"Das gibt es in vielen Religionen, auch in der christlichen."

Was ist Fehlsinn? Daß ich darauf hinweise, daß es einen riesigen Unterschied ausmacht, ob soetwas in theologisch für Christen nicht mehr in dem Sinne relevanten viel älteren Büchern steht oder in dem aktuellsten Buch, das der angeblich letzte Prophet niederschrieb und das auch noch angeblich wörtlich diktiert?

Diese Gleichmacherei finde ich unseriös. Wenn die FAQ aufklären sollten, dann ist das aus meiner Sicht bei diesem Beitrag nicht gelungen.

Mohammed hat dutzende Kriege angeführt. Auch das ist ein gravierender Unterschied zu Jesus.

Dann laß mich nicht dumm sterben.


Du solltest auch nachlesen, warum Mohammad diese Kriege führte. Damals waren die Leute auf der arabischen Halbinsel in viele Clans oder Stämme unterteilt und er hat es letztendlich geschafft, dass diese sich einten ( ähnlich wie die Mongolen unter Dschingis Khan ) und das geht, auch wenn man es möchte, nicht ohne Kämpfe ab. Über Jesus weiss man geschichtlich eigentlich nicht viel, aber wenn er in einer anderen Region und einer anderen Situation der Erde auf die Welt gekommen wäre, hätte er unter Umständen auch kämpfen müssen. Weiss man alles nicht.
 
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Da bist Du halt anderer Meinung als Jesus Christus. Es würde auch keinen Sinn machen, das AT weiterhin mit dem NT gemeinsam als Heilige Schrift herauszugeben.

Beispiel Frauen: sie sollen ihr Haar bedecken, in der Gemeinde schweigen und getrennt von den Männern sitzen. Brüdergemeinden halten sich sogar dran.

Eine Religion sollte immer wieder im Zuge der jeweiligen Zeit betrachtet werden . Das lief damals nicht anders. Das NT wurde erheblich von Helenismus beeinflusst und das AT gleich von sämtlichen Kulturen.

Es gilt also alles, nur eben durch die Exegese der jeweiligen Zeit.


Das mit dem Bedecken des Kopfes und dass Frauen zu Schweigen haben ist aber auf Paulus zurück zu führen und nicht auf Jesus.
 
Da bist Du halt anderer Meinung als Jesus Christus.
Könntest du das nachvollziehbarer artikulieren?
Es würde auch keinen Sinn machen, das AT weiterhin mit dem NT gemeinsam als Heilige Schrift herauszugeben.
Unter welchem Umstand würde es keinen Sinn machen? Das Alte Testament ist mehr aus historischen Gründen Teil des Kanons.
Beispiel Frauen: sie sollen ihr Haar bedecken, in der Gemeinde schweigen und getrennt von den Männern sitzen. Brüdergemeinden halten sich sogar dran.
Das steht im Neuen Testament, genauer gesagt in einem Brief an eine bestimmte Gemeinde.
Es gilt also alles, nur eben durch die Exegese der jeweiligen Zeit.
Die Heiligen Schriften stehen immer auch für sich, wenn sie gelesen werden.
 
Du solltest auch nachlesen, warum Mohammad diese Kriege führte.
Netter wäre es, ersteinmal zu schauen, ob der Gesprächspartner das schon weiß? :)
Über Jesus weiss man geschichtlich eigentlich nicht viel, aber wenn er in einer anderen Region und einer anderen Situation der Erde auf die Welt gekommen wäre, hätte er unter Umständen auch kämpfen müssen. Weiss man alles nicht.
Wofür hätte er vielleicht kämpfen müssen? Dir ist bekannt, daß seine jüdischen Zeitgenossen vom Messias soetwas in der Art erwarteten, er es aber nicht tat und er auch deswegen von manchen abgelehnt wurde?
 
Netter wäre es, ersteinmal zu schauen, ob der Gesprächspartner das schon weiß? :)

Wofür hätte er vielleicht kämpfen müssen? Dir ist bekannt, daß seine jüdischen Zeitgenossen vom Messias soetwas in der Art erwarteten, er es aber nicht tat und er auch deswegen von manchen abgelehnt wurde?


Ja, das kann sein. Ich denke mir, dass jeder "Prophet" oder sogar "Eingeweihter" in verschiedene Situationen der Welt kommt und da dann entsprechend wirkt. Bei Jesus kann es die völlige Ablehnung der Gewalt gewesen sein, bei Mohammad kam vielleicht die Aufgabe hin, eine Gesellschaft völlig umzukrempeln, denn er hatte damals wirklich viele Neuerungen gebracht.
 
Ja, das kann sein. Ich denke mir, dass jeder "Prophet" oder sogar "Eingeweihter" in verschiedene Situationen der Welt kommt und da dann entsprechend wirkt. Bei Jesus kann es die völlige Ablehnung der Gewalt gewesen sein, bei Mohammad kam vielleicht die Aufgabe hin, eine Gesellschaft völlig umzukrempeln, denn er hatte damals wirklich viele Neuerungen gebracht.
Und vielleicht folgen daraus auch verschiedene "Missionen" der Anhänger? Ich weise nocheinmal daraufhin, daß der Koran in der islamischen Tradition als letzte und maßgebliche Gottesoffenbarung gilt. Daraus ergeben sich diverse theologische Probleme, die durch menschliche Theologie nicht glaubwürdig lösbar ist, bis ein weiterer Prophet mit Gottesoffenbarungen auftritt.
 
Aaron war der Religionsgruender, Paulus war der Religionsgruender, Und der Gruender des Islam? Tja

Leider existieren keine zeitgenössischen Quellen, die die Existenz eines Religionsgründers mit Namen Mohammed (oder ähnlich) im 7. Jahrhundert belegen würden.

Alle muslimischen Quellen sind erst zwei Jahrhunderte später entstanden. Außerislamische Quellen fehlen völlig und das, obwohl sowohl Perser, Ägypter wie auch Byzantiener eine rege Geschichtsschreibung betrieben und sehr an religiösen Fragen interessiert waren.

Just im Jahr 680-681 fand das Dritte ökumenische Konzil statt. Man stritt sich heftig über den Monotheismus und die Dreifaltigkeit Gottes. Ursache hierfür war die Weigerung der Juden-Christen und der orientalischen Kirchen, die Gotteskindschaft Jesu anzuerkennen. Für sie war Jesus der gepriesen Sklave Gottes (arab. mohämmad abd-allah). Auf dem ganzen Konzil viel kein Wort über einen neuen Propheten oder eine neue Religion.

Nach islamischer Geschichtsschreibung regierte bis 680 der Kalif Muʿāwiya I. in Bagdad, das islamische Kalifat hatte also schon eine beträchtliche territoriale Ausdehnung. Die wichtigste Konferenz aller christlichen Bischöfe verliert ausgerechnet bei einer Diskussion über das Bild von Gott selbst kein Wort über eine neue, streng monotheistische Religion?

Muʿāwiya benutzte als Statthalter von Syrien, bevor er er Kalif wurde, christliche Symbole, obwohl er schon 630 zum Islam konvertiert war, wie die Muslime behaupten. Fakt ist, dass seine Inschriften christlich und nicht islamisch geprägt waren. Nur war eben einer jender strengen Monotheisten, die sich gegen das griechische Konzept der Trinität aussprachen. Er war ein arabisch-christlicher Herrscher.

Niemand wird wohl annehmen, dass eine neue Religion auf der anderen Seite des Bosporus nicht die Gemüter auf der Synoder erhitzt hätte! Warum tat sie es also nicht? Weil der Islam, wie wir ihn heute kennen, zu diesem Zeitpunkt eine christliche Glaubensgemeinschaft war, die Jesus Christus als Propheten und Mensch sah, nicht aber als Sohn Gottes, was die (orthodoxe) Amtskirche jedoch vehement vertrag und womit sie sich letztlich durchsetzte und die orientalischen Christen in Opposition zwang.

Nach der Festigung der arabischen Vorherrschaft über Persien und große Teile des ost-römischen Reichs, Ägypten und Nordafrika sowie die arabische Halbinsel sahen die arabischen Führer die Zeit als gekommen an, ihren aus dem Christentum entstandenen Glauben nunmehr mit einer Stifterfigur zu hinterlegen. Da kamen ihnen Münzprägungen mit MHMD (muhämmad) und die Inschrift im Felsendom "... mohämmad abd-allah ..." gerade Recht, eine Person "Mohammed" zu kreiren, die historisch so nicht greifbar ist. Alle Aufzeichnungen - inklusive des Koran selbst - waren bisher nur mündlich weitergegeben wurden (eine funktionsfähige arabische Hochsprache und Schrift gab es um das Jahr 622 noch gar nicht, man wählte für Aufzeichnungen das Aramäische, die Sprache Jesu.

Selbst die ältesten nachweißbaren Korane stammen aus dem 9. Jahrhundert, es existiert also kein einziger "harter" Beweis, dass es einen Propheten namens Mohammed überhaupt gegeben hat. Wahrscheinlich ist viel eher einer Abspaltung einer christlichen Sekte und spätere Legendenbildung durch die arabischen Herrscher der Abbasiden in Bagdad, die sich so legitimieren konnten, ohne auf die jüdisch-christliche Figur Jesus zurückgreifen zu müssen.

Inarah

war nicht Mohamed.. Mohamed wollte was anderes. Jesus wieder herstellen ins rechte Licht. Gelungen ist es ihm nur bei Wenigen. Und nicht bei jenen, die selbst Mohamed verdrehten.
 
Abteil 1

1. Vorbemerkung

Wer den Begriff muhammad anhand seiner Genese, Geschichte und Bedeutung untersuchen will, kann hierfür zunächst nicht den Koran, der ihn nur an vier Stellen erwähnt (vgl. hierzu u. Abschnitt 5) zur Grundlage nehmen. Zwar ist dieser nach muslimischer Tradition, seit dem 9. Jahrhundert, und auch nach Meinung der Mehrheit der Islamforscher schon zwischen 650 und 656 unter dem dritten Kalifen Osman zur heutigen Ganzschrift zusammengestellt worden; alle anderen Versionen wurden verboten. Doch stammen die ältesten Handschriften erst aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts, vielleicht reicht ein größeres Fragment, das in Sanaa gefunden wurde, in die erste Hälfte des 8. Jahrhunderts zurück. Diese Handschriften zeigen aber zumindest eines, dass sie nicht auf einen fertigen Codex zurückgreifen, der wohl erst bis zum 9. Jahrhundert allmählich entstanden ist.1

Auch neutestamentliche Handschriften z.B. liegen erst mit relativ großem Zeitabstand zu möglichen Autographen vor; sie sind aber in allen handschriftlichen Varianten textkritisch ediert, so dass die vermutlich ursprüngliche, jedenfalls älteste Textgestalt erarbeitet werden kann. Darüber hinaus können sie in Inhalt und Form, durch literarkritische, form- und traditionsgeschichtliche (usw.) Methoden zeitlich in ihrer Entstehung relativ genau eingeordnet werden. Dies ist bisher an koranischen Texten – wegen der a priori angenommenen mohammedschen Authentizität – so gut wie nie, außer der Zuordnung zu einer mekkanischen (drei Phasen) und einer medinischen Zeit, versucht worden und erweist sich auch als ungleich schwieriger als etwa bei dem Neuen Testament auf Grund der Eigentümlichkeiten der im Koran referierten Offenbarungen, die kaum regionale, zeitgeschichtliche, „biographische“ oder sonstige „kontextuelle“ Hinweise geben, wenn man die Texte selbst liest, ohne die Literatur des 9. Jahrhunderts zu Hilfe zu nehmen.

Zwar sind viele koranische Texte und Materialien, wie z.B. die Inschrift im Felsendom zeigt, durchaus älter als ihre spätere handschriftliche Dokumentation; aber wir kennen diese früheren Versionen nicht und wissen nicht, wie sie aussahen, welchen Umfang sie hatten, noch nicht einmal, in welcher Sprache sie ursprünglich vorlagen.

Die Berichte muslimischer Autoren, seit dem 9. Jahrhundert, von einer osmanischen Endredaktion müssen als literarischer Topos angesehen werden, mit dem Ziel, den Koran als sehr alt und möglichst nah an der Zeit des Propheten zu behaupten. Dieser Topos für das Zustandekommen heiliger Literatur war damals in Umlauf und wurde in ähnlicher Weise, hier im Rückgriff auf noch ältere Traditionen, von der Sammlung der zoroastrischen heiligen Schrift, Avesta, und der zugehörigen Gesetze und Kommentare, Zand, berichtet: Auf Befehl des Großkönigs sollten Avesta und Zand so zusammengestellt werden, wie Zoroaster seine Offenbarungen von (Gott) Ohrmazd erhalten hat. Seine Majestät, der König der Könige Ardasir I., folgte dann der religiösen Autorität an seinem Hof, Tansar, und wählte eine Version als kanonisch aus; die übrigen Versionen wurden aus dem Kanon ausgeschlossen. Später ließ Großkönig Sapur I. alle in Indien, im Byzantinischen Reich und anderen Ländern verbreiteten Schriften zu allen möglichen, im Zoroastrimus wichtigen Themen am Hof sammeln und fügte sie der Avesta hinzu.2

Versteht man die Berichte über eine osmanische Endredaktion – in Analogie zur Sammlung der zorastrischen heiligen Literatur – als literarischen Topos späterer Zeiten, muss also davon ausgegangen werden, dass die Ganzschrift des Koran ältere und jüngere Texte bietet, also ein Produkt länger dauernder Sammlungs- und Redaktionsprozesse ist, so dass seine einzelnen Texteinheiten zuallererst detailliert auf ihre mögliche zeitliche und somit auch traditionsgeschichtliche Zuordnung hin untersucht werden müssen. Deswegen soll im Folgenden der Weg des Begriffs muhammad zuallererst an Hand zeitgenössischer datierbarer und lokalisierbarer Zeugnisse untersucht werden. Hierfür kommen, wegen des Fehlens literarischer Quellen, ausschließlich Münzen und Inschriften der ersten beiden muslimischen Jahrhunderte in Frage.3 Mögliche christliche zeitgenössische Literatur wird in einem eigenen Abschnitt untersucht.4



2. muhammad als christologisches Prädikat

Der Begriff muhammad kommt in der zweiten Hälfte des 7. und in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts als Hoheitstitel Jesu auf Münzprägungen arabischer Herrscher und in Inschriften vor. Der christologische Würdename muhammad, nach späterem arabischem Verständnis „der zu Lobende/Preisende“ oder „der Gelobte/Gepriesene“, hat eine Vorgeschichte. Etwas später als der Begriff „Knecht Gottes“ (‚abdallah)findet sich zuerst, in persischer/syrischer Schrift, seit rund dem Jahr 40 H. (661 n.Chr.), MHMT auf Münzen im ostiranischen Raum.5 Dorthin waren (auch) Christen unter den Sassaniden seit 241 (Eroberung der Stadt Hatra), zunächst aus dem ostmesopotamischen Reich ‚Arabiya, später auch aus anderen Landesteilen bis hin nach Antiochien, verschleppt worden.6

Es gab anscheinend zwei Ursprungsregionen dieser Münzen, in denen unterschiedliche Konzepte vertreten wurden: Im Nordosten, im heutigen Turkmenien und Afghanistan, werden mit MHMT die Begriffe ‚abdallah und kalifat Allah verbunden; dieses Programm wird später von ‚Abd al-Malik, der aus Marv (Merv), weit nördlich von Herat, stammt, vertreten und auch durchgesetzt. Im Südosten, im Gebiet um Kirman (Kerman), östlich der Persis, wird laut persischer oder meist reichsaramäischer Erläuterung,MHMT als wali allah bezeichnet und mit dem Gesetz Gottes assoziiert.

Münzprägungen, die ein religiös-politisches Programm dokumentieren, setzen zweierlei voraus: erstens einen Herrscher, der das Recht oder die Macht zu diesen Münzprägungen hat, zum anderen eine oft schon – mindestens – Jahrzehnte lange religiös-politische Vorgeschichte, in der diese Vorstellungen, die dann auch der Herrscher internalisiert hatte, entwickelt wurden. ‚Abd al-Malik hat als erster, soweit bisher bekannt, MHMT-Münzen prägen lassen, auf dem Weg von Ost nach West.7 Im Osten aber, möglicherweise in seiner Heimatregion um Marv, muss dieses Konzept schon eine lange Tradition gehabt und das ganze Denken bestimmt haben, so dass es jedenfalls zeitlich weit hinter die Lebenszeit eines arabischen Propheten Mohammed zurückreicht. Die muhammad-Vorstellung, dies bezeugen die Münzprägungen seit dem Beginn der 60er Jahre des 7. Jahrhunderts, ist älter als der spätere arabische Prophet, dazu noch in einem ganz anderen Raum beheimatet, der nichts mit der arabischen Halbinsel zu tun hat.

Wenn in diesem Raum (auch) syrisch gesprochen (und nicht nur geschrieben) wurde, könnte MHMT als syrisches Wort mhmt (MHMT, mehmat) aufgefasst werden. Das auslautende „t“ bei MHMT – statt „d“(MHMD) – wäre dann auf eine Lautschreibung zurückzuführen8 und müsste mehmad („der Gepriesene“, „der Gelobte“) gelesen werden, in arabischer Aussprache des Syrischen mahmed (Machmed).

Nach Volker Popp wurden in dieser Region aber damals (vor allem?) Varianten des Mittelpersischen gesprochen. Dann könnte MHMT als syrisch geschriebenes Ideogramm für das dort überlieferte ugaritische „Fremdwort“ MHMD mit der Bedeutung „erwählt“, „der Erwählte“ aufgefasst werden und – mittelpersisch – mehmet/mahmat gesprochen worden sein.9 Mit zunehmender Arabisierung der Herrschaftsverhältnisse und damit der Prägeberechtigten wurde MHMT dann zu arabisch muhammadumgeschrieben, wie es zweisprachige Münzen aus dem Jahre 60 (681) – nebeneinander MHMT in Pehlevi und muhammad in Arabisch – dokumentieren.10 Seit den 60er Jahren H. (680er n.Chr.) gibt es dann beinahe ausschließlich den arabischen Begriff muhammad in arabischen Schriftzeichen auf Münzprägungen im ganzen syrischen Raum. Sobald die arabische Umschrift muhammad üblich wurde, konnte es die syrische und arabische Bedeutung von „der zu Lobende“ oder „der Gelobte“ annehmen.

Die ältere Variante Machmed scheint aber daneben noch längere Zeit gebraucht worden zu sein. Jedenfalls benutzt sie noch, in griechischer Schrift (Ma/med, Mamed), der christliche Theologe Johannes von Damaskus (gest. um 750?) in Westsyrien für den „Pseudopropheten“.11 Denkbar wäre darüber hinaus, dass die Arabisierung des MHMT auch zur Lesung ‚HMD, achmed/achmad führte. Diese Lesart könnte allerdings auch aus theologischen Gründen entstanden sein: Die Sira setzt Achmed (Sure 61,6) mitMohammed gleich. Von daher würde die Beobachtung Sprengers verständlich, dass es noch im 9. Jahrhundert einen Wechsel zwischen den Benennungen muhammad und (dem in etwa gleichbedeutenden) achmed gab: „Begreiflicherweise entstanden sehr früh Traditionen, welchen zufolge der Mutter des Propheten oder seinem Großvater in einem Traumgesicht schon vor seiner Geburt befohlen wurde, ihn Mohammad zu heißen. Allein in allen Traditionen, welche sich auf seinen Namen beziehen, finden wir ein Schwanken zwischen Ahmad und Mohammad.“12

Die arabische Bezeichnung muhammad setzt sich seit ‚Abd al-Malik im Gefolge der zunehmenden Arabisierung durch. Worauf schon die anfänglich eindeutige christliche Symbolik der Münzprägungen hinweist, die ein „islamisches“ Verständnis von machmed/muhammad verbietet, wird zur Gewissheit durch die Inschrift im Felsendom aus dem Jahr 72 (693) und die entsprechenden koranischen Materialien.13 Hier ist der Messias Jesus (Isa), der Sohn der Maria, muhammad, Knecht Gottes, Prophet, Gesandter, Logos und Geist Gottes. Zumindest bis in diese Zeit hinein, um 700, wahrscheinlich bis mindestens 750, ist vom muhammad Jesus die Rede.

Muhammad könnte, wie ausgeführt, in den Gebieten, die dem längst vergangenen phönikischen Hoheitsgebiet am nächsten lagen, als ugaritisches Fremdwort für „auserwählt“ u.ä. tradiert worden sein14. Ein solches Verständnis – Jesus ist der Erwählte – liegt vom biblischen Sprachgebrauch her nahe: Das Volk Israel betrachtete sich als das „auserwählte Volk“; so wird es auch noch in der Paulusrede in der Apostelgeschichte (Apg 13,17) genannt.15 Paulus nennt im Römerbrief (8,33) alle an Jesus Christus Glaubenden „erwählt“ (eklektós).16 Der „Gottesknecht“ wird bei Deuterojesaja von Gott als „mein Erwählter“, auf den er seinen Geist gelegt hat, bezeichnet (Jes 42,1; vgl. 49,7). Wohl in Analogie dazu nennt im Lukasevangelium (9,35), in der Verklärungsszene, die Stimme aus den Wolken Jesus den „auserwählten Sohn“ (eklelegménos; in Abwandlung der markinischen Vorlage [9,7], die auch Matthäus übernommen hat [17,6], in der Jesus als „geliebter Sohn“ bezeichnet wird). Mitglieder des Hohen Rats verspotten Jesus am Kreuz, anderen habe er geholfen, jetzt solle er sich selbst helfen, „wenn er der Messias Gottes, der Auserwählte (eklektós), ist“ (Lk 23,35). Versteht man also muhammad als „erwählt“, dann würde der Begriff eine wichtige biblische christologische Tradition aufgreifen.

Aber auch die andere Übertragung „gepriesen“, „hochgelobt“ o.ä., die auf das syrische und arabische Sprachverständnis zurückgreift, hat einen guten biblischen und christologischen Sinn. Psalm 118 sagt (V. 22) von dem Stein, den die Bauleute verworfen hatten, der dann zum Eckstein geworden ist: „Gepriesen (gesegnet) sei er, der da kommt im Namen des Herrn“ (V. 26). Dieser Lobpreis des Psalmisten wird im Neuen Testament auf Jesus bezogen: Beim Einzug Jesu in Jerusalem wird er ihm zugerufen (Markus 11,9:eulogäménos; ebenso in den Parallelen bei Matthäus 21,9 und Lukas 13,35). Der Hohepriester fragt Jesus in seinem Verhör vor dem Hohen Rat nach Markus (14,61.62): „Bist du der Messias, der Sohn des Hochgelobten (eulogätós)? Jesus sagte: Ich bin es.“ Jesus ist also der Sohn des Gepriesenen und selbst der Gepriesene, der da kommt im Namen des Herrn (im Sanctus der lateinischen Messliturgie: Benedictus qui venit in nomine domini), er ist der muhammad.

Eine dritte Verständnisvariante von muhammad, die A. Sprenger17 in Betracht zieht, kann für die frühen Zusammenhänge wohl ausgeschlossen werden. Er bezieht sich auf die Behauptung des Koranexegeten Ibn ‚Abbas, „daß Mohammad in der Tora genannt werde“. Sprenger meint, dass der Begriff im Arabischen zwar ‚preisen‘, ‚loben‘ bedeute, „aber in den verwandten Dialekten, mit denen auch das Arabische … in der syrischen Wüste gesprochen wurde …“, ‚wünschen‘, ‚ersehnen‘ heißen kann. Mohammed wäre dann der „Ersehnte“.18 Sprenger verweist auf Haggai 2,8 und Daniel 11,37, in denen der hebräische Begriff hemdah, im Sinne von ersehnt, benutzt wird. Er hält deswegen die „Behauptung des Ibn ‚Abbas, der Prophet werde im alten Testament unter dem Namen Mohammad vorhergesagt“, für „wenigstens zum Theil“ begründet.19 Allerdings ist diese auf die Koranexegese des 9. Jahrhunderts gestützte These im Kontext der frühen Verwendung von muhammad wohl auszuschließen.

Die ersten beiden möglichen Wurzeln des Begriffs muhammad sind sprachlich, sprachgeschichtlich und theologisch plausibel. Hält man sich an das später zunehmend dominierende arabische Sprachverständnis und an den Text der Inschrift im Felsendom, in der auf das Lob Gottes (mit demselben Wortstamm hamd) das Lob (muhammad) des Gottesknechtes folgt, ist in diesem (späteren) Kontext wohl die syrisch-arabische Bedeutung „gepriesen“, „gelobt“ anzunehmen.

In beiden Varianten aber stellt der Begriff eine christologische Prädikation dar, und zwar eine, die sowohl der judenchristlichen wie auch der gemein-semitischen, in diesem Fall also syrisch-arabischen Mentalität entspricht. In ihr wird die geschichtliche Gestalt Jesu, der gern als „Sohn der Maria“ bezeichnet wird20, in ihrer heilsgeschichtlichen Rolle gewürdigt. Noch deutlicher ist diese heilsgeschichtliche Auffassung bei Aphrahat (gest. nach 345), der Nizäa noch nicht kannte, formuliert, der von der „Prophetin Maria, … Gebärerin des großen Propheten“, spricht, womit Jesus gemeint ist.21 Dies ist ganz anders in den christologischen Prädikaten der hellenistisch geprägten Christologie, die Jesu Würde in naturalen Kategorien umschreibt: Jesus ist der (physische) Sohn Gottes, der inkarnierte Gott.22

Letztere Christologie wurde allerdings erst seit dem Konzil von Nizäa im Jahre 325 amtliche Doktrin in der griechischen (und so auch: lateinischen) Kirche. In der syrischen Kirche wurde Nizäa, also eine Zwei-Naturen-Lehre in der Christologie und eine binitarische (später auch trinitarische) Gottesauffassung, erst im Jahre 410 auf einer Synode in Seleukia-Ktesiphon akzeptiert und fand so allmählich Eingang in ihre Theologie.23 Diese Wandlung aber hat die (ehemals deportierten) syro-arabischen Christen im östlichen Perserreich nicht mehr erreicht; sie blieben bei ihrer syrisch-arabischen, vornizenischen Christologie, die sie auch im Inneren des Iran und später in Westsyrien beibehielten, nachdem sie – nach dem Ende der Sassanidenherrschaft – die Macht erringen konnten.

Somit entspricht muhammad der Würde Jesu, wie sie in der syrischen und syro-arabischen (vornizenischen) Christologie auf Münzprägungen, in der Inschrift des Felsendoms und im koranischen Material umschrieben wird: Jesus ist der Erwählte/Gepriesene (muhammad), der Messias (massiah), der Knecht Gottes (‚abdallah), der Prophet (nabi), der Gesandte (rasul), der Sachwalter Gottes (wali Allah),Logos und Geist Gottes.

Wie aber kam es dazu, dass im Lauf der Zeit aus dem muhammad Jesus der Prophet der Araber wurde?



3. Die Auflösung der Verbindung des christologischen Prädikats zu Jesus



3.1 Funktion und mögliches Missverständnis christologischer Prädikate

Christologische Prädikate dienen dazu, die Erfahrung von Gläubigen sprachlich zu artikulieren, dass durch Jesus ihre religiösen Fragen und Sinnhoffnungen – trotz in der Geschichte immer bleibender Defizienzerfahrungen – angestoßen und „gelöst“ sind. Er ist für die, die an ihn glauben, „der Heilsmittler.“ Deswegen wenden Christen auf Jesus superlativische Topoi an, die in ihrer religiösen und kulturellen Tradition als Heilsvorstellungen überliefert sind.24

Ob nun Jesus – in der „semitischen“ Tradition: heilsgeschichtlich – als der Messias, der Gesandte, dermuhammad usf., oder ob er – auf „griechische Weise“: in „seinshaften“ Begriffen – als physischer Sohn Gottes, als inkarniertes Wort Gottes o.ä. bezeichnet wird, immer spiegeln sich in den Prädikaten religiöse Ideal- und Hoffnungsvorstellungen, die notwendig in einem Kontrast zur „Armutsgestalt“ Jesu stehen. Von daher ist es religionspsychologisch verständlich, dass sie oft mehr faszinierten als Jesus selbst.

In der hellenistischen Christologie bestand die Gefahr, dass sich die Prädikate verselbständigten; an Jesus wurde dann vor allem der über die Erde wandelnde Gott wahrgenommen und der konkrete Mensch Jesus vernachlässigt. Auch in der judenchristlichen und in der syrisch-arabischen Christologie konnten die Hoheitstitel so faszinieren, dass die Gestalt Jesu zurücktrat. Dieser Prozess einer Interesseverlagerung auf die Würdenamen und ihre allmähliche Loslösung von ihrem geschichtlichen Katalysator Jesus, dem ursprünglichen Subjekt aller Prädikationen, lässt sich historisch verifizieren und nachweisen. Hierbei sollen im Mittelpunkt die Inschriften stehen, die von den jeweiligen Herrschern an den von ihnen errichteten Heiligtümern programmatisch angebracht wurden, so dass sie das offizielle religiöse Konzept erkennen lassen.
 
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Abteil 2

3.2 Die Zeit ‚Abd al-Maliks

In der programmatischen christologischen Inschrift im Innern des Felsendoms von Jerusalem aus dem Jahr 693 sind alle oben genannten Prädikate noch ausdrücklich mit Jesus, dem Sohn der Maria, verknüpft; für ihn wird der Segen Gottes erfleht. Eine Gottessohnschaft wird zurückgewiesen. Die der gleichen Zeit (72/693) zuzurechnende Inschrift an der Außenseite des Gebäudes bekennt den alleinigen Allah ohne Beigesellung und verwendet dieselben Hoheitstitel Gesandter, Prophet, muhammad, Knecht Gottes; eine Gottessohnschaft (Jesu) wird abgelehnt. Für den Gesandten Allahs wird der Segen Gottes erfleht. Aber der Name Isa oder der Begriff Messias werden nicht erwähnt, auf die gemäß der Polemik gegen die Gottessohnschaft und laut innerer Inschrift alles zu beziehen ist.25

Auch eine Inschrift auf einem Meilenstein aus der Nähe von Tiberias (83/704) bekennt den einzigen Gott – eine Teilhaberschaft für Gott wird abgelehnt – und muhammad, den Gesandten.26 Ebenso fehlt auf Münzprägungen, die von der Sache her ja sehr knapp und formelhaft die zentralen religiösen Vorstellungen des Prägeberechtigten wiedergeben, schon z.Zt. Mu’awiyas die Erwähnung Jesu. Dass sie sich auf Jesus bezogen, wird „nur“ noch in der christlichen Symbolik der Prägungen deutlich: in einem oder mehreren Kreuz(en), in der Darstellung eines christlichen Herrschers oder eines herrscherlichen oder apokalyptischen Jesus, des Hauptes Johannes‘ des Täufers, verbunden mit der Taube (Symbol der Taufe Jesu), u. ä. Auch noch in der frühen Zeit ‚Abd al-Maliks, als schon das arabische muhammad-Motto auf Münzen erscheint, trugen diese noch eindeutig christliche Symbole (Kreuze oder Darstellungen christlicher Herrscher).27

Danach aber treten diese leicht erkennbaren – wenn auch in der islamwissenschaftlichen Numismatik auf seltsame Weise fehlinterpretierten – christlichen Symbole bald zurück zu Gunsten eines neuen Zeichens: Steinpyramiden, die nach Art nabatäischer und syrischer Stelen stufenförmig aufgeschichtet sind. Was bedeutet dieses Steinsymbol?

Wir kennen nicht die theologischen Entwicklungen ‚Abd al-Maliks und seiner Berater. Wir sind auf indirekte Zeugnisse angewiesen. Einen wichtigen Hinweis zur Deutung gibt die Errichtung des Gebäudes, das ‚Abd al-Malik über dem Felsen auf dem Sionsberg errichten und mit den genannten Inschriften versehen ließ, den Felsendom. Dieser ist gemäß seiner christologischen Inschrift und auch seiner Architektur ein christliches Gebäude. Seine Platzierung hat ihre Motivation sowohl in jüdischen (Tempelberg sowie die mit ihm verbundenen Mythen [Grab Adams, Ort des Isaakopfers usf.]) wie in spezifisch christlichen Traditionen (Grabeskirche Jesu – in Opposition zur byzantinischen Grabeskirche in der Altstadt).28

Die zentrale Rolle Jerusalems schon in syrisch-christlichen Projektionen kann die vielleicht schon im 4. oder 5. Jahrhundert entstandene, in jedem Fall aber „vorislamische“ Syrische Danielapokalypse zeigen.29In der Endzeit ist alles auf Jerusalem konzentriert. Dort regiert schließlich der Antichrist, der von einem Engel getötet wird (syrDan 21-24). Auf dem Zionsberg ereignet sich die eschatologische Epiphanie Gottes (syrDan 26-29). Dann kommt Christus als mächtiger Krieger, der der Welt den Frieden bringt (syrDan 30-32) und ein Neues Jerusalem baut. Danach pilgern alle Völker zum Zionsberg (syrDan 38.39). Diese Tradition blieb über Jahrhunderte bestehen. Die Interessen für Jerusalem – damals das religiöse „Zentrum der Welt“ – „gipfelten am Ende des siebten Jahrhunderts in den Bau des Felsendoms auf dem Tempelplatz“, was „die heftigsten Emotionen bei den (richtiger: anderen, Verf.) Christen erregt(e), weil dieses Unternehmen als der Wiederaufbau des Tempels betrachtet werden konnte.“30

Die seltsamerweise bisher kaum diskutierte Frage aber bleibt, warum der Fels unter der Kuppel des Doms nicht planiert und ein Kirchenraum im üblichen Stil gebaut wurde, sondern der Eintretende mit dem blanken Felsen konfrontiert wird, der vom Gebäude eingefasst und überwölbt ist. Dies macht nur Sinn, wenn es gerade um dieses Felsgestein ging, das auf diese Weise programmatisch hervorgehoben wird. Diese zentrale Bedeutung des Felsens findet seine Entsprechung in den stufenförmigen und sich nach oben verjüngenden Steindarstellungen auf den Münzen ‚Abd al-Maliks bis hin nach Nordafrika. Auch Johannes Damascenus, der in seinem Buch gegen die Häresien als hundertste (christliche) Häresie die Ismaeliten und ihren Propheten Ma[ch]med nennt, berichtet, dass diese einen „Stein“ verehren31(was in keiner Weise etwas mit dem schwarzen Stein an der Kaaba zu tun hat).

Die Ersetzung der Kreuzesdarstellungen und vergleichbarer Symbole kann aber bei ‚Abd al-Malik keine Abwendung vom Christentum sein. Es bleibt nur, dass ein anderes christliches Programm – anders als das syrische, jakobitische und erst recht byzantinische Christentum – die Begründung der arabischen Kirche und ihres Reichs demonstrieren soll.

Um die hierbei wirksamen Raster zu erkennen, ist auf die biblische, vor allem alttestamentliche Tradition zurückzugreifen, deren Bilder und Erzählungen damals den Hintergrund aller religiösen Vorstellungen und programmatischen Aussagen bildeten. Wo kennt also die Bibel eine solche Funktion des „Steins“?

Die programmatische Bedeutung von Stein und Steinaufschüttungen greift offensichtlich – neben archaischen Traditionen (die auch schon im Alten Testament wirksam waren) – zurück auf alttestamentliche Vorstellungen, in denen wichtige Verträge durch heilige Steine, durch eine Steinsymbolik, garantiert werden: Gott verheißt Jakob im Traum reiche Nachkommenschaft, was als Zusage der Begründung des Volkes Israel verstanden wird (Gen 28,10-22). Jakob richtete daraufhin den Stein, auf dem sein Haupt im Schlaf gelegen hatte, auf als „Malstein“ oder „Denkstein“ (V. 18: Masseba,meist Bezeichnung einer Steinsäule) und nannte (V. 19) diese Stelle Beth-El, „Haus Gottes“. An einer weiteren Stelle, zur Bekräftigung seines Vertrages mit seinem Schwiegervater Laban, richtet Jakob einen Steinhaufen auf (Gen 31,45-48), den Laban (V. 47) Jegar-Sahadutha (aramäisch: „Haufen des Zeugnisses“) und Jakob Galed (hebräisch: „ein als Zeuge dienender Haufen“) nannte.32

Die christologische Vertiefung dieser Steinsymbolik könnte in der Rede vom Stein, den die Bauleute verworfen haben, der zum Eckstein wird (Psalm 118,22), gesehen werden. An Stelle eigener Ausführungen soll der syrische Theologe Aphrahat zur christologischen Bedeutung von Fels und Stein aus seinen „Unterweisungen“ angeführt werden: (Unterweisung 1,3) „Nun höre vom Glauben, der gestellt ist auf den Felsen, und vom Bauwerk, das aus dem Felsen emporragt …“33 … (1,6) „Ich komme nun zurück zu meiner vorherigen Behauptung, da ich gesagt habe, Christus sei Fels genannt worden von den Propheten. Denn von alters her hat David über ihn gesagt: ‚Der Stein, den die Bauleute verwarfen, wurde zum Haupt des Bauwerks‘ (Ps 118,22).“34 „ … der Stein, der Christus ist. Und wie sonst ist er zum Schlußstein des Bauwerks geworden, wenn nicht dadurch, daß er (als Schlußstein) auf dem Bauwerk der Völker aufragt und auf ihm (als Grundstein) ihr gesamtes Bauwerk aufragt?“35 Aphrahat führt weitere alttestamentliche Stellen mit (christologisch verstandener) Steinsymbolik an, z.B. Ezechiel 13,10 und 22,30, und vor allem Jesaja 28,16: „So spricht der Herr: Siehe, ich lege in Zion einen erlesenen Stein in einem kostbaren Winkel als Haupt(-stein) der Fundamentsmauer“, und fügt Matthäus 21,44 an: „Jeder, der an ihn glaubt, soll sich nicht fürchten; doch wer über den Stein zu Fall kommt, wird zerbrochen …“36. Dann führt er aus (Unterweisung 1,8): „Auch Daniel hat von diesem Stein, welcher Christus ist, gesprochen. Er hat nämlich gesagt: ‚Der Stein wurde aus dem Berg geschnitten, doch nicht von Menschenhand, und er zerschlug das Bild; erfüllt wurde von ihm die ganze Erde‘ (Dan 2,34f.)“. Weiterhin verweist er noch auf Sacharja 4,737 und vertieft die Bedeutung des Zitats (Unterweisung 1,9): „Im voraus hat er (Gott, Verf.) diesen Stein gedeutet und bezeichnet: ‚Auf diesem Stein öffne ich sieben Augen‘ (Sach 3,9)“, und: (Unterweisung 1,17) „Auch Simon, der Fels genannt wurde, wurde seines Glaubens wegen Fels genannt“ (Mt 16,18)38.

Diese Bibelexegese des Aphrahat liest sich wie ein Bildprogramm zum Bau des Felsendoms. Wie weit ‚Abd al-Malik mit den Schriften Aphrahats vertraut war, entzieht sich unserer Kenntnis. Aber man darf annehmen, dass eine syrisch-christliche Bildtheologie dieser Art, mit den Mitteln des Alten Testaments, seine Vorstellungswelt bestimmt hat. Die bedeutende Rolle alttestamentlicher Vorstellungen für die Konzeption ‚Abd al-Maliks wird auch sichtbar in den „Abbildungen von Tempelgeräten des Salomonischen Tempels“ auf den von ihm geprägten Münzen39.

Beide Symbolbereiche – Stein und Tempelgeräte – zeigen aber keine Rückkehr zum Judentum an, sondern sind für ‚Abd al-Malik Charakteristika seines arabischen Christentums.40 Dass es sich so verhielt, daran lässt die von ihm im Felsendom angebrachte Inschrift keinen Zweifel zu. Dennoch aber war diese Symbolik für die Benutzer der Münzen nicht mehr wie von selbst, vergleichbar etwa den vorherigen Kreuzesdarstellungen, als christlich zu erkennen. Dieses Unverständnis lässt sich an der Bemerkung des Johannes von Damaskus über die Steinverehrung der Ismaeliten ablesen; er hatte nicht verstanden, um was es hierbei ging. Das hatte zur Folge, dass die auf den Münzen, und wohl auch in der religiösen Vorstellungswelt, gebräuchlichen Titulaturen, allen voran muhammad, nicht mehr immer anschaulich in ihrem Bezug zu Jesus wahrgenommen wurden.



3.3 Die Zeit al-Walids

Der Nachfolger ‚Abd al-Maliks, al-Walid, hatte die auf Jerusalem bezogenen apokalyptischen Vorstellungen seines Vaters aufgegeben und baute das schon von Mu’awiya geschätzte Heiligtum Johannes‘ des Täufers in Damaskus, den haram, an dem das Haupt des Täufers aufbewahrt war, aus.41 Damaskus liegt im äußersten Norden des alten („arabischen“) Nabatäerreichs. Der Inbesitznahme dieser Tradition durch das Johannesheiligtum im Norden entsprach der 49 Jahre später folgende Bau eines Heiligtums im Süden dieses Gebiets, in Medina. An beiden Gebäuden finden sich Inschriften, die das religiöse und politische Programm der Herrscher dokumentieren und sich formal und begrifflich an die Inschriften im und am Felsendom anlehnen. An dieser Stelle sollen nicht die gesamten Texte interpretiert werden; es geht ausschließlich um die formale Analogie zu den Inschriften am Felsendom und die referierten Hoheitstitel.

Die im „Jahr der Araber“ 86/87 (707/708) erbaute „Omaiyadenmoschee“ in Damaskus war sicherlich ein christliches Bauwerk. Für den Neubau wurde die vorher dort befindliche Kirche ganz oder teilweise abgerissen. An der „Moschee“ ließ al-Walid eine programmatische Inschrift anbringen.42

Zu Beginn verzichtet al-Walid auf das religiöse Eiferertum seines Vaters und erklärt – gemäß konventioneller und dem heutigen Arabisch entsprechender Übersetzung -, dass es in Angelegenheiten des din keinen Zwang gebe und der rechte von dem falschen Weg fürderhin unterschieden sei. Christoph Luxenberg übersetzt – nach damaligem Sprachgebrauch -: Das Wahre/Richtige/Rechte (din)könne nicht geleugnet werden, der rechte sei vom falschen Weg (in der Schrift) unterschieden. Im letzteren Fall passen auch die beiden Satzteile besser zusammen.

Dann werden die Einzigkeit Gottes ohne Teilhaberschaft und die Einheit der Gemeinschaft bekannt; im Folgenden heißt es: „Unser Prophet ist gepriesen/erwählt (muhammad). Gott möge sich ihm zuneigen und ihn segnen.“ Dieser Segenswunsch entspricht der Vorgabe des Textes im Innern und an der Außenwand des Felsendoms. Es folgt die Aussage, dass al-Walid, der Knecht Gottes, das Heiligtum gebaut und die vorherige Kirche (teilweise?) abgerissen habe.

Obwohl die wenigen Hoheitstitel (rasul und muhammad), wie die Ablehnung einer Teilhaberschaft für Allah und der „zitierte“ Segenswunsch zeigen, auf Jesus bezogen sind, wird „der Messias Jesus, der Sohn der Maria“, nicht wie im Felsendom ausdrücklich erwähnt. Ganz im Vordergrund steht die Titulatur, vergleichbar einem religiösen herrscherlichen Protokoll. Al-Walid nennt sich, wie auch schon sein Vater auf einem Meilenstein bei Tiberias und auf Münzen, „Knecht Gottes“.


3.4 Das Heiligtum in Medina

Diese Tendenz lässt sich ebenso an der Inschrift am Heiligtum in Medina ablesen.43 Dieses wurde im Jahr 135 (756) errichtet, also schon nach Beginn der Abbasidenzeit. Allerdings hat man die ersten Jahrzehnte nach dem Ende der Omaiyadendynastie wohl als eine Übergangszeit anzusehen, in der die tradierten religiösen Vorstellungen und Formeln noch beibehalten und durch rechtliche Regelungen im Sinn der östlichen, mesopotamischen Araber, die stark von persischen Einflüssen geprägt waren, ergänzt wurden.44

Nach einem Bekenntnis zu einem Monotheismus ohne Teilhaberschaft folgt eine Bekräftigung der „richtigen“ Christologie durch Wiederholung christologischer Würdenamen, wie sie schon die Inschriften am Felsendom und, auf zweie beschränkt, das Omaiyadenheiligtum in Damaskus bieten. An Hoheitstiteln finden sich: muhammad, rasul und (über Damaskus hinaus) auch ‚abdallah. Auch hier schließt sich der Segenswunsch für den Gesandten an wie in Jerusalem und Damaskus. Anders als imFelsendom, aber ebenso wie an seiner Außenwand und in Damaskus, fehlt die Nennung des Messias Jesus, Sohn der Maria. Der für die Inschrift Anordnungsbefugte nennt nicht seinen eigenen Namen, wohl aber seinen Titel, wozu auch ‚abdallah gehört.

Zu fragen ist, ob in dieser Inschrift schon der Islam als eigene, neue Religion gemeint ist oder noch von einem Fortwirken christlicher Vorstellungen, die jetzt aber radikale Züge annehmen (Betonung von Befehl und Gehorsam, Dominanz der eigenen Glaubensrichtung), anzusehen ist, ebenso, was genauer unter Kitab allah (Schrift Gottes) und Sunna des Propheten zu verstehen ist.45

Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass Jesus gemeint ist – und somit Christentum vorliegt -, solange ‚abdallah, Knecht Gottes, als Titel (nicht nur mit dem Herrscher, sondern) mit muhammad verbunden und noch nicht einfach zum Namen des Vaters des Propheten geworden ist: Mohammed, Sohn des Abdallah. „Von der Vorstellung Mohammeds als des Propheten der Araber kann erst die Rede sein, wenn in Zusammenhang mit ihm in Inschriften die Bezeichnung ‚Gottesknecht‘ nicht mehr verwandt wird.“46

Vor allem aber gibt es theologische Gründe: Die offensichtliche formale Kohärenz der vier Inschriften, die analog aufgebaut sind, zeigt, dass sie ein vergleichbares Programm dokumentieren, von Jerusalem bis Medina; es geht um die Gotteslehre und die Christologie. Die vier Inschriften, innen und außen am Felsendom, in Damaskus und Medina, verkünden das religiös-politische Programm der jeweiligen Herrscher. In allen wird das Bekenntnis zu Allah verknüpft mit der Ablehnung einer Teilhaberschaft oder des Gottessohnprädikats (Jesu), darauf folgen die von den Herrschern gewünschten oder vorgeschriebenen heilsgeschichtlichen christologischen Prädikate muhammad, ‚abdallah, rasul usf., die laut innerer Inschrift im Felsendom ausdrücklich auf den Messias Jesus, den Sohn der Maria, anzuwenden sind, in den drei anderen Inschriften ebenso, obwohl er nicht namentlich genannt wird. Immer folgt eine Bitte um den Segen Gottes für ihn.

So wie muhammad und andere Begriffe dem Gedanken einer Teilhaberschaft Gottes oder einer Gottessohnschaft gegenüber gestellt werden, handelt es sich bei ihnen um ein theologisches und christologisches Programm, um die „richtige“ Gottesauffassung und Christologie. Welche Notwendigkeit hätte denn, wenn nicht Jesus gemeint gewesen wäre, bestanden, das Bekenntnis zum arabischen Propheten Mohammed der Teilhaberschaft für Gott oder der Gottessohnschaft, beides Beeinträchtigungen eines undifferenzierten Monotheismus (Monarchianismus)47, zu kontrastieren? Die Gefahr einer binitarischen und trinitarischen Komplizierung des Monotheismus gab es nur im vom Hellenismus geprägten Christentum, und die arabischen Christen lehnten diese Entwicklung, die seit der Synode von Seleukia-Ktesiphon auch im ostsyrischen Raum eingetreten war, ab. So erscheint in diesen Kontexten muhammad, neben anderen Titulaturen, als Würdename, der eine Zwei-Naturen-Christologie und eine Binität (Trinität) ausdrücklich nicht zulässt, ganz im Sinn einer syrisch-arabischen „vornizenischen“ Konzeption.

Vielleicht bietet die Inschrift in Medina zum letzten Mal muhammad als (christologisches) Prädikat. Aber der konkrete Bezug zu Jesus scheint beinahe gänzlich hinter den Titulaturen zurückgetreten zu sein. Die Verknüpfung von muhammad mit den neuen Vorstellungen eines arabischen Propheten war dadurch möglich geworden.

Dieses Zurücktreten Jesu hinter die Prädikate könnte auch damit zusammen hängen, dass jetzt der persische Einfluss, der auch schon in den Anfängen der koranischen Bewegung eine Rolle spielte, neuerlich stärker wurde; dies zeigen schon die Inschrift in Medina und erst recht die Entwicklungen im und seit dem späteren 8. Jahrhundert.48 Es scheint so zu sein, dass das persische Christentum stärker theokratisch und ordnungssystematisch war als das syrische, und der Platz Jesu hierbei an Interesse verlor; Hand in Hand mit dem Zurücktreten der syrischen Prägung könnte auch die Gestalt Jesu in den Hintergrund oder aus dem Blickfeld geschwunden sein.
 
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