July schrieb:
Hoch, Maike Gutjahr, da regste Dich jetzt aber auf.... ist Dir schonmal aufgefallen, dass zu dem Zeitpunkt, als die Mauer fiel, erstmal ganz viele Ossis arbeitslos wurden, weil jede Menge Jobs in der DDR doppelt und dreifach "besetzt" waren? Woher kam dann das Arbeitslosengeld? Hatten die Ossis das einbezahlt? Wohl kaum. Wir hatten damals schon Mieten, von denen DDR Bürger nichteinmal eine vage Vorstellung hatten.
Ich habe klipp und klar durch den Mauerfall finanzielle Einbußen gehabt und da ich direkt mit Ossis arbeitsmäßig zu tun hatte, habe ich mir meine eigene Meinung zu dem Thema gebildet - und die ist schlecht. Grottenschlecht. Und ich rede von der Generation, die damals in meinem Alter war.
Die Erwartungshaltung der Ossis war enorm. Warum eigentlich? Weil wir der "goldene Westen" waren? Bulshit! Wir haben für unseren "Luxus" gearbeitet, der ist uns nicht zugeflogen.
Gejammer kommt und kam von Leuten, die auf einmal auf eigenen Beinen stehen mußten und das als Gewaltakt empfanden. Tut mir leid, aber da bin ich als Wessi schon viel früher ins kalte Wasser geworfen worden. Übrigens hatten auch die Bürger im Westen den Krieg mitgemacht, nicht nur die Ossis. Haste das vergessen?
Die DDR war schon ganz am Boden, als die Mauer fiel, dass ist kein Resultat des Mauerfalls, soweit ist doch wohl jeder informiert, da muß man nicht erst durch Herrn Kohl die Information bekommen, dass nun eine Talsohle kommt, das weiß "man". Die Kohle zur Sanierung der ehem. DDR mußte irgendwo herkommen und da es uns "sooo" gut ging, konnten wir den Geldbeutel aufmachen, oder? Welche Vermutung hast Du, woher das Geld für "Gesamtdeutschland" her kam?
July
Interessant, da macht man mit paar Leuten schlechte Erfahrung und schon sind alle so? Quatsch. Also ich als Ost-Berliner hab das alles anders gesehen. Mir war klar, dass es Arbeitslosigkeit geben wird, mir war klat dass die Lebenshaltungskosten steigen werden. Klar es hat gerade im tiefsten Osten Leute gegeben die gedacht haben, wenn wir erstmal die DM haben wird alles besser. Wenn ich jemanden gasagt habe, es wird Arbeitslosigkeit geben, da es in der BRD auch welche gibt, musste ich mir anhören:" Ach wer in der BRD arbeitslos ist, der ist zu faul zum arbeiten und wer arbeiten finden will, bekommt auch welche. Klar, diese leute die arbeitslos wurden und keine fanden waren sehr enttäuscht. So ist aber der Mensch, egal ob Ost oder West, wenn Erwartungen sich nicht erfüllen, dann ist man enttäuscht und auch wütend und hat kein anderes Ventil, als die Schuld auf andere zu schieben. Im osten haben viele gedacht alles wird besser und im Westen haben viele gedacht es ändert sich für sie nichts. Beide meckern und schimpfewn nun über den anderen. Das ist kein Ost-West-Problem sondern ein menschliches Problem.
Die DDR war total marode? Total am Ende? Nein, das stimmt nicht. Im vergleich zu den anderen Ostblockländern war die DDR auch im Lebeensstil die Nummer 1.
Ein großes Problem nach der Wende war folgendes: Die DDR war der größte Exporteur für die Ostblockstaaten und es wurde auch viel für die BRD exportiert. Wenn du glaubst das alles was es im Westen gab nur Made in BRD war, dann irrst du dich aber, Produkte kamen auch aus der DDR, schliesslich wurde dort kostenguenstiger gearbeitet und die DDR brauchte ja auch Devisen.. Nach der Wende ist nunmal der Handel mit den anderen Ostblockstaaten total zusammen gebrochen. Ein riesiger Absatzmarkt war plötzlich nicht mehr vorhanden. Dazu kam dann noch zahlreiche Zerschlagungen von Betrieben, die durchaus noch marktfähig gewesen wären oder schnell marktfähig geworden wäre, durch die Treuhand. Das nächste Problem waren die ungeklärten Eigentumsverhältnisse. Rückgabe vor Entschädigung war eigentlich nicht wirklich das Gelbe vom Ei.
Die DDR hatte nachweislich mehr Reperationen gezahlt als die BRD. Die Russen haben nach dem Krieg Industrieanlagen abgebaut und nach Russland verfrachtet. In der DDR wurden jahrelang nur für Geldabgaben an die UdSSR gearbeitet Die DDR hatte keinen Marschallplan. Dazu gab es vom Westen aus ein Technologieverbot in die Ostblockländer. Dennoch hatte die DDR es geschafft eine bessere Wirtschaft zu haben, als andere Ostblockstaaten. Es ist auch bekannt, dass die achso große tolle UDSSR wirtschaftlich und auch vom Lebensstandart her viel schlechter dran war als die DDR.
Anstatt die Verhältnisse in der DDR denen der BRD schrittweise anzupassen und dann erst sich zu vereinen, musste es ja unbedingt die schnelle Vereinigung geben. Der 15-Jahre Plan einer Konförderation von BRD und DDR hätte umgesetzt werden sollen, dann würde es heute anders sein und sicher auch besser. Das soziale Netz der BRD, dass von der Sache her ja nicht schlecht war, wurde einfach über die DDR gezogen und musste ja wegen Überdehnung ja mal zerreisen. Das war aber auch Fehler der Politik.
Es wird heute vieles so dargestellt, als wären nur die Ostdeutschen Schuld, aber der Ruf nach der Vereinigung war doch auf beiden Seiten da.
Es wird auch vergessen, dass es bei den Montagsdemos zuerst nur um die Demokratisierung der DDR und nicht um die Vereinigung ging.
So erstmal genug geschrieben.