Irfan schrieb:
Danke für deine Erklärung. Das es keine Trennung gibt, habe ich so zwar nicht erfahren... meine Beobachtung ist, daß im Moment der Wahrnehmung ein Gefühl der Trennung entsteht. "Dort" ist das Wahrgenommene, "hier" bin "ich" als Beobachter, aber auch dieses "hier" und "ich" sind wiederum Gedanken, also Erscheinungen im Subjekt. Es ist also wieder eine neue Trennung entstanden: die zwischen dem Subjekt und dem Ich-Gedanken. Du schriebst etwas von "infinitem Regreß", kannst du da noch was zu schreiben?
Hm, bei mir (und vermutlich bei jedem anderen auch) ist es tatsächlich so wie du sagst: wenn ich mir die Wahrnehmung bewusst mache, scheint eine Trennung vorhanden zu sein. Wobei sich das, bei noch etwas genauerem Hinsehen, auch gar nicht als so klar herausstellt, denn ich behaupte mal folgendes: "Trennung" gibt es dann, und nur dann, wenn ich eben denke, dass es eine Trennung gibt.
Es geht wirklich nur darum, mit ungetrübtem Blick hinzuschauen:
Zunächst mag es so aussehen, dass quasi permanent eine Trennung vorhanden ist: "Da bin "ich" und dort ist die Welt" und dann meint man, dass sei quasi immer so. Eigentlich ist das aber gar nicht durchwegs so: wenn man z.B. in ein Kunstwerk vertieft ist, oder Fußball spielt oder intenstiv arbeitet - gibt es dann wirklich eine Trennung? Oder erscheint das nicht nur im Nachhinein so?
Und wie ist es nun mit dieser gedanklichen Trennung? Inwiefern ist sie real? Wenn man sich hier beobachtet, zeigt sich bei mir, dass es auf eine Sache ankommt, und zwar ob man den Gedanken "Glauben schenkt" oder ob man sie bloß als Gedanken wahrnimmt.
Dieses - den Gedanken zu glauben - ist quasi diese eine Sache, die für alles Leid verantwortlich ist, und ich kann nicht verstehen, wie das überhaupt möglich ist.
Als Beispiel: Der Gedanke "Das ist ein Haus" ist zunächst eben einfach das: ein Gedanke. "Dort" ist nicht "wirklich" ein Haus, "dort" ist einfach diese bestimmte Wahrnehmung und sowohl diese Wahrnehmung als auch der Gedanke "Das ist ein Haus" erscheinen einfach (im Bewusstsein).
Und so verhält es sich mit allem und allen Gedanken! Sie sind einfach "nur" Gedanken.
Aus irgendeinem unerfindlichen Grund ist es nun aber möglich, dass "man" diese Gedanken nicht mehr als Gedanken sieht, sondern den Inhalt der Gedanken die gesamte subjektive Realität bestimmen lässt.
Plötzlich "steht dort ein Haus". Auf einmal "bin ich 1.71cm groß", "Österreicher" und "22 Jahre alt".
"Man" beginnt sich mit diesen Gedanken zu identifizieren (warum das wie gesagt überhaupt möglich ist weiß ich auch nicht). Und dann ist scheinbar "echte" Trennung da.
Gibt es für ein Baby Trennung? Oder für einen Hund? Existiert überhaupt "ein Hund"? Das kann man sich auch mal fragen: da sagt man z.B. "Der Hund wird von seinen Instinkten kontrolliert" - aber "ist" der Hund nicht seine Instinkte?
Es ist eben dieses menschliche Spezifikum, dass man sich mit den Erscheinungen bzw. dem Inhalt von Gedanken, identifizieren kann - und so wird quasi alles möglich: das größte Leid, wie z.B. völlig allein zu sein und sterben zu können wie auch höchste Freude, wie z.B. die Wiedervereinigung mit diesem Urgrund.
Wobei es ja faktisch nie eine Trennung gab - das ist eben diese "göttliche Illusion" (oder wie auch immer man das nennt).
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zu dem infiniten Regress: da geht es nur darum, dass keine Letztbegründung möglich ist - d.h. kein System ist letztlich widerspruchsfrei bzw. ist ein System nur innerhalb seiner selbst völlig stringent.
Der Mensch kann ja z.B. einfach irgendwelche willkürlichen Regeln aufstellen und daraus Zusammenhänge entwickeln usw. Aber diese Regeln begründen sich letztlich nicht selbst.
Das gilt nicht nur für Mathematik und Logik sondern auch für Versuche die "Existenz" mit dem "Verstand" zu begreifen. Deshalb kann auch "ich" bzw. "der Mensch" nur glauben aber nicht wirklich wissen.
Sobald ich irgendeine Erklärung formuliere, wie z.B. "alles gründet in Gott", muss ich eben entweder
a. ein Dogma setzten: Gott ist (weil ich das sage)
b. einen Zirkelschluss machen: "Gott ruft das Sein hervor, welches Gott macht."
c. einen infiniten Regress heranziehen: "Gott macht das Sein, das macht die Existenz, das macht Hansi und der denkt sich dann alles aus (und wird damit nie fertig)"...
Wobei zwischen b und c kein wirklicher Unterschied besteht - infiniter Regress ist auch, wenn eine Definition einfach auf sich selbst Bezug nimmt.
Letztlich sind alle diese Punkte völlig tautologisch, das heißt sie sagen im Grunde überhaupt nichts aus - das ganze Gebäude ist ein Luftschloss.
Was ist damit wirklich gesagt "Dort ist ein Baum"?
und was damit: "Gott existiert"?
liebe Grüße