Wie ich sehe gibt es völlig unterschiedliche Wahrnehmungen diesbezüglich.
Betrug ist Betrug - keine Frage. In diesem Sinne ist er auch verletztend. Eine offene Beziehung hingegen geschieht mit beidseitigem Einverständnis und kann daher nicht als Betrug betrachtet werden.
Betrug als solcher verletzt den Betrogenen, ob man bedingungslos liebt oder nicht. Es ist eine Frage der Offenheit und Ehrlichkeit. Wer betrügt, lügt. Sprich: Er hat seinem Partner die Wahrheit, seine Bedürfnisse, seine Beweggründe, sich selbst, nicht anvertraut.
Es wird von bedingungsloser Liebe gesprochen. Das ist eine wichtige Frage. Kann jemand der bedingungslos liebt, verletzt werden? Oder bedeutet "bedingungslos" nicht vielmehr dass er trotz aller Verletzungen weiterliebt. Also dass es seine Liebe nicht schmälert.
Wenn mich der Partner betrügt, verletzt, und ich ihn daraufhin hasse, missachte, ihn aufgebe, mich von ihm abwende - geschieht dieses dann nicht aus Egoismus, aus verletztem Stolz? Wenn ich den Partner/in, welcher mich betrogen hat, verlasse, weil ich ihn daraufhin nicht mehr lieben kann, ist das eine Sache.
Aber wenn ich den Partner trotzallem weiterhin liebe, trotz des Schmerzes, den er mir zugefügt hat, ist es dann nicht bedingungslose Liebe? Oder andersrum: Ist es überhaupt Liebe vom Betrogenen, wenn er deswegen nicht mehr lieben kann?
Und wenn er sich abwendet obwohl er liebt, entscheidet er sich dann nicht gegen die Liebe? Und täte er dann nicht letzten Endes dasselbe wie der Betrüger auch?
Wo hört Liebe auf und fängt Abhängigkeit an? Und wo lässt sich da differenzieren? Hier kam die Mutter-Kind-Beziehung zur Sprache. Wenn ein Kind seine Mutter sehr verletzt, egal in welcher Hinsicht, wendet sich die Mutter dann von ihrem Kind ab? Sollte sie es tun?
Oder sagt die Mutter nicht eher: "Ich liebe Dich, egal was du tust. Du hast mich sehr verletzt, aber ich möchte dir verzeihen weil ich dich liebe."
Und wäre es dann Abhängigkeit oder bedingungslose Liebe? Und warum soll es eine solche nicht auch in einer Partnerschaft geben können?
Hier kam zur Sprache: Wer betrügt, betrügt immer wieder. Wirklich? Gibt es dazu keine Gegenbesipiele auf der Welt? Kann der Betrüger nicht aus seinem Fehler lernen, die Liebe wiederfinden und erkennen, und treu werden?
Oder ist es in diesem Falle abhängig davon ob der eigentliche Grund des Betrugs Liebe zu jemand anderem war, oder sexuelle Lust oder Probleme in der Partnerschaft, die völlig anderer Natur sind: bspw. psychische Probleme, finanzielle Schwierigkeiten, familiäre Probleme, die sich vielleicht auch lösen lassen, und eine wiederholte Flucht in die Arme einer/eines anderen nicht mehr "notwendig" machen?
Wer aus sexueller Lust betrügt, kann dieser treu werden?
Wer noch jemand anderen liebt, und daher betrogen hat, kann dieser treu werden? Oder kann er die andere Person nie vergessen?
Wer aus finanziellen oder ähnlichen Problemen des Alltags heraus die Flucht woanders hin unternommen hat, kann dieser wieder treu werden, wenn diese Probleme beseitigt sind?
Welche Art des Fremdgehens würdet ihr vielleicht nachvollziehen können, und wenn ja, unter welchen Umständen? Habt ihr selbst schon betrogen, und seid wieder treu geworden?