Der Knast von Moyamensing
In den Mittagspausen pokerten wir, mit Würfeln und so,
in einer Ecke des Gefängnishofes. Die anderen
spielten Basketball mit einem alten
zusammengeknüllten Hemd.
Ab und zu wurden wir unterbrochen von einem
bleichgesichtigem Bullen im Turm der seine
Knarre auf uns anlegte.
Aber irgendwie kriegten wirs fertig
jeden Tag ein paar Spiele zu machen
und mit etwas Glück und ner guten Hand
hatte ich bald den ganzen Block
den Kies abgenommen.
Und am Morgen und an den Tagen danach
passierte etwas Merkwürdiges;
die Schliesser, die Pisser, die Messerhelden, die
Safeknacker, die Schläger, die Irren, die Freaks,
die abgehalfterten Traumpräsidenten von Amerika,
der Koch, selbst meine Feinde, alle redeten mich mit
"Mr. Bukowski" an. Eine Art Unsterblichkeit,
nur eine Andeutung davon,
aber so real wie Schweinskopf mit Sülze oder tote Blumen;
und ich begann zu ahnen
was das hier bedeutete -
Mr. Bukowski, das Poker-As,
der Mann mit dem Zaster,
in einer Welt, wo praktisch keiner
was hatte...
Unsterblichkeit.
Und ich brauchte ihnen keinen Shelley zu rezitieren
- alles fiel mir wie von selbst zu:
Jungs mit schmalen Hüften, für die keine
Verwendung hatte
und Steaks und Ice Cream und Zigaretten, womit ich
durchaus was anfangen konnte, und
Rasiercreme, neue Rasierklingen, die letzte Ausgabe des
NEW YORKER
Unsterblichkeit. Ein Fetzen Himmel in der Hölle.
Und ich genoss es, bis sie mich wieder rausjagten
auf die Strasse,
zurück zu meiner Schreibmaschine -
unschuldig, faul, fickrig vor Angst
und sehr sterblich.
aus: Gedichte, die einer schrieb, bevor er im 8. Stock aus dem Fenster sprang.
Alles Liebe. Gerrit