Maraiah
Sehr aktives Mitglied
Raeubertochter schrieb:Liebe Mara,
ehrlich gesagt bin ich erstaunt, dass du das Thema hier aufbringst, es beschäftigt auch mich. Und ich glaube, dass es gut wäre, demütig zu sein. Aber wie dahin kommen? Und ich bin mir sicher, dass der Schlüssel das Gefühl ist - wenn ich weiß, wie sich Demut anfühlt, dann kann ich es sein.
also als ich habe das vorhin so gemacht: ich dachte an demut und ließ dann bilder aufsteigen. ich sah mich selbst mein haus und den garten bestellen, die tiere versorgen ... sonst nichts. und dann unterbrach ich meine jeweilige tätigkeit für jeden menschen, der sozusagen meine aufmerksamkeit beansprucht ... in welcher form auch immer und ich war dann immer absolut ganz da - für den jeweiligen menschen ebenso, wie ich bei jeder meiner tätigkeiten völlig da war ...
diese bilder (vision) war/ist mir nicht neu. ich habe sie ständig und sie erfüllt mich mit eben einer großen zufriedenheit. aber ich kann das nicht umsetzen aus den gründen, die du gleich selbst anführst ...
Hm... Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, was Demut alles nicht ist - denn sie hat auf den ersten Blick einen schlechten Beigeschmack für mich.
auch ein interessanter ansatz: was ist demut denn alles nicht ? was hast du da herausgefunden ?
Dieser bittere Beigeschmack kommt aus der Vorstellung, dass ich mich selber klein machen soll (um zu dienen), damit andere größer sind als ich. Ich weiß nicht, ob du mich verstehst... hm... eben diese Sache mit der Erniedrigung.
ganz spontan sehe ich da meine mutter, wie sie auf allen vieren in die küche kriecht, um mir und meinem vater das frühstück zu machen. sie hatte einen neuen job angefangen in dem sie den ganzen tag auf den füßen sein mußte und ihre füße waren wund und blutig und entzündet. ich habe sie gehaßt in dem moment ...
ich glaube deshalb fällt mir das dienen so schwer ... ich bekomme dann regelrecht panik und werde ganz unleidlich bis gemeingefährlich ...
demut ist also nicht gleich "selbstaufgabe" ...
Ich glaube, wahre Demut erfordert eben keine Erniedrigung. Kein Unterwerfen. Nicht das, was in meinem Kopf irgendwie das Etikett katholisch hat: dieses "Herr, ich bin unwürdig"... das ist mE falsch.
Sondern: Aus der eigenen Größe heraus die Größe der anderen erkennen. Dass jeder Mensch ein eigenes Universum ist. Wenn ich meine eigene Größe erkannt habe und mir ihrer sicher bin, dann kann ich mich selbst zurückstellen, dann kann ich tatsächlich dienen, ohne mich selbst zu erniedrigen.
ja.
Nicht vergleichen. Wenn ich mich selbst vergleichen muss, dann versuche ich immer, die Beste zu sein - sei es, indem ich nur noch mir selber helfe oder genau umgekehrt, nur noch den anderen helfe... und eben darin die Beste bin. Wenn ich aber weiß, dass ich vollkommen bin, dann kann ich ebenso akzeptieren, dass alle anderen vollkommen sind [naja, vollkommen... ich bin mir nicht ganz sicher, ob es das richtige Wort ist. Aber vielleicht ja doch]. Und ich glaube, das ist vielleicht Demut: Erkennen, dass andere Menschen *vollkommen* sind... oder... wertvoll... oder... richtig...
du meinst dass du so wie du bist von gott gedacht bist und deshalb gar nicht anderes sein kannst, als das was du bist und das du einmalig bist, wie du bist und wertvoll und richtig. (das kindergartenlied: "du bist spitze, du bist ideal, jemanden wie dich gibt es nicht nochmal, so wie du bist, hat gott dich ausgedacht, er hat dich wirklich wunderbar gemacht") ...
und das beinhaltet sehr viel. denn jeder mensch ist zu jeder zeit genauso wie er von anderen "gebraucht" wird. alle erfahrungen, die er gemacht hat, machen ihn zu dem, was er jeweils ist. wir sind nicht immer dieselben, wir verändern uns stündlich, sozusagen und immer sind wir dann wieder genau richtig für die menschen, die uns begegnen ... vll. ist einfach dieses wissen und die annehme dessen schon "demut" ???
wir wollen immer anders sein, als wir sind. dabei können wir nicht mehr dienen, wenn wir "nicht wir selbst sind" ... gehört das zum thema dazu ?
Und insofern... ist Demut dann vielleicht auch wahres Selbstvertrauen? Weil ich mich nicht *aufblähen* muss... oder zumindest erwächst sie aus tiefstem Selbst-Vertrauen? Das, so meine ich, eigentlich identisch ist mit tiefstem Welt-Vertrauen, weil es bedeutet, dass ich alles meistern kann, was die Welt mir an Aufgaben stellt... aber das ist vielelicht ein anderes Thema... oder vielleicht doch nicht.
das waren exakt meine gedanken. urvertrauen in die schöpfung, in gott, in das leben, in uns selbst. absolutes und blindes vertrauen sozusagen, egal was uns wiederfährt ... vertrauen dass es "gut" ist, "heil" bringt. auch wenn wir oft nicht auf anhieb erkennen können, wo und wie, dieses heil geschieht.
nein. ich denke nicht, dass es ein anderes thema ist. ich denke es ist die ursache für "demut" - urvertrauen und das ist bei uns allen verletzt, wie ich festgestellt habe ...
Eines habe ich da noch, ist für mich sehr wertvoll, auch wenn es vielleicht wie ein Postkarten-Spruch klingt: Wer Demut trägt, kann nicht gedemütigt werden.
Liebe Grüße
Raeubertochter
das trifft mich in meiner tiefsten tiefe, räubertochter. ich weiß das und ich kämpfe dagegen an. das macht es noch schlimmer. dieses nicht gedemütigt sein wollen und es dennoch sein. ein kampf, ein ewiger und ich weiß nicht, wie ich ihm entkommen kann ...
ich wünsche mir nichts mehr als dienen zu können, demütig zu sein und anzunehmen was ist, aber es gelingt mir nicht, obwohl ich manches mal das gefühl habe, dass es eine vorstellung ist, die mich täuscht ...