Der eine Schock zu viel... (Teil 1)
Seit über einem Jahr war Dir selbst klar, dass Du wieder Krebs hattest.
Im Grunde genommen war Dir das immer klar. Du hattest noch ein wenig Zeit, ein paar Jahre, aber früher oder später würde das was Du bereits einmal durchgestanden, erlebt hattest, zurückkommen, noch stärker als damals. Unvermeidlich.
Als Du mir das sagtest, obwohl ich ohnehin bereits bemerkt hatte, dass einiges anders geworden war, begann damit für Teile von mir bereits eine Zeit der Trauer. Es war völlig klar, dass ich Dich verlieren würde.
Ebenso klar war für mich, dass ich am liebsten mit Dir sterben wollte, auf welche Art auch immer. Aber genau das wolltest Du um jeden Preis verhindern, vermeiden, dass das auf die Art geschah. Warum das für Dich wiederum dermaßen wichtig war, wurde mir erst nach Deinem Tod klar, auch wenn Du mir den Hinweis, den Hintergrund dafür bereits davor geliefert hattest.
In Folge war das wohl unser ganz großer, eigentlich der einzig wirkliche Streitpunkt, den wir jemals hatten. Aber unsere unterschidlichen Standpunkte, das betreffend veränderten eine Menge zwischen uns, leider. Vor allem zog der eine ganze Menge an weitaus gravierenderen Folgen nach sich.
Inzwischen kann ich Dich besser verstehen, mir fehlten gewissen Informationen, warum das für Dich eine derartige Katastrophe gewesen wäre, warum Du Dich in diesem Fall für meinen Tod verantwortlich gefühlt hättest, die "Schuld" nicht auf Dich nehmen wolltest.
Alles inzwischen nachvollziehbar, damals war es das nicht wirklich. Ich machte Dir, aus meiner Sicht, eine Art Geschenk, aus Liebe, und Du wolltest es nicht.
Inzwischen hat die Wirklichkeit daraus ohnehin etwas anderes gemacht, das Thema ist auf die Art gegessen.
Im Winter ging es Dir zunehmend schlechter, und zu den bis dahin bereits sozusagen latenten, kleineren Schocks, mit denen Du Dich konfrontiert sahst, kamen schlagartig eine ganze Lawine an großen, richtig großen.
Notfalleinlieferung ins Krankenhaus, die erwartete, aber dennoch natürlich katatstrophale Diagnose, ein kurzfristig angesetzter Operationstermin, um zu retten, was noch zu retten war, vor allem aber der Schock darüber, was bei dieser Operation geschehen würde, wie die ablaufen würde, was die mit Dir vorhatten. Du kamst Dir vor wie ein Tier auf der Schlachtbank. Panik, davonlaufen, weit weg!
Eigentlich hattest Du Dich bereits davor längst selbst aufgegeben, dass Du der Operation doch zustimmtest, geschah eher aus Mangel an Alternativen, aber irgendwie war Dir klar, dass die auch keine Wunder mehr würden bewirken können.
Dass Du danach keine neuerliche Chemotherapie machen wolltest, das war für Dich ohnehin längst beschlossen. Deine erste Chemotherapie war leider in vielerlei Hinsicht einer der schlimmsten Negativerfahrungen Deines Lebens gewesen. Aber leider sind Erfahrungen, vor allem negative, und ein daraus resultierendes Vermeidungs-, Fluchtverhalten, Ängste und Ähnliches anscheinend für bestimmte Dinge tatsächlich äußerst schlechte Ratgeber. Unseliger Weise.
Das Problem der Erfahrungen, vor allem unerledigter, ungeklärter, traumatischer, verdrängter Erfahrungen. Zunächst werden sie weggeschoben, beiseite gelegt, vergessen, um sich selbst in einer Situation zu stabilisieren, aber damit ist es leider nie getan, man glaubt, alles wäre in Ordnung, demjenigen scheint es so, aber unter der Oberfläche bleiben die sozusagen nie nicht mehr erlösten, nie freigesetzten Schmerzen bestehen. Zugleich binden diese quasi eigene Teile, Seelenanteile, die dadurch ebenfalls blockiert werden.
Geschieht so etwas öfter, zieht sich von dem was man eigentlich ist, mehr und mehr zurück, wird für denjenigen selbst gar nicht mehr zugänglich, weil der "Zugang" sozusagen durch die Schmerzen - die ein anderes eigenes Programm, das nie wieder deaktiviert wurde, unbedingt und um beinahe jeden Preis vemeiden möchte - blockiert wird.
An Stelle dieser eigenen verloren gegangenen, weil in den "Untergrund" verbannten Aspekte treten andere, ein Platz ist ja für etwas sozusagen frei geworden. Zugleich ist aber auch eine Art Leck in einem selbst entstanden. Die beste Gelegenheit für einen "Angriff" von außen, eine Beeinflussung, Manipulation, so wie Viren oder Ähnliches ja auch an Stellen im Organismus andocken, die eigentlich für etwas ganz Anderes vorgesehen gewesen wären.
Je angeschlagener, je verletzter, je mehr aus dem Gleichgewicht jemand geraten ist, desto leichter fällt es, denjenigen in vielerlei Hinsicht zu beeinflussen, zu manipulieren. Leider oft genug scheinen demjenigen die Manipulationen, die derjenige vielleicht selbst, wenn er seine Balance nicht verloren hätte, mit Leichtigkeit durchschaut hätte oder sich selbst durch diese nicht hätte beeinflussen lassen, auf einmal als die tatssächlich bessere, sinnvollere "Lösung", das leider nach wie vor aktive Schutzprogramm beschützt auf einmal vor etwas völlig Verkehrtem, es kann leider nicht anders, es ist ja darauf programmiert, man selbst kann auf Grund der eigenen Angeschlagenheit auf einmal nicht mehr so wirklich zwischen Spreu und Weizen unterscheiden, und so nehmen die Dinge, oder genauer gesagt, die Irrtümer, Fehler ihren Lauf, und erschaffen neue Probleme, Schäden.
Ist der Körper rein äußerlich angeschlagen, verletzt, lädiert, so ist das zumindest in vielen Fällen vergleichsweise leicht erkennbar, bei inneren Verletzungen schon schwieriger, bei psychischen Verletzungen ist das mitunter erst an Hand der Resultate erkennbar. Und dann ist es leider oft schon zu spät.
Manchmal erkennen es andere dennoch, aber derjenige, den das betrifft, wird ihnen in den seltensten Fällen Glauben schenken.
Angst, Angst vor Schmerzen, Angst davor, den Schmerzen zu folgen, sich ihnen zu stellen, um dahinter an die eigentlichen Ursachen zu gelangen, ist ein schlechter Ratgeber.
Aber ohne diese Auflösung der tatsächlichen ungelösten Probleme wird alles leider meistens nur noch schlimmer. Eben auf andere Art.
Ich habe selten derartig exemplarisch die Bestätigung von zwei Aussagen erlebt wie von Dir, durch Dein auf einmal äußerst seltsames, in einigem befremdliches Agieren und Verhalten in den letzten Monaten vor Deinem Tod.
Und leider kam ich lange Zeit mit allem was ich versuchte an Dich nicht mehr ran. Nicht wirklich, nicht nahe genug. Wenn es einen Vorwurf gibt, denn ich mir mache, dann den, dass mir das nicht gut genug gelungen ist.
Wenn es eine Schwäche gibt, die Du hattest, gerade wenn es um Deine unerledigten Verletzungen ging, dann die, dass Du dann auf einmal eine ziemliche Sturheit, Bockigkeit an den Tag legen konntest, von der Du nicht wieder abzubringen warst. Natürlich bereits ein Signal dafür, dass in Dir doch nicht alles in Deiner eigenen Vergangenheit so heil und problemlos verlaufen war, auch wenn Du Dir das selbst so eingeredet hattest.
Im Vergleich zu meiner war es natürlich doch eine zumindest weitaus heilere Welt gewesen, aber eben auch keine, die nicht irgenwelche Spuren, Wunden hinterlassen hätte.
Ach ja, die zwei Aussagen, auf die ich mich bezog:
"Aus den besten Absichten entstehen die schlimmsten Katastrophen!"
"Das Gegenteil eines Irrtums muss noch lange kein weiterer, neuer sein!"
Man könnte ja einmal den Versuch machen, sich aus diesem Blickwinkel einiges im eigenen Umfeld etwas näher anzusehen. Könnte ganz interessante Dinge zu Tage fördern. Obwohl es damit ja noch lange nicht getan wäre. Nur ein kleiner Anfang.
Jedenfalls, ich kam lange Zeit nicht mehr wirklich an Dich ran, und Du begannst, auf ein äußerst seltsames, für mich sehr befremdliches Terrain abzudriften. Was mir wiederum Angst machte. So kannte ich Dich nicht.
Aber wir waren ja eigentlich noch bei den Schocks.
Jetzt standest Du also schon eigentlich seit Wochen, Monaten unter einer Art latentem Angst- und Schockzustand, dann kam die Diagnose, und eigentlich wolltest Du Dich gar nicht mehr operieren lassen, aber dann hättest Du vermutlich nicht einmal mehr die nächsten Wochen überlebt, also hast Du Dich doch dafür entschieden. Dich aber zugleich selbst längst aufgegeben.
Kurz vor der Operation hoffest Du eigentlich darauf, dass Du aus der Narkose gar nicht mehr aufwachen müsstest, hoffest sogar irgendwie darauf.
Während der Operation ging dann auch noch einiges schief, was in Folge kurz darauf eine weitere Operation nötig machte, und Dir in Folge dennoch neue, bisher nicht vorhandene äußerst unangenehme Beschwerden zusätzlich zum Krebs auch noch einbrachte.
Du warst in jeder Hinsicht im Eimer, körperlich, psychisch, energetisch, völlig aus der Balance gefallen, hattest Deine eigene Mitte, alles worauf Du Dich Dein Leben lang verlassen konntest, verloren, es war alles zu viel, viel zu viel für Dich.
Und in der Art von Ausnahmezustand triffst Du, aus heutiger Sicht in einigem nachvollziebar, damals allerdings überhaupt nicht, eine der folgenschwersten, katastrophalsten Entscheidungen uns, mich betreffend, die Du hättest treffen können.
Von einem Moment auf den anderen, auch wenn es - im Nachhinein betrachtet, sogar eine Menge Vorzeichen gab - war alles anders, nichts blieb so wie davor, kein Stein auf dem anderen, nicht für mich. Mir zog es nur in jeder Hinsicht den Boden unter den Füßen weg.
Zusätzlich zu Deiner Krankheit etwas, mit dem ich niemals gerechnet hätte. Schon gar nicht von Dir.
Es dauerte Wochen, Monate, um das auch nur wenigstens ein bisschen auf die Reihe zu bekommen, zumal Du zunächst auch jede Kommunikation dazu darüber vehement verweigertest. Stattdessen knalltest Du mir da eine Entscheidung völlig unvorbereitet vor den Latz, die alles in Frage stellte, das wir bis dahin gehabt hatten.
Warum Du das so tatest, und eine Menge sowohl davor als auch danach so tatest, oder glaubtest, das alles so tun zu müssen, Dich, diese auf einmal in vielerlei Hinsicht ganz andere version von Dir auch nur ein wenig zu verstehen, einen Zugang zu dem zu bekommen, was Du Dir dabei vermutlich dachtest, war echte Schwerarbeit. Mir kam es vor als ob ich im völlig falschen Film gelandet wäre, als ob mich eine Lawine heillos überrollt hätte und ich mich jetzt irgendwie aus der wieder selbst rausbuddeln müsste.
Dass wir das wenigstens halbwegs noch irgendwie wieder in ein etwas normaleres Fahrwasser bringen konnten, die Katastrophe, die das eigentlich für eine Weile bereits geworden war, doch noch, zumindest was die wesentlichen Aspekte betraf, abgewedent werden konnte, ist die einzige Sache in meinem Leben, auf die ich wirklich stolz bin.
Das was Du eigentlich beabsichtigt hattest, ging total daneben, der Schuss ging völlig nach hinten los, irgendwann drang das dann doch wieder bis zu Dir durch, wir konnten einiges zumindest so weit geradebiegen, dass nicht alles, das wir davor gehabt hatten, völlig den Bach runtergegangen wäre.
Und schließlich gab es auch wieder rare Momente, in denen auf einmal doch wieder alles wie immer, fast wie davor war, wenn Du das zulassen wolltest, Dir selbst erlaubtest.
Trotzdem blieben eine Menge an Fragen, Themen offen, Du warst auch nicht mehr mit all zu viel belastbar, klarer Weise, außer mit dem Allerwichtigsten.
Aber nachdem Du da leider - aus meiner damaligen Sicht - zudem auch noch ohne Grund - eine ganze Lawine ins Rollen gebracht hattest, konnte ich das auch nicht einfach so auf sich beruhen lassen, was mir natürlich auf Grund Deines ohnehin extrem angeschlagenen Zustands zugleich ziemliche Probleme bereitet.
In einiger Hinsicht erkannte ich Dich wirklich nicht wieder. Einiges von Dir war noch da, erkennbar, allerdings schwerst angeschlagen, in der Defensive, irgendwo in Dir drinnen, versteckt, zurückgezogen, in gewisser Weise hattest Du durch all die Schocks, die Operationen und alles andere nicht nur Deine eigene Balance, Mitte verloren, sondern damit auch Deine Verbindung nach "oben". Und die Britta, die übrig blieb, alleine, in ihrem eigenen Alptraum, der sie heillos überforderte, kam damit nicht wirklich klar, machte Fehler. Eine Menge Fehler.
Einer davon war - aus meiner Sicht - die Richtung, die Du in vielerlei Hinsicht einschlugst. Was macht jemand, der bereits vor dieser Operation entschieden hatte, keine Chemotherapie zu machen, nicht noch eine, weil die, die Du bereits erlebt hattest, wohl auch eine äußerst traumatische Schockerfahrung für Dich gewesen war. Man sucht sich Alternativen. Allerdings müssen die leider nicht zwingender Weise tatsächlich etwas Besseres sein.
Ich hatte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr viel zu sagen, ich sollte mich in das nicht einmischen, leider, natürlich, ich war in gewisser Weise auf das Abstellgleis verschoben worden, das grandiose Team, das wir einmal waren, gab es so nicht mehr.
Menschen, die bereits angeschlagen sind, sozusagen Lecks haben, scheinen bestimmte Dinge beinahe automatisch anzuziehen, Dinge, die gewisse Lecks stopfen zu können scheinen oder das gut genug vortäuschen können, gibt es in einer Konstellation Risse, Brüche, Löcher, so versuchen andere Dinge, diese aufzufüllen, nützen ihre Chance. Leider liegt es in der Natur der Sache, dass bei jemandem, der bereits angeschlagen ist, in gewisser Weise auch das Urteilsvermögen getrübt sein kann, je mehr Wunden, Lecks, Verletzungen, desto mehr falsche, verdrehte Fokussierungen, desto mehr Scheuklappenblick, desto größer der Wunsch nach (vermeintlich) einfachen Lösungen. Leider.
Nachvollziehbar, verständlich, aber für mich auch heute noch schwer nachvollziehbar, auf welche Trips Du Dich da freiwillig begabst, zugleich aber jede Kritik daran völlig ignoriertest, abgeschmettert hattest.
Eine seltsame Art von Egotrips, die leider, wie so oft, demjenigen selbst etwas vorgaukeln, und dann doch früher oder später in die Irre führen. Dann ist es allerdings meistens leider zu spät, die Folgen bereits Realität geworden, in diesem Fall leider mit völlig umumkehrbarem Ausgang.
In Deinem Fall war das neben einigen anderen Faktoren auch Deine esoterikssüchtige Schwester, die Dir da einige angebliche alternative Wundermittel einredete, die offiziell bei uns gar nicht erhältlich sind.
In Folge "informiertest" Du Dich selbst, was nichts anderes bedeutet, als dass Du auf dubiose Heilung versprechende Videos auf youtube reinfielst, auf simpelste, eigentlich durchschaubare Bauernfängerei fragwürdiger Experten und angeblicher Alternativmedizin-Ärzte und anderer Wunderwuzzis, die das Blaue vom Himmel versprachen und in jeder Hisnicht gegen die böse Schulmedizin ebenso wie die Pharmaindustrie wetterten, ich kam aus dem Wundern nicht mehr raus, allerdings nicht in positiver Hinsicht, und an Dich auch diesbezüglich nicht mehr ran.
Natürlich liegt in unserer Welt, gerade in unserer Gesellschaft, auch was Medizin und Pharmaindistrie betrifft, ebenso eine Menge im Argen, wie in jeder Menge anderer Bereiche, als Resultat wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklungen, die wir alle in den letzten Jahren, Jahrzenten eben genau so zugelassen, erlaubt haben, obwohl spätestens seit den Neunziger-Jahren jedem, der hinsehen wollte, einigermaßen hätte klar sein müssen, wohin die Reise gehen würde. Aber diese Art von Alternativen sind vielleicht in einiger Hinsicht noch schlimmer, weil sie Dinge versprechen, jemandem etwas vorgaukeln, das sie in keiner Weise halten oder erfüllen können. Aber wenn es nicht funktioniert, lag es an einem selbst, nicht an der falschen Methode. Genau wie in vielen esoterischen Bereichen auch. Wenn's nicht klappt, liegt's an Dir selbst, aber ganz bestimmt nicht an falschen, verdrehten Inhalten, oder Fehlern im zu Grunde liegenden System.
Wieso fielst ausgerechnet Du auch noch jetzt darauf dermaßen rein? Du warst doch schon längst ganz woanders gewesen. War das dieselbe Britta, die ich davor ganz anders erlebt hatte? Auf welche Gehirnwäschen fielst Du da auf einmal bereitwillig rein, welche verpasstest Du Dir selbst? Aus Angst vor etwas anderem?
Das war sehr schwer für mich zu ertragen. Mintunter warst Du mir so fremd wie noch nie zuvor, mitunter schien es mir, als ob eine Art Schattenschwester, sozusagen Dein eigene dunkle Seite die Kontrolle über Dich in Dir selbst übernommen hätte, die bis dahin sozusagen geschlummer hatte, weggessperrt worden war, und nun, nachdem Du selbst geschwächt warst, nicht in der Lage, die Kontrolle zu behalten, die Führung einfach übernahm. Und der stand ich natürlich in jeder Hinsicht im Weg, die wollte in ihrem eigenartigen Tun durch nichts und niemanden gestört werden. Dein Wille geschehe! Wenn's sein musste, gegen die ganze Welt, mit Ausnahme Deiner neuen Wundergurus aus dem Internet natürlich. Wie üblich bei Derartigem.
Was tut man mit so etwas? Mit Dir reden, gerade darüber war in der Zeit so gut wie unmöglich geworden, alles was Du erwartetest war die Bestätigung für die Richtigkeit Deines eigenartigen Tuns. Alles andere wurde sofort abgeblockt. Beschissen, wie ohnmächtig man sich in solch einer Situation fühlt. Ich sollte was tun, konnte, durfte aber nicht, einiges hattest Du mir sogar ausdrücklich verboten.
Also begannst Du damit, eigenartige Vitaminpräparate zu schlucken, bittere Aprikosenkerne zu kauen, Hanfsamen, wurdest von einem Tag auf den anderen zur radikalen Veganerin, der nächste kapitale Unsinn. Samt allen typsichen Anzeichen einer Art blindwütigen, einseitigen Fanatismus. Was war auf einmal mit Dir los?
Ich habe selbst einen großen Teil meines Lebens vegetarisch gelebt, war auch nicht immer einfach war, aber vegan ist gerade deshalb in meinen Augen eine Art Irrglaube, basierend auf Irrtümern, vor allem aber ist mir alles, das auf Glauben und Fanatismus beruht, was ohnehin beinahe untrennbar miteinander verknüpft ist, suspekt.
Und selbst wenn dann schon regelmäßig Artikel in den Medien darüber auftauchen, wenn wieder einmal ein Kleinkind, das von seinen Eltern vegan ernährt wurde, mit massiven Mangelerscheinungen in eine Klinik eingeliefert wird, so schimpft ein Veganer dann sofort auf die Schulmedizin, wird aber garantiert an seinem Wahn nichts ändern. Der "Glaube" hat Vorrang, sogar vor dem Wohl des eigenen Kindes.
Und auf einmal ziehst Du Dir den Wahnsinn selbst rein?
Das Problem bei Krebs ist, dass er sozusagen von Kohlehydraten, somit von Zucker gefüttert wird, sich davon ernährt. Also muss man auf eine kohlehydratreduzierte Ernährung achten. Nur, vegan ist ja wieder etwas anderes, und leider alleine auf Grund der diversen Früchte, des Obstes extrem zuckerhaltig.
Der menschliche Stoffwechsel ist nicht der eines reinen Pflanzenessers, und das "moralische" Gerüst der Veganer bereits selbst eine ziemlich verdrehte Sache. Nicht im Einklang mit der Wirklichkeit, sondern, wie üblich, der Versuch, sie auf den Kopf zu stellen. Eine Art latentes schlechtes Gewissen loszuwerden, Verganer zu sein, ist eine Art Ersatzreligion seltsam verblendeter "Gutmenschen" und Weltverbesserer, eine Glaubenssache, noch dazu eine ziemlich fanatische. Und in meine Augen ebenso unsinnig wie jede andere Art von Fanatismus auch, beginnend bei Fußballclubfans, über Esoteriker oder Zeugen Jehovas gehend, bis hin zu IS-Märtyrern oder ihren neo-liberalen Gegenspielern, die auf eigenartige Weise zugleich so etwas wie Brüder, Zwillinge im Geiste des Irrtums, nur eines anderen, gegensätzlichen sind, eines sozusagen weltlicheren.
Auch die Gläubigen an diverse goldene Kälber, diejenigen, die den Sinn des Lebens in mannigfaltiger Gewinnoptimierung zum eigenen Vorteil sehen, sind Gläubige, die zugleich alle (für andere) daraus resultierenden Nachteile und Folgen ausblenden, verdrängen. Die Inhalte mögen variieren, das System selbst, die Muster, Strukturen sind beinahe völlig identische, auch darauf bezogen, was all das im Bewusstsein des Einzelnen anrichtet, verdreht, zerstört.
Inzwischen führt sogar, wenn man es so sehen will, der Planet selbst gegen uns Krieg, und den werden wir wohl früher oder später verlieren. Dieser Planet ist doch nach wie vor weitaus stärker als das Krebsgeschwür, das ihn seit einiger Zeit befallen hat, und das in Wahrheit wir selbst sind.
In irgend einer Art und Weise läuft alles, das Menschen tun, darauf hinaus, dass sie etwas kaputt machen, zerstören, um dieverser eigener Vorteile willen. Das hats sich in den letzten Jahrtausenden niemals wirklich verändert, ich würde auch keinen Cent darauf wetten, dass das in absehbarer Zeit anders werden wird, im Gegenteil. Nur dass uns allen in der nächsten Zeit wohl noch weitaus mehr an Folgen um die Ohren des eigenen Kollektiven Tuns um die Ohren fliegen wird, als jemals zuvor.
Wir selbst, die Menschen sind das Problem, das andauernd unter der Ausrede, alles ständig besser machen zu wollen, noch mehr, neue Probleme erschafft, und sich dann aber um Lösungen drückt, stattdessen noch mehr noch irrwitziger zu verbessern versucht, also de fakto noch mehr Schaden anrichtet.
Diese Welt wäre ein wunderbarer Ort, wenn es keine Menschen auf ihr gäbe. Oder nur ein paar hunderttausend, weit verstreut.
Auch Krebs ist eine Reaktion auf unsere Zivilisation, auf unser falsches Leben, auf unsere Massenverblödungs- und Massenverblendungs(un)kultur. Allerdings trifft er nicht gezielt Täter, Verursacher, Verantwortliche, sondern schlägt breit gefächert dort zu, wo er welche Angriffsstelle auch immer, aus welchen Gründen auch immer findet. Wie andere Krankheiten und andere Katastrophen auch.
Kann natürlich jeder anders sehen als ich, ich habe mir auch eine Menge davon sehr lange gegeben, daran geglaubt, und noch viel länger habe ich dafür gebraucht, all den Mist, all diesen Müll wieder aus mir hinaus zu bekommen, wieder loszuwerden.
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