Der Tonfall im Geschriebenen

Anevay

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26. September 2012
Beiträge
33.857
Mahlzeit allerseits und einen schönen 3. Advent,

heutiges Frühstücksthema bei uns zu Hause waren Sprachen und wie unterschiedlich twilweise die Betonung von Vokalen oder auch Sätzen die Bedeutung im gesprochenen Wort verändern kann.

Nun, das fand ich so spannend, dass ich schriftliche Kommunikation als Beispiel nannte und wie unterschiedlich Menschen ein und denselben Satz wahrnehmen und woran dies liegen könnte.

Ich kam über ein Speedreadingbuch auf den Begriff Subvokalisieren, zu diesem Begriff ein Link
http://www.magicnet.magicnarts.com/texte/reise.htm

Ganz einfach beschrieben lesen Menschen sich selbst geschriebenen Text vor. Also das, was im Geschriebenen fehlt, die Betonung, denken wir uns selbst aus. Das ist ausgedacht und frei interpretiert.

Der Satz "Die Ampel ist rot" kann gelesen als reine Information mit einem "Danke für den Hinweis" vom Fahrer kommentiert werden. Oder aber als Befehl "Nun halte endlich an, Du Depp, oder willst Du uns alle umbringen?" und eine Vielzahl an weiteren Interpretationsmöglichkeiten, die es so gibt.

Den Versuch, Text ohne subvokalisieren zu lesen, darf jeder gerne selbst vornehmen. Das ist, wie ich finde, zunächst total ungewohnt, aber interessant zu erleben, wie stark Menschen je nach eigener Gefühlslage, ob wie jemanden mögen oder nicht, ein Thema mögen oder nicht, mit oder ohne vorgefertigter Meinung wahrnehmen.

Sehr spannend finde ich es auch, zum Beispiel Texte unter bewusster Ignoranz, wer diesen Text verfasst hat, zu lesen. Und dann bewusst zu subvokalisieren und sich verschiedene Urheber des Textes vorzustellen und zu bemerken, wie sich die Bedeutung ein und desselben Textes plötzlich wie von Zauberhand verändert.

Zu diesem Experiment möchte ich einfach jeden Menschen einladen, der Lust dazu hat. :)

LG
Any
 
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Finde gut, dass du das mal von der Warte aus zur Betrachtung bringst.

Ich lese Texte im Forum schon lange mit genau diesem Filter. So kann man sich besser auf Sachlichkeit konzentrieren und eine gewisse angenehme Distanz wahren.
 
Ich finde, dass es an erster Stelle wichtig ist, wie der Text verfasst wurde (oder wie jemand eine Rede hält): Ist der Text ignorant, dümmlich, wissenschaftlich oder unfair??

Und dann kommt es noch drauf an, wie man selbst drauf ist.
Ich empfehle hier einfach die Nüchternheit, so passieren keine Verfälschungen, Verdrehungen, Unterstellungen... Und die Diskussion verläuft friedlich.
 
Hmmm,

ich kann mich erinnern, da lernte ich Reiten, wie schockiert mein Vater war, als er das erste Mal mitfuhr und den überaus derben Tonfall des Reitlehrers wie einen Schock erlebte. Er dachte, ich sanftes Wesen, schüchtern und sehr zerbrechlich, würde traumatisiert werden. Ich wurde wüst beschimpft und doch - ich lachte darüber.

Es war Liebe in diesem Tonfall, dem des Reitlehrers, ich überhörte die Wortbedeutungen, sah dahinter, konnte sein Herz lachen hören und meins lachte mit. Was weinte ich bitterlich, als ich erfuhr, er starb an Darmkrebs, Jahre später. :(

Mein Vater war ein absoluter Fühlmensch, zuerst wertend, das unkorrigierbar, er war leider nicht fähig, einen anderen Blickwinkel einzunehmen als diesen ersten Gefühlseindruck. Niemand, der so einmal bei ihm "verschissen" hatte, konnte das je wieder gerade rücken. Er hatte diesen Reitlehrer seit diesem Tag an zutiefst gehasst und hatte zum Glück keine Möglichkeit, weil ich woanders aufwuchs, mir das Reiten dort zu verbieten.

Fällt mir grad so ein, diese Kindheitserinnerung.

Habt ihr auch so scheinbar paradoxe Erlebnisse mit Menschen gehabt? Wo abr die eigentliche Botschaft dahinter unmissverständlich war? Also wie etwas wirklich gemeint gewesen ist? :)

LG
Any
 
Habt ihr auch so scheinbar paradoxe Erlebnisse mit Menschen gehabt? Wo abr die eigentliche Botschaft dahinter unmissverständlich war? Also wie etwas wirklich gemeint gewesen ist? :)
Ja. Gerade eben.

Erst lese ich deinen Text und glaube, daß er auch die eigentliche Botschaft enthält.
Dann öffne ich den von dir genannten Link und denke, daß du mich in Wirklichkeit (?) zu
einer schamanischen Reise überreden willst.

:D

Je nach dem, wie ich 'gestrickt bin', kann ich nun beleidigt, empört, wütend,
belustigt oder sonstwas sein.

Somit scheint es, daß es eine unmißverständliche Botschaft nicht geben
kann, denn die Auslegung ist immer individuell. Der 'Botschafter' hat ja
fast gar keinen Einfluß darauf, wie es beim Empfänger ankommt.
 
Da Texte kaum isoliert stehen, ist auch ihr Tonfall durchaus nicht willkürlich. Egal ob hüben oder drüben gesehen werden mag.
 
Mahlzeit allerseits und einen schönen 3. Advent,

heutiges Frühstücksthema bei uns zu Hause waren Sprachen und wie unterschiedlich twilweise die Betonung von Vokalen oder auch Sätzen die Bedeutung im gesprochenen Wort verändern kann.

Nun, das fand ich so spannend, dass ich schriftliche Kommunikation als Beispiel nannte und wie unterschiedlich Menschen ein und denselben Satz wahrnehmen und woran dies liegen könnte.

Ich kam über ein Speedreadingbuch auf den Begriff Subvokalisieren, zu diesem Begriff ein Link
Ganz einfach beschrieben lesen Menschen sich selbst geschriebenen Text vor. Also das, was im Geschriebenen fehlt, die Betonung, denken wir uns selbst aus. Das ist ausgedacht und frei interpretiert.

Der Satz "Die Ampel ist rot" kann gelesen als reine Information mit einem "Danke für den Hinweis" vom Fahrer kommentiert werden. Oder aber als Befehl "Nun halte endlich an, Du Depp, oder willst Du uns alle umbringen?" und eine Vielzahl an weiteren Interpretationsmöglichkeiten, die es so gibt.

Den Versuch, Text ohne subvokalisieren zu lesen, darf jeder gerne selbst vornehmen. Das ist, wie ich finde, zunächst total ungewohnt, aber interessant zu erleben, wie stark Menschen je nach eigener Gefühlslage, ob wie jemanden mögen oder nicht, ein Thema mögen oder nicht, mit oder ohne vorgefertigter Meinung wahrnehmen.

Sehr spannend finde ich es auch, zum Beispiel Texte unter bewusster Ignoranz, wer diesen Text verfasst hat, zu lesen. Und dann bewusst zu subvokalisieren und sich verschiedene Urheber des Textes vorzustellen und zu bemerken, wie sich die Bedeutung ein und desselben Textes plötzlich wie von Zauberhand verändert.

Zu diesem Experiment möchte ich einfach jeden Menschen einladen, der Lust dazu hat. :)

LG
Any

Hallo Any
Eine interessante Idee die du hier reinstellst. Im Moment beschäftigt mich ein ähnlich gelagertes Thema. Anhand des Textes den Verfasser des Textes erfassen. Oder man die Stimmungslage des Verfassers anhand des Textes auch erfassen kann?
Da ich im Moment zu diesem Thema ein wenig am Recherchieren bin, bis jetzt aber noch nicht fündig geworden, würde es mich interessieren. Ob es dazu was gibt. Und wie man da mehr darüber finden könnte?
Beispielsmässig ob man durch empathische Fähigkeit erfassen kann, unter welcher Stimmungslage der Verfasser ist, als er den Text erfasst hat.
(Bsp gerade ein Experiment, unter welchen Gemütsfassung stecke ich momentan! Anhand meines hier reingestellten Beitrages!)

Wer hat dazu eine Idee oder weiss etwas darüber.

Lg FengShuiLiebe
 
Da ich im Moment zu diesem Thema ein wenig am Recherchieren bin, bis jetzt aber noch nicht fündig geworden, würde es mich interessieren. Ob es dazu was gibt. Und wie man da mehr darüber finden könnte?
Beispielsmässig ob man durch empathische Fähigkeit erfassen kann, unter welcher Stimmungslage der Verfasser ist, als er den Text erfasst hat.
(Bsp gerade ein Experiment, unter welchen Gemütsfassung stecke ich momentan! Anhand meines hier reingestellten Beitrages!)

Wer hat dazu eine Idee oder weiss etwas darüber.

Lg FengShuiLiebe
Watzlawick ist dein Mann - und Wittgenstein; google mal. ;)
 
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Hallo Any
Eine interessante Idee die du hier reinstellst. Im Moment beschäftigt mich ein ähnlich gelagertes Thema. Anhand des Textes den Verfasser des Textes erfassen. Oder man die Stimmungslage des Verfassers anhand des Textes auch erfassen kann?

Hi FengshuiLiebe,

heiß, ganz heiß brennend würde mich das auch interessieren. :)

Es gibt in der Verbrechensbekämpfung sicherlich Leute, vermute ich, die sich beruflich damit beschäftigen, Profiler (?), aus z.B. Erpresserbriefen ein Persönlichkeitsprofil zu erstellen.

Ich persönlich finde schon, es wird spürbar, wenn der Wortgebrauch eines Menschen in Foren zum Beispiel bekannter wird, zu spüren, wie es demjenigen gerade geht, was derjenige mag und was nicht, welcher Mensch dahinter steht. Oder Menschen auch wiederzuerkennen, auch unter anderem Nick.

LG
Any
 
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