den Eltern *die Ehre geben*

Ich schätze trotzdem konstuktive Beiträge mehr und hoffe, dass sich die Verfasser trotz aller Unkenrufe (oder Ohrenschmerzen) NICHT zurückziehen :liebe1:
 
Werbung:
Was für mich noch offen ist, ist die Frage, was denn jeder so unter
"den Eltern die Ehre geben" versteht.
Mich dreht das seitdem immer mal wieder um.
Der Begriff an sich hat für mich was provozierendes.
Ich kriege beim besten Willen kein Bild zu "den Eltern die Ehre geben".

Die tiefe Zustimmung zu den Eltern wie sie waren und wie sie gehandelt haben weil das genau so MEIN Schicksal war, wäre für mich das
"ich nehme euch als meine Eltern".
Sehr im Sinne von "ich stimme meinem Schicksal jetzt zu".

Der Begriff Ehre hat für mich sehr viel mit vorbildlichem Verhalten zu tun. Mit besonderen Leistungen, die über das hinaus gehen, was man von jemandem erwarten könnte. Ehre verliert man doch wohl gänzlich dadurch, dass man sich an Schwächeren vergreift.
Zur Ehre gereicht es bei mir nicht, dass jemand im Rahmen des ihm möglichen das Beste getan hat.
Weiter widerstrebt es mir erheblich, mich überhaupt dazu zu versteigen, dass ich ausgerechnet meinen Eltern Noten gebe, denn das schwingt für mich in dem Satz auch noch mit.
Ich kann mir auch so gar nicht vorstellen, dass eins meiner Kinder "mir die Ehre gibt". Bei meiner derzeitigen Befremdung dem Satz gegenüber, könnte ich damit glaub ich gar nichts anfangen.
Vielleicht ist das ja eine Formulierung, die der persönlichen, sehr eigenwilligen Terminologie von Bert Hellinger entsprungen ist.
Ich kann fast sein boshaftes Kichern vor mir sehen, wenn es ihm wieder gelungen ist, jemanden aus der Reserve zu locken. Möglich, und bestimmt auch nicht ganz dumm, dass damit einfach nur vertieftes Nachdenken über die angemessene Haltung erwachsener Menschen gegenüber ihren Eltern gereizt werden soll.
So ne Art von Hefe.....
Würde mich sehr freuen, wenn ich hier noch weitere Aspekte dieser Thematik lesen dürfte.
LG,
Eva
 
Hi Eva!
Die tiefe Zustimmung zu den Eltern wie sie waren und wie sie gehandelt haben weil das genau so MEIN Schicksal war, wäre für mich das
"ich nehme euch als meine Eltern".
Sehr im Sinne von "ich stimme meinem Schicksal jetzt zu".
Ja, so (in etwa) hab ich das sehr viel weiter oben auch schon zu erklären versucht. Sieht so aus, als würde die Sprache das eher verfälschen als vermitteln, was ganz konkret und wortlos in einer Aufstellung erfahrbar wird. Die Enge der Begriffe... "Zustimmung" etwa verstehen sicherlich etliche als "okay finden". "Nehmen" wurde ja auch schon bekrittelt, weil das als "in den Arm nehmen" verstanden wurde - so verbinden wir mit den gleichen Worten unterschiedliche Assoziationen, und es bleibt die Hoffnung, dass bei den unvermeidlichen Missverständnissen auch Fruchtbares entstehen mag...

Ich habe auch bei Hellinger himself primär das "nehmen" in Erinnerung und vor allem auch seine Erklärung, wie sich dieses Nehmen von einem "annehmen" oder "akzeptieren" unterscheidet (wobei Letzteres den meisten noch am akzeptabelsten erscheint...). Akzeptieren - da steh ich von von vornherein über einem anderen und entscheide aus einer freien Position, ob ich jemand akzeptiere oder nicht. Im "Nehmen" schwingt hingegen der Umstand mit, dass ich letztlich einfach Faktisches wahr-nehme, wobei ich mir nicht aussuchen kann, ob es "wahr" ist oder nicht. Und ich kenne mehr als eine Aufstellung, in der das Nehmen der Eltern nicht in eine Umarmung, ein In-den-Arm- Nehmen mündete und in denen es dennoch tief und bewegend erschien... es ist ein erster und nicht der letzte Schritt, und es mag auch ein langer Weg sein, mit seinen Eltern Frieden zu machen.

Mit "Ehre geben" habe ich bei B.H. wörtlich auf die Schnelle nix gefunden, nur bei Berichten aus zweiter Hand, und da mag dann schon der eine oder andere Begriff einem Stille-Post-Effekt zum Opfer gefallen sein. Aber womöglich hat jemand ja auch einen konkreten Quellennachweis, der ein genaueres Hinschauen ermöglicht. Oder es wird mit den 10 Geboten verwechselt... :)

Alles Liebe,
Jake
 
Hallo Jake,
ich musste schmunzeln, denn Du hast natürlich recht. Ich habe keine Ahnung, ob Hellinger diesen Begriff so je gebraucht hat ( und in welchem Kontext, wo es ja möglicherweise genau die richtigen Worte gewesen sein könnten), oder ob man ihm das angedichtet hat, weil es einfach zu schön nach Hellinger klingt.
In Aufstellungen habe ich es allerdings schon gehört.
Sehr wichtig war mir, auch von Dir nochmal zu hören, dass das in der Aufstellung vollzogene Ritual mit seiner umittelbar spürbaren Wirkung irL mitunter öfter mal innerlich wiederholt werden muss. Zum Beispiel weil neu aufgetauchte Erinnerungen an böse Erlebnisse das verletzte Kind auf den Plan rufen und man sich seiner starken Teile erneut gewahr werden muss, damit die sich einmal mehr mit dem was war versöhnen und aus dieser Position der LebensLiebe heraus die Verletzungen verarbeiten können.
Allerdings habe ich Hellinger persönlich gesehen und mehrere seiner Videos angeschaut: es ist schon sein Stil, Menschen vor eine absolute Wahl zu stellen, in genau der Härte.
Alle meine inneren Kinder jaulen da auf und empören sich. Aber meine erwachsenen Anteile lächeln gelassen und können stehen lassen, dass Hellinger halt mit manchen in dem Moment mit seinen Mitteln "nichts tun kann", wenn sie nicht bereit sind, ihre Eltern zu nehmen.
Nochmal: das ist ein Weg u n d ein Ziel zugleich. Die Forderung ist provozierend, ganz gleich in welcher Formulierung sie daher kommt.

Gut, dass wir drüber geredet haben *schmunzel*
LG,
Eva
 
Ich hab da mal eine Verständnisfrage: Ist es wirklich Sinn der Sache, dass man die inneren Kinder mit solchen Sachen überfährt? Brauchen diese nicht zuerst die Heilung?

Ich möchte nur wissen, wie Ihr das seht. Ich - für mich - habe meinen Weg gefunden, mit dem ich gut zurechtkomme, und mit dem meine erwachsenen und kindlichen Anteile gleichermassen zufrieden sind.

LG
Ahorn
 
Ich hab da mal eine Verständnisfrage: Ist es wirklich Sinn der Sache, dass man die inneren Kinder mit solchen Sachen überfährt? Brauchen diese nicht zuerst die Heilung?

Ich möchte nur wissen, wie Ihr das seht. Ich - für mich - habe meinen Weg gefunden, mit dem ich gut zurechtkomme, und mit dem meine erwachsenen und kindlichen Anteile gleichermassen zufrieden sind.

LG
Ahorn

Hallo Ahorn,
ich sehe da keine inneren Kinder überfahren.
Im Gegenteil sind sie an die Hand genommen von fürsorglichen erwachsenen Anteilen, die in der Tat erst durch Therapie und unter anderem auch Aufstellungen auf den Plan gerufen / entdeckt / etabliert / gefunden / gestärkt / gerufen... sind.
Gerade Aufstellungen mit dem inneren Team, mit mehreren relevanten Altersstufen ein und derselben Person oder Ähnlichen Settings sind besonders achtsame und zärtliche und dabei hoch wirksame Verfahren.
Auf gar keinen Fall sollen oder dürfen (Re-Traumatisierung!) dabei innere Anteile überfahren werden. Selbstverständlich führen viele Wege nach Rom und ich freue mich sehr zu hören, dass Du und Deine Rasselbande gut (miteinander) leben könnt, Für mich hat sich das jeweils so angefühlt, dass die verletzten kindlichen Anteile dann irgendwann ganz friedlich und still integriert waren und sich gar nicht mehr individuell wahrnehmen liessen. Wahrnehmbar waren danach nur noch neu hinzugekommene Lebensqualitäten aus den jeweiligen Altersstufen. Aber das kennst Du ja sicher :liebe1:
LG,
Eva
 
Mit "Ehre geben" habe ich bei B.H. wörtlich auf die Schnelle nix gefunden, nur bei Berichten aus zweiter Hand, und da mag dann schon der eine oder andere Begriff einem Stille-Post-Effekt zum Opfer gefallen sein. Aber womöglich hat jemand ja auch einen konkreten Quellennachweis, der ein genaueres Hinschauen ermöglicht. Oder es wird mit den 10 Geboten verwechselt... :)

Alles Liebe,
Jake

Hallo Jake,
zufällig entdeckte ich in Bert Hellingers "Liebe und Schicksal" im Abschnitt "zwölftes Paar: Ohne Mutter kein Mann" folgendes Zitat von BH:

"ich habe bei Frauen die Beobachtung gemacht, dass sie manchmal lieber sterben, als ihrer Mutter die Ehre zu geben."

Der Kontext hat es für mich nicht klarer gemacht.....
Lieber Gruß,
Eva
 
Ich weiß nicht, ob das daher gehört, aber als "leidgeprüfter Nacharbeiter" von verunglückten Familienaufstellungen muss ich zu diesem "Eltern ehren" mal was sagen - aus meiner Praxis.

1. Nicht alle Eltern setzen Ihre Kinder in Liebe in die Welt !
2. Es ist definitiv nicht zwangsläufig so, dass Eltern Ihre Kinder lieben !
3. Die Zeugung und Geburt per se erzeugt definitiv keinen Anspruch auf Dankbarkeit, Eltern müssen sich Ihre Achtung verdienen!!!

diese Reihe könnte man beliebig fortsetzen nur ein paar Praxisbeispiele zum mitdenken.

Muss ich einen Vater ehren der mich und alle meine Geschwister über Jahre hindurch sexuell mißbraucht und zum psychischen Wrack gemacht hat.

Muss ich eine Mutter ehren, die mir vom Kleinkinderalter an immer wieder gesagt/gezeigt hat, dass sie mich hasst und es lieber gehabt hätte, dass ich nicht geboren wäre.

Muss ich eine Familie ehren, wo mich die Mutter, weil Sie mit meinem Vater keinen Sex haben will, zu ihm ins Ehebett steckt und er mich dann über Jahre mißbraucht

....................Bücher könnt ich schreiben zum Thema "Ehrlose Eltern"

Als bei all diesen Sachen, vielleicht von so seltsamen Dogmen einmal abrücken und den gesunden Menschenverstand einsetzen und verdammt noch mal den Menschen helfen und Sie nach so einer Aufstellung nicht ohne weitere Hilfe nach Hause schicken.
Ich zieh mich da immer gern auf Immanuel Kant zurück, der da irgendwo den gescheiten Satz geschrieben hat: "Man muss alles selber denken!"


Alles Liebe

Gerhard
 
Werbung:
Danke Gerhard,

nein, solche Eltern musst Du nicht ehren, denn sie waren Dir keine Eltern - vielleicht trägst Du ihre Gene (auch damit muss man erstmal lernen zu leben), aber im sozialen Bereich waren sie es definitiv nicht.

Eltern wird man nicht durchs Poppen und Austragen, sondern indem man den Kindern beim Aufwachsen hilft - und sie nicht daran hindert.

LG
Ahorn
 
Zurück
Oben