CO(S)MIC DREAMS oder KO(S)MISCHE TRÄUME

Gitta lernt. Sie lernt mit dem Ding umzugehen. Sie lernt tippen und sie lernt sich während des Tippens zu erinnern. Nach und nach kommt alles zurück. Die Geschichte Buddhis Eltern, die der Großvater (Ernst) sehr oft erzählte. Sie handelte von einem kleinen, dicken Mann, der ihm half, aus einer Wüste zurück nach Hause zu finden. Gitta erinnerte sich an die Geschwister ihrer Mutter, als noch alle in ein und dem selben Haus lebten. Das Haus wurde zum Hochhaus, da die Generationen zusammen blieben. Gitta erinnerte sich (laut Erzählungen) an die Mutter (eine unfreundliche Frau, die alle und alles hasste) und den Bruder (ein netter und liebevoller Onkel) ihres Vaters. Vor allem an den Bruder, der eine blaue Haut hatte.

„Das ist doch verrückt! Ich habe keinen Bruder, - schon gar keinen blauen Bruder. Ich habe – hatte eine Schwester und die ist schon lange tot. Genauso wie meine Eltern, die drüben am Waldrand ein kleines Häuschen hatten. Deine Mutter und ich haben uns dieses Haus hart erarbeitet. Aber wir wunden belohnt. Wir haben viel Geld gewonnen“, empört sich Andre, als er aus Gittas noch unfertigen Buch auf dem Computerbildschirm las.

„Wir sind auch nicht so viele Kinder. Gitta, du hast nur zwei Schwestern“, erklärt Suny, „Lore und mich. Und du hast nur drei Brüder. Wir sind schon sehr viele, aber so viele Kinder, über die du geschrieben hast, wären Wahnsinn. Heutzutage kann man nicht so viele Kinder ernähren.“

„Die Welt hat sich verändert“, murmelt Gitta.

Sie bittet alle wieder hinaus und schreibt weiter. Alle Erinnerungen kommen zurück, sogar jene, als sie und Buddhi aufbrechen, um Tod zu suchen. Der beschwerliche Weg, das Regenwetter – all das ist noch da. Aber plötzlich brechen die Erinnerungen ab. Irgendwo wird die Schlucht zu eng und ihre Mutter muss umkehren. Nur Gitta geht weiter, weil sie sich mit ihrem zarten Mädchenkörper durchzwängen kann. Dann ist Schluss mit Erinnerungen.

Arima, Sila – diese Namen sagen ihr zwar etwas, weil der Großvater von ihnen gesprochen hat und auch ihr Vater, aber nicht dieser Vater hier, der gar keinen blauen Bruder hat, sondern der andere Vater, der aus einer anderen Welt. Irgendetwas, so fühlte Gitta, hat die Welt verändert. Aber was?



„Ob es der schwarze Stein war?“ fragt Sila, als sie und Arima es sich in einem der Pavillons bequem machen.

„Kann ich mir kaum vorstellen. Die Veränderung begann schon viel früher, als sich die Ebenen verschoben haben. Gittas Welt ist ganz einfach eine andere geworden und sie muss sich darin zurechtfinden.“

„So einfach machst du es dir?“ schimpft Sila und flechtet sich einen weiteren Zopf in ihr (diesmal!) knallrotes Haar, in dem sie ein weiteres buntes Band mit einflechtet.

„Was soll ich denn machen? In ihre Welt gehen und sie verunsichern? Außerdem würde man mir genauso glauben wie Gitta.“

„Du mit deiner gewaltigen Ausstrahlung würdest alles glaubhaft machen, Arima“, schmeichelt Sila und der Schöne dreht seine schönen Augen seufzend über.

„Wir können nichts verändern und wir können die Welt der Menschenwesen nicht aufhalten, - genauso wenig wie wir es im alten Universum schafften. Damals lebten sie mit Wesen zusammen, die sie später Fabelwesen nannten. Sie haben jetzt wie damals ihre eigentliche Wahrnehmung verloren, also erfinden sie ihre eigene Welt selbst, Sila. Natürlich nicht sie, aber ihr Geistaspekt, den ich früher menschliche Bewusstseinsblase nannte. Blase deshalb, weil etwas begrenzt wurde. Um das Ganze wieder wahrzunehmen, mussten sie die Blase durchbrechen – natürlich symbolisch gemeint und...“

„Geistaspekt? Was soll das denn sein?“ unterbricht Sila,

„Das ist der Teil, der das Schicksal der Menschenwesen beabsichtigt.“

„Du meinst, das Schicksal der Menschenwesen ist bereits vorbestimmt und nichts lässt sich daran ändern?“

„Genau das meine ich“, antwortet Arima. „Klar könnte man kleine Einzelheiten ändern. So kleine Seitentürchen stehen immer offen. Aber im großen und ganzen ist alles vorbestimmt. Und das, meine Liebe, solltest du schon wissen. Auch wir sind nicht mehr die, die wir sein sollten. Über uns schwebt dasselbe Damoklesschwert wie über alle anderen Lebewesen auch. Keiner von uns weiß, wann und warum es herabfällt und uns erschlägt, dass es aber irgendwann fällt, ist sicher. Verstehst du?“

„Kein Wort, Arima!“

„Zuerst war der Geist, der eins mit der Quelle ist und nicht verschieden von ihr, weil sie ihn erschaffen hat. Ein Teil dieses Geistes begann zu träumen und schon segelte ein Schiff durch das stille Meer, legte an und seine beiden Steuermänner – sorry, es hätten auch Steuerfrauen sein können...“

„Warum waren es keine Frauen? Ach, Mann! Arima! Du machst mich wahnsinnig! Ja, diese Geschichte kenne ich doch auch. Jedesmal wenn das Schiff anlegt, verändert sich etwas in der materiellen Welt.“

„Und warum gibt es die materielle Welt?“

„Wie du es so schön umschrieben hast – weil ein Teil des Geistes zu träumen begann und das war schon im letzten Universum so. Das war die Teilung, die niemals hätte stattfinden sollen. Die Föten trennten sich von ihrer Mutter. Sie wollten heraus und die Föten waren wir. Dann kam erst das Schiff, auf dem ein alter Mann und ein kleiner Junge ihr Unwesen treiben.“

„Das sind alles Umschreibungen, Sila. Wir erinnern uns zwar etwas besser als Gitta, aber im Grunde genommen stehen wir genauso im Regen wie sie. Und warum?“

„Weil alles bereits bestimmt wurde.“

„Nein“, sagt Arima. „Weil nie etwas geschehen ist.“


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Stopp, stopp, stopp! Halt! „Timeout“! Linker Unterarm hoch, rechter Arm Querbalken. Kennt man doch, wenn die Spieler Mist gebaut haben und der Trainer eine Unterhaltung sucht. Welche Unterhaltung suche ich? Mit wem? Mit mir selbst. Über den Schwachsinn, den ich verzapfe.

Nichts ist geschehen. Wir sind Träume. Projektionen. Unser wahres Ich ist in der Quelle, wie sie (die Quelle) es aus sich selbst heraus erschaffen hat. Aber es träumt und muss langsam und sanft geweckt werden. Sagt auch der Kurs (in Wundern). Glaube ich es? Ich möchte es glauben. Heißt aber nicht, dass ich es glaube.

Diese Wiederholungen müssen sein. Immerhin geht es um meine Gedanken, die sich ins Bewusstsein fressen sollen und sich schließlich in Erkenntnis umwandeln. Selbsthypnose oder Selbstgedankenkontrolle oder Selbstmanipulation oder wie auch immer. Nicht mal das funktioniert. Warum nicht? Weil ich glaube, dass der Mensch nicht so wichtig ist. Vor allem nicht wichtiger als alle anderen Lebewesen. Nicht wichtiger als ein Staubkorn. Kann es sich trotzdem um einen Traum handeln? Lagen die alten Inder so falsch, als sie erkannten, dass die Welt nichts als Illusion ist?

Denke ich an den Traum, so sind wir nichts als Traumgespinste und deshalb verschieden vom Träumer. Wir sind nicht der Träumer. Wir sind der Traum, die Traumfiguren. Wir alle. Jeder einzelne von uns. Als Traum verpuffen wir zum Nichts, wenn der Träumer erwacht. Oder sieht das jemand anders?

Wenn ich nachts träume, - sagen wir, ich sitze unter einem Apfelbaum und warte, bis mir ein Apfel in den Mund fällt. Der Apfel, den ich mit meinen Traumaugen visiere, ist mein Traumgespinst. Wenn ich erwache, gibt es den Apfel nicht mehr. Mich, den Träumer (Träumerin!) gibt es noch immer.

Moment! Wir sind nicht so wichtig, schrieb ich. Und wenn wir nicht so wichtig sind, ist es unser Leben auch nicht, das ohnehin nie perfekt ist und es auch nie sein kann, denn wir leben in einer dualen Welt, wo es immer zwei und mitunter auch mehrere Seiten gibt. Nur in der Quelle herrscht ständige EINheit.

Das Traumgeschehen ist genauso unwichtig wie die Traumfiguren. Ist das der Schlüssel? Wohl kaum. Ich kann auch sagen, dass sich der Träumer mit allem, was er träumt identifiziert und dabei vergisst, dass er träumt. Aber das sagt nicht aus, dass wir alle mit dem Träumer erwachen könnten. Ich bin nur ich, wie ich mich wahrnehme, aber niemand anderer gleichzeitig. Ich weiß nicht, was andere denken. Anderen geht es vermutlich ebenso. Wir sind einzelne Wesen, während der Träumer – so kann man doch sagen – das Ganze ist, - als Ganzes nicht nur die Erde oder nur unser Sonnensystem, sondern das gesamte Universum und vielleicht auch noch unzählige Paralleluniversen.

So gesehen komme ich zu dem Punkt, dass ich nie gewesen bin, wenn der Träumer erwacht und wieder eins mit der Quelle ist. Es ist nie etwas geschehen. Nicht gerade ermutigend, oder? Zumindest nicht für das Ego, das sich so gerne aufbläht und wichtig nimmt. Lass es ruhig werden und lass Gott für dich handeln.

Was passiert, wenn man loslässt und Gott für dich übernimmt“ - basierend auf den Erfahrungen eines Studenten von ein Kurs in Wundern.

Mal sehen, was dieses Buch (von Nick Arandes) mir sagen kann, - ob es das Geheimnis des Träumers und des Geträumten aufdecken kann. Der Träumer das wahre Selbst und der Geträumte das Ego. Wohl kaum wird ein Buch die Wahrheit aufdecken, wenn du die Wahrheit nicht in dir selbst erkennst. Außerdem lässt sich die Wahrheit mit nichts auf (in) dieser Welt vergleichen. Unbeschreiblich. Man soll es also gar nicht versuchen. Hirnwixerei – sonst gar nichts. Dennoch - „Timeout“ war jetzt notwendig und neugierig auf das Buch bin ich auch.


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Gitta wurde angeklagt wegen Realitätsverweigerung oder viel mehr wegen Realitätsverlust. Es war nicht nur wegen ihres Buches, das wie eine Rakete im gesamten Land einschlug, es war vorwiegend wegen des Satzes, den sie bei jedem Vortrag von sich gab: „Ich glaube, ich bin im falschen Film.“ Einige wenige meinten: „Sind wir das nicht alle?“ und einer schrie sogar: „Man sollte den Regisseur verhaften!“

Die Welt, vor allem die Menschenwesenwelt, war verrückt geworden. Es gab Gesetze, da standen einem die Haare zu Berge: Realitätsverlust! Hungersucht! Man durfte vor sieben Uhr nicht auf die Toilette gehen. Darauf stand sogar die Todesstrafe. Und wenn einer den anderen um die Ecke bringen wollte und es sogar tat, gab es höchstens zwei Tage im Knast und Diebstahl wurde überhaupt nicht berücksichtigt. Man muss halt seine Türen ordentlich absperren und seine Habseligkeiten in Sicherheit bringen. Aber in dem Haus, in das die Verrückten gesperrt wurden, lebten die wahren Menschenwesen, jene, die diese Welt regieren sollten, in Gummizellen. Es war kaum anders als in der alten Menschenwelt des alten Universums.



Gitta war tatsächlich im falschen Universum. Es gab sie! Es gab diese sagenumwobenen Paralleluniversen! Es gab tausende von ihnen! Was sage, schreibe ich denn da – es gab Millionen davon und jede unterschied sich von der anderen ein wenig mehr. Gitta war also auf (in?) dem falschen Baum gelandet.



Man muss sich das mal vorstellen, - schwebende Bäume, samt Wurzeln und allem drum und dran im leeren Raum. Welch Phantasie doch der Träumer hat, - dieser winzigste Aspekt des Geistes, der größer sein möchte als die Quelle, aus der er eigentlich kam. Geister wachsen nicht wie Lebewesen, die geboren werden. Geister wurden nie geboren. Sie waren immer. Sie sind eigentlich das, was die Quelle ausmachen. Nicht schon wieder diese Hirngespinste!



Okay, - auf jeden Fall haben Arima, Buddhie und auch Sila (Buddhie kam aufgeregt in den Bungalow, in dem sich Arima und Sila bequem unterhielten und sagte, sie fühle, dass ihre Tochter im falschen Film sei – ja, sie sagte tatsächlich: im falschen Film) bemerkt, was Sache ist.

„Was können wir tun?“ fragt Buddhie genervt.

„Sollen wir überhaupt was tun? Probleme wird es immer geben. Ist das eine gelöst, kommt das andere. So ist es nun mal im materiellen Universum“, meint Sila.

„Aber die Hände in den Schoß legen, kommt auch nicht in Frage, - auch wenn wir wissen, dass nichts passiert und nie etwas passiert ist“, leiert Arima herunter.

„Jetzt hört mir mit diesem Schwachsinn von Traum und nie ist etwas passiert auf!“ schimpft Buddhie. „Meine Tochter ist traurig und verwirrt und das lasse ich nicht zu. Also tut etwas dagegen, denn ihr habt ihr das eingebrockt.“

Sila grinst und deutet mit dem Zeigefinger auf Arima. „Ich nicht. Er war's!“

„Sie hat eine Aufgabe und die kann und darf sie erfüllen. Oder glaubt hier jemand, dass der Traum bald zu Ende ist?“, fragt Arima in die kleine Runde. „Selbst wenn alle wissen, dass sie nur Träume eines Träumers sind oder wie immer man dieses Phänomen, das es nie gab und nie geben wird und auch nicht gibt, nennen mag – so heißt das nicht, dass die Welt von heute auf morgen verschwindet. Selbst dann nicht, obwohl sie gar nicht da ist.“



Ich muss noch immer an diese verrückte Erkenntnis letztens denken, als ich schrieb, dass wir nicht wichtig sind und auch unser Leben nicht wichtig ist. Unser Leben! Das, was wir er-leben meine ich damit. Das, was uns Freude und Angst zugleich macht. Das, was uns lieben und hassen lässt. Dieses Nichts, an das wir uns so sehr klammern und glauben, wir sind genau das.

Ich denke auch daran, dass ich letztens schrieb, dass man nichts mit diesem Phänomen, das es nie gab und nie geben wird und auch nicht gibt, wie Arima vorhin sagte, vergleichen kann. Man kann es nennen wie man will: Traum, Illusion, Maya oder eben anders, aber es ist nie das, was es ist, nämlich nichts. Man kann es beschreiben wie man will, - immer ist es nichts. Buchstäblich nichts. Und doch nehmen wir uns als körperliche Wesen wahr. Eine Fehlwahrnehmung. Das ist der wahre Realitätsverlust, aber kaum jemand würde das glauben. Ich auch nicht. Dennoch ist der Gedanke, wie ich finde, schön und erklärt, warum diese Welt so beschissen sein kann. Weil es sie gar nicht gibt.

Mir fällt auch ein Spruch (mein absoluter Lieblingsspruch!) aus Florindas(Donner-Grau – eine „Mitzauberin“ von Freund Carlos) Buch „Traumwache“ ein, den ich immer besser verstehe: „Der Preis der Freiheit ist sehr hoch. Freiheit kann nur durch das Träumen ohne Hoffnung erreicht werden, nur wenn du willens bist, alles zu verlieren, selbst den Traum. Für manche von uns ist das Träumen ohne Hoffnung, der Kampf ohne Ziel der einzige Weg, mit dem Vogel der Freiheit Schritt zu halten.“ Auch den „Zauberern“ (Brujos) um Don Juan ging es darum, das Ego an seinen wahren Platz – ins Nichts – zu scheuen, um zum wahren Selbst vorzudringen. Für Freund Carlos war es wie den Verstand zu verlieren, bis er erkannte. Was erkannte?



Das, was auch Gitta erkennt. „Wir leben in einer verrückten Welt mit Verrückten, Vater. Dagegen kannst du nichts tun“, sagt sie, als man sie zu mehreren Jahren in einer Gummizelle verurteilt.

„Ich hol dich da raus!“ verspricht der Vater und auch die Geschwister nicken eifrig, als sie Gitta das letzte Mal umarmen, bevor man sie aus dem Gerichtssaal in Gewahrsam bringt.


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In hundert Jahren ist alles vorbei. Oder doch „Hundert Jahre Einsamkeit“ (ein schönes Buch von Gabriel Garcìa Màrquez)? Getrennt vom Ganzen ergibt Einsamkeit. Aber bleiben wir am (auf dem) Teppich. Auf dem fliegenden Teppich, der sich in Gittas Gummizelle befindet. Niemand anderer sieht ihn – kann ihn sehen.

Die Menschenwesen dieser Welt haben ihren sechsten Sinn verloren, den es damals noch gab, als Arima als dicker, kleiner Mann Ernst nach Hause geführt hat. Sie sehen nur gewöhnliche Teppiche, die am Boden liegen oder haften. Diese Staubfänger, die Allergiker quälen. Heute gibt es eh nur mehr Parkettböden oder Laminat oder Kork oder ähnliches. Gittas Boden federt. Er ist aus Gummi, wie wie Wände.



Wie kam der fliegende Teppich in die Zelle? Jemand brachte ihn. Dieser Jemand wurde auch nur von Gitta gesehen.

„Du erinnerst dich vielleicht nicht an mich, aber ich war es, der dich in diese Lage brachte“, sagte der Jemand, der wie aus dem Nichts urplötzlich in der Zelle erschien und einen zusammengerollten Teppich unter dem rechten Arm hielt, den er langsam ausbreitete und auf den Gummiboden legte. „Das ist ein fliegender Teppich, den nur du sehen kannst“, sprach der Jemand weiter. „Er bringt dich in andere Welten und hoffentlich in die richtige Welt, denn hier kannst du nichts mehr ausrichten. Hier ist alles zu spät, denn die Menschenwesen hier haben all ihre Magie verloren.“

„Und wie weiß ich, welche die richtige Welt ist?“ fragte Gitta ohne Scheu.

„Ganz einfach: Indem du dich auf den Teppich hockst und sagst: Bring mich in die richtige Welt.“



In hundert Jahren ist alles vorbei. Kann dies ein tröstlicher Satz sein, wenn alles zusammenbricht? Man erinnert sich an Alexis Sorbas, der in schallendes Gelächter ausbrach, als alles zusammenbrach. Er sah die Schönheit im Zusammenbruch. Als Dank dafür tanzte er Sirtaki.

Nimm das Leben nicht ernst, auch wenn es dir im Moment ernst (dramatisch, tragisch, traurig) erscheint. Kann man das so sagen? Und – worauf will ich hinaus, wenn Gitta doch eine Art Rettung bekam? Auf die (mögliche) Illusion dieser Welt, all dieser Leben. Man muss gar nicht so weit gehen. Man braucht sich nur zu sagen, welche Taten in hundert Jahren auch noch Sinn ergeben? Ein Medikament, das schwere Krankheiten ausgerottet hat? Glaubt nur das nicht, denn es kommen andere Krankheiten, neue Krankheiten nach. Und den Tod in Pension schicken macht auch keinen Sinn. Unsterblichkeit wäre ein noch größerer Fluch als immer wieder geboren zu werden. Es geht um Selbstfindung. Das ist das einzige, was zählt und ewigen Sinn macht, auch wenn es auf den ersten Blick egoistisch erscheint.

Realitätsverlust wäre, wenn wir vor einem Unglück stehen, das uns persönlich betrifft und wir sagen: „Ist alles nicht wahr. Es ist nie etwas geschehen.“ Man würde uns auf der Stelle, wie Gitta, in eine Gummizelle stecken. Aber es geht vorbei. Die Zeit heilt sicher nicht alle Wunden, denn sie bringt neue, aber sie ändert sich. Die Achterbahnfahrt des Lebens. Auf und ab. Bei manchen sind es mehr Abs als Aufs. Aber Gleichbleibend ist nie etwas. Gleichbleibend ist nur die Quelle.

Jetzt komm schon! Bringt schon deine Gedanken raus! Es ist schwer, diese Tiefe zu erklären, die man fühlt und genauso rüberbringen möchte. Es geht nicht – kann nicht gehen. Die Trennwände sind zu dick. Es lässt sich einfach nicht so sagen, schreiben, wie ich gerne möchte. Aber vielleicht sagen es doch diese Worte am besten: In hundert Jahren ist alles vorbei.



Gittas Trennwände sind es ebenso dick, denn sie hockt auf dem Teppich und weint. Gitta weint um sich selbst. Das ist etwas, was man überhaupt nicht tun soll und sofort hinterfragen muss. Wieso weine ich um mich? Gitta hört die innere Stimme und ich denke an Don Juans Mitzauberer, die es gar nicht gerne sahen, wenn sich ein Schüler selbst bemitleidete.

Das Selbstmitleid ist einer unserer schlimmsten Feinde, auch wenn es schlimmere gibt, nämlich die Angst, die Klarheit, die Macht und das Alter. Angst, Klarheit und Macht lassen sich überwinden, nicht aber das Alter. Seine Wirkung lässt sich aufschieben, aber nie lässt es sich überwinden. So schrieb Freund Carlos (Castaneda). Wir aber wollen die Welt überwinden und nach Hause zurück kehren.

Gitta will das auch. „Ein Versuch kann nicht schaden. Dann weiß ich wenigstens, dass ich wirklich verrückt bin“, sagt sie zu sich selbst und schließlich zum Teppich, auf dem sie hockt: „Bring mich in die richtige Welt!“


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In hundert Jahren ist alles vorbei. Oder doch „Hundert Jahre Einsamkeit“ (ein schönes Buch von Gabriel Garcìa Màrquez)? Getrennt vom Ganzen ergibt Einsamkeit. Aber bleiben wir am (auf dem) Teppich. Auf dem fliegenden Teppich, der sich in Gittas Gummizelle befindet. Niemand anderer sieht ihn – kann ihn sehen.

Die Menschenwesen dieser Welt haben ihren sechsten Sinn verloren, den es damals noch gab, als Arima als dicker, kleiner Mann Ernst nach Hause geführt hat. Sie sehen nur gewöhnliche Teppiche, die am Boden liegen oder haften. Diese Staubfänger, die Allergiker quälen. Heute gibt es eh nur mehr Parkettböden oder Laminat oder Kork oder ähnliches. Gittas Boden federt. Er ist aus Gummi, wie wie Wände.



Wie kam der fliegende Teppich in die Zelle? Jemand brachte ihn. Dieser Jemand wurde auch nur von Gitta gesehen.

„Du erinnerst dich vielleicht nicht an mich, aber ich war es, der dich in diese Lage brachte“, sagte der Jemand, der wie aus dem Nichts urplötzlich in der Zelle erschien und einen zusammengerollten Teppich unter dem rechten Arm hielt, den er langsam ausbreitete und auf den Gummiboden legte. „Das ist ein fliegender Teppich, den nur du sehen kannst“, sprach der Jemand weiter. „Er bringt dich in andere Welten und hoffentlich in die richtige Welt, denn hier kannst du nichts mehr ausrichten. Hier ist alles zu spät, denn die Menschenwesen hier haben all ihre Magie verloren.“

„Und wie weiß ich, welche die richtige Welt ist?“ fragte Gitta ohne Scheu.

„Ganz einfach: Indem du dich auf den Teppich hockst und sagst: Bring mich in die richtige Welt.“



In hundert Jahren ist alles vorbei. Kann dies ein tröstlicher Satz sein, wenn alles zusammenbricht? Man erinnert sich an Alexis Sorbas, der in schallendes Gelächter ausbrach, als alles zusammenbrach. Er sah die Schönheit im Zusammenbruch. Als Dank dafür tanzte er Sirtaki.

Nimm das Leben nicht ernst, auch wenn es dir im Moment ernst (dramatisch, tragisch, traurig) erscheint. Kann man das so sagen? Und – worauf will ich hinaus, wenn Gitta doch eine Art Rettung bekam? Auf die (mögliche) Illusion dieser Welt, all dieser Leben. Man muss gar nicht so weit gehen. Man braucht sich nur zu sagen, welche Taten in hundert Jahren auch noch Sinn ergeben? Ein Medikament, das schwere Krankheiten ausgerottet hat? Glaubt nur das nicht, denn es kommen andere Krankheiten, neue Krankheiten nach. Und den Tod in Pension schicken macht auch keinen Sinn. Unsterblichkeit wäre ein noch größerer Fluch als immer wieder geboren zu werden. Es geht um Selbstfindung. Das ist das einzige, was zählt und ewigen Sinn macht, auch wenn es auf den ersten Blick egoistisch erscheint.

Realitätsverlust wäre, wenn wir vor einem Unglück stehen, das uns persönlich betrifft und wir sagen: „Ist alles nicht wahr. Es ist nie etwas geschehen.“ Man würde uns auf der Stelle, wie Gitta, in eine Gummizelle stecken. Aber es geht vorbei. Die Zeit heilt sicher nicht alle Wunden, denn sie bringt neue, aber sie ändert sich. Die Achterbahnfahrt des Lebens. Auf und ab. Bei manchen sind es mehr Abs als Aufs. Aber Gleichbleibend ist nie etwas. Gleichbleibend ist nur die Quelle.

Jetzt komm schon! Bringt schon deine Gedanken raus! Es ist schwer, diese Tiefe zu erklären, die man fühlt und genauso rüberbringen möchte. Es geht nicht – kann nicht gehen. Die Trennwände sind zu dick. Es lässt sich einfach nicht so sagen, schreiben, wie ich gerne möchte. Aber vielleicht sagen es doch diese Worte am besten: In hundert Jahren ist alles vorbei.



Gittas Trennwände sind es ebenso dick, denn sie hockt auf dem Teppich und weint. Gitta weint um sich selbst. Das ist etwas, was man überhaupt nicht tun soll und sofort hinterfragen muss. Wieso weine ich um mich? Gitta hört die innere Stimme und ich denke an Don Juans Mitzauberer, die es gar nicht gerne sahen, wenn sich ein Schüler selbst bemitleidete.

Das Selbstmitleid ist einer unserer schlimmsten Feinde, auch wenn es schlimmere gibt, nämlich die Angst, die Klarheit, die Macht und das Alter. Angst, Klarheit und Macht lassen sich überwinden, nicht aber das Alter. Seine Wirkung lässt sich aufschieben, aber nie lässt es sich überwinden. So schrieb Freund Carlos (Castaneda). Wir aber wollen die Welt überwinden und nach Hause zurück kehren.

Gitta will das auch. „Ein Versuch kann nicht schaden. Dann weiß ich wenigstens, dass ich wirklich verrückt bin“, sagt sie zu sich selbst und schließlich zum Teppich, auf dem sie hockt: „Bring mich in die richtige Welt!“


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Gute, tiefe Gedanken. :)

:danke: für diesen Beitrag :blume::blume::blume:

:blume:
 
Man kann es sich als ein paradiesisches Stück Park vorstellen. Herrlich grüne, weiche Wiese aus Gras und Moos und ringsum Blumen, Blumen, Blumen und – Bäume. Große, mächtige Bäume, die sehr an Boddhibäume erinnern. Man kann es sich auch anders vorstellen, auf jeden Fall hocken Arima und Sila auf so einem Stück Park auf dem Boden. Nach und nach gesellen sich andere dazu, die wir Götter oder Göttinnen nennen würden. Manche sehen zwar nicht so aus, aber wer hätte gedacht, dass auch Ganesha oder Hanuman zu den Göttern gehören. Die anderen hocken einfach nur so dabei und genießen die warme Sonne. Aber wie immer man es sich vorstellen mag, es bleibt bei der Vorstellung. Ein weiser Mann soll einmal gesagt haben: „Es gibt immer zwei Seiten bei einer Geschichte und es gibt die Wahrheit.“ Mag sich jede/r selbst seinen Reim darauf bilden.



„Solange du mir nicht zu 100% vertraust, liebste Sila, wird das nie etwas. Bei dir bleibt immer, wirklich immer, ein Rest Misstrauen zurück. Und genau das ist es, was die Einheit zur Trennung verleitet.“

„Du wirkst ja auch zwiespältig und nicht nur auf mich. Schon andere haben an dir gezweifelt. Und wie sollte ich jetzt, nachdem du wieder Mist gebaut hast, indem du einer Sterblichen einen Zauberteppich bringst, Vertrauen zu dir haben, wo du selbst darauf bestehst, dass wir uns aus den unteren Welten heraus halten sollten?“

„Es ist einerlei, ob wir uns heraus halten oder nicht. Kapierst du das denn nicht? Es liegt an uns. An uns allen. Die Menschenwesen sind zu schwach – genauso schwach wie es die damaligen Menschen im letzten Universum waren. Sie schaffen es nicht alleine, aus dem Traum zu erwachen, geschweige denn, zu wissen, wie! Durch bestimmte Schriften ist noch keiner erwacht und auch nicht durch einen Zauberteppich.“

„Du meinst wirklich, es liegt an mir, daran, weil ich dir nicht zu 100% vertraue?“



Ziemlich nah an Sila hockt eine alte Frau im Schneidersitz, die zwar alt aussieht, aber immens jung wirkt. Sie scheint ein Zwiegespräch mit sich selbst zu führen. Dazu sei angemerkt, dass es sich dabei um eine andere Welt handelt, mit der sie kommuniziert, denn jede einzelne dieser so genannten Gottheiten scheint für eine Welt verantwortlich zu sein, auch wenn das keine Rolle spielt.



„Ohne Vertrauen geht gar nichts. Man kann es aber auch nicht erzwingen. Es kommt, wenn es kommen soll. Deswegen verstehe ich nicht, warum du dich so aufregst.“

„Weil Buddhi unendlich traurig ist und ihre eigentliche Aufgabe nicht erfüllt“, schimpft Sila.

Sozusagen ist Buddhi zur Göttin aufgestiegen, die sich um eine Welt, wenn auch um eine kleine Welt, kümmern soll. Ja, das geht! Jeder und jede ist irgendwann mal eine Gott oder eine Göttin. Wie schon mehrmals erwähnt, ist das nichts besonderes. Der einzige Unterschied ist, dass das Leben nach Jahren, wie der Mensch es kennt, länger dauert. Na ja, und eine scheinbar größere Verantwortung haben sie auch, die Götter.



Irgendwie wird es jetzt wieder widersprüchlich. Hängen wir (an) von den Göttern ab? Bestimmen sie unser Leben? Teilweise ja, aber sie können nicht viel ausrichten, weil es sich bei ihnen auch nur um Lebewesen handelt, wo ich ja schon schrieb, dass der einzige Unterschied ihre Langlebigkeit ist und vielleicht auch eine weitschichtige und multidimensionale Wahrnehmung, die andere Lebewesen kaum, wenn überhaupt, haben. Was ich sagen will, ist, dass es vielleicht doch dieses Misstrauen Silas ist, das in der Einheit stört, sodass sich immer wieder ein neues Universum bildet. Misstrauen hat in der Einheit nichts verloren. Aber dass es nur Silas Schuld ist, - das kann es doch auch nicht sein.



„Sie misstraut ihrer Tochter, genauso wie du mir misstraust, Sila“, antwortet Arima und senkt traurig seinen Blick.

„Was heißt das?“

„Buddhi traut Gitta nichts zu und Gitta spürt das. Es nimmt ihr das eigene Vertrauen. Sieh doch selbst, dass sich die Menschenwesen selbst nichts mehr zutrauen und wenn etwas schief geht, schieben sie die Schuld auf andere, aber nie auf sich selbst. Aber sie sind selbst schuld, wenn sie sich selbst nichts mehr zutrauen. Sie haben den Blick auf das Wesentliche verloren, als wir noch unter ihnen lebten.“

„Wir tun es noch, aber sie können uns nicht wahrnehmen. Genauso existieren wir in der Einheit der Quelle und können es nicht wahrnehmen. Irgendetwas läuft da schief und zwar sehr schief“, sagt Sila und senkt ebenfalls traurig ihren Blick.

Langsam löst sich das „Sit-in“ der Götter und Göttinnen auf, das wie ein kleines (oder doch großes?) buntes Hippietreffen wirkt. Einige bleibe noch und wiegen sich selig lächelnd im Takt der Musik, die vom Pavillon rüber kommt. Luzy (Luzifer) ist wieder da. Wagt er sich doch tatsächlich aus dem Untergrund seiner unzähligen Höhlen in Arimas paradiesische Parkanlage.


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Während Gitta es sich anders überlegt und ihren Spruch zum Zauberteppich rückgängig macht, gesellt sich Luzy, nachdem er den Song fertig gesungen hat, zu Arima und Sila. Gitta sitzt ihre Zeit in der Gummizelle ab, macht die Schule fertig, studiert Politikwissenschaft, gründet eine neue Partei, geht als Siegerin und Präsidentin hervor, ändert alle Gesetze und macht das Land zu einer Art Paradies. Natürlich heiratet Gitta, - irgendeinen Kollegen aus der Partei, der, nachdem Gitta Zwillinge (Mädchen und Jungen) bekommen hat, Hausmann wird, während Gitta das große Geld nach Hause bringt, denn als Präsidentin eines großen Landes kann sie die Familie alleine ernähren.



„Sie hat's geschafft“, sagt Arima strahlend. „Gitta hat ihre Aufgabe wahrgenommen und bravourös gelöst.“

„Also hat sie zu ihrem Selbstvertrauen zurück gefunden“, strahlt auch Sila.

Nur Luzy schüttelt seinen Kopf, der dem Arimas, bis auf das Muttermal unter dem linken Auge, ähnelt. Eigentlich schauen beide gesamtkörperlich gleich aus, bis auf das Muttermal unter dem linken Auge (das nur Arima hat).

„Und? Bringt's was?“ fragt Luzy.

„Nicht wirklich. Die Quelle der Kraft wird sich deshalb noch lange nicht schließen“, seufzt Sila.

„Ich habe irgendwie mit bekommen, ihr meint, Vertrauen sei der Schlüssel zum Aufwachen“, raunt Luzy und wirft Arima einen neugierigen Blick zu.

„Den Schlüssel zum Aufwachen haben die Letzten in ihren Händen. Es wird kaum anders sein als im letzten Universum“, sinniert Arima.

„Und wie war es da? Ein Menschlein – nein, ein Mischling – halb Mensch, halb Leuchtendes Wesen wurde geboren“, lästert Luzy, „gleichzeitig kam aber auch ein Dämon, namens Ake, in die Welt und machte dem Mischling das Leben zur Hölle, weil der Dämon genau wusste, dass der Mischling den Schlüssel in seinen Händen hielt.“

„Aber der ehemalige Mischling ist hier und suhlt sich als göttliches Wesen in einem riesigen Park, samt Villa wie ein Schwein im Dreck“, ertönt Betunias Stimme und auch sie gesellt sich zu der Runde, während sie Arima einen vorwurfsvollen Blick schenkt.

„Ich habe das Drehbuch nicht geschrieben. Also lasst es nicht an mir aus. Vielleicht gibt es diesmal einen anderen Retter als mich“, versucht Arima sich heraus zu reden und setzt hinzu: „Oder vielleicht eine andere Retterin, denn die Sippe hat eine neue Generation heraus gebracht. Gitta hat Zwillinge, ein Mädchen und einen Jungen, in die Welt gesetzt.“

„Mag ja sein“, wendet Buddhi ein, die sich auch dazu gesellt. „Dennoch sollten wir die Ursache finden, warum immer wieder so ein verfluchtes Universum entsteht, das gar nicht sein soll, weil es nicht ist. Mann, das ist ja zum irre werden!“

„Aber du hast es auf den Punkt gebracht“, meint Arima. „Erstens, dass wir die Ursache finden müssen und dass es das Universum gar nicht gibt. Wir sind bloß Projektionen eines sehr mächtigen Projektors. Und diesen Projektor sollten wir finden.“

„Und wenn wir alle daran beteiligt sind?“ fragt Sila. „Immerhin haben wir bereits einmal festgestellt, dass wir einen Teil unseres Bewusstseins nicht nutzen. Bei uns ist es nicht so krass wie bei den niederen Lebewesen, aber...“

„Lass diese Beurteilungen sein, auch wenn es sich um niedere Lebewesen handelt, sitzen wir doch alle in einem Boot“, wendet Arima ein.

„Die Unterschiede sind krass!“, widerspricht Sila. „Das ist nun mal so. Wir haben die bessere Wahrnehmung und es ist auch klar, dass uns das nicht auf den Thron hebt, sondern eher das Gegenteil bewirkt, weil es doch um das reine Sein geht, das Minerale am besten beherrschen...“

„Moment! Moment!“ unterbricht Luzy.

„Lass mich ausreden!“ wehrt sich Sila. „Ich weiß selbst, dass es sich dabei nicht um das reine Sein handelt, dennoch sind Steine oder so genannte niedere Tierarten bessern dran als Lebewesen mit einer fast 100%igen Wahrnehmung, auch wenn sich beim reinen Sein um etwas vollkommen anderes, um etwas Unbeschreibliches und auch Unvorstellbares handelt, solange man wahrnimmt. Fakt ist, unser Unbewusstes ist nicht so groß wie das der niederen Lebewesen – und wenn es sich beim Projektor um das Unbewusste von uns allen handelt, dann – gute Nacht.“

„Der Unterschied zwischen wahrnehmen und erkennen macht es aus“, meldet sich Buddhi dazwischen und erntet wohlwollende Blicke. Es könnte sich auch um verwirrte Blicke handeln.

„Also, was tun wir, nachdem wir jetzt so klug kommuniziert haben?“ fragt Luzy in die Runde.

„Abwarten und Tee trinken“, lächelt Betunia und zaubert ein entzückendes Teeservice in die Runde.

„Und Kekse dazu“, lächelt Luzy und tut seinen Beitrag, indem sich eine dazu passende Schüssel, gefüllt mit köstlichen kleinen süßen Leckerbissen, materialisiert.


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Die Welt retten. Wovor? Warum? Wenn es sie eh nicht gibt. Die Welt auflösen. Sich los lösen. Das aufgeben, was einem lieb und teuer ist. Kann man ja nichts mit ins Grab nehmen. Wir gehen wie wir gekommen sind. Nicht mal den Bettelstab oder die Bettelschale kann der Bettler mitnehmen.

Sich bewusst werden, dass man nicht wirklich etwas besitzt. Da muss ich gar nicht den Kurs (in Wundern) als (sehr radikales!) Beispiel hernehmen, sondern die Tatsache, dass man wirklich nichts besitzt und wenn, dann scheinbar nur für kurze Zeit. Und immer ist da die Angst, das Geliebte könnte einem weggenommen werden.

Wo bleibt dann die Freude? Gerade dann ist sie da, weil sie in mir ist und nicht außerhalb, wo sich nicht nur Freunde, sondern auch Feinde befinden. Innen kann mir nichts genommen werden, außer ich nehme es mir selbst.

„Das Himmelreich ist inwendig in euch“, stotterte der weise Mann aus Nazareth und legte (angeblich) mit dem Kurs (in Wundern) noch ein Scherflein nach.

Das Ego schwindet auch, wenn ich los lasse von allem, was mir die Freude nimmt, mit dem Vogel der Freiheit Schritt zu halten. Tatsächlich! Man nimmt sich nicht mehr so wichtig, nicht mehr so schwer wahr, wenn man sich Lasten von den Schultern nimmt. Man wird leicht und kann fliegen.

Aber Vorsicht! Zwang bringt dich nirgendwohin. Sagte auch Kim, als ihn einige seiner Freunde dazu drängten, endlich den Endkampf herbei zu führen.wodurch er vielen etwas aufgezwungen hätte.

Man muss bereit sein, sonst wird alles nur noch mehr ein Egotrip. Wir zeigen den anderen nicht mehr, wie wohl wir uns ohne Ballast fühlen. Geht ja auch gar nicht, weil außerhalb nichts ist. Alles ist in uns – in mir.

Die Quelle der Kraft ist – so könnte man es am besten umschreiben, auch wenn es noch immer nicht das ist, was es ist – eine Art Zustand. Nicht mehr und nicht weniger. Sie ist kein Ort, an dem wir uns suhlen wie im erträumten Paradies. Sie kann gar keinen Ort (Raum) haben, weil sie auch keine Zeit hat. Rein und unverwundbar.



„Ihr habt recht“, stimmt Arima zu. „Abwarten und Tee trinken ist das Beste. Und natürlich diese köstlichen Leckerbissen dazu.“

„Es hat alles seine Zeit“, spricht Luzy, der Weise. „Kommt Zeit kommt Rat. Es war bei den Menschen schon immer so und die Menschenwesen dieses Universums sind die gleichen. Als Kinder sind sie neugierig, wollen alles wissen und kennen und lassen sich von den Erklärungen der Eltern und Lehrer alles Mögliche einreden, was den Glauben an die Welt festigt. Irgendwann finden sie heraus, dass es nicht immer so läuft, wie sie es gerne hätten, dass man kämpfen muss um etwas, das man will, zu bekommen. Aber den Moment, den wir jetzt abwarten sollten, kommt bei den meisten erst spät, wo sie kaum mehr Wünsche haben. Und wenn sie kaum mehr Wünsche haben, ist es nur natürlich, dass sie leichter loslassen. Nicht nur ihre Wünsche schwinden, sondern auch die Welt und die Erkenntnis kommt, dass die Welt doch nicht das Gelbe vom Ei ist.“

„Und das hier?“ fragt Sila und deutet in die Umgebung. „Ist das das Gelbe vom Ei?“

„Es ist mehr als das, was die Menschen hatten und haben. Sieh doch mal Buddhi an. Sie hat den Aufstieg geschafft, so wie einst Pama, das Doppelwesen, das wir schon lange nicht mehr gesichtet haben.“

Jetzt, wo Luzy das sagt, blicken alle etwas nervös um sich.

„Pama ist sicher sehr beschäftigt“, tut Arima ab, denn er würde fühlen, wenn etwas nicht stimmt. „Aber du hast wieder recht. Pama war und ist die einzige Wesenheit, die von den damaligen Menschen abstammt. Und Buddhi ist bis jetzt die einzige, die es als Menschenwesen in das Reich der... na ja, die es bis hierher geschafft hat.“

„Ach, sag doch, dass es sich hier um die höhere Welt handelt“, lacht Sila. „Es sind doch nur Benennungen und wir wissen das. Oder meinst du, es steigt uns in den Kopf, dass wir höhere Wesen in einer höheren Welt sind?“

„Diese Gefahr ist in immer da und nicht nur in der Außenwelt. Wenn du meinst, du hast den Frieden in dir gefunden, überkommt dich der Stolz und schon sitzt du abermals in der Scheiße“, meint Arima und seufzt, als er spürt, dass das Segelschiff wieder einmal anlegt und etwas von Bord geht. Etwas, das – wie alles andere – niemals hätte von Bord gehen dürfen.


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Der leere Raum voll mit Bäumen (Paralleluniversen) aller Arten. In einem steckt ein gewaltig riesiger, schwärzester Monolith. Er zerbrach das Universum und es löste sich auf, denn eine unendliche Geschichte gibt es schon. Man muss nicht alles nachmachen. Auch nicht anders machen. Es gibt genug andere Universen, auf denen sich einiges tut. Jetzt ist aber nicht-tun angesagt, was man keineswegs mit Nichts-tun verwechseln sollte.

Das, was von Bord gegangen ist, nennt sich „Wahrheit“. Jetzt wissen sie es endlich. Jetzt kennen sie die Wahrheit. Aber nur Arima blickt zu mir hoch – direkt aus dem Bildschirm heraus, auf dem sich Buchstabe für Buchstabe füllt. Arima kennt den (die!) Projektor (Projektorin!). Und er lächelt.

Ach, wie oft handelten unsere Gespräche davon wer wen erfunden hat! Aber wenn ohnehin alles nur Illusion ist, sind unsere Phantasiewesen nichts anderes als wir. Alles nur erfunden. Alles Illusion.

Und das Leben geht weiter wie bisher. Was soll sich auch groß verändern? Alles! Es wird verrückter, bis man auch die Verrückten mit ein bezieht und an Politik und Wirtschaft teilhaben lässt. Wetten, sie kriegen es besser hin?

Erleuchtet wird keiner, weil es so was nicht gibt. Ewige Glückseligkeit? Wie langweilig ist das denn! Die Menschenseele offenbart sich doch erst in den schlechten Zeiten. Da lässt sich die wahre Stärke erkennen, wenn alles zusammenbricht. Geld weg, Haus weg, Job weg, unheilbar krank – Herz, was willst du mehr? Wenn man da „alles bestens!“ sagen kann – das nenne ich wahre Erleuchtung. Schön sind wir sowieso und sterben werden wir auch alle.

Arima lächelt. Er wird die Sippschaft (die es in mehreren Paralleluniversen gibt), die aus Ernst und Viola hervorgegangen ist, im Auge behalten. Dessen bin ich mir sicher. Ob ich darüber berichten werde? Möglich. Im Moment reicht es aber. Man muss den Phantasiewesen manchmal doch ein wenig freien Willen lassen und sie nicht immer unter Beobachtung haben. Man hat dann auch weniger dumme Gedanken und vor allem muss man loslassen können.

Bye, bye Arima - einstweilen. Hab eine schöne Zeit im neuen Universum und mach dir nicht zu viel Stress. Du weißt, die anderen kommen auch ohne dich zurecht. Du musst nicht immer der Held aller sein und schon gar nicht immer der Allerschönste, obwohl du das bist – innen wie außen.


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