Briefe vom Kalten Berg

Regina

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Einführung

Zunächst hatte ich vor dies im stillen Kämmerchen zu tun, denn am Ende dient das hier nur mir.
Geschrieben wird es zum Zwecke der Vorbereitung eines Skripts und es soll mir helfen meine Gedanken diesbezüglich zu ordnen.
Aber dann erinnerte ich mich an das, was mich das Leben lehrte:
Schenke das, was in Dir ist, denn vergänglich ist jeder Augenblick und alles, was wir zu schenken vergaßen,
dem nehmen wir die Gelegenheit in dieser Welt auch Fuß zu fassen, so ist es und kann es erst sein: wie Nahrung, Licht und Wasser,
es ist sich selbst und doch kehrt es zur Freude des Einen oder anderen auf diese Weise zu uns zurück.

Lebe Dein Leben in der Begegnung mit allem, als wäre dies die letzte Gelegenheit Ihnen zu begegenen.
Das bewahrt davor zurück zu sehen und zu sagen: ich bedaure es!
Hätte ich es doch nur BESSER verstanden, MEHR geschätzt, hätte ich doch nur TIEFER gelebt, wäre ACHTSAMER gewesen
und hätte ich diesen Augenblick der einen Zweisamkeit doch nur genutzt um ZU L(I)EBEN(!),
AUSZUKOSEN, MICH ZU ERFREUEN, indem ich Freude oder Achtsamkeit oder Gewahrsamkeit schenke.

So geht es mir heute mit meinem Lehrer.
Blicke ich auch darauf zurück, so bleibt mir doch dies eine:
das Wissen es immer gewußt zu haben;
dies hier ist ein besonderer und vergänglicher Augenblick, denn er kehrt SO NIE MEHR zu mir zurück...
Ich habe Ihn GENÜTZT und AUSGEKOSTET und meine AUGEN und meine SINNE und meine OHREN und meinen GEIST
WEIT GEÖFFNET für Ihn, um nur alles, alles zu erfassen, was er mir da so unerwartet an Gelegenheit schenkt.

So blicke ich heute darauf zurück und doch kann ich sagen:
ich habe es verstanden die Gunst der unerwarteten Gelegenheit und tiefen inneren Bewegung ZU NÜTZEN!
Ich habe NICHTS vergeudet oder zu bedauern!
Daher versuche ich nun diese Erfahrung umzusetzen in meinem Leben, auf das mir nichts verlorengeht,
nicht weil es nicht DA WAR, sondern weil ICH es nicht verstanden habe DA ZU SEIN...


Alles Liebe



Regina



to the one it may concern..
(das tue ich jetzt GANZ ALLEIN FÜR MICH)

..ich komme zu Dir GANZ SACHT, GANZ SACHT um Dir meine Liebe hinzulegen...
 
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Selten - oder noch nie ? so einen schönen " Freudschen" gelesen... liebe Regina, wie eben - " oben" .

" AUSKOSEN"

Sagte doch schon deine Großmutter: "Von nix komt nix" ... köstlich , auch kostbar... !

Herzliche Dorisgrüsse
 
Einst reiste ich
mit Waffen, die wie Bücher waren,
sie lehrten mich und fielen mir nicht schwer.

Einst reiste ich
mit Büchern, die wie Waffen waren,
Sie leerten mich und ich erkannte mich nicht mehr.

Jetzt reise ich
gegürtet wohl, doch waffenlos,
von Augeblick zu Augenblick und es gefällt mir sehr.

So ist mein Herz mir
nicht voll
und auch nicht leer.

(R.S. 03/09/2008)
 
So wie die Seidenraupen, wenn sie noch klein,
noch keine Seide weben,
und doch beginnt Ihr Leben
bereits darin, in Ihrem Seidenkokon zu sein.

So wie die Raupen, verborgen unter Blättern leben,
schon davon träumen sich selbst hinzugeben,
von Ihrem Flügelschlag und Schmetterlingserleben,
bis es für sie so ist: ein freies, unbeschwertes Schweben.

So wie die Kaulquappen am Grunde, still und stumm,
noch auf des Teiches Grunde sich erleben
und doch flüstern sie sich schon zu,
dass sie an unbekannten Ufern Konzerte werden geben.

So wie die Bambussprossen Nahrung, doch noch kein Werkzeug sind,
sieht man noch Ihre Keime,
ob einer dann als Nahrung oder Werkzeug dient,
der Bambus wächst heran und tut für sich das Seine.


(04/09/2008 R.S.)
 
Einst wählten sie schmucklose Stuten,
Kriegspferde
wählten sie blind,
weil auch Ihr Leben hing
worauf sie ruhten.
Vertraut war Ihnen jeder Laut,
sobald Ihr Pferd zum Wasser ging,
doch warnend schnaubt.

Jetzt wählen sie prächtige Hengste,
Paradepferde,
wohlfällig anzusehen.
Man kann sie schon von weitem hören oder sehen,
wiehern sie laut.
Doch begehren diese Pferde frei zu sein,
sobald einer die Stute schaut.


(R.S. 05/09/08)
 
Das Enge und die Weihe,
das Strenge und das Freie,
das Definierte und das Verborgene,
das Inszinierte und das Auserkorene,
das Tote und das neu Geborene,
das Begehrte und der Beschenkte,
das Erwartete und der Ungelenkte,
das Gefesselte und der Befreite,
das Geglaubte und das Erreichte
..schwingt in jedem Wort
von Bild und Sprache,
sobald wahrgenommen,
auch mit.



Bilder, durch das Bewusstsein erfasst, in Sprache zu übersetzen, verwandelt das Freie in das Strenge, das im Bild Verborgene,
in das so Definierte, das im Bewusstsein Geborene in das Inszinierte.
Der Beschenkte schenkt es weiter, doch da es BEGEHRT WIRD, wird es nun GEFESSELT, weil SO ERWARTET und GEGLAUBT.

Die Worte großer Lehrer wurden IN BILDER gesetzt, WEIL BEFREIUNG, NEUSCHÖPFUNG, dadurch bewirkt werden soll.

Wie sieht eine Kuh das Gras?
Wie sieht ein Vogel den Himmel?
Wie eine Biene die Blume?

Wenn DAS BEWUSSTSEIN da ist,
wird das Gras der Kuh,
der Himmel des Vogels
und die Blume der Biene
WIEDERERKANNT werden.

GENÜGT ES, das BILD der BLUME oder DES GRASSES oder DES HIMMELS zu zeichnen,
um das Gras der Kuh, den Himmel des Vogels und die Blume der Biene zu VERSTEHEN?
Nein.
Das VERSTEHEN aber VERBIRGT sich in dem BILD, das einst durch dieses Bewusstsein und das ERLANGEN des Bewusstseins
so gezeichnet wurde, um es NEU hervorbringen zu helfen...

Wer die Biene im Bild nicht wahrnimmt, wird nur die Blüte sehen und es wird so auch nur die Blüte in seiner Beschreibung des Bildes übrig bleiben.
Das was SONST NOCH in dem BILD MITSCHWINGT, wird nicht erkannt BIS einer KOMMT und die Biene darin sieht, weil er erkennt, das die Blume durch die Biene im Bild beschrieben wurde.
Er wird das Bild lesen können und SICH DARAN ERFREUEN..WEIL er es SIEHT.

Den anderen ist es verborgen und rätselhaft und am Ende völlig unbekannt und auch UNVERSTÄNDLICH es SO ZU SEHEN!
WO STEHT DAS BITTE GESCHRIEBEN?
WO IST DIE BIENE?
Sie ist im Bild verborgen..

siehe auch Thomas Evangelium

(83): Jesus sagte:
"Die Bilder sind dem Menschen offenbar;
doch das Licht (Bewusstsein), das in ihnen ist, ist verborgen durch das Bild des Lichtes (Bewusstsein) des Vaters.
Es wird sich offenbaren, doch sein Bild ist verborgen durch sein Licht (Bewusstsein)."

Es ist nun so, das das Thomasevangelium (TE) eine andere CODIERUNG verwendet.
Der Taoismus verwendet den BLICK IN DAS WAS UM DEN MENSCHEN IST,
die Evangelien orientieren sich wie das Häbräisch an dem was in Erscheinung tritt, wenn der Mensch den Blick nach INNEN wendet..
an das was man auch als universelle Symbol oder Traumsprache kennt
und OBGLEICH die KODIERUNG eine andere ist,
SAGT das Evangelium deutlich, das es GLEICHWERTIG IST (das man es SO UND SO machen kann)

Aber das Königreich ist innerhalb von euch und außerhalb von euch.(TE, Vers 3)
..die Evangelien folgen so nur der dort gelebten Tradition zu erkennen.

HIER, im Chinesischen Dao, ist es anders.
Hier wird traditionell zur Beschreibung des noch Unbewussten das gewählt, was UM DEN MENSCHEN IST, wenn er den Blick hebt.
Aber DAS BILD, dass der Mensch dann TATSÄCHLICH SIEHT, wird DURCH DAS BEWUSSTSEIN DEFINIERT(!):
Jeder SIEHT die Welt anders und das was dabei herauskommt, wenn man es auf das GEMEINSAME REDUZIERT,
ist das, was JEDER darin sehen oder eben nicht sehen kann, aber nicht unbedingt das, was damit gemeint oder wozu das Bild erdacht wurde.

Während das im Tao offensichtlicher ist, ist es in der Tradition des Hanshan gut verborgen (und so gut bewahrt).

Das Chinesische ist daher WUNDERBAR, denn es widersetzt sich so WUNDERBAR der Versuchung seine GEHEIMNISSE
gefangen zu nehmen, zu töten, zu definieren, zu ersticken, zu begehren, FESTZUMACHEN auf EIN EINZIGES.

Was kann man TUN bei einer SO WIDERSÄTZLICHEN Bildersprache, wie der chinesischen Schrift?
Man kann sie nur so lassen und das beste hoffen :).

Das ist das Schöne!
Im Griechischen oder Aramäischen müsste man die Bilder schon VERSTECKEN um sie zu BEWAHREN.
(siehe auch die Geschichte des Thomas Evangelium)
Aber im Chinesischen VERSTECKT sich das Bild SELBST!
Das ist das SCHÖNE und das Wunderbare und das Bereichernde.

Lauscht man Stephan Schuhmacher, wenn er in seiner Übersetzung "Gedichte vom Kalten Berg" über diese Problematik spricht,
kann man vieleicht BESSER verstehen, was ich meine..
Denn immer wieder wurde ich gefragt: wie KOMMST Du nur DARAUF? WO STEHT DAS? (ZEIG MIR DAS!)
Es ist DA und ich kann es gerne aufzeigen, aber MEHR kann ich auch nicht tun. (Ich werde es an Beispielen des Hanshan zeigen.)
Ob dies jemand VERSTEHEN WILL oder ANNEMEN oder SICH DARAN ERFREUEN (der ZWECK dieser Unternehmung),
muss schon jeder für sich selbst entscheiden..

Mit spirituellen Schriften ist es so, wie mit den Stuten und Hengsten.
Einst waren sie für spirituelle Reiter gedacht, als TREUE und STILLE aber nicht POMPÖSE Weggefährten, die jeder (gleich) sieht..
Die Worte sollten HELFEN den Weg zu gehen.
Heute ist es mit den Worten, welche Religionen begründeten -also große geistige Bewegungen- so, wie mit den Paradepferden,
überall werde sie gesehen, doch sie ERFÜLLEN Ihren DIENST so nicht mehr,
da sie FESTGELEGT wurden,
auf das, was sie SEIN DÜRFEN und zu SEIN HABEN und WAS NICHT.

MEINE Interpretation des Taos oder TE oder Werke wie das aus Hanshan (Hanshan ist ja eigentlich die Bezeichnung einer UMGEBUNG(!),
so wie Lao Ttse kein eigener Name, ist der Ursprung dadurch unbekannt), das wird daher jene nicht glücklich machen können,
die sich bereits FESTGELEGT HABEN, was diese Worte sind und wie sie zu übersetzen sind,
aber vielleicht mag es ANDERE erfreuen, die diesen Worten bisher wenig entnehmen konnten
und die sich jetzt dadurch inspiriert fühlen und so ERFREUEN KÖNNEN.

Ich möchte die Leser einladen Stephan Schuhmacher zuzuhören, wenn er in seinem Vorwort seiner Übersetzung des Hanshan und der Gedichte vom Kalten Berg schreibt,
wovon ich in anderen Worten gesprochen habe..
(ich gebe den Auto hier wörtlich, aber nur auszugsweise wieder)

"Niemand weiß, woher Hanshan kam"
..mit diesen Worten beginnt das Vorwort zum Hanshan shi

(...)

..in der chinesischen Dichtung gibt es idiomatische Bilder..

(Anmerkung ad idiomatisches Bild: Bsp."ins Gras beißen" hat so im Deutschen nichts mit dem Genuß von Gras zu tun, :). sondern mit dem Sterben)

..und symbolträchtige Stereotypen..

(Anmerkung ad Stereotypen, Bsp. "Uncle Sam" Zitat Wikipedia "Uncle Sam ist die bedeutendste Nationalfigur der Vereinigten Staaten.
Ihre Symbolfunktion beruht auf gesellschaftlicher Konvention, wurde jedoch durch ihre offizielle Ernennung per Senatsbeschluss in jüngerer Zeit bekräftigt.
Häufig erscheint Uncle Sam auch, um die Vereinigten Staaten als Wesen mit menschlichen Eigenschaften zu vergegenwärtigen und sie plakativer Kritik zugänglich zu machen. Dementsprechend kann der Name selbst auch als Bezeichnung für die USA verwendet werden.)


...die oft nur ein BESTIMMTES LEBENSGEFÜHL zum Ausdruck bringen und nicht wörtlich zu nehmen sind.
(..)
Hanshan steht seitdem für den Ort, für den Dichter und für seinen Lebensstil und wurde zu einem Chiffre
(Anmerkung: siehe JHWH als chiffre in der häbräischen Bibel für Gott, Zitat Wikipedia
"So ist JHWH kein Wort und auch nicht die Stellvertretung eines Namens, sondern eine Chiffre für etwas, was menschlicher Vorstellung entrückt ist."
)
(...)
Trotz eifriger Bemühungen (..) den Nebel um den Kalten Berg zu lichten, weiß bis heute niemand, was für ein Mensch dieser Hanshan war, wann er gelebt hat und ob es überhaupt eine historische Persönlichkeit mit Dichterpseudonym "Hanshan" gegeben hat.
(...)
Der gewundene und steinige Weg der Suche nach dem eigenen Wahren Wesen, der sich durch das "Hanshan shi" zieht, führt hin zu dem "einzig wirklichen" Hanshan,
an dessen Existenz es keinen Zweifel gibt.
(...)
..in zahlreichen Legenden (...) begegnen wir einer verwilderten Gestalt..

(Anmerkung, lach, in eigener Sache, vor kurzem hatte ich einen Traum, da sah ich meine Ärzte, sie bemühten sich sehr um mich,
(ich erschien Ihnen exotisch und kostbar zugleich) und doch WUNDERTEN sie sich in diesem Traum zugleich über mein (wörtlich) "wildes Leben" (g*))

..mit wüstem Haarschopf und in zerlumpter Kleidung,die durch nebelverhangene Berglandschaften strolcht,
Gedichte an Bäume und Felswände pinselt, in schriftlose(!) Schriftrollen vertieft ist
oder grinsend, lachend oder gestikulierend mit ebenso wilden Gestalten (..)
die tiefen Geheimnisse der Lehren des Buddhismus und des Daoismus diskutiert.

(..)

..viele der von Herman Hesse inspirierten deutschsprachigen Morgenlandfahrer, die sich in den Siebziger und frühen Achziger Jahren
(..) als Suchende gegen Osten aufmachten, hatten die Gedichte vom Kalten Berg als einziges Buch in Ihrem Rucksack.

(...)

Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit

(..)
Die Eigenart der chinesischen Sprache und Schrift ermöglicht dem chinesischen Poeten eine äußerste Verdichtung des Ausdrucks,
die so weitgehend wohl in kaum einer anderen Sprache möglich ist.
(Anmerkung: siehe auch das VERBERGEN der Bedeutung IN und DURCH die Schrift selbst)
(..)
Eine Übersetzung muß(!) aus dem Bedeutungsraum(!), den das Original eröffent, eine Auswahl(!) treffen,
die zwangsläufig den Geschmack reduziert(!) und verändert.
(Anmerkung: am Ende bedeutet das ein chinesisches Schrift_Wort_Bild zu übertragen, gleicht so einer Reduzierung
des darin wahrgenommenen
)
..was Bert Brecht (in anderem Zusammenhang), als die Schwierigkeit beim Schreiben der Wahrheit bezeichnet hat.

(Anmerkung: Zwei Beispiele für diese Schwierigkeit)

die zweite Zeile des Gedichtes Nr 88 lautet:
niao
dao
jue
ren
ji
das sieht in der Übertragungsmatrix in etwa so aus
[Vogel, Vögel]
[Dao, Weg, Straße, Pfad, Lehre, Grundsatz, Verfahren, Mittel und Weg]
[abschneiden, unterbrechen, trennen, hemmen, ohne, fehlen]
[Mensch, Menschen]
[Spur(en), Fußspur(en), nachspühren, aufspühren, entdecken]

nimmt man nia dao als Wortbedeutung zusammen egibt das den
[verschlungene Pfade, sich windende Wege]

Für diese Zeile ist so die Übertragung gegeben
Ein Vogel Weg kein Mensch spührt mir nach
eine andere Möglichkeit wäre
Verschlungene Pfade ohne menschliche Fußspuren

In Verbindung von niao = Vogel mit dao =Weg, einen Begriff den Hanshan nie ohne "Hintergedanken" benutzt,
ergibt sich noch folgende Assoziationskette:
Vogel (Vogekflug) > Kranich (Loslösung von der Welt) > Phönix > Erleuchtung > Dao (der Weg)

(..)
Eine andere Schwierigkeit begegnen wir in der 7. Zeile des selben Gedichtes.

ji yu zhong ding jia
übersetzt mit
"Bestellt den Leuten, die in Pomp und Reichtum leben"

ji yu [eine Nachricht senden, Bestellung, bestellen] ist kein Problem, dann aber heißt es:

zhong
ding
jia

[Glocke]
[Opfergefäß]
[Haus, Heim, Familien]

zhong ding beschwört hierbei das Bild der in "besseren Kreisen" gepflegten Sitte herauf, sich erst auf ein Glockenzeichen hin(!)
zum Essen zu versammeln und sich dann, nachdem das Opfergefäß mit Delikatessen überladen wurde (!), an reich gedeckten Tisch niederzulassen.
(..)
In diesem Fall geht es darum den SINNGEHALT der Zeile zu erfassen..

(aus dem Vorwort "Gedichte vom Kalten Berg, Hanshan" übersetzt von Stephan Schuhmacher)

Ich denke ich habe nun genug zitiert, um bewußt zu machen, was es heißt, wenn jemand kommt und mir (z.B. beim Tao) sagt, ich hätte hier sehr "frei" übersetzt..
diese FREIHEIT liegt bereits im WESEN der chinesischen Schrift verborgen

Das Chinesische WORT muss keiner verbergen, um es zu bewahren oder FREI zu erhalten.
Die Bild_Wort_Sinnsprache des chinesischen macht es MÖGLICH, dass das darin zu erkennende VON SELBST IN IHM BEWAHRT BLEIBT.
 
Ich las vor kurzem folgendes "über mich" im i net:
das was ich mir über das Tao hier zusammenreime, sei Schwachsinn und entbehre jeder Logik (lach)
..ein echter Fan sozusagen..

Was verstanden werden sollte ist, das Spiritualität nichts mit LOGIK zu tun hat.
Weder ist mit LOGIK der Spiritualität beizukommen, noch sie zu erfahren.
Wenn sich also jemand am PRODUKT einer Wahrnehmung festhält,
dann tut er nichts anderes als zu sagen, es wäre Schwachsinn zu behaupten, dass Kaulquappen und Frösche, Raupen und Schmetterlinge,
das Bewusstsein des Menschen und der Mensch, die Spritualität und das WERK einer spirituellen Erfahrung
IRGENDETWAS gemeinsam hätten!

Er schüttet das Kind natürlich auf diese Weise mit dem Bade aus, denn DEN GEIST kann er durch LOGIK nicht beherrschen..
..das bleibt Wunschdenken.

Man kann das Tao, in dem man es auf das reduziert, was man darin zu erkennen GLAUBT, genau so wenig festmachen,
wie einen Lehrer und seine Lehre an das, was seine Anhänger GLAUBEN darin festmachen zu dürfen, weil erkennen zu KÖNNEN.

Alles was man tun KANN ist den Weg SELBST zu gehen.
Jedes spirituelle Lehrwerk(!), jeder SATZ(!), jedes WORT(!) war URPRÜNGLICH nicht dazu gedacht FESTGEHALTEN zu werden,
sondern GENUTZT zu werden, wie ein Werkzeug oder Werkstoff.
Der SINN eines solchen offenbart sich nicht im Konservieren, sondern Umsetzen und DADURCH erkennen.

ALLES was so geschrieben wurde wird GEMÄß DEM BEWUSSTSEIN dassen, der es WAHRNIMMT (und seiner ART wahrzunehmen) bestimmt.
Verändert sich der Wahrnehmende, verändert sich auch das Wahrgenommene.

Nehmen wir z.B. folgende Übersetzung aus der Matrix des Kalten Berges

(Übersetzung Schuhmacher)
Im dritten Monat (entspricht bei uns der Zeit Ende März Anfang April),
Wenn die Seidenraupen noch ganz klein,
Kommen die jungen Mädchen her zum Blumenpflücken.
Entlang der Mauer machen sie Jagd auf Schmetterlinge,
Drunten am Teich werfen sie Steine nach dem Frosch.
Sie sammeln Pflaumen in Ihrem weiten Gaze Ärmel,
graben mit goldener Haarnadel die Bambussprosse aus.
Über Geschmack mag man sich endlos streiten,
Doch hier ist's schöner als bei mir zu Haus.

Alternativübersetzung laut Schuhmacher..der letzten beiden Zeilen (die besser ist)
Die Mädchen sagen:
wie viel schöner ist es hier,
als bei uns zu Haus!
..laut Übersetzung von Wu und Iritani

mich interessiert nicht was da (wörtlich) steht(!)
für mich ist es in etwa so:
ich sitze vor einem Wasserfall, der laut rauscht...
das Rauschen ist die Tatsache, dass ich nicht dem Meister SELBST zuhöre, sondern einem Schüler der erzählt was er vom Meister zu hören glaubte..
(ich schließe die Augen und versuche dass, was mir der Schüler erzählt in mir NEU zu sehen!)

Im dritten Monat

wenn die Seidenraupen noch ganz klein,
kommen Mädchen zum Blumenpflücken.
jagen Schmetterlinge,
und im Teich den Frosch.
sammeln Pflaumen (Früchte) in Ihrem Ärmel,
graben mit Ihren goldener Haarnadel die Bambussprosse aus.
denn die Mädchen sagen:
wie viel schöner ist es (das) hier (zu machen),
als (so wie man es) bei uns zu Haus(e macht)!


durch das Bild der Raupen und Schmettlinge und Frösche und Bambusse,
so wie der Früchte, sehe ich, dass es um die WANDLUNG geht
und erkenne warum der Meister hier nicht die Kinder,
sondern die MÄDCHEN wählt (weil er in diesem Punkt) das BILD verstärken möchte
..wie ein Maler, der eine KRÄFTIGE Farbe benutzt

so sehe ich dass er über das dritte/vierte Monat spricht, die WICHTIGSTE/GÜNSTIGSTE Zeit für den Schüler
sich einer INITIATION (Wandlung) zu unterziehen (siehe auch Osterfeiertage).

Er wählt Kinder, Mädchen, um klar zu machen, was das WICHTIGSTE ist, die Initiation GUT zu nützen.
Nicht nur was den Kindern (Unschuld und frei von Urteil, weil Scham), nein, besonders was den Mädchen eigen ist!

Mädchen LIEBEN, sie LIEBEN ALLES, einfach so..
..sie sammle Kätzchen und wünschen sich täglich neue Kinder_kätzchen/Tiere (oder eben Puppen) dazu..

Mit der Initiation wird der Schüler wie diese Mädchen..verletzlich, offen. liebend...
Er erscheint dann SCHWACH, aber schon Lao Tse lehrt, dass das was scheinbar SCHWACH IST,
dem LEBEN gehört und das was scheinbar STARK IST, dem Tod anheim fällt..
..siehe 55 und 76 Vers

(55)
Wer VERTRAUEN hat, der gleicht einem neugeborenem Kind.
Das Gift des Denkens erlangt es nicht.
Die Zähne der Furcht erfassen es nicht.
Das Raubzeug der Umwelt erbeutet es nicht.

Obgleich es schwach erscheint, verletzlich und weich,
ist sein Wesen fest durch die Mutter verankert.

Es weiß nichts von dieser Trennung
in Mutter und Vater,
Geist und Körper,
Schmerz und Liebe.

So hat das Kind die Mutter, obgleich es die Mutter nicht hat.
So hat das Kind den Vater, obgleich es den Vater nicht hat.

So hat einer, der mit der Lehre vertraut ist, den Geist,
obgleich er solch einen Geist nicht hat.
So hat einer, der mit der Lehre vertraut ist, den Körper,
obgleich er solch einen Körper nicht hat.

(R.S.)


(76)
Verletzlich und empfindsam erscheint der Mensch,
wenn er geboren wird und heranwächst.
Unverletzlich und stark erscheint er,
wenn er altert und stirbt.

Verletzlich und empfindsam erscheint die Saat,
wenn sie keimt und heranwächst.
Unverletzlich und stark erscheint sie,
wenn sie geerntet wird und Ihren SINN erfüllt hat.

Das was FEST und STARK erscheint,
wird FEST und STARR,
da es sich zu leeren beginnt,
bis es SELBST LEER IST.

Das was WEICH und SCHWACH erscheint,
ist WEICH und EMPFINDSAM,
da es gefüllt wird,
bis es SELBST VOLL IST.

Alles was GELEERT wird, gehört DEM TOD.
Alles was GEFÜLLT wird, gehört DEM LEBEN.

Das LEBEN, das GEFÜLLT WIRD, gehört dem Leben,
so wie ein Baum SICH SELBST STÜTZT,
wenn er heranwächst und aus seiner FÜLLE schöpft.
Das LEBEN, das GELEERT WIRD, gehört dem Tod,
so wie ein Baum seine STÜTZE VERLIERT,
zu Boden stürzt, da seine Fülle erschöpft ist.

Einer, der SELBST DAS LEBEN benötigt,
kann diese KRAFT dem Leben nicht schenken,
und daher DAS LEBEN in der Schöpfung nicht verteidigen.


So wirken die FÜLLE (das Weiche)
und
die LEERE (das Schwache) immer zusammen.

Auf diese Weise offenbart sich die FÜLLE und die LEERE des LEBENS,
indem etwas GEBOREN wird und heranwächst
oder
altert und STIRBT.

So wirken BEIDE immer zusammen.

Auf diese Weise schenkt die Materie der Schöpfung
LEBEN,
indem sie sich selbst FÜLLT und LEERT.

(R.S.)

Da der Schüler in der Initiation WACHSEN SOLL benötigt er diese Weichheit der Mädchen....

siehe auch (Ein starker Mann zerbricht daran), Vers 63

Er sieht die Welt in einem Sandkorn an
und sieht in ALLEM nur das EINE,
da er in ALLEM ja nur den EINEN finden kann.

Und stolpert er auch über Steine,
der Weg ist lang,
er nimmt es hin, vergibt es dann
und fühlt dadurch den Sinn.

Im scheinbar Leichtem und Flüchtigen
versteht er es
sich Schwerstem und Gewichtigen
zu unterzieh’n.

So verbirgt er seine Größe
in flüchtiger, unscheinbarer Tat
und überwindet doch das Große,
das selbst ein Starker
nicht zu überwinden vermag.

(Ein starker Mann zerbricht daran)

So ist es hier mit allem Großen,
denn es verbirgt sich gut,
in flüchtiger uns unscheinbarer Tat
da es in seiner wahren Größe
nur im Flüchtigen und so wesensgleichen ruht.

meine Übersetzung, die LOGISCH (g*) NICHTS mit dem Vers gemeinsam hat, greift nur EINGE der Hinweise des Meisters auf,
versucht aber den PUNKT sichtbarer zu machen
(auch im Tao war ich IMMER gezwungen mich für eine AUSWAHL aus der FÜLLE der Matrix des Meisters Lao Tse zu entscheiden..)


So wie die Seidenraupen, wenn sie noch klein,

noch keine Seide weben,

und doch beginnt Ihr Leben

bereits darin,

in Ihrem Seidenkokon zu sein.



So wie die Raupen, verborgen unter Blättern leben,

schon davon träumen sich selbst hinzugeben,

von Ihrem Flügelschlag und Schmetterlingserleben,

bis es für sie so ist,

ein freies, unbeschwertes Schweben.



So wie die Kaulquappen, ganz still und stumm,

noch auf des Teiches Grunde sich erleben

und doch flüstern sie sich schon zu,

dass sie an unbekannten Ufern

große Konzerte werden geben.



So wie die Bambussprossen, weil sie noch jung,

erst Nahrung sind, sieht man die Keime,

ob einer dann als Nahrung oder Werkzeug dient,

der Bambus wächst heran,

tut so für sich das Seine.



("Briefe vom Kalten Berg", 04/09/2008 R.S)
 
..nach den (13) Vers des "Hanshan, Briefe vom Kalten Berg" Übersetzung v. Stephen Schuhmacher

Der Günstling

Der GÜNSTLING galt als EDEL und SCHÖN anzusehen,
erstrebenswert in seinem Sehen,
weil wohlfällig von Gestalt, Wort und Tat
was er so strahlte, ahmte man gern nach
was er so sagte und auch was er tat,
war ALLES doch darin,
nur wie ein einziges GEMÄLDE anzusehen!

An HOHEN ORTEN sah man Ihn doch stehen,
zu HOCH BEGEHRTEN sah man Ihn doch gehen,
die EDELSTEN Pferde sah man Ihn doch reiten,
die SCHÖNSTEN Gewänder waren doch an Ihm zu sehen.

Schneller, höher, schöner, weiter, als ALL DIE ANDEREN HIER,
so sah man Ihm begehrlich nach..
wenn er den roten Staub aufwirbelte.

Doch als seine GUNST vergangen gar
und ALL DAS MIT IHR,
tötete sich der Günstling,
denn er war bar
all des Schönen,
noch bevor es Ihm genommen war.

(14/01/2009 Übertragung R.S.)
 
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..nach den (10) Vers des "Hanshan, Briefe vom Kalten Berg" Übersetzung v. Stephen Schuhmacher


Zur Jungend kam man,

Stolze Festgelage.

Und freute sich

An WEIN, WEIB und GESANG.

Als dann das Alter kam,

Die Trauer und die Klage,

Verlassen die Geladenen

Rasch den,

Der nicht mehr weiter kann



(aus „Briefe vom Kalten Berg“, R.S. 11.08.09)

 
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