Ui, der Thread hat ja ganz schön eingeschlagen... Kann nicht auf alles eingehen.
@Namo:
Ein schönes Beispiel aus diesem Thread finde ich folgende Konversation zwischen Mara und Goldray.
Goldray schrieb:
Die Gedanken können manchmal wie Fesseln sein, die dich daran hindern vorwärts zu kommen. Es ist eine Energie, die dich irgendwo festhalten kann, dich ablenken kann, und dich nicht zu deinem Ziel lässt. Es kann aber auch ein Gedanke sein der dich vorwärts bringt.
Mara schrieb:
ich zitiere: "fesseln" "vorwärtskommen" "vorwärtsbringen" "ziel"
ohne gedanken - also in tiefer meditation kommst du zur ruhe, kommst AN ... erkennst was ist ... nämlich zum beispiel - "das es gar kein ziel gibt"
gedanken halten dich von JETZT ab, also vom leben ... denn leben ist immer JETZT ... nicht erst in irgendwelcher nebulösen zukunft ... was machst du, wenn du morgen hinter den zug fällst ?
Darum ging's mir eigentlich im Kern. Namo, du sagst, du fändest es kontraproduktiv, über das von mir aufgestellte Zitat zu grübeln, weil es genau in die entgegengesetzte Richtung führt vom einfachen Gewahrsein der Dinge. Das ist richtig. Und genau hier an diesem Punkt trennt sich "Weizen vom Spreu", wenn ich das jetzt mal etwas überspitzt formulieren darf. Es gibt eigentlich nur 2 mögliche Reaktionen auf diese Frage. Die eine ist eine aktive gedankliche Auseinandersetzung mit der Frage. Die andere ist der "Rückzug" ins unmittelbare Gewahrsein dessen, wie es sich anfühlen würde, wenn da keine Gedanken wären. Der eine denkt über einen solchen hypothetischen Zustand nach, der andere entschliesst sich unmittelbar ein derartiges Experiment hier und jetzt auszuführen.
Ich selbst reagierte sehr lange Zeit auf genau die denkende Weise. Das war tatsächlich ein Automatismus. Wenn mich jemand zum einfachen Sein aufforderte - und das ist ja nun wirklich das allereinfachste auf der Welt, man braucht sich nur zurückzulehnen - dann begann es in meinem Kopf zu rumoren. "Wie soll ich das jetzt genau anstellen?" Natürlich gelangte ich derart denkend überall an, nur nie im H&J.
Nun scheint es mir, dass das aber kein willentlicher Akt ist. Bei mir war es nie ein willentlicher Akt, den Denkmotor in solchen Situationen anzuwerfen. Schliesslich hinderte mich genau dieser schnurrende Motor daran, im H&J zu sein, aber ich merkte das nicht einmal! Ich verwechselte dauernd das Resultat meiner Gedanken mit dem unmittelbaren Gewahrsein der Dinge. Fälschlicherweise hielt ich das gedankliche Konstrukt eines Baumes für den Baum selbst. Ich glaube fast, das ist tatsächlich für jemanden nicht verständlich, der nicht auf irgendeine Weise in "die wahre Natur des Geistes" (wie man das im Buddhismus so schön ausdrückt) eingeweiht wurde.
Erst letzten Herbst wurde ich mir plötzlich (durch versch. Umstände) der Sache bewusst. Ich erkannte, dass mein Denken läuft und läuft, dass ich ihm ziemlich ohnmächtig gegenüberstehe, weil ich nicht wirklich beeinflussen kann, was da überhaupt gedacht wird. Obschon ich zwar einsah, wie gewisse Konzepte wie "Das Ich" oder "Die Erleuchtung" in meinem Denken keinerlei echte Basis hatten, das heisst, es waren letztlich reine Einbildungen, wie ich sah, konnte ich trotzdem mein Denken willentlich dahingehend ändern, dass ich damit aufhörte, an die Konzepte zu glauben, sie im Alltag zu benutzen, als wären sie real. Das war eine fast schon schizophrene Situation. Du willst nicht länger, aber dein Denken kümmert sich einen Dreck darum, was du willst.
Das ganze spitzte sich über mehrere Wochen/Monate zu. Irgendwann war ich am Punkt extremer Verzweiflung über mich selbst und fragte mich, ob ich verrückt werden würde. Das war wirklich unglaublich, noch im selben Moment, in dem du einen Gedanken denkst, beginnst du, den Gedanken zu dekonstruieren. Auch damit konnte ich dann nicht mehr aufhören, und irgendwann wurde ich so wütend über mich selbst, dass ich mir einfach sagte: Ok, wenn's nicht anders geht, dann mache ich halt den ganzen Scheiss mit, den mir mein Denken auferlegt. Es geht einfach nicht anders.
Tja, und kurz darauf erstarb mein Denken einfach komplett. In diesem Moment erkannte ich, was es heisst, wenn man dem Menschen alle Gedanken nimmt. Ich weiss jetzt ganz genau, was dann übrigbleibt.
Später sah ich ein, dass ich wieder in alte Muster zurückrutschte, dann diese wieder ablegte, und wieder zurückrutschte. Hin und her. Auch das war nicht willentlich. Ich wollte nicht mehr zurückrutschen, aber das passierte einfach. Und je mehr ich mich in jener Situation anstrengte, um daraus wieder herauszukommen, desto mehr hinderte ich mich selbst daran. Dieses Paradoxon ist absolut nicht lösbar durch unsern Willen, weil der Wille an das Denken gebunden ist. Es gibt nur einen Ausweg aus dieser Situation: Sich selbst zu verzeihen. Zu sagen: Es ist ok, es geschieht von selbst, ich habe keinen Einfluss darauf. Wenn's passiert, dann passiert's, wenn nicht, dann halt nicht. Langsam lernt man dann auf diese Weise im H&J zu sein.