So, jetzt aber.
Einige Kosmologen (unter ihnen auch Stephen Hawking) zerbrechen sich den Kopf darüber, ob dann nicht auch eine Instanz `außerhalb des Universums´ beobachten muß, um dessen Wellenfunktion insgesamt zusammenbrechen zu lassen.
John Wheeler behauptete dem gegenüber, die Gegenwart bewußter Beobachter wie wir es sind, reiche hin, um die Wellenfunktion zusammenbrechen und das Universum existent werden zu lassen. Nach diesem Bild existiert alles im Universums allein deshalb, weil wir es betrachten.
Wenn man dies einmal konsequent durchdenkt, würde es zu der bizarren These führen, daß die Welt, bevor es "bewußte Beobachter", also Menschen bzw. hochentwickelte Primaten gab, nicht existent bzw. in einem diffusen Spektrum von Wahrscheinlichkeiten aufgelöst war. "Vor 200 Millionen Jahren" dürften wir also gar nicht sagen, weil aufgrund von Wheelers These der bewußte Beobachter fehlte und damit überhaupt nichts vom Zustand der Wahrscheinlichkeit in den Zustand der Existenz treten konnte. Auf der anderen Seite liefern uns archäologische Funde, die mittels gut erprobter Methoden der Altersbestimmung datiert werden können, schlecht zu widerlegende Belege dafür, daß es durchaus jede Menge gab, unabhängig von einem bewußten Beobachter; denn wir halten die 200 Millionen Jahre alten Fossilien, Versteinerungen usw. in den Händen. Außerdem führt Wheelers Annahme zu der Konsequenz, daß weit entfernte astronomische Objekte, etwa Galaxiehaufen, nicht existent sein dürften bis zu dem Zeitpunkt, an dem man sie mit Teleskopen beobachten konnte. Recht bizarre Konsequenzen. Es sei denn, man setzt halt "Gott" als Beobachter ein, wie der Hinweis auf Hawking es nahelegt.
Es geht doch aber sehr viel einfacher.
Muß es wirklich ein *Beobachter* sein, der die Wahrscheinlichkeitswelle zum Einsturz bringt (Kopenhagener Deutung) und damit erst durch die Beobachtung eine *feste*, existierende Welt schafft? Ich versuche mal, es im folgenden anders anzugehen.
Und wenn wir das mal weiterdenken, dann erheben sich ja einige Fragen, würde ich sagen. Also, wenn wir einmal tatsächlich von unendlichen vielen sich überlagernden Wahrscheinlichkeitswellen an unendlich vielen Interventionspunkten im sich ausbreitenden Raum(-Zeit-Gitter) (ich nehme diese Begriffe jetzt ruhig mal) ausgehen sollten (einfach mal so ins Blaue gedacht - man könnte auch einfach nur unendlich viele Wahrscheinlichkeiten, also sich überlagernde Zustände nehmen), dann stellt sich doch berechtigterweise die Frage: Welche Wahrscheinlichkeitswelle wird nun also zum Zusammenbruch gebracht (und durch wen ?) und welche nicht ? Und warum die nicht ? Wenn es eine Instanz gäbe, die von außen beobachtet (was ich ja durchaus für mehr als möglich erachte). Dann dürfte es ja eigentlich gar keine sich ´überlagernden Zustände´, sprich gar keine Wellenfunktionen, mehr geben. Das wiederum kann ja nicht sein.
Damit hast du, wie ich finde, das Modell: "Erst der Beobachter schafft eine existierende Wirklichkeit" wunderbar ad absurdum geführt. Eine Instanz wie Gott als Beobachter hätte mit Sicherheit alle Vorgänge im Blick, und wenn die Beobachtung Wahrscheinlichkeitszustände eliminiert, dürfte es gar keine geben, sondern nur Existenz. Die Tatsache, daß die Quantenphysik aber solche Vorgänge registriert, daß nämlich nichtlokale, wahrscheinliche Quantenzustände in fixe übergehen, sobald eine Messung durchgeführt wird, zeigt, daß ein universaler Beobachter offenbar nicht für Eliminierung von Wahrscheinlichkeitswellen verantwortlich sein kann - sonst gäbe es erst gar keine Wahrscheinlichkeitswellen.
Mir ist also noch nicht ganz klar, wo hier eine Unterscheidung vorgenommen wird. Also sind es vielleicht doch wir, die da entscheiden? Eine Frage, die mir seit längerer Zeit Kopfbröseln (mit hundert anderen) verursacht. Kannst Du nachvollziehen, wo ich festhänge ?
Ja, kann ich. Ich bin aber genauso blöd bei diesen Paradoxien, vermutlich noch viel blöder als andere, die sich daran zu schaffen gemacht haben, versuche aber dennoch mal mein Glück.
Das Problem: Physiker beobachten auf der subatomaren Quantenebene, daß Teilchen sowohl in einem Zustand als auch in einem anderen sein können, und zwar gleichzeitig. Sie können auch an einem Ort und an einem anderen gleichzeitig sein (Nicht-Lokalität). In der klassischen Welt, also unserer Alltagswirklichkeit, steht aber ein Baum hier oder dort, nicht aber an mehreren Plätzen zugleich, und er kann nicht sowohl voll mit Blättern sein, als auch blätterlos, er ist immer eines von beiden. Auf Quantenebene ist das anders. Da aber unsere Welt, das gesamte Universum aus Quanten besteht- wie kann das sein, daß wir eine einheitliche Welt erleben, in der sich die verschiedenen Zustände nicht überlagern? Ein Paradox offenbar. Und dieses Paradoxon hat Erwin Schrödinger in seinem berühmten Bild der Katze, die in einer Kiste eingesperrt ist und in dieser Kiste sowohl lebendig als auch tot sei, ausgedrückt. Auf Quantenebene entscheidet sich, so beobachten die Physiker, das isolierte Atom dafür, in welchem Zustand es sich befindet, und zwar genau in dem Augenblick, wo es gemessen, also beobachtet wird. Auf Schrödingers Katze angewendet heißt das: Erst in dem Moment, wo wir die Kiste öffnen und nachschauen, entscheidet sich die Katze für den Zustand "tot" oder "lebendig", vorher ist sie beides zugleich, eine Überlagerung aus tot und lebendig. Eine offenbare Absurdität, aber die Verhältnisse, die Physiker auf dieser Mikro-Ebene beobachten, sind tatsächlich absurd.
Allerdings gibt es seit einigen Jahren eine alternative Deutung, die den Begriff "Dekohärenz" in den Vordergrund stellt und dabei den realitätsschaffenden Beobachter außer Kraft setzt. Das Zauberwort heißt: Wechselwirkung mit der Umweltund dazu ist nicht unbedingt ein Beobachter erforderlich.
Zwei Zitate, die diese Interpretation verdeutlichen:
Das besondere an der Quantenmechanik ist, dass es nicht nur reine Zustände sondern auch beliebige Überlagerungen von Zuständen gibt. Schrödingers Katze ist damit nicht tot oder lebendig sondern in einem Überlagerungszustand aus tot und lebendig. Es war lange Zeit eine verbreitete Annahme, dass es der Messprozess ist, der diese Überlagerung zerstört und einen reinen Zustand erzwingt. Der Messprozess wäre in diesem Fall den Deckel aufzumachen und reinzuschauen. Heute gehen die meisten Experten davon aus, dass die Wechselwirkung vieler Teilchen miteinander die Uberlagerung zerstört. Diesen Vorgang nennt man Dekohärenz. Da eine Katze aus sehr vielen Teilchen besteht, ist der Dekohärenz-Prozess sehr schnell. Überlagerungszustände aus Katze-tot und Katze-lebt sind daher sehr kurzlebig.
http://www.quantenwelt.de/faq/katze.html
Wie gross kann eine Katze sein, dass sie noch als Überlagerung von Wellen beschrieben werden muss? In unserem Alltag erleben wir nie, dass eine tote und eine lebende Katze miteinander interferieren. Ich kann also immer sagen, die Katze sei entweder lebend oder tot. Aber bei Elementarteilchen gehören Interferenzen zum Alltag. Bei Elementarteilchen spielen immer alle Wege, die überhaupt nur möglich sind eine Rolle. Weshalb also sehen wir Katzen nie als überlagerte Zustände oder wenigstens als Interferenzmuster?
Die Periode der Schwebung ist umso grösser, je näher die Energien -und damit die Wellenlängen- zusammenliegen. Bei makroskopischen Zuständen ist der Energieunterschied sehr rasch so gross, dass die Schwebung überhaupt nicht mehr sichtbar ist. Wenn unsere Katzen auch Überlagerungen einer toten und einer lebenden Katze sind, so würden wir dies gar nicht bemerken
.
http://homepage.hispeed.ch/philipp..../Schroedingers_Katze/schroedingers_katze.html
Mit anderen Worten: Unsere Katzen (und insgesamt das, was wir existierende Welt nennen) dekohärieren so unglaublich schnell, daß wir keine Chance haben, diese Katze im ursprünglichen *Wahrscheinlichkeitszustand* oder im Überlagerungszustand zu erfahren oder zu messen. Das Problem, das sich anfangs stellte, daß Paradox, daß unsere Beobachtung erst den Wahrscheinlichkeitszustand in Wirklichkeit überführt, wir also sozusagen auf handfeste Weise unsere Wirklichkeit regelrecht produzieren, ist mit dieser Deutung vorerst behoben. Nicht die Beobachtung führt zur Dekohärenz, sondern die Wechselwirkung mit der Umgebung. Beobachtung, etwa eine Meßoperation, ist nur ein Spezialfall von "Wechselwirkung"; das heißt: auch ohne Beobachtung dekohärieren die wahrscheinlichen Objekte, wenn sie nur genügend wechselwirken.
Aber auch in dieser Deutungsvariante bleibt nach wie vor aber die bizarre Tatsache bestehen, daß unsere dichte und kompakte Wirklichkeit offenbar auf einer Wahrscheinlichkeitsbasis, auf einem Möglichkeitsraum aufruht. Dekohärenz beschreibt, wie aus Potentialität Realität, wie aus Wahrscheinlichkeit Wirklichkeit wird.