Bilder und Geschichten

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die Zeit


Eines Tages war sie da. Die Zeit.
Sie machte sich leise bemerkbar. Es war soweit.
Bis dahin ging alles seinen gewohnten Weg.
Doch nun sagt die Zeit, daß es so nicht mehr geht.

Du hattest deinen Spaß, sagt sie, jetzt nimm es leicht,
Du mußt doch zugeben, daß es nun reicht.
Ich habe dir alles gegeben, was du hast gewollt,
nun gib du mir dafür den Sold.

Moment mal, sage ich, das war so nicht ausgemacht.
Niemand hatte mir gesagt, daß die Zeit mal kommt und mir eine Rechnung macht.
Ich seh nicht ein, daß ich nun bezahlen soll,
für das, was war, auch wenn es wirlich war wundervoll.

Mir ist egal, sagt sie, ob du willst oder nicht.
Ich habe alle Macht und kann dich zerren vors Gericht.
Du kannst dich wehren, fluchen oder schreien,
du wirst bezahlen, denn es soll so sein.

Was mach ich nur, ich arme Maid? Ich bin verloren.
Die Zeit ist gar zu mächtig. Ach wär ich doch nie geboren.
Wer hilft mir nun, wer bringt den Spaß des Lebens mir zurück?
Warum auf einmal hat mich verlassen das Glück?

Da hörte ich eine Stimme sagen, gräm dich nicht,
gib der Zeit, was sie verlangt. Sei doch nicht törricht.
Gib alles her ohne rückzuhalten,
mach dich frei von all der Last, der alten.

Dann werde ich dir geben einen wahren Schatz
und den nimmt dir niemand mehr.
Der soll dir sein ein tröstend Ersatz,
du wirst sehen, er gefällt dir sehr.

Ich ließ mich überreden von der Stimme sanftem Klang,
und gab der Zeit gleich alles, was mir gut gelang.
Sie ließ mich sofort in Frieden und zog schnell weiter.
Ich sah ihr lange nach noch und ward bald darauf sehr heiter.

* * *​
 
Angst


Die Angst um mein täglich Brot hält mich fest umklammert.
Ich fühl mich gefangen und betrübt.
Ich habe dir schon oft mein Leid geklagt und vorgejammert.
Und du antwortest darauf vergnügt:
Vertraue mir und glaube an mich.
Dann sollst du auch kein Leid mehr spüren ewiglich.

Ich sage, ich glaube an dich, doch vertrauen kann ich dir nicht.
Deine Wege sind unergründlich und zu oft schmerzten sie mich.
Wie könnte ich dir denn einfach so trauen,
nach allem, was geschehen ist?
Ja, du hast mich stets geführt.
Aber nur nach deinem Willen und mir scheint, mit List.

Alle Dinge werden von dir geheim gemacht.
Alles hältst du streng verborgen.
Ich fürchte mich vor deiner unsichtbaren Allmacht
und vor dem, was kommen wird morgen.

Immer nur Angst von früh bis spät,
nie hab ich je eine Freude gekannt.
Kannst du mir sagen, wie das geht,
daß die Angst in mir wird endlich gebannt?

Ich kann so nicht weiterleben, in Angst und Finsternis.
Alles in mir sperrt sich dagegen und will zerstören, was ist.
Auf daß die Finsternis zerschlagen werde und das Licht triumphieren kann.
Auf daß die Angst getötet werde, damit die Liebe lebe sodann.

Daß dies so geschehe, liegt allein bei dir.
Ich vertraue darauf, daß du die rechte Ordnung schaffst in mir.

* * *​
 
der Geizhals


Es lebte einst ein grimmig geiziger Mann
auf seiner großen Farm.
Seine Knechte und Mägde nannten ihm heimlich den Tyrann,
er verachtete alle, die da waren arm.

Er sprach nur selten und wenn, dann nie ein freundliches Wort,
kleine Vergehen seiner Arbeiter strafte er sofort.
Jeder war in seinen Augen ein fauler Dieb.
Sich selbst hielt er für den letzten Ehrenmann,
der als einziger noch in der Welt verblieb.

Sein Weib starb schon vor vielen Jahren,
man sagt, der Herrgott hat sie ihm genommen.
Nichts anderes durfte sie außer sparen,
und nicht ein Kindlein hat sie je von ihrem Mann bekommen.

Nun lebte er allein mit hartem Herzen, gnadenlos und unbeugsam.
Der Zufall wollte es und eines Tages trat eine Magd an ihn heran.
Ob er nicht zahlen könne einen Vorschuß, weil die Mutter wär so krank,
damit sie holen könne einen Doktor und der ihr bringe einen heilsamen Trank.

Der alte Geizhals hörte gar nicht hin und schickte seine Magd gleich fort.
Das faule Pack, dachte er, könne sich bald suchen einen neuen Arbeitsort.
Weinend ging die Magd nach Hause, wo sie alles ihrem Sohn erzählt.
Dieser entbrannte in Zorn und stürmte selbst los, um zu verlangen das notwendige Geld.

Mit drohender Gebärde stand der Sohn nun vor dem alten Mann,
die Liebe zur Großmutter gab ihm dafür die Kraft.
Der Alte war verblüfft, nie hatte jemand dies gewagt. Und er begann
den Burschen zu bewundern und war gerührt wahrhaft.

Und mit einem Male erkannte er sein hartes Herz
und schämte sich und spürte einen leichten Schmerz.
Natürlich werde er den Vorschuß geben, sagte er zum Sohn
und gab ihm sogleich die nötigen Taler im freundlichen Ton.

Von diesem Tage an begann für den Alten ein neues Leben.
Liebe und Sanftmut war von nun an sein Bestreben.
Man sah ihn lächeln auch an manchen Tagen.
Und man sagt, er habe sich sogar mit dem Herrn wieder vertragen.

* * *​
 
Brief an den Weihnachtsmann


Lieber guter Weihnachtsmann,
ich bitte dich, hör mich einmal an.
Du siehst doch, daß ich bedürftig bin,
drum bring mir Pakete mit schönen Dingen drin.
Ich werde dir ganz artig danken dafür
und ein kleines Gedichtlein darbringen dir.

Vergiß nicht einen großen Sack voll Pfefferkuchen,
wenn du mich Heilig Abend kommst besuchen.
Die mit Schokolade, die sind fein,
es können auch einige mit Mandeln sein.
Auch viele Nüsse hätt ich gern,
zu schmackhaft ist doch deren Kern.

Ein neues Gewand wünsch ich mir schon lang.
Es sollte himmlisch schön sein mit kostbarem Behang.
Dazu bring eine goldene Kette mit Diamanten und Rubinen.
Ach, wenn ich's doch nur schon hätte, das wär ein solch Vergnügen.

Dann hab ich noch eine große Bitte.
Es gibt da einen bösen Schmerz in meines Herzens Mitte.
Ich weiß nicht, wie ich's dir sagen soll.
Es ist ein arges Wüten und Rasen in mir wie toll.
Wenn du dafür kennst einen Trank,
dann bringe ihn und sicher ist dir mein aufrichtigster Dank.

Und bring auch mit viel Zeit,
auf daß wir zum Plaudern haben die Möglichkeit.
Dann sollst du mir alles erzählen aus deiner Welt.
Ich bin sicher, daß mir das sehr gefällt.

Eil dich, daß du schon bald ankommen wirst bei mir da.
Es grüßt dich ganz lieb deine Johsa.

* * *​
 
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Kater Kasimir


Ein Kater namens Kasimir
lebt seit vielen Jahren in seinem kleinen Revier
im einsamen Haus des Bauern Feldmann,
wo er zufrieden ist und herrlich jagen kann.

Einmal, das ist schon lange her,
traf er eine Katze, die auf dem Weg saß, quer.
Oh, das war Liebe auf den ersten Blick,
denkt der Kater wehmütig zurück.

Sie hatten sich so gut verstanden,
es war wohl Bestimmung, daß sie sich fanden.
Nie hatte er größere Gefühle gehabt,
er wollte sie für immer lieben bis ans Grab.

Doch sollte es ganz anders kommen.
Ein anderer Kater hat ihr Herz gewonnen.
Mit ihm ist sie davon gegangen,
er blieb allein zurück mit heftigem Verlangen.

Er schwor sich, daß er nie mehr werde
eine Katze ansehen, und sei sie die letzte auf der Erde.
Mit mir nicht mehr, sagt er sich,
solchen Herzschmerz, nein, den brauch ich nicht.

Drum ging er los und suchte einen Mann,
bei dem er leben wollte, solange er noch kann.
Dann habe er stets sein täglich Brot,
muß nie mehr leiden eine Not.
Kann leicht vergessen die Vergangenheit
und zum Schmusen finden oft Gelegenheit.

So fand er dann den Bauern Feldmann,
der ihn gleich hoch erfreut in sein Haus aufnahm.

Ach ja, so denkt der Kater Kasimir,
so ein Leben laß ich mir gefallen hier.
Ich habe alles, was ein Kater braucht,
und gut gefüllt ist auch mein Bauch.

Doch irgend etwas fehlt mir noch,
ich weiß nicht recht … soll ich etwa doch …?
Nein! Das kommt überhaupt nicht in Frage:
Ich und eine Katze?! Gott bewahre!

Schnell will ich diesen Gedanken von mir schieben,
niemals wieder will ich mich verlieben!
Bauer, mach alle Türen und Fenster zu,
auf daß ich schnell finde wieder meine Ruh!
 
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