Damit die WM angesichts des Dauertiefs über Deutschland nicht buchstäblich ins Wasser fällt, sollte dem Wettergott ins Handwerk gepfuscht werden. Diesen ernst gemeinten Vorschlag hat Wolfgang Maennig, Professor für Wirtschaftspolitik an der Uni Hamburg, ins Spiel gebracht. Heranziehende Schlechtwetter-Fronten könnten jeweils morgens zwischen drei und sechs Uhr abgeregnet und somit entschärft werden. Technisch ist die Beeinflussung des Wetters problemlos machbar und wird seit über 40 Jahren in 25 Ländern der Welt angewendet, so der Experte für Ökonomik von Sport-Events und Ex-Ruderer, der 1988 Olympiasieger im Achter wurde. Die Kosten für das gezielte Abregnen dürften nach seiner Berechnung bei etwa zehn Millionen Euro liegen.Bei permanenter Tiefdrucklage könnte sich der Aufwand zwar auf maximal 40 Millionen Euro erhöhen, aber bei WM-Investitionskosten von über drei Milliarden Euro wäre das immer noch ein äußerst geringer Betrag, meint der 46-Jährige. Das gilt vor allem im Vergleich zum gesellschaftlichen Nutzen, der aus herrlichem Wetter bei der WM entstehen würde. Andernfalls könnte das Gastgeber-Image Schaden leiden: Besucher, denen die Schönheiten Deutschlands nahe gebracht werden sollten, würden als Haupterinnerung das schlechte Wetter behalten.
Auch heimische Fans und die Wirtschaft wären gebeutelt: Straßenfeste, Grill- und Fernsehpartys fielen aus, Biergärten und Fanparks blieben leer, fliegende Händler auf ihren Waren sitzen. Jede Volksfeststimmung würde ertränkt, erhoffte wirtschaftliche Vorteile würden ausbleiben. Durch professionelle Planung und Organisation ließe sich dies leicht verhindern.
Beispiele für erfolgreiche Eingriffe in die Natur gibt es reichlich. Vor der Eröffnungsfeier der Sommerspiele 1980 in Moskau wurde die Regenfront von Düsenjägern außerhalb der Stadt abgefangen, bei den Winterspielen 1984 in Sarajevo die Abfahrtspiste und der Flughafen auf gleiche Art vom Nebel befreit.
Im Landkreis Rosenheim werden laut Maennig seit Jahren Wolken bei drohenden Hagelschauern, welche die Ernte gefährden könnten, abgeregnet. Als Gegenbeispiel ist dem damaligen Präsidenten des Deutschen Ruderverbandes noch immer die völlig verregnete Ruder-WM 1998 in Köln in schlechter Erinnerung. Prinzipiell stehen mehrere Verfahren für vorzeitigen Regen zur Verfügung. Bei der einfachsten und preiswertesten Methode wird eine silberjodidhaltige Acetonlösung durch die Flugzeuge versprüht. Das Aceton verbrennt vollständig, die Silberjodidkristalle führen zum Abregnen.
Am Boden ist das Silberjodid kaum nachweisbar. Denn kleinste Mengen genügen, die Reste zerfallen innerhalb von 40 Minuten bei Sonneneinstrahlung in Silber und Jod. Außerdem sei Silberjodid gesundheitlich dermaßen unbedenklich, dass es beispielsweise im Camping- und Segelbereich den Trinkwasservorräten beigegeben werde, um Fäulnis zu verhindern. (sid)
Quelle Taunus Zeitung 03.06.2006