Brauche jemanden, der mir die Karten legt

Franziska123

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Anfragen dieser Art habt ihr bestimmt viele.
Für mich ist es das erste Mal, dass ich überhaupt daran denke, und eigentlich habe ich nie daran geglaubt. Da mich nun aber eine Geschichte schon seit Jahren nicht mehr loslässt, natürlich, wie sollte es anders sein, eine "Liebesgeschichte", und ich mittlerweile weder ein noch aus weiss, es für mich keine Erklärungen gibt, würde ich mich nun einfach mal überraschen lassen, falls mir jemand weiterhelfen mag.

Ist es vielleicht hilfreich, wenn ich davon erzähle, oder "verfälscht" es das Ergebnis? :)

Grüße in die Runde,

Franziska
 
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Oh, entschuldige, ich habe erst jetzt gesehen, dass jemand geantwortet hat!

Also, erst mal - wer nicht auf Kitsch steht, vielleicht besser nicht weiterlesen. Es ist mir ein bißchen peinlich.

Es geht, wie geschrieben, um einen Mann, hässlich, klein und garstig, aus Paris, mit dem ich vor zwei Jahren zusammen gearbeitet habe.

Anfangs sind wir ständig zusammengewesen, durch ein gemeinsames Hobby aufeinander aufmerksam geworden. Er hat mich zum Tee eingeladen, wir haben geredet, Gedanken ausgetauscht...standen in der Pause dicht zusammen, manchmal schweigend... Und immer spürte ich diese Spannung, diese eigenartige Anziehung, die mir beinah diktierte, ihn einfach zu umarmen und festzuhalten. Vielleicht aus Dankbarkeit, anfangs. Mein erster Job, in einem fremden Land und ständige Reizüberflutung... Er gab mir eine Schulter zum Anlehnen, spielte den Seelentröster, den großen Bruder und ein wenig auch den weisen Philosophen. Vielleicht gefiel er sich in dieser Rolle, vielleicht ist's auch der Grund, weswegen es sich damals vorerst im Sande verlief.

Als ich mich etwas eingelebt hatte, galt mein Interesse nur noch ihm.
Seine seltsame Art, sein Schwanken zwischen sinnierender Zurückgezogenheit und herzlicher Aufmerksamkeit, sein bedächtiges, ruhiges Wesen, das jedoch von Zeit zu Zeit überrascht durch Aufsässigkeit und Rebellion, sein theatralisch-ulkiges Gestikulieren, sein trockener Humor, seine Augen, irgendwie versunken und mit einem Ausdruck wie in Dauermeditation... Ich musste diesen Menschen ergründen!

Von einer Kollegin erfuhr ich, dass er darüber nachgedacht hatte, mich zum Essen einzuladen. Eigentlich hasse ich dieses Hintenrum und gleich schon über Kolleginnen... In diesem Fall war's mir egal und ich wurde zuversichtlich.
War er also auch neugierig, mochte er mich auch...
Ich wartete, doch es kam nichts.
Auf Anraten der Kollegin, die vermutete, er habe noch nie eine Freundin gebabt und sei einfach schüchtern, fragte ich ihn.
Und am Ende hatten wir ein Date in Paris.
Es war wunderschön, magisch, wir liefen und liefen, er zeigte mir alles- immerhin wohnte er bereits 20 jahre lang dort- seine alltäglichen und vergangenen Wege, seine Uni (er hatte Philosophie studiert), erzählte über sein Leben, seine Eltern, die Weltenbummler und Juden waren (er bekennt sich jedoch zum Atheismus), seine Vorlieben und Abneigungen. Und ich fing endgültig Feuer.
Ich machte (verbale) Andeutungen, vorsichtig...doch er blockte ab.
Doch immer wieder beobachtete er mich und kamen wir näher, fühlte ich eine wahnsinnige Spannung...

Nach diesem Date verhielt er sich mir gegenüber merklich distanzierter.
Wir gingen nicht mehr zusammen Tee trinken, er schrieb mich nicht mehr an per msn. Dennoch warf er mir immer wieder mal einen versteckten Blick zu, oder grüßte mich besonders zuvorkommend...

Das Ganze ging so lange, bis ich ihm aus Verzweiflung dummerweise meine Zuneigung gestand. Da schrieb er, Verliebtsein sei nur die Projektion des eigenen Idealbildes auf irgendeinen Menschen, im Grunde also austauschbar... Und ich solle Dinge tun, die ich sonst nie tue, oder ein gutes Buch lesen etc. . Und dass er keine so nette Person wäre, ich solle ihm da vertrauen. (Später erfuhr ich noch, genau aus diesem Grund wolle er auch keine Freundin.)

Von da an herrschte Stillstand zwischen uns.
Wohl war es meine eigene Scham, die eine erneute Annäherung verhinderte...

Irgendwann, nachdem viele Wochen vergangen waren und ich ihm wieder in die Augen sehen konnte, lud er mich plötzlich spontan zum Teetrinken ein. Nach draußen, in den kleinen Innenhof der Firma, an dem wir schon einmal zusammen gestanden hatten, ganz am Anfang.
Diesmal setzten wir uns gegenüber und redeten. Über das Leben, Krieg, fremde Länder und unseren Wunsch nach einer besseren Welt.
Schließlich deutete er an, dass wir uns wieder an die Arbeit machen sollten.
Ich wollte gerade aufstehen, da reichte er mir die Hand, zog mich langsam hoch und wir sahen uns an, und ich glaube, das war wohl der "berühmte" Blick, der einen für einen kurzen Moment die Außenwelt komplett vergessen lässt. Ich sah nur noch ihn und fühlte mich plötzlich ganz frei und als würde ich ins Meer gezogen werden, aber es war wunderschön. So was war mir bis dato noch nie passiert. Ich dachte auch, er würde mich gleich küssen, aber sich nur anzusehen war wohl mehr in diesem Moment...

Nach drei Tagen lud er mich wieder (zum Teetrinken) ein. Derselbe Ort, auf dem Mauervorsprung im Innenhof der Firma. Doch gerade, als er seinen Teebecher neben mir abgestellt hatte, ging der Feueralarm los! (Kein Witz.)

Bald wechselte er die Abteilung und ich kündigte (nicht wegen ihm), ohne mich von ihm zu verabschieden, weil ich glaubte, er wolle eh nichts mehr von mir wissen. Denn nach besagtem Feueralarm hatte er sich nicht noch mal gemeldet. Ich habe jedoch immer an ihn gedacht, die ganze Zeit. (Trotz mittlerweile Freund.)

Und jetzt, das heißt vor ein paar Monaten, habe ich urplötzlich eine Mail von ihm im Postfach - nach über einem Jahr! Eine Buchempfehlung, und die Worte, er habe beim Lesen an das denken müssen, was ich ihm einmal gesagt habe, damals. Er hoffe, es gehe mir gut.

Was empfindet er wirklich für mich?

(Er hat jetzt auch ne Freundin.)
 
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