Der Fluss

Naduah

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17. Februar 2005
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24
Ort
Köln
Zwei kleine Sterne fallen vom Himmel in einen klaren, stillen See,
die sanften Wogen formen sie zu einer kleinen Kugel.
Eine ganz kleine Kugel nur – doch einzigartig, rein und voller Kraft.

Die Strömung führt die kleine Kugel langsam doch unaufhaltsam zum Licht,
und über einen kleinen Wasserfall gelangt sie in einen ruhigen Fluss.
Das Wasser trägt sie hinweg und nimmt sie mit auf seinem Lauf.

Die kleine Kugel lässt sich treiben, stößt an Sandbänke und Algen,
sie sieht viele Dinge, hört viele Dinge, spürt viele Dinge
und so wird sie immer größer und weiser.

Doch auch der Fluss wird größer und reißender
und die Kugel muss lernen, gefährliche Klippen zu umgehen,
wobei sie so manche Kerbe und Schramme bekommt.

Doch wenn das Glück ihr hold ist und sie zudem klug und mutig ist,
wird es eine spannende Reise.

Mal führt die Reise sie durch wilde Stromschnellen
und die Kugel braucht all ihre Kraft um nicht unter zu gehen.

Dann wiederum fließt der Strom ruhig dahin
und die Kugel kann neue Kräfte schöpfen.

Manchmal ist das Wasser aufgewühlt
und die Kugel genießt das Spiel mit den Wellen.

Es gibt Zeiten, da lässt die Kugel sich einfach nur treiben,
es gibt Zeiten, da versucht sie gegen den Strom zu schwimmen.

Und da gibt es die besonderen, geheimen Orte im Fluss –
Orte, an denen die Kugel für einen Moment aus dem Wasser steigen kann,
für einen kurzen Augenblick nur kann sie sich aus ihrem Element erheben
und den ganzen Flusslauf betrachten – vom Ursprung bis zum Ende den Weg erkennen.

Und es gibt die Begegnungen mit anderen Kugeln -
viele Kugeln treiben einfach vorbei.
Doch mit einigen Kugeln stößt sie zusammen,
manchmal sanft, manchmal kraftvoll, manchmal schmerzhaft.

Und sie begegnet besonderen Kugeln –
diese treiben eine Zeit lang an ihrer Seite,
begleiten sie ein Stück des Weges
– manche länger – manche kürzer – manche näher – manche ferner.

Mit manchen dieser besonderen Kugeln stößt sie nur ganz kurz aber sehr heftig zusammen –
so heftig, dass die Funken sprühen und die Kugel ein Stück weit aus dem Wasser springt –
durch diese Begegnung wird sie ein wenig aus ihrer Bahn geworfen
und so setzt sie ihren Weg an einer Stelle fort die sie sonst niemals hätte erreichen können.

Und wenn die Kugel eine Glückskugel ist,
so wird sie vielleicht auf die eine Kugel treffen,
deren Kerben und Schrammen genau in die ihren passen –
und so schwimmen sie dann Seite an Seite durch den Fluss –
nicht mehr ganz so beweglich doch umso ruhiger und kraftvoller.

Doch irgendwann wird eine scharfe Felsklippe sie wieder trennen
und die Kugel muss den Rest des Weges, wie alle Kugeln, alleine weiterschwimmen -
bis zu dem Tag an dem die lange Reise ein Ende hat
und der Fluss in ein warmes, helles Meer mündet
in welchem alle Kugeln Ihre Reise beenden und wo sich alle Kugeln wieder begegnen
um letztlich als kleine Sterne in den Himmel aufzusteigen.
 
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hi naduah,
total hübsch und klever. und jetzt habe ich richtig lust mich in die wanne
zu legen, die augen zu schließen und das wasser laufen zu lassen um das
aussen abzuschalten.
ein echt schönes gedicht von dir
danke
gruß silke
 
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