren. In der ownership society kontrollieren Patienten ihre eigene Gesundheitsversorgung, Eltern die Ausbildung ihrer Kinder, Arbeiter ihre Rücklagen für den Lebensabend.“12 Es ist die perfekte Nebelwand, hinter der sich die Interessen einer kleinen, superreichen Oberschicht zu einem Geldmachtapparat formieren können.

8 M. Chossudovsky, Global brutal. Der entfesselte Welthandel, die Armut, der Krieg, Frankfurt/M. 2002, S. 306ff
9 William Pfaff, ‘Capitalism under fire’, International Herald Tribune, March 30, 2006; in Medien wie der New York Times nimmt derartige Kritik zu, z.B. von Autoren wie Paul Krugman, Bob Herbert, Anatol Lieven usw.
10 J. Rifkin, ‘The New Capitalism is About Turning Culture into Commerce’, International Herald Tribune, January 17, 2000
11 John Major, ehem. brit. Premier, 1991 in einer Rede, http://en.wikipedia.org/wiki/Ownership_society
12 Homepage des Cato Institute: ‘Ownership Society Philosophy’, www.cato.org/special/ownership_



„Dies ist keine Zeit für Verlierer“, schreibt The Economist in einer Erläuterung der Wealth Condensation-Theorie13, derzufolge sich neu geschaffener Reichtum gesetzmäßig überproportional bei bereits reichen Individuen und Gruppen ansammelt:

„Der Markt bezahlt die Leute in bestimmten Jobs nicht gemessen an ihrer absoluten Leistung, sondern nach ihrer Leistung in Relation zu anderen konkurrierenden Kollegen. Das Einkommen eines Fensterputzers berechnet sich nach der Zahl der Fenster, die er putzt, aber ein Investment Banker wird nach seiner Stellung in einem Ranking-System belohnt. Ein fleißiger Fensterputzer wird nur wenig mehr als ein fauler verdienen. Aber auf dem Anleihen-Markt kann ein kleiner Leistungs- bzw. Rankingunterschied alles bedeuten. Die Belohnungen an der Spitze einer Ranking-Pyramide sind also überproportional hoch und weiter unten überproportional niedrig. Leute in diesen Berufen nehmen oft alle möglichen Entbehrungen in Kauf, nur um einen ‚top job’ mit dem dazugehörigen Jackpot zu bekommen ... Folglich glauben manche Ökonomen, dass die Liberalisierung der Märkte in den meisten Berufen zu wachsender Ungleichheit und schließlich zu einer ‚winner-takes-all society’ führen wird.“ 14



2.1. Profiteure des Geldmachtapparats

Der Mythos der Meritokratie, also der Leistungsgesellschaft, verblasst, schreibt Claus Leggewie. „Superreichtum wird zu einer Gefahr für die Demokratie.“57 Schon zu Clintons Zeiten konstatierte William Pfaff für die USA: „Der wichtigste Wandel unserer Zeit ist die Aufwertung der Rolle des Geldes bei der Bestimmung der Frage, wie Amerika regiert wird. Diese Rolle war niemals gering, aber sie gewann eine neue Dimension, als der Oberste Gerichtshof entschied, dass Geld, welches für die Wahl von Kandidaten und für die Förderung von privaten und kommerziellen Interessen in Washington ausgegeben wird, eine Form der verfassungsmäßig geschützten Meinungsäußerung darstellt. Dadurch wurde eine repräsentative Republik umgewandelt in eine Plutokratie“.58 Das gegenwärtige Anwachsen des privaten Reichtums, schreibt der amerikanische Autor Kevin Phillips59, sei nur mit dem
56 E.Litchblau/J.Risen, ‘U.S. sifted bank data in secret’, New York Times, June 23, 2006
57 Claus Leggewie, Frankfurter Rundschau, 3.6.2003, S. 11
58 William Pfaff, International Herald Tribune, December 6, 1999
59 Kevin Phillips, Die amerikanische Geldaristokratie, Frankfurt/M., New York 2003
H.J. Krysmanski - Wem gehört die EU?
16
Goldenen Zeitalter der Jahrhundertwende und den Zwanzigern zu vergleichen. In jeder dieser Perioden hätten die großen Vermögen die demokratischen Werte und Institutionen unterminiert und schließlich die Wirtschaft ruiniert. All dies gilt auch für Europa.


Seit den 90er Jahren hat das Ausmaß privaten Reichtums auch hier schwindelerregende Dimensionen angenommen. Waren 1982 die 100 reichsten Europäer im Durchschnitt noch jeweils 230 Millionen Dollar wert, so betrug ihr durchschnittliches Vermögen im Jahre 2005 das 10fache, nämlich 2,6 Milliarden Dollar.60

Wir leben, wie Giovanni Arrighi konstatiert (s.o.), in einer USA-dominierten Phase globaler finanzieller Expansion, in der „sich eine ausgedehnte Menge von Geldkapital (g’) aus seiner Warenform“ befreit und Akkumulation sich vornehmlich „in Gestalt von Geldgeschäften‚ financial deals (wie in Marxens verkürzter Formel gg’)“ vollzieht. 61

Diese Phase finanzieller Expansion wird durch eine Verwissenschaftlichung bzw. Informatisierung von Macht- und Herrschaftstechniken abgestützt, wie man sie bislang nicht kannte.62 Extrem billige Rechnerkapazitäten und darauf basierende statistische Techniken erlauben die Verarbeitung großer Mengen ökonomischer und sozialer Daten und damit eine Durchleuchtung der Gesellschaft durch wirtschaftliche Interessen63, welche der alten Rede von der Herrschaft der Technokraten neuen Inhalt gibt. Denn es ist inzwischen klar geworden, dass die technisch bedingte Zentralisierung von Macht und die ‚extreme Verkürzung von Zeithorizonten im Unternehmensmanagement’ (Richard Sennett) zwar zu einem Anwachsen von Zahl und Bedeutung der Experten, nicht aber, wie Daniel Bell64 einst meinte, zu ihrer Herrschaft geführt hat. Im Gegenteil: sie sind zu einer neuen Dienstklasse der Geldelite geworden.

Die Geldelite wiederum verkörpert im gegenwärtigen Zyklus finanzieller Expansion nichts so sehr wie die Befreiung großer Geldmengen aus der Warenform und deren Umwandlung in die Machtform. Nicht nur also wird Macht monetarisiert, sondern durch die Geldelite werden umgekehrt Geldwerte auch vermachtet. Das ist im Grunde ein uralter Prozess auf der Grundlage der Tatsache, dass man mit Geld nicht nur mehr Geld, sondern ‚alles’ machen kann.

Insofern entsteht mit dem Superreichtum eine ‚völlig losgelöste und zu allem fähige’ soziale Schicht, welcher die Wissens- und Informationsgesellschaft alle Mittel in die Hände legt, um sich als eine neue gesellschaftliche Mitte zu etablieren. Ihre Machtbasis ist der Geldmachtapparat. Um diese neue gesellschaftliche Mitte lassen sich dann in einem Ringmodell weitere Gruppen und Schichten anordnen, welche der Geldmacht zuarbeiten bzw. von ihr abhängen.

Schaut euch mal die Gehaltslisten ab Seite 28 an.


Die Dinge werden fragwürdig, wenn durch Philanthropie direkte Eingriffe in Politik, Kultur und sogar Religion erfolgen. Dies aber geschieht in wachsendem Umfang. Slavoj Žižek schreibt, dass smarte Milliardäre wie Bill Gates so tun, als gäbe es keinen Widerspruch
140 G.Hamann, U.J. Heuser, ‚Milliarden-Segen. Die Reichen stiften mehr als je zuvor ...’, Die Zeit, 13.7.2006
141 John Hawks, For a Good Cause?, Secaucus, N.J., 1997
142 Thomas Druyen, Direktor der Privatbank der Fürstenfamilie von und zu Liechtenstein (LTG-Bank), Mskr. des öffentlichen Habilitationsvortrags, Juni 2004, im Institut für Soziologie der Universität Münster
143 H.D.S. Greenway, ‘Titans pass their torches’, The Boston Globe, July 4, 2006
H.J. Krysmanski - Wem gehört die EU? 41

zwischen kapitalistischer Ausbeutung und mildtätiger Menschenliebe. Žižek nennt George Soros und dot.com-Milliardäre wie die Chefs von Google, IBM, Intel, Ebay usw. ‚liberale Kommunisten’.

Sie seien letztlich nichts als „Vermittler einer strukturellen Gewalt, die die Bedingungen für den Ausbruch subjektiver Gewalt schafft. Derselbe Soros, der Millionen verschenkt, um Bildungsprojekte zu fördern, hat mit seinen Finanzspekulationen das Leben Tausender ruiniert und dabei die Bedingungen für jene Intoleranz geschaffen, die er geißelt.“144



Die Reichen und Superreichen haben seit den Fünfzigern gelernt, wie sie in einer immer komplexeren Welt der Massenmedien, des Aktieneigentums, der Werbung, des Massenkonsums sowie eines zeitweise robusten Selbstbewusstseins der Mittelschichten ihren gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Einfluss bewahren und mehren konnten. Sie schufen sich neue Institutionen und Instrumente zur Befriedigung ihrer Habgier. Sie fanden Wege, ihre Träume und Zukunftsentwürfe wirksam zur Geltung zu bringen, zunächst im ’Kampf gegen den Kommunismus’, dann, auf dem Wege zu einer neuen globalen Weltordnung, im ‚Kampf gegen den Terrorismus’. Und sie hieven Domestiken des globalen Geldmachtapparats wie Horst Köhler in höchste politische Ämter[/I]. Führt dieses Handlungsgefüge von Interessen, Einflussnahmen und künstlich erzeugten Ausnahmezuständen146 zu einer Refeudalisierung oder gar Schlimmerem?


„In den letzten Jahrzehnten sind auf der Erde unglaubliche Reichtümer entstanden, der Welthandel hat sich in den letzten 12 Jahren mehr als verdreifacht, das Welt-Bruttosozialprodukt fast verdoppelt. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit ist der objektive Mangel besiegt und die Utopie des gemeinsamen Glückes wäre materiell möglich. Und gerade jetzt findet eine brutale, massive Refeudalisierung statt. Die neuen Kolonialherren, die multinationalen Konzerne - ich nenne sie Kosmokraten - eignen sich die Reichtümer der Welt an. Diese neue Feudalherrschaft ist 1000 Mal brutaler als die aristokratische zu Zeiten der Französischen Revolution ... Die Legitimationstheorie der Konzerne ist der Konsensus von Washington. Danach muss weltweit eine vollständige Liberalisierung stattfinden: Alle Güter, alles Kapital und die Dienstleistungsströme in jedem Lebensbereich müssen vollständig privatisiert werden. Nach diesem Konsensus gibt es keine öffentlichen Güter wie Wasser. Auch die Gene der Menschen, der Tiere und Pflanzen werden in Besitz genommen und patentiert. Alles wird dem Prinzip der Profitmaximierung unterworfen. Dabei setzen die Konzerne zwei Massenvernichtungswaffen ein, den Hunger und die Verschuldung.

Das Resultat ist absolut fürchterlich ... Ein Kind, das heute an Hunger stirbt, wird ermordet ... Diese kannibalische Weltordnung von heute ist das Ende sämtlicher Werte und Institutionen der Aufklärung, unter denen wir bisher gelebt haben, das Ende der Grundwerte, der Menschenrechte. Entweder wird die strukturelle Gewalt der Konzerne gebrochen. Oder die Demokratie, diese Zivilisation, wie sie heute in den 111 Artikeln der UNO-Charta oder im Deutschen Grundgesetz fixiert ist, ist vorbei und der Dschungel kommt. Es ist eine Existenzfrage.“147



Richard Sennett hat vor kurzem in einer grundsätzlichen Kritik gesagt, der moderne Kapitalismus sei in seiner Grundtendenz antidemokratisch. Er führe zu einer weichen Spielart des Faschismus (soft fascism). (....)

Das Problematische aber ist, dass die politische Sphäre selbst immer bedeutungsloser wird. Bald könnte nicht die Frage des ‚Gehörens’, sondern die Tatsache der Usurpation in einer Winner Takes All-Gesellschaft im Vordergrund stehen.


Dedicated to the memory of Arthur J. Vidich


http://www.uni-muenster.de/PeaCon/wemgehoertdieeu/eu-krys-sept-06.pdf


>>>>>Weiche Spielart des Faschismus, so kann man das wohl durchaus sehen. <<<<<

Ich kann nur empfehlen gründlich zu lesen und auch in die Studie selbst zu schauen. Furchterregend.

:morgen:
 
GräfinJo;2709181 schrieb:
Habe ziemlich viel gesucht im Netz, aber das ist erstaunlich oder auch wieder nicht, man findet über die Hintergründe, die Hiercharchien der Zentralbanken entweder nur Foreninhalte und Dubioses oder aber wenig bis gar nichts.

Habe aber auf diesem Wege etwas ziemlich Interessantes gefunden, eine Studie der Uni Münster (in Auftrag gegeben von der Europaabgeordneten Sarah Wagenknecht) im Jahre 2006.


Schaut euch mal die Gehaltslisten ab Seite 28 an.



http://www.uni-muenster.de/PeaCon/wemgehoertdieeu/eu-krys-sept-06.pdf


>>>>>Weiche Spielart des Faschismus, so kann man das wohl durchaus sehen. <<<<<

Ich kann nur empfehlen gründlich zu lesen und auch in die Studie selbst zu schauen. Furchterregend.

:morgen:

Besten Dank für den super-interessanten Link. Habe schon reingeschaut, werde ihn später noch in Ruhe studieren.

Auch an dieser Stelle rühre ich nochmal die Werbetrommel für den Dokumentarfilm "der große Ausverkauf" von Florian Opitz. Was einem sonst in der verlinkten Studie vielleicht zu abstrakt und unglaublich erscheint um es sich wirklich vorstellen zu können, kann man sich dort teilweise ganz konkret anschauen.

http://www.dergrosseausverkauf.de/frameset.html


Beispiele:

Alle Güter, alles Kapital und die Dienstleistungsströme in jedem Lebensbereich müssen vollständig privatisiert werden. Nach diesem Konsensus gibt es keine öffentlichen Güter wie Wasser. Auch die Gene der Menschen, der Tiere und Pflanzen werden in Besitz genommen und patentiert.


Der von mir bereits öfters erwähnte Wasserkrieg in Bolivien...dort hat sich ein amerikanischer schwerreicher Konzern nicht gescheut, das Leitungswasser für einen Großteil der Bevölkerung unbezahlbar zu machen und gleichzeitig zu untersagen, dass sie es sich dafür aus Quellen, Flüssen und Seen holen dürfen. Auch Regenwasser durfte laut Vertrag nicht mehr aufgefangen werden!


Alles wird dem Prinzip der Profitmaximierung unterworfen. Dabei setzen die Konzerne zwei Massenvernichtungswaffen ein, den Hunger und die Verschuldung. Das Resultat ist absolut fürchterlich ...

So geschehen z. B. auf den Philippinen. Dort gab es einst ein gutes Gesundheitssystem, in dem Arme kostenlos versorgt wurden. Bis die Weltbank den verschuldeten Philippinen einen Kredit gewährte unter der Auflage, das Gesundheitssystem zu privatisieren und in amerikanische Hand zu geben.

Nun sieht es so aus, dass Arme keine Behandlung mehr bekommen, wenn sie sich diese nicht leisten können. Im Film wird u. a. der besonders erschreckende Fall einer Frau gezeigt, die auf die Intensivstation gehört. Da dafür kein Geld vorhanden ist, liegt sie auf der normalen Krankenstation und wird von ihren Angehörigen mit einer Art Blasebalg rund um die Uhr im Sekundentakt künstlich beatmet. Mit den Händen, versteht sich...
 
GräfinJo;2708776 schrieb:
Ich weiß, ein schwieriges Thema und so undurchsichtig.
Undurchsichtig? Ich brauche es nichtmal lesen, um es zu durchschauen. Es ist immer haargenau das gleiche.
Was dachtest du denn was läuft?





Es ist als würde man euch jeden Tag eine Kopie der Kopie der Kopie hinhalten. Und ihr schreit bei jeder Kopie wieder unbeeindruckt Ahhs! und Ohhs! Wer hätte das nur wieder gedacht?!




Faszinierend
 
Zwilling schrieb:
Na ich finde die "Ihrs" immer so faszinierend hier...

Faszinierend. :)


Besten Dank für den super-interessanten Link. Habe schon reingeschaut, werde ihn später noch in Ruhe studieren.

Auch an dieser Stelle rühre ich nochmal die Werbetrommel für den Dokumentarfilm "der große Ausverkauf" von Florian Opitz. Was einem sonst in der verlinkten Studie vielleicht zu abstrakt und unglaublich erscheint um es sich wirklich vorstellen zu können, kann man sich dort teilweise ganz konkret anschauen.

http://www.dergrosseausverkauf.de/frameset.html


Beispiele:


Der von mir bereits öfters erwähnte Wasserkrieg in Bolivien...dort hat sich ein amerikanischer schwerreicher Konzern nicht gescheut, das Leitungswasser für einen Großteil der Bevölkerung unbezahlbar zu machen und gleichzeitig zu untersagen, dass sie es sich dafür aus Quellen, Flüssen und Seen holen dürfen. Auch Regenwasser durfte laut Vertrag nicht mehr aufgefangen werden!


So geschehen z. B. auf den Philippinen. Dort gab es einst ein gutes Gesundheitssystem, in dem Arme kostenlos versorgt wurden. Bis die Weltbank den verschuldeten Philippinen einen Kredit gewährte unter der Auflage, das Gesundheitssystem zu privatisieren und in amerikanische Hand zu geben.

Nun sieht es so aus, dass Arme keine Behandlung mehr bekommen, wenn sie sich diese nicht leisten können. Im Film wird u. a. der besonders erschreckende Fall einer Frau gezeigt, die auf die Intensivstation gehört. Da dafür kein Geld vorhanden ist, liegt sie auf der normalen Krankenstation und wird von ihren Angehörigen mit einer Art Blasebalg rund um die Uhr im Sekundentakt künstlich beatmet. Mit den Händen, versteht sich...



Danke für deinen aussagekräftigen Beitrag. Das Buch merke ich mir vor und da sind sehr gute Beispiele dazu von dir aufgeführt.

:)


Ja, die Studie ist recht umfangreich, die neue Form von Refeudalisierung ist wirklich sehr präzise und treffend beschrieben. Keine dubiosen Verschwörungstheorien, denn das ist das meiste, was man im Netz findet darüber mit viel, viel anderem drumherum und dazu gestrickt, hilft nicht wirklich weiter. Deswegen habe ich sehr viel länger gesucht, um etwas Passendes zu finden, was ganz sicher den einen oder anderen interessieren wird.

Verschwörungstheorien zirkulieren im Forum ja genug, daher "wissen" auch so viele hier relativ schnell und fix was läuft. Faszinierend einfach einfach. Jedenfalls sind das runde 42 Seiten, also etwas kompakter mit sehr, sehr viel Hintergrundinformationen, die überaus präzise recherchiert und auf den Punkt gebracht wurden.

Ich denke, wir werden über kurz oder lang eine Menge nachladen können, alleine die Recherchen über die Obersten der Zentralbanken würde schon eine Menge aussagen. Wir sollten diesen Thread einfach immer weiter mit soliden Informationen befüllen, so daß, wer dies möchte, sich belesen und informieren kann.

Das erstmal dazu.

:morgen:
 
Ich habe den Herren der Banken (und anderen Leuten in der Wirtschaft) schon mehrmals gesagt, dass es momentan zwei Lösungswege gibt (als ersten Schritt).

Das sind 1. ein Grundeinkommen (statt noch weiter hier zu sparen) :rolleyes: und 2. ein Zulassen der spirituellen Energie.

Wenn beides aus Angst verhindert oder nicht gestattet wird, kann nämlich für dieses Wirtschaftssystem nichts mehr getan werden.
 
Werbung:
Ich habe den Herren der Banken (und anderen Leuten in der Wirtschaft) schon mehrmals gesagt, dass es momentan zwei Lösungswege gibt (als ersten Schritt).

Das sind 1. ein Grundeinkommen (statt noch weiter hier zu sparen) :rolleyes: und 2. ein Zulassen der spirituellen Energie.

Wenn beides aus Angst verhindert oder nicht gestattet wird, kann nämlich für dieses Wirtschaftssystem nichts mehr getan werden.


Dann solltest du dich vielleicht etwas mehr mit der Psyche und den Charaktermerkmalen mancher der Neo-Feudalen beschäftigen.

Also ich befürchte, nur mal so als mein Eindruck, ich fürchte das kommt da nicht wirklich an, deine herzensguten Vorschläge.

;)
 
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