Der K(r)ampf um unser Essen

DiaBowLow

Aktives Mitglied
Registriert
27. September 2009
Beiträge
11.533
Ort
Zuhause
Patent-Streit
Der Kampf um unser Essen

Dürfen sich Unternehmen Gemüsesorten per Patent einverleiben? Was die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts in letzter Instanz verhandelt, könne Dämme brechen.
Von Thomas Magenheim

München. Einig sind sich die Beteiligten nur in einem Punkt. Am Beispiel von Brokkoli und Tomate wird entschieden, ob Nahrungsmittelkonzerne sich über die technische Analyse von Gemüsesorten konventionell erzeugte Pflanzen per Patent schützen lassen können.

Um die so strittige wie weitreichende Frage endgültig zu klären, verhandelt in München in letzter Instanz die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA) über den Widerruf eines 2002 erteilten Patents auf eine spezielle Brokkoli-Sorte und eines 2003 vergebenen Schutzrechts auf eine Tomate.

Gegenüber stehen sich als Patentinhaber die britische Firma Plant Bioscience (Brokkoli) und der Staat Israel (Tomate) sowie die Konzerne Syngenta, Limagrain und Unilever als Kläger. Beobachtet wird die am Dienstag beginnende, zweitägige Verhandlung aber auch global von der Politik, Bauern- und Zuchtverbänden sowie Schutzorganisationen wie Greenpeace.

"Es geht darum, ob der Damm bricht", sagt Greenpeace-Experte Christoph Then. Das wäre aus seiner Sicht der Fall, wenn das Amt die beiden Patente bestätigt. Diese beruhen nicht etwa auf gentechnischen Veränderungen von Brokkoli und Tomate, sondern nur auf der Auswahl bestimmter, in der natürlichen Pflanze vorhandener Bestandteile, die zum Beispiel im Fall von Brokkoli besonders viel krebshemmende Substanzen enthalten.

Im Grunde genommen werde das, was Züchter früher unter freiem Himmel getan haben, damit nur ins Labor verlegt und die Pflanze keineswegs neu erfunden, sagen Patentkritiker. Plant Bioscience und der Staat Israel sind anderer Meinung und pochen auf ihr Schutzrecht. Sie liegen im Trend.

Während Patentanmeldungen auf gentechnisch erzeugte Pflanzen seit dem Jahr 2000 abnehmen, erleben solche auf konventionelle Pflanzen wie im Fall von Brokkoli und Tomate derzeit einen wahren Boom.

2009 haben sie sich allein beim EPA binnen zwei Jahren auf rund 150 Schutzrechtersuchen verdoppelt. Insgesamt gebe es derzeit fast 1000 solcher Anträge, sagt Then. 80 Patente wurden bislang erteilt. Greenpeace, Misereor und andere Organisationen befürchten eine explosionsartige Vermehrung.

Hätten die Anträge Erfolg, würden bald wenige große Agrarkonzerne den globalen Handel mit Saatgut sowie die folgende Lebensmittelproduktion und deren Preise kontrollieren.

Trendwende zum konventionellen Patent

Ähnliches gilt für Tierpatente. Wohin die Reise dann gehen dürfte, zeigt das Beispiel des Saatgutriesen Monsanto. Dieser hat von US-Bauern vor Gericht bereits 21,5 Millionen Dollar Schadenersatz für verletzte Patente erstritten und außergerichtlich eine vierfach höhere Summe eingetrieben, schätzt Greenpeace.

Auf einem Monsanto-Patent beruhendes Sojamehl aus Argentinien sei vom US-Konzern in europäischen Häfen blockiert worden, ergänzt Patentprofessor Carlos Correa. Das gebe einen Vorgeschmack darauf, wie der weltweite Handel betroffen sein werde, wenn Pflanzenpatente im großen Stil aufkommen.

Die Trendwende weg vom Gentechnik-Patent hin zum konventionellen Patent erklärt Then mit der Überlegenheit natürlicher Züchtungsmethoden. Dort komme man schneller zu Erfolgen, was vor allem bei der Züchtung von Pflanzen ausschlaggebend sein werde, die sich dem Klimawandel rasch anpassen. Beim Patentamt steht also weit mehr als Brokkoli und Tomate auf dem Spiel.

Ihr richtungsweisendes Urteil wird die große Beschwerdekammer schriftlich erst gegen Ende des Jahres verkünden, erklärt ein Sprecher. Der Ausgang sei offen. Greenpeace und andere Patentkritiker sind skeptisch. Sie gehen davon aus, dass das Amt beide Patente im Grundsatz bestätigt und den bestehenden Spielraum bei Patentgesetzen im Sinne der Industrie nutzt.

Dann könne nur noch die Politik helfen und die entsprechenden EU-Richtlinien ändern. Dafür macht sich seit kurzem die Bundesregierung stark, die im Herbst bei einer Konferenz zu dieser brisanten Frage für eine Novelle der Patentgesetze werben will.



Umstrittene Patente auf das Leben
Beim Verbot von Patenten auf Pflanzen und Tiere gilt die Bundesrepublik in Europa als eine mittlerweile treibende Kraft. Im Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Bundesregierung von 2009 schließt ein Passus grundsätzlich die Patentierbarkeit von landwirtschaftlichen Nutztieren und Nutzpflanzen aus.

Politiker von CDU und CSU haben dazu schon öffentlich das Wort ergriffen, während die Liberalen vielfach noch zaudern. "Wir sind nicht gegen Patente als solche, aber die Natur, das Leben und die Schöpfung gehören allen und sind nicht patentierbar", stellte zum Beispiel CDU-Landwirtschaftsstaatssekretärin Julia Klöckner jüngst ihre Haltung zur Patentierung von Lebewesen klar.

Europaweit sucht die Bundesregierung deshalb nach politischen Mitstreitern, um Schutzrechtsverbote auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere zu erwirken. Die Niederlande bieten sich als Partner an.

Gekippt werden soll vor allem auch die Koppelung eines Verfahrenpatents an dessen Produkte. Derzeit ist es gängige Praxis beim Patentamt, dass nicht nur ein Verfahren patentiert wird, das zu einer Züchtung führt, sondern auch das Saatgut und die Pflanze oder bei Tieren sogar deren Nachkommen. Patentiert wird querbeet von Sonnenblumen über Brokkoli bis zu Milchkühen und Schweinen.

Diese Reichweite von Biopatenten soll künftig per Gesetz beschnitten werden.

Patentierung von Nutztieren und Nutzpflanzen können vor allem kleine Betriebe in der Landwirtschaft und Züchter unter einen erheblichen ökonomischen Druck setzen, warnt der wissenschaftliche Beirat für Biodiversität und Genetische Ressourcen beim Bundeslandwirtschaftsministerium. Für den 28. September ist in Brüssel ein Symposium zu Biopatenten geplant, auf dem die Bundesregierung in einem ersten Schritt Verbündete gewinnen will.

Das Verbot der Patentierbarkeit wird nicht nur von Umwelt- und Entwicklungsorganisationen verlangt, sondern auch vom Deutschen Bauernverband (DBV) und dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter (BDP). Landwirte sollen Lebensmittel produzieren und nicht Anwälte konsultieren müssen, stellt der DBV klar. Innovative Pflanzenzüchtungen benötigen einen ausgewogenen Zugang zu Zuchtmaterial, fordert der BDP und votiert damit gegen abgeschottete Saatmonopole. (tma)


http://www.fr-online.de/top_news/2864431_Patent-Streit-Der-Kampf-um-unser-Essen.html
 
Werbung:
was mich wiederum zum codex alimentarius bringt :)
is eh immer das selbe, schert sich keiner drum und deshalb dürfen die alles machen.

wenn du das jemand erzählst kommt bei 90% der menschen "hm aber wir können eh nichts dagegen tun"

am besten aufs land ziehen und sich (teilweise) selbst versorgen und gut is.
 
Lass dich nicht verrückt machen.

wenn man fertigprodukte oder ähnliches kauft einfach immer inhaltsstoffe und herkunft lesen. außerdem möglichst inländisches obst und gemüse kaufen, in ö is das mit den genprodukten ja NOCH recht gut geregelt.
 
Werbung:
:confused:

Kannst Du näher erklären, was genau Du meinst?

Außer Du hast nicht gemerkt, dass es zwei unterschiedliche Texte zum Thema sind...

Ah - jetzt verstehe ich:

https://www.esoterikforum.at/forum/showthread.php?p=2759308#post2759308

Das war ein Versehen aufgrund einer technisch zu lange dauernden Übertragung, da ich diese mit einem nochmaligen Klick beschleunigen wollte. Üblicherweise wird ein und derselbe Text von der Forumssoftware nicht zweimal angenommen.

Auf der anderen Seite hat nunmal die Qualität unserer Nahrung sehr viel Bedeutung für unsere Existenz im engsten, als auch uns selbst im weitesten Sinne.
 
Zurück
Oben