Ich lese das jetzt bei dir so heraus, dass du Auszeiten eher grundsätzlich als unreife Vorgehensweise siehst, wo vor Problemen geflohen wird.
Ich möchte das nicht werten. Ich sehe es einfach als Thema das da ist, und das in einer langfristigen Beziehung vielleicht störend sein könnte, zumindestens wenn es zu oft geschieht.
Um aber noch mal auf das Ausgangsthema der Bindungsängste einzugehen, da geht es um ganz tiefsitzende Konflikte, die wie du selber schon sagtest oft noch nicht mal bewusst sind, also worüber reden die zwei denn dann ?
Und der Mann flüchtet ja regelrecht ins Ausland, was ein grosses Problem für die Familie darstellt und dieses könnte durch eine andere Nähe-Distanzregelung eben besser gelöst werden.
Das ist leider einer der grossen Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Die Frau möchte über ein Problem kommunizieren (was nicht immer gleich Lösungswille ist), der Mann setzt sich einsam auf einen Felsen und begrübelt das Problem um es für sich zu lösen. Beides sind einfach anerzogene Muster aus vielen Generationen die das so gelebt haben. Aber leider halt auch einer der häufigsten Gründe für eine Scheidung - Frau fühlt sich in ihren Bedürfnissen nicht gesehen, Mann fühlt sich unfähig die Beziehungsprobleme zu lösen und flüchtet aus der Beziehung.
Bei ihrem Partner ist da der Drang zur Flucht aus Problemen einfach größer. Ich habe das nur nicht weiter besprochen, da ich keine Analysen über Dritte machen möchte.
Es geht ja eben nicht um die idealen Menschen, die sich zu einer idealen Paarbeziehung zusammentun.
Was du aus deiner Arbeit eben auch kennen müsstest sind all die Fälle, wo es recht destruktiv zugeht, Gewalt, Drogen, psychische Krankheiten und in vielen dieser Fälle sind die Umstände eben nicht so, dass man kurz beim Kaffee ein tiefenpsychologisches Gespräch führt und wo das Interesse überhaupt da wäre.
Genau darum geht es ja, sonst wäre ich überflüssig. Jeder hat seine Defizite aus der Erziehung (bewusst oder unbewusst), dort wo sie sich exzessiv äußern sieht man es natürlich sehr leicht. Aber auch kleinere Themen und Defizite (und sei es "nur" in der Kommunikation) behindern einen einfach im Leben in gewissen Situationen.
Es gibt kaum eine ideale Paarbeziehung. Weil der Partner meistens dazu verwendet wird, um eigene Defizite abzudecken. Das was wir am Partner lieben sind immer unsere eigenen Ideale (das wäre ja noch nicht so schlimm) und die Abdeckung unserer eigenen Defizite (= Sicherheit). Ganz typische Paarungen sind extrovertiert/introvertiert, egozentrisch/sozial, vater-/mutterersatz ....
Je mehr ich daher von den eigenen Themen bearbeitet habe, desto weniger gerate ich in eine emotionale Abhängigkeit vom Partner.
Wenn du den zweien erzählst, jetzt redet doch einfach mal miteinander, holst du sie wahrscheinlich nicht dort ab, wo sie sich gerade befinden und was für sie machbar wäre.
Ja. Genau das ist die Aufgabe einer Paarberatung. Wie soll man miteinander reden, wenn man es nie gelernt hat? Da gibt's aber tolle Übungen dazu.
Ich komme aus einer Familie, wo von aussen absolut heile Welt geherrscht hat und die für mich trotzdem zur Hölle wurde und ich an den Zuständen zerbrach.
Nun, wenn mein Vater sich jedesmal bevor er eine Wutattacke bekam eher eine Auszeit genommen hätte und einfach erst mal reflektiert hätte, dann hätte sehr viel Übel verhindert werden können.
Und dieser Mann war hochgebildet, war aber trotzdem nicht in der Lage oder willens sich selber auch nur das kleinste bischen in Frage zu stellen oder wutfrei/undestruktiv zu kommunizieren.
Und wenn dein Vater sich überwunden hätte, und sich bei seiner Wut hätte helfen lassen, dann hätten sich sowohl die Hölle für dich als auch die gestörte Beziehung und die eingeschränkte Lebensqualität für ihn selber als auch seine Famile vermeiden lassen.
Deshalb meine ich, hängt es wohl sehr stark vom Gesamtkontext ab, was hier empfohlen wird.
Was ist die bessere Lösung? Mit dem Thema leben und nur die Auswirkungen unterdrücken (und daran mit hoher Wahrscheinlichkeit selber zerbrechen, weil kein Ventil mehr da), oder gleich das Thema lösen?
Ausserdem fehlinterpretierst du meine Charakterstrukturen sehr stark.
Bisher habe ich dich immer als sehr kompetenten Gesprächspartner verstanden, doch trifft die Thematik bei dir wahrscheinlich auch irgendeinen Nerv.
Was wenn sich deine Frau nun geweigert hätte mit dir zu diskutieren oder sie dich nur hilflos angeschaut hätte und dir im Endeffekt das erzählt hätte was du hören wolltest ?
Was wenn deine Frau dich zwar sehr geliebt hätte, aber zu den sehr freiheitsliebenden Schmetterlingen gehört hätte, die sich nicht in einen Käfig sperren lassen ?
Vielleicht käme dann bei dir auch eine grosse Unsicherheitsproblematik hoch und du hättest dich lieber getrennt als das mitmachen zu müssen.
Sorry wenn ich dich falsch interpretiere. Wie bereits oben gesagt, nach ein paar Fragen ist nur schwer eine halbwegs zutreffende Analyse möglich.
Wo genau interpretiere ich deinen Charakter (bzw. deine Themen) falsch? Eigentlich habe ich mich nur auf das bezogen, was Du gesagt hast, und dir dazu Fragen gestellt und
mögliche Erklärungen angeboten ....
Wenn meine Frau sich geweigert hätte, mit mir zu diskutieren, dann wäre sie nie meine Frau geworden. Wenn sie mich bei einem Thema hilflos anschaut, dann ist es auch zum Teil meine Verantwortung in der Partnerschaft, das Thema meiner Partnerin so zu erklären, dass sie es auch verstehen kann.
Wenn sie zu den freiheitsliebenden Schmetterlingen gehört hätte ... ich wäre zwar traurig gewesen, aber einen Menschen der weg will kann man nicht halten (oder nur für eine begrenzte Zeit).
Es ist nicht gesund, wenn die Menschen sich gegenseitig zu sehr kontrollieren und besitzen müssen, entspricht auch nicht mehr unbedingt dem heutigen Zeitgeist.
Es gibt Menschen die es brauchen kontrolliert und besessen zu werden. Und es gibt Menschen, die genau so jemanden als Partner brauchen. Das hat nicht einmal mit "Zeitgeist" zu tun, das ist einfach Beziehung basierend auf Defiziten. Wenn es nicht deine Defizite sind, dann kannst Du damit natürlich nicht leben, das ist klar.
Das hat auch nicht unbedingt etwas mit "Zeitgeist" zu tun ... eher mit der Abwertung der Frau durch das Christentum und die wirtschaftlichen Gegebenheiten in einem patriarchalischen Umfeld. Das ändert sich jetzt Gott sei Dank schön langsam, wobei die wirtschaftliche Seite als Single für beide Teile meistens nicht lustig ist.
Nichts für ungut, ist ja nur eine Diskussion.
Kein Problem! Ist ja spannend, wenn jemand eine andere Sichtweise hat!
Liebe Grüße