den Eltern *die Ehre geben*

Klar :)

Vorhin wurde geschrieben, dass man dankbar sein soll, dass einem das Leben geschenkt wurde und das die Ehrerweisung ist. Ich finde, es hängt schon sehr viel mehr von der dahinterstehenden Motivation der Eltern ab, ob ihnen diese Ehrerweisung wirklich bedingungslos zusteht.
 
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Was genau ändert die dahinterliegende Motivation am Tun an sich?

Gerade wenn es sich nicht um
Indigomädchen;1013441 schrieb:
Ich war ein Kind aus Liebe - das muss ich doch spüren und erwiedern - das ist die Erhrerweisung.
handelt, fällts möglicherweise schwerer - und ist aus systemischer Sicht umso wichtiger, es trotzdem - oder sogar genau deswegen erst recht - zu tun - meine persönliche Meinung - denn dann kann dieses *Ehre erweisen* nicht nur *die Wunden heilen* sondern sogar *wahre Wunder wirk-en*.

In zitiertem Fall isses meist eh kein Thema :daisy:
 
Die Motivation ist die Triebfeder von allem. Das ist die Farbe, die ein Tun hat.
Energie folgt dem Gedanken.

Töte im Krieg und du bist ein Held,
töte im Frieden und du bist ein Mörder.
Das Tun ist dasselbe.

Nur was bedeutet in Praxis "die Ehre erweisen"?
Bei der Aufstellung zu sagen: "Ich erweise dir/euch die Ehre"? Das erscheint mir doch etwas oberflächlich und zu wenig.
 
Hm, wenn ich mir so überlege, was für eine Emotion dahintersteht, meinen Eltern die Ehre zu geben....

Sie einfach so zu respektieren, wie sie sind. Was immer sie getan haben, es war richtig - in einem gewissen Sinne. Kein "Aber Du hättest doch....das und das als Eltern tun müssen, sollen etc.", sondern einfach sagen: Es war ok.:liebe1:

Liebe Grüße
Reinfriede
 
hi in die runde,

also ich kann mit "den eltern DIE EHRE geben" nichts anfangen?
was bedeutet das ???
blick da nicht durch .... hmmm ....

ich bin meiner mutter dankbar,
dass sie mich geboren hat;
aber WIE gibt man jemandem die ehre ????????

ich suche eine definition des satzes "jemandem die ehre geben" ...

die lila
 
Hallo ChrisTina,

den "Eltern die Ehre" geben ist eine Grundvoraussetzung dafür, um überhaupt mit ihnen und ihrem Tun ins Reine zu kommen. Trotzdem gibt es Dinge, die sie uns angetan haben, die mit diesem Verneigen und Achten nicht ungeschehen gemacht werden können.

So wie du schreibst:
Es bedeutet schlicht und einfach nur, dass ich ihnen dafür danke, dass sie mir das Leben geschenkt haben.
fällt sehr schwer. Ihnen einerseits danken, dass sie mir das Leben geschenkt haben, und dann noch damit zufrieden sein, was sie mit ihren Erziehungsmaßnahmen angerichtet haben. Das ist ein Widerspruch in sich.

Dieser Satz wirkte für mich eher wie ein Pflaster, mit dem meine Wunder immer wieder neu zugeklebt worden sind. Was nützt es mir zu erklären, wie die Ehre der Eltern auszusehen hat oder sich anfühlt, wenn die Wunde erstmal wieder versorgt ist und nicht weh tut.

Und wenn dann der Klient wiederkommt, weil er mit dem achten und ehren nicht klar kommt, steht er unter Beschuss, er hätte nicht mitgearbeitet und es steht der Vorwurf im Raum, er wolle seine Eltern har nicht ehren.

Gerade mit diesem Thema werden sehr viele neue Wunden aufgerissen. Mir scheint, dass der Umgang damit eher ein Idealzustand ist, aber der Weg dorthin, wird übersprungen und das Ziel soll mit einer (mehren) Verneigungen so ganz einfach erreicht werden. Das ist Ironie, die nicht funktioniert, außer man glaubt ganz fest daran, und wenn es nicht klappt, dann ist man halt wieder schuldig oder zu blöd, wie man´s ja schon als Kind war.

Liebe Grüße pluto
 
Ich denke, ab einem gewissen Alter ist jeder für sich selbst verantwortlich. Klar wirken bestimmte Dinge nach, aber die Entscheidung, sie ewig wirken zu lassen, treffen wir selbst. Ganz alleine.

Ich habe vor einigen Jahren mal ein Interview im Radio gehört, da wurden Gefangnisinsaßen befragt, wie der Alltag bei ihnen aussehen würde. Einer war drunter, der folgende Aussage tätigte (er war an die 50 Jahre alt, so geschätzt): "Meine Mutter ist schuld. Sie hat mir als Kind zuwenig Liebe geben, drum sitz ich heut im Häfn."

Und den Eltern "die Ehre" zu geben, heißt für ich auch, von nun an selbst die Verantwortung für mich zu übernehmen. Und sie nicht bei ihnen zu lassen. Das ist natürlich verlockend - nur ändern wird sich dadurch dann bei mir nichts, weil ich damit auch die Macht abgegeben habe. Und solange ich denke, dass meine Eltern an irgendetwas "schuld" sind, bin ich in der Position eines Kindes, das von seinen Eltern erwartet, etwas für mich zu tun, mein Leben zu richten. Da fehlt die Abnabelung - nicht nur von den Eltern, auch vom Problem.

Es steht jedem Menschen in Wahrheit frei, sich zu ändern, jederzeit. Der Weg dorthin mag verschieden sein, aber wenn man WILL, kann man auch verändern.

Liebe Grüße
Reinfriede
 
Bei den ganzen aufstellerischen Familien-Ritualen muss man die Kirche im Dorf lassen :

1. Es handelt sich um eine natürliche Pendelbewegung. Zuerst gab es eine psychotherapeutische Grundtendenz, dass die Eltern an allem und jedem schuld sind. Und das hat sich ned wirklich bewährt. Dann kommt halt die Gegenbewegung. (Ungefähr zeitgleich, als die Eltern-für-alles-den-schwarzen-Peter-zuschieb-Generation mit pubertierenden Kiddies Marke Eigenbau konfrontiert wurden. Welch zeitlicher Zufall.)

2. Die "Ordnungen der Liebe" Hellinger's - aus dem das "Den-Eltern-die-Ehre-geben" stammt - , sind ja auch schon wieder etwas überholt in ihrer Einseitigkeit (allerdings nach wie vor ein ganz wesentlicher Impuls) und haben sich schlicht und ergreifend auch nicht immer und überall bewährt.

3. Erschwert wird es durch die etwas altertümelnde Ausdrucksweise Hellingers. Die heutigen Eltern würden wahrscheinlich etwas ratlos und verdutzt dreinschauen, wenn ihre Kids auf die Knie fallen und sagen "Ich gebe Euch die Ehre".

4. Wie soll man jemanden die Ehre geben ? Entweder er hat sie bereits - oder er hat sie nicht.

5. Das ist der Schmarrn mit den "allgemeingültigen" Regeln. Manchmal passt es, manchmal nicht. Was wirklich hilfreich ist, muss man im Einzelfall anschauen. Wenn Eltern sich "ehrlos" verhalten, wie sollen ihnen Kinder "die Ehre geben" ? Das wäre ja in sich wieder anmaßend und verrückt.

6. Es ist wunderschön, wenn man die Eltern lieben kann (und von ihnen geliebt wird). Ein Geschenk. Zur Pflicht und zum Gesetz kann man es nicht machen. Wo keine Liebe ist, kann man sie nicht erzwingen. Dann muss man andere Wege finden.

7. Es ist seltsam, dass in der Aufstellungsarbeit die seelische Ebene so deutlich wird (die zum Teil mit körperlichen Verbindungen überhaupt nicht konform geht) - und gleichzeitig körperlichen Verbindungen eine derartige Wichtigkeit zugeschrieben wird.

Es gibt tiefere seelische Bindungen als "Blutsbande".

Soviel kann man glaube ich sagen : Wer mit seinen Eltern im Reinen ist und nicht mehr in Vorwürfen an sie verstrickt ist, der ist einen wesentlichen Schritt zur freien und eigenverantwortlichen Lebensgestaltung gegangen - was immer er mit seinen Eltern erlebt hat.

Man hat nur zwei Hände. Solange man damit nur auf die Eltern eintrommelt, hat man sie nicht dafür frei, ein eigenständiges Leben aufzubauen.

LG, Reinhard
 
fällt sehr schwer. Ihnen einerseits danken, dass sie mir das Leben geschenkt haben, und dann noch damit zufrieden sein, was sie mit ihren Erziehungsmaßnahmen angerichtet haben. Das ist ein Widerspruch in sich.

Den Anspruch hatte ich aber auch nicht gestellt - sondern ICH hatte geschrieben:

Für mich bedeutet es - sie an zu erkennen als diejenigen, welche mir mein Leben geschenkt haben - unabhängig davon, wie sie sich danach als Elternteil mir gegenüber verhalten haben könnten - und unabhängig davon, wie mein aktuelles Verhältnis zu ihnen sein könnte.

ICH unterscheide einerseits in

==> an zu erkennen als diejenigen, welche mir das Leben geschenkt haben

und andererseits

==> wie sie sich danach als Elternteil mir gegenüber verhalten haben
bzw.
==> wie mein aktuelles Verhältnis zu ihnen sein könnte

Da stand nirgends was davon, dass ICH auch nur irgend einen Anspruch stelle wie

und dann noch damit zufrieden sein, was sie mit ihren Erziehungsmaßnahmen angerichtet haben.

Ich muss auch meine Eltern nicht lieben, um ihnen die Ehre zu geben - nichts desto trotz sind sie die einzigen beiden Menschen die an meiner Zeugung beteiligt waren.

Und für mich bedeutet *die Ehre geben* einfach, dass ich anerkenne, dass sie so sind wie sie sind - andererseits aber auch anerkenne und dankbar dafür bin, weil ich aber ohne ihnen nicht als Mensch existent wäre.

Und es geht nicht um die Motivation der Eltern, warum sie mich gezeugt haben - es geht immer nur um mich - bzw. den jeweiligen Klienten, der sich mit der Thematik beschäftigt.

Die Ehre geben heißt - für mich - nicht, weil sie mich auf Händen tragen achte ich sie als meine Eltern - sondern, obwohl sie mich nicht auf Händen tragen, achte ich ihr Schicksal, bin ihnen dankbar für mein Leben - und mach meins draus.
 
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Indigomädchen;1013516 schrieb:
Die Motivation ist die Triebfeder von allem. Das ist die Farbe, die ein Tun hat.
Energie folgt dem Gedanken.

Töte im Krieg und du bist ein Held,
töte im Frieden und du bist ein Mörder.
Das Tun ist dasselbe.
Eben

Aber es geht - mir - nicht um die Eltern und deren Motivation von was auch immer - sondern um mich und meine Bereitschaft, meine Eltern als das an zu erkennen, was sie sind - als die einzigen beiden Menschen welche mich gezeugt und geboren haben - um mir das zu ermöglichen, was ich mir selbst zugestehe, dass ich realisieren kann.

Indigomädchen;1013516 schrieb:
Nur was bedeutet in Praxis "die Ehre erweisen"?
Bei der Aufstellung zu sagen: "Ich erweise dir/euch die Ehre"? Das erscheint mir doch etwas oberflächlich und zu wenig.
Korrekt - Lippenbekenntnisse sind immer zu wenig - für was auch immer - aber wenn mans lebt, heilts.
 
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