KingOfLions
Sehr aktives Mitglied
Hast du schon mal versucht vollkommen unabhängig für längere Zeit zu leben und wenn ja, was sind deine Erkenntnisse daraus ?
Kommt darauf an, was Du meinst. Vollkommen unabhängig sind wir ja nie. Wenn Du nur die partnerschaftliche Seite meinst - ja, das habe ich probiert und schätze es mittlerweile sehr. Am Anfang war es nach 20 Jahren Partnerschaft sehr ungewohnt und mit vielen Ängsten verbunden. Man ist einfach nur 50% einer Partnerschaft, die restlichen 50% muss man einfach lernen, um mit sich alleine zurecht kommen zu können. Aber gerade darum finde ich es als sehr bereichernd alleine zu leben ... denn dann muss man wirklich alles leben, und gerät nicht mehr so leicht in die Gefahr bei einem Partner Schutz und Unterstützung zu suchen.
Ein Mensch, und selbst der spirituell sehr weit fortgeschrittene, hat immer Bedürfnisse, die er sich nicht selbst erfüllen kann.
Diskutieren wir hier Ideal oder Realität ?
Was meinst Du hier konkret? Natürlich gibt es Bedürfnisse deren Erfüllung alleine nicht so viel Spaß macht (pfui wer Schönes dabei denkt ... ich meine z.B. gemeinsame Urlaube etc. ). Aber das lässt sich mit Freunden/-innen genauso machen, und bedingt nicht unbedingt eine Partnerschaft.
Mir geht es aber bei der Aussage weniger um irgendwelche nebensächlichen Sachthemen, sondern vordringlich einmal um die Grundbedürfnisse - Nähe, Sicherheit, Zuwendung, Lebensfreude etc. ... und dafür sollte man seinen Partner nicht verantwortlich machen.
Die Art von Freunden von denen du sprichst habe ich nie gehabt.
Ich kenne nur Freundschaften wo man sich gegenseitig bei der Weiterentwicklung hilft und falls sich einer der Beteiligten weigert dann bricht das auseinander.
Ich habe mittlerweile leider sehr viele Freundschaften, in denen ich bei der Weiterentwicklung helfen darf. Was aber nicht heissen soll, dass diese Freundschaften schlecht sind. Denn auch diese Leute sind ja mein Spiegel, und sei es nur dafür, dass ich meine eigenen Themen erledigt habe. Und da kommen einfach im freundschaftlichen Kontext und im gemeinsamen Erleben oft andere oder intensivere Themen, als mit Klienten.
Wenn mein Partner alles fixen soll, wo bleibt dann noch Zeit und Gelegenheit für Spiel und Spass ?
Überfrachtest du das Beziehungsmodell nicht ein bischen ?
War keinesfalls so gemeint, dass der Partner alles "richten" soll. Ganz im Gegenteil, Partnerschaft kann ja nur miteinander passieren, d.h. es sind auch beide zu gleichen Teilen gefordert Lösungen zu bringen und die Partnerschaft am Laufen zu halten.
Spiel und Spaß ist sowieso die Basis für eine Partnerschaft. Nur wenn sie spielerisch geling, dann hat sie auch die notwendige Leichtigkeit um auch mit extern herangetragenen Problemen umgehen zu können. In diesem Sinne bin ich auch kein Freund des Begriffes "Beziehungsarbeit", da dieser bereits impliziert, dass man "arbeiten" muss um die Beziehung zu erhalten, was letztendlich wieder impliziert, dass störende Elemente vorhanden sind.
Beziehung ist für mich kein Modell, sondern sie passiert oder passiert eben nicht. Und nur wenn ich wirklich in Beziehung zueinander bin, dann kann ich auch Beziehung leben ... leider leben die meisten Paare eher in den Sachthemen und nebeneinander her.
Im übrigen gibt es mehr gute Freundschaften, die Jahre oder auch Jahrzehnte halten als langjährige Beziehungen, wo die Anziehungskraft irgendwann einfach nachlässt.
Das ist eben der Unterschied zwischen Verliebtheit und Liebe. Wenn Liebe da ist, dann kann die Anziehungskraft nicht enden, weil man sich in den Menschen zwangsläufig immer wieder verlieben muss. Ausser einer der beiden verstößt gegen die Basics der Beziehung oder man lebt sich auseinander (was aber bei ausreichender Kommunikation nicht passieren sollte).
Reden wir hier immer noch von einer gesunden Distanz zwischen Freiheit und Nähe wenn du deine Partnerin nicht manchmal auch einfach wegfliegen lässt ? Du beweist ihr dadurch doch, dass du an sie glaubst, dass du Vertrauen in sie oder auch das Leben hast.
Was wäre denn eine "gesunde" Distanz? Das ist doch für jeden Menschen individuell. Natürlich kann es nur funktionieren, wenn beide ähnliche Bedürfnisse haben, oder sich dann auf einer anderen Ebene der Ausgleich einstellt. Aber wie gesagt, wenn Beziehung auf Grund der Distanz nicht mehr stattfinden kann, dann sind die Chancen sehr gering hier wirklich eine Partnerschaft über die Sachthemen oder Grundbedürfnisse hinaus zu führen. Das zeigt sich auch in sehr vielen Partnerschaften, bei denen es eher um Beruf, tägliches Leben, Kinder geht - nur nicht mehr um das Paar und das Miteinander des Paares.
Liebe Grüße