Ich gehe mal davon aus, daß wir diese Diskussion von Helfer zu Helfer führen, nicht von Opfer zu Opfer.
Elli schrieb:
Ich möchte euch sehen, wenn ihr einem 14jährigen Mädchen, das *** hinter sich hat, freundlich erklärt, dass es selbst schuld, weil selbst Täter ist. Ist ja genau das, was die Täter ihm auch schon immer gesagt haben. Sicher ist das sehr heilsam und hilfreich.
Da verwechselst Du was.
Nicht der Helfer erklärt das dem Opfer.
Sondern das Opfer versucht, es dem Helfer zu erklären.
Ich weiß, das ist schwer zu glauben, geschweige denn zu verstehen und deckt sich auch nicht mit der Erfahrung, die man "im Freundeskreis" macht oder wenn man mal auf der Couch gelegen hat.
Aber das ist ein Erfahrung aus der täglichen Praxis im Umgang mit solchen Fällen und das wirst Du auch in jeder Fachliteratur zum Thema wiederfinden.
In der Psychologie nennt sich das "Identifikation mit dem Angreifer".
Auch den Begriff "Stockholm Syndrom" hat jeder schon mal gehört.
Dazu kommt, wie Du auch schon richtig bemerkt hast, daß die Täter diese Haltung natürlich auch noch unterstützen und fördern, im Extremfall sogar von langer Hand planen und es durch alle Lebensbereiche ziehen, so daß das Opfer einfach nichts anderes denken
kann, als sich selbst die Schuld zu geben.
Und solange man das als Helfer nicht zu akzeptieren lernt, kann man nicht verstehen und nicht mitfühlen, und hier ging's ja drum, die Opfer besser verstehen zu lernen, nicht die Helfer.
Daß das in der therapeutischen Praxis auch immer wieder zum Abbruch einer Therapie führt ist ebenso bekannt, aber das gehört nunmal dazu.
Denn das ist auch der Knackpunkt bei dieser Art von Traumatisierung, daß man diesen himmelschreienden Widerspruch im Empfinden des Opfers korrigieren muß, von dem man sich gar nicht vorstellen kann, wie man als Opfer nur darauf kommen kann.
Genau das macht es Opfer und Helfer so schwer, aus dem Teufelskreis herauszukommen, weil die Schuldfrage im Seelenleben des Opfers so verkehrt ist und so fest verankert.
Und bitte, das ist kein Vorwurf an die Opfer, interpretiert keinen hinein. Wenn jemand krank ist, dann braucht er keine Vorwürfe sondern Hilfe. Und wenn jemand was falsches denkt, weil er es nicht richtig lernen durfte, sondern jahrelang falsch vorgelebt bekommen hat, dann genügt es nicht, ihn nur darauf hinzuweisen. (siehe früheres Posting)
Und da das ja - gerade in Österreich - seit 100 Jahren schon kontrovers und mit den immergleichen Argumenten und Vorwürfen diskutiert wird hier noch ein grundlegender Satz:
"Du wolltest es doch" ist keine Ausrede, weder moralisch, noch ethisch und schon gar nicht vor Gericht.
Das ist natürlich unumstößliche Grundlage für das ganze Posting hier.
Gruß.