Hallo sourcereader
Was genau meinst Du mit konservativen Einflüssen auf die Religionen? Für mich haben die Wahlergebnisse in den USA wenig mit Religion zu tun.
Wie viel Politik und Religion in den USA miteinander zu tun haben, soll dir folgender Artikel zeigen:
Perfekt spiegelt der Präsident das Land wider, das er regiert: Von so schlichter Frömmigkeit wie Bush sind große Teile der USA. Bis zu 95 Prozent der US-Bürger, je nach Umfrage, glauben an einen Gott, eine verschwindend geringe Minderheit bezeichnet sich als Atheisten.
Pro Kopf stehen in den Vereinigten Staaten mehr Kirchen, Synagogen, Tempel und Moscheen als irgendwo sonst auf der Erde: Ein Gotteshaus kommt auf 865 Menschen. "Es gibt eine tiefe Sehnsucht nach spiritueller Anlehnung einen Hunger nach Gott", resümierte das Gallup-Institut eine Umfrage im Mai.
In den USA ruft solcher Atheismus nur Kopfschütteln hervor und bestärkt das Bewusstsein, in Wahrheit "Gottes Heimat" zu sein. Die weitaus größte Glaubensgemeinschaft ist die katholische Kirche mit derzeit 62 Millionen Mitgliedern. Trotzdem sind die USA nie ein katholisch geprägtes Land gewesen.
Doch auch die Glaubensgemeinschaften des alten protestantischen Establishments verlieren an Einfluss, weil ihnen die Gläubigen davonlaufen. "Je liberaler eine Religionsgemeinschaft wahrgenommen wird, desto mehr Mitglieder verliert sie", resümierte der Soziologe Ken Sanchagrin bei der Vorstellung seiner jüngsten Statistiken zum Glauben der Amerikaner. "Die wachsenden Kirchen sind die konservativ ausgerichteten."
"So leeren sich die Kirchenbänke der Lutheraner, Presbyterianer und Methodisten, während die Glaskathedralen der freikirchlichen Fernsehprediger, die Sportarenen der Erweckungseiferer, die Gemeindesäle der Pfingstgläubigen und der Charismatiker sowie die türmebewehrten Tempel der Mormonen regen Zulauf haben.
Es sind Bush-Wähler, die hier beten. Beispielsweise in der Belle View Baptist Church an der Big Spring Avenue von Midland in Texas, wo der Präsident als Kind gelebt hat. Belle View ist eine konservative Kirche mit ausschließlich weißen Mitgliedern. Dass die protestantischen US-Kirchen noch immer nach Hautfarbe getrennt sind, beklagt auch der Mann im Weißen Haus. Er wettert dagegen, dass Amerika ausgerechnet sonntags morgens um elf Uhr, wenn sich traditionell die Gotteshäuser füllen, ein Bild vollendeter Rassentrennung bietet.
Pastor Andrew Stewart stört das nicht so sehr. Er betet dafür, dass der allmächtige Gott "die Feinde unserer Nation für immer vernichten" und seinen Segen über "unseren Präsidenten, Freund und texanischen Landsmann George Walker Bush" ausschütten möge. Der Herr, so der Pastor wenig später, solle "unseren Präsidenten gegen unsere Feinde führen".
Es sind die Kirchen mit den simplen Überzeugungen, die großen Zulauf haben, Kirchen, die ein anständiges, ein moralisches Amerika predigen, in denen das Wort der Bibel noch unumstößlich ist und nicht von liberalen Theologen so weit verwässert wird, dass die alten Überzeugungen gar nicht mehr erkennbar sind: "Give me that oldtime religion" ist eine ihrer Lieblingshymnen.
Die Predigten in den fundamentalistischen, charismatischen oder erweckungsbewegten Gemeinden der christlichen Rechten beschränken sich keineswegs auf Ratschläge für ein gottgefälliges Leben. Der konservative, evangelikale Protestantismus Nordamerikas ist längst zu einem wahlentscheidenden Faktor geworden. Nach den letzten Präsidentschaftswahlen klagte Bushs Chefstratege Karl Rove, dass der Präsident nur deswegen die Stimmenmehrheit verpasst habe, weil er knapp ein Viertel der Wähler aus der christlich-fundamentalistischen Ecke nicht mobilisieren konnte. Das soll nicht wieder vorkommen.
Ihre Gegner sind die Liberalen bei der christlichen Rechten inzwischen nicht mehr nur ein Schimpfwort, sondern bereits ein Synonym für Vaterlandsverräter, die Feministen, die Schwulen, die Linken, die Abtreibungsbefürworter und die Waffengegner, kurz: jenes ganze gottlose Gesindel, welches schuld daran ist, dass der Herr nun seinem eigenen Land zürnt und sich als Werkzeug seiner Rache ausgerechnet Osama Bin Laden erkoren hat. Der 11. September, glaubt Pastor Falwell, sei Gottes Strafe für die Sünden seines Volkes. Und gegen die hilft nur treueste Gefolgschaft gegenüber Gottes Wort, das Gut von Böse zu trennen weiß, Frauen Untertänigkeit lehrt und Kindern Respekt vor den Eltern.
Die fundamentalistische Kultur, die diese besonders bibeltreuen Kirchen pflegen, hat sie in den vergangenen 20 Jahren militanter und intoleranter werden lassen. Das Wort des Psalmisten, der Herr "zerschmettert das Haupt seiner Feinde", bleibt keineswegs bloße Floskel. Sogar Bin Ladens Worte müssten bei den protestantischen Eiferern Gefühle von Seelenverwandtschaft hervorrufen. Die Überzeugung des Terrorpropheten, nach welcher die Anschläge der Beginn eines "Glaubenskriegs gegen den Unglauben und die Ungläubigen" gewesen seien, wird jedenfalls von vielen fundamentalistischen Predigern übernommen.
Alles Liebe. Gerrit