Artikel: Zwei Professoren erhalten 129.000€ von der Pharmaindustrie

In Bezug auf den "Rattenschwanz an Ideen" bedient sich die Pharmaindustrie inzwischen der Universitäten, d.h. sie läßt forschen. Und das ist leider die Regel. Die Verflechtung von Wissenschaft und Wirtschaft ist inzwischen unübersehbar, genauso wie die damit verbundenen Nachteile, wie z.b. das über seltene Krankheiten kaum geforscht wird, geschweige denn Medikamente entwickelt werden, weil damit kein Geld zu machen ist.

http://www.tagesspiegel.de/wissen/i...-wie-es-der-wirtschaft-gefaellt/11793040.html

Medikamente: 90 Prozent der Studien werden von der Pharmaindustrie finanziert
In der Medikamentenforschung werden heute etwa 90 Prozent aller veröffentlichten Studien durch die Pharmaindustrie finanziert. Es ist derzeit gängige Praxis, dass negative Studienergebnisse nicht veröffentlicht werden, so dass die Belege, auf denen unsere Entscheidungen in der Medizin basieren laut Aussagen unabhängiger Fachleute systematisch verfälscht werden, um den Nutzen der verwendeten Medikamente aufzubauschen und die Schäden zu verharmlosen. Ein Beispiel für diese fragwürdige Vorgehensweise: Im Dezember 2014 wurden in Deutschland 80 Medikamente aus dem Verkehr gezogen, denn es hatte sich herausgestellt, dass die Studien, die westliche Pharmaunternehmen bei dem indischen Forschungsinstitut GVK Biosciences in Auftrag gegeben hatten, wissenschaftlich nicht haltbare Ergebnisse zu Gunsten der bezahlenden Auftraggeber geliefert hatten. Eine Fülle von detailliert recherchierten Einzelbeispielen, die bis in die Gegenwart reichen zeigt der renommierte unabhängige Arzt und Wissenschaftler Peter Gotzsche in seinem 2015 auf Deutsch erschienenen Buch „Tödliche Medizin und organisierte Kriminalität – Wie die Pharmaindustrie das Gesundheitswesen korrumpiert“ auf. Hier liegt wissenschaftliches Fehlverhalten in großem Stil, auf internationaler Ebene vor. Das erhöht die Gewinne der Pharmakonzerne und geht zu Lasten der Gesundheit von uns allen. Nach Schätzungen von Peter Gotzsche ist die Einnahme von Medikamenten in den USA und Europa die dritthäufigste Todesursache, dadurch sterben derzeit in den USA und Europa jeweils etwa 200.000 Menschen jährlich.
Mich stört hier, dass so viele Sachen ohne inhaltlichen Zusammenhang völlig durcheinandergeworfen werden.

Beispiel:
- 90% der Studien werden von der Industrie finanziert. Und weiter? Ist in jeder anderen Industrie genauso. Wieso sollte das auch jemand anderes finanzieren?
- Publication Bias kann ein Problem sein, wie schon gesagt, aber an der Lösung wird schon lang gearbeitet - etwa durch das EU PAS Register. Wie groß das Problem der Publication Bias wirklich ist ist überdies natürlich schwer zu sagen, weil die entsprechenden Daten ja eben nicht vorliegen.
- Nach diesem sinnvollen Punkt driftet der Artikel aber komplett ab. GVK Biosciences hat mit der Art von Pharmaforschung, von der wir reden, nichts zu tun. Die haben nämlich Bioäquivalenzstudien für Generika gemacht. Dass die dabei massenhaft und absichtlich ungenügende Arbeit geleistet haben ist bekannt. Gleichzeitig ist kein einziger Fall bekannt, in dem ein einziger Mensch durch ein einziges der betroffenen Generika zu Schaden gekommen ist. Denn diese Bioäquivalenzstudien sind nur ein quasi-formaler Schritt zur vereinfachten Zulassung von Generika. Das hat nichts mit der Entwicklung neuer Medikamente zu tun, gehört hier also auch gar nicht rein und ist ein denkbar schlechtes Beispiel. (bessere Beispiele wären etwa Vioxx, aber das ist halt auch schon wieder über 10 Jahre her)
- Dann, die Fallbeispiele von Gotzsche. Dass er einzelne Fälle von Fehlverhalten rauspickt und anprangert ist sinnvoll und lobenswert. Die Konsequenz "die ganze Industrie ist korrupt und das System ist kaputt" ist aber Unsinn. Wir haben allein in Deutschland 100.000 zugelassene Medikamente. Diejenigen unter denen, die wirklich schlecht sind - also niemals hätten zugelassen werden dürfen - kann man an einer oder zwei Händen abzählen. Und die werden auch nach und nach aus dem Verkehr gezogen - bei Vioxx etwa hat das 5 Jahre gedauert (wegen einer 0,3% erhöhten Chance von Herzinfarkten). Bei den meisten Fällen, die Gotzsche beschreibt, geht es auch gar nicht um schlechte oder gefährliche Medikamente, sondern um unethische Unternehmenspraxen. Also gerade Dinge wie off-label Marketing, wo Pharmafirmen Ärzte dazu animieren, Medikamente bei Indikationen einzusetzen, wo es zwar vielversprechende Studiendaten gibt, aber noch keine Zulassung.
- Und zuletzt "Einnahme von Medikamenten in den USA und Europa die dritthäufigste Todesursache". Diese Statistik sagt absolut überhaupt nichts aus. Vereinfacht gesagt: wenn 10 Leute an einem Herzinfarkt sterben, und mit Herzmedikament sterben 2 an Herzinfarkt und 2 an dem Medikament, ist das dann schlechter? Ist es schlechter, an einem Medikament zu sterben als an einer natürlichen Krankheit? Wenn ihr eine schwere Krebserkrankung habt und der Arzt gibt euch noch 2 Monate zu leben: würdet ihr dann ein womöglich gefährliches neues Medikament einnehmen, obwohl ihr deswegen sterben könntet? Ich lese diese Statistik immer wieder, aber der Sinn erschließt sich mir nicht.


Das geht jetzt m.E. viel zu sehr ins Detail. Damit sollten sich Fachgremien befassen. Wir haben doch schließlich ein Wissenschafts- und Forschungsministerium. Natürlich ist es aus politischer Sicht viel angenehmer, wenn die Kosten für Forschung von der Wirtschaft getragen werden. Das dabei die Unabhängigkeit vielfach auf der Strecke bleibt, wird billigend in Kauf genommen.
Wes Brot ich ess, des Lied ich sing!
Wieso bleibt die Unabhängigkeit auf der Strecke? Dafür, dass hier auch alles seine Richtigkeit hat gibt es doch staatliche Kontrolle durch BfArM, EMA, IQWiG, GBA und Konsorten.
 
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Na ja, Du brauchst mich nicht an meinen eigenen Text erinneren ... DIR ging es darum, dass sich der Staat die Forschung nicht leisten kann, und das ist einfach falsch ... denn auch die Pharmaindustrie wird in diesem spezifischen Bereich aus den weltweiten Mitteln der Sozialsysteme finanziert ... und damit ist für die Staatengemeinschaft der einzige Unterschied im finanziellen Aufwand der Gewinne der Pharmafirmen.

Pharmafirmen bekommen AUCH Geld von Sozialsystemen etc. Aber bei weitem nicht ausschließlich. Immernoch: Die Sozialsysteme alleine könnten sich die Forshcung nicht leisten.

Forschung kann bereits mit wenigen Millionen gefördert werden (das, was halt auch Spendenaktionen bringen würden)

Einzelne Forschungsvorhaben sind durchaus günstig realisierbar. Wir reden hier aber über den ganzen nötigen Forschungsaufwand ALLER Forschungsvorhaben. Und den können Staaten/Sozialsysteme etc. nicht so einfach stemmen.

Ich glaube Du unterschätzt gerade gewaltig, was für Forschung nötig ist, ehe ein Medikament auf den Markt kann. InVitro-Tests, Tierversuche, klinische Studien (Phase I, Phase II und Phase III) ... und zu jedem Mittel, was auf den Markt kommt, kommen Hunderte-Tausende von Ideen, die in einer der Zwischenschritte dann doch durchfallen (und da wurde dann schon Geld rein investiert).

Einzelne konkrete Ideen zu testen ist relativ leicht (und kann auch kostengünstig sein). Die ganze nötige Forschung ist aber viel mehr... und DAS ist dann eben nicht mehr so leicht und schnell zu finanzieren.

... die allgemeine Forschung umfasst aber weltweit Milliardenbudgets.

Ja, die dann von wirtschaftlichen Investoren mit wirtschaftlichen Interessen gegeben werden. Sozialsysteme alleine werden das nicht schaffen.

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Woher kommt denn das Geld für Bildung, Infrastruktur oder Raumfahrt?

Auch da kommt sehr viel Geld von der Industrie bzw. Wirtschaft.

Da Du die Raumfahrt ansprichst... das ist ein gutes Beispiel. Es gibt zwar die staatlichen Organisationen (NASA, ESA, DLR ...), aber die sind nicht alleine - sie entwickeln auch nicht alleine, sondern lassen immer mehr auch von Firmen (Wirtschaftsunternehmen) entwickeln und bauen. Da besteht ein reger Austausch aus KnowHow und Geld. Anders wäre es nicht realisierbar.

Dann gibt es da auch noch kleinere Unternehmen, wie z.B.: https://de.wikipedia.org/wiki/Part-Time_Scientists
Sie brauchen die Zusammenarbeit mit ihren Sponsoren, weil sie sonst das Vorhaben nicht realisieren könnten.

Das geht jetzt m.E. viel zu sehr ins Detail. Damit sollten sich Fachgremien befassen. Wir haben doch schließlich ein Wissenschafts- und Forschungsministerium. Natürlich ist es aus politischer Sicht viel angenehmer, wenn die Kosten für Forschung von der Wirtschaft getragen werden. Das dabei die Unabhängigkeit vielfach auf der Strecke bleibt, wird billigend in Kauf genommen.
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Nein, es geht nicht ins Detail. Ich fände es auch toll, wenn unsere Forschungsministerien alles finanzieren könnten/würden, und die Forscher großanteilig unabhängig und mit halbwegs sicherem Arbeitsplatz (und unbefristet) in einem wirtschaftlich unabhängigen Forschungsinstitut ihre Arbeit tun könnten. Dazu müsste das Forschungsministerium aber auch ausreichend Geld haben. Woher soll das kommen, wenn nicht von Investoren aus dem Wirtschafts-Sektor? Dass Forschung dadurch abhängig werden kann, ist leider wahr... aber was ist besser, Forschung mit möglichen Interessenkonflikten oder keine Forschung? Ich bevorzuge da die erste Option - die möglichen Interessenkonflikte können kontroliert werden.
 
Na ja, Du brauchst mich nicht an meinen eigenen Text erinneren ... DIR ging es darum, dass sich der Staat die Forschung nicht leisten kann, und das ist einfach falsch ... denn auch die Pharmaindustrie wird in diesem spezifischen Bereich aus den weltweiten Mitteln der Sozialsysteme finanziert ... und damit ist für die Staatengemeinschaft der einzige Unterschied im finanziellen Aufwand der Gewinne der Pharmafirmen.
Du sitzt hier einem ganz gewaltigen Denkfehler auf, den man in Fachkreisen survivorship bias nennt. Denn die Sozialsysteme müssen ausschließlich die Forschung bezahlen, die auch erfolgreich war. Das ist der wesentliche und entscheidende Punkt. Wenn ein kleines Biotech-Unternehmen in seinem Labor ein neues, vielversprechendes Medikament entwickelt, steht schnell mal Pfizer mit dem Geldkoffer vor der Tür und kauft das Patent auf. Das ist dem kleinen Unternehmen nur recht, denn für clinical trials hätten die ohnehin nicht die Ressourcen. Was aber, wenn das kleine Unternehmen leider kein besonders tolles Medikament erforscht? Dann kommt keiner mit nem Geldkoffer, und im schlimmsten Fall muss das Unternehmen Insolvenz anmelden. Da bleiben sie auf den Kosten komplett alleine sitzen. Würde man den ganzen Spaß verstaatlichen, würden auf diesen massiven Verlusten nicht mehr die Pharmaindustrie sitzenbleiben, sondern der Staat. Und dann sieht die Sache nicht mehr so rosig aus - denn momentan zahlt der nur die Gewinner aus, die Verlierer schauen in die Röhre.
 
Es haut sowieso nicht hin, dass der Staat sich um Forschung und Herstellung kümmert, es ist zu teuer, besonders für ärmere Staaten. Was ist denn mit denen, da dürfen die Kranken dann alle sterben, weil es keine Medikamente gibt? Der Staat spart jetzt schon bei allem möglichen ein, der zahlt keine Millionen Euro für etwas, was vielleicht funktioniert, und das noch mehrmals. Da gäbe es gar keine neuen Medikamente mehr.
 
Es haut sowieso nicht hin, dass der Staat sich um Forschung und Herstellung kümmert, es ist zu teuer, besonders für ärmere Staaten. Was ist denn mit denen, da dürfen die Kranken dann alle sterben, weil es keine Medikamente gibt? Der Staat spart jetzt schon bei allem möglichen ein, der zahlt keine Millionen Euro für etwas, was vielleicht funktioniert, und das noch mehrmals. Da gäbe es gar keine neuen Medikamente mehr.

Du denkst wieder einmal zu kurz. Wenn Medikamente public domain sind, dann fallen auch für arme Staaten nurmehr Produktionskosten, und keine Produktkosten bzw. Marktpreise mehr an. D.h. auch die armen Staaten könnten Medikamente weitaus günstiger beziehen als heute, weil die Entwicklungskosten bereits von der Staatengemeinschaft getragen wurden.
Wie die Zahlung erfolgt, hängt dann nurmehr vom Zahlungsmodell ab, das sich z.B. nach dem Brutto-Sozialprodukt der jeweiligen Staaten richtet. Was auch gleichzeitig das Problem verringern würde, dass ein reiches Europa oder USA die Subventionierungen für Preise in den 3. Welt Staaten zahlen muss. Gleichzeitig würde es aber auch die Qualität der Medikamente in den 3.-Welt-Staaten erhöhen (Stichwort: Sonderproduktionen mit geringerm Wirkstoffanteil für 3.-Welt-Staaten um geringere Preise zu rechtfertigen).

Aber eigentlich ist das hier nicht das Thema. Der Eingangsartikel bezieht sich auf die Einflussnahme der Pharmaindustrie auf sehr viele Ärzte, die dann natürlich die Interessen der Pharmaindustrie vertreten, und nicht die der Patienten.
 
Du sitzt hier einem ganz gewaltigen Denkfehler auf, den man in Fachkreisen survivorship bias nennt. Denn die Sozialsysteme müssen ausschließlich die Forschung bezahlen, die auch erfolgreich war. Das ist der wesentliche und entscheidende Punkt. Wenn ein kleines Biotech-Unternehmen in seinem Labor ein neues, vielversprechendes Medikament entwickelt, steht schnell mal Pfizer mit dem Geldkoffer vor der Tür und kauft das Patent auf. Das ist dem kleinen Unternehmen nur recht, denn für clinical trials hätten die ohnehin nicht die Ressourcen. Was aber, wenn das kleine Unternehmen leider kein besonders tolles Medikament erforscht? Dann kommt keiner mit nem Geldkoffer, und im schlimmsten Fall muss das Unternehmen Insolvenz anmelden. Da bleiben sie auf den Kosten komplett alleine sitzen. Würde man den ganzen Spaß verstaatlichen, würden auf diesen massiven Verlusten nicht mehr die Pharmaindustrie sitzenbleiben, sondern der Staat. Und dann sieht die Sache nicht mehr so rosig aus - denn momentan zahlt der nur die Gewinner aus, die Verlierer schauen in die Röhre.

Denkst Du, Pharmafirmen - die jährlichen ihren Obulus an Dividenden abliefern müssen - machen Forschung for free, wenn sie nicht erfolgreich ist? Diese Kosten werden genauso auf die Preise der verkauften Medikamente umgelegt.

Auch die Insolvenz eines Unternehmens zahlt letztendlich jemand. Dass sich hier die Inverstoren der Pharmaindustrie in einem Topf von Verlierern zum eigenen Erfolg bedienen, hilft zwar ihren Gewinnen ... nur leider der Menschheit so gar nicht.
Was denkst Du denn, wer die Folgekosten einer Insolvenz zahlt (Arbeitslosigkeit, Entsorgung, offene Sozialversicherung) ... oh Wunder ... es ist wieder der Steuerzahler. Genauso wie die Subventionen, die das Unternehmen vorher bekommt.
 
Pharmafirmen bekommen AUCH Geld von Sozialsystemen etc. Aber bei weitem nicht ausschließlich. Immernoch: Die Sozialsysteme alleine könnten sich die Forshcung nicht leisten.

Wie begründest Du diese Annahme?

Einzelne Forschungsvorhaben sind durchaus günstig realisierbar. Wir reden hier aber über den ganzen nötigen Forschungsaufwand ALLER Forschungsvorhaben. Und den können Staaten/Sozialsysteme etc. nicht so einfach stemmen.

Aber sicher. Sie zahlen es ja auch mit den Medikamentenpreisen + noch einen Gewinnaufschlag.

Ich glaube Du unterschätzt gerade gewaltig, was für Forschung nötig ist, ehe ein Medikament auf den Markt kann. InVitro-Tests, Tierversuche, klinische Studien (Phase I, Phase II und Phase III) ... und zu jedem Mittel, was auf den Markt kommt, kommen Hunderte-Tausende von Ideen, die in einer der Zwischenschritte dann doch durchfallen (und da wurde dann schon Geld rein investiert).

Nochmal - diese Forschung wird auch mit jedem Medikamentenpreis mit bezahlt. Es besteht also kein Unterschied, wer diesen Aufwand bezahlt.

Einzelne konkrete Ideen zu testen ist relativ leicht (und kann auch kostengünstig sein). Die ganze nötige Forschung ist aber viel mehr... und DAS ist dann eben nicht mehr so leicht und schnell zu finanzieren.

Genau hier wäre die Finanzierung eben einfacher und vor allem auch weltweit akkordiert, ggf. mit Kommitments der jeweiligen Staaten, das Medikament dann auch im Rahmen des Sozialsystems auszugeben.

Ja, die dann von wirtschaftlichen Investoren mit wirtschaftlichen Interessen gegeben werden. Sozialsysteme alleine werden das nicht schaffen.

Nochmal - anscheinend schwer zu verstehen: wenn jetzt die Staatengemeinschaft 100% der Entwicklungs- und Produktionskosten eines Medikaments + sagen wir mal 15% für die Investorden zahlt, dann ändert sich bei staatlicher Finanzierung lediglich, dass die 15% für die Investoren wegfallen. Die gesamte andere Finanzierung bleibt gleich.

Aber das Thema ist eigentlich ein Anderes - nämlich die Zahlungen der Pharmaindustrie an Ärzte.
 
Genauso ist es. Und deshalb haben wir ein gewaltiges gesellschaftliches Problem mit der Medizin. Dass nicht ethische und medizinische Faktoren die medizinische Entwicklung und Technik bestimmen, sondern weitgehend nur die Interessen der Pharmaindustrie.

Intransparente Geldflüsse, womit ja auch allfällige Abhängigkeiten und Interessen verschleiert werden, sind ein Problem. Ein gewaltiges Problem hätten wir allerdings, wenn Pharmaunternehmen nicht mehr forschen würden, sondern Einzelstaaten die Forschung allein finanzieren müssten. Die Entwicklung neuer, oder Weiterentwicklung vorhandener Arzneimittel käme defacto zum Erliegen. Nicht nur, weil sich Einzelstaaten diese Forschung und Entwicklung auf Dauer nicht leisten können, sondern auch, weil Staaten Konstrukte sind, die vorwiegend im Eigeninteresse handeln. Behandlungen für Ebola, Malaria, Dengue-Fieber, Bilharziose, HIV und allen anderen Erkrankungen, die in Europa wenig verbreitet sind blieben gänzlich auf der Strecke.

Ich sehe hier die Rolle der verantwortlichen staatlichen Entscheidungsträger eher zwiespältig. Einerseits werden, gottseidank, gesetzliche Vorgaben für z.B. die Medikamentenzulassung gemacht, andererseits möchte jede Institution Medikamente so günstig wie möglich einkaufen.
Pharamunternehmen müssen, wie jeder wirtschaftliche Betrieb, Gewinn machen. Dazu sind sie auch ihren Aktionären verpflichtet.
Dadurch werden werden viele Bereiche in "Billiglohnländer" ausgelagert. Zwar wird verlangt, dass die europäischen Standards eingehalten werden, aber das kann kaum ausreichend kontrolliert werden. Und auch dort leben Menschen, die Geld verdienen müssen und möchten. Und solange alles wie vorgegeben funktioniert, kümmern sich weder Unternehmer, noch staatliche Zulassungsstellen oder gar Verbraucher um die Zustände in oder die Auswirkungen für diesen Ländern (egal ob es sich dabei um Medikamente, Elektronik, Autos, Kleidung oder unseren Müll handelt).
Zudem wird lieber in "neue" Arzneimitteln für typische westliche Krankheiten investiert, denn damit lässt sich Geld verdienen. Und das ist nun mal das Ziel eines jeden Unternehmens.

Aus meiner Sicht ist es die Aufgabe von Staaten, z.B. der wohlhabenden Staaten der EU, Geld in Grundlagenforschung (z.B. an den Universitäten) zu investieren und sich nicht vor den Ausgaben zu drücken. Und ich erwarte von politischen Entscheidungsträgern, die Notwendigkeit dieser Ausgaben auch zu vertreten und zu kommunizieren. Unabhängige, unbeeinflusste Forschung (auch von staatlichen Interessen unbeeinflusst) ist aus meiner Sicht unabdingbar notwendig. Diese neoliberalen Clowns (egal welchen Couleurs), die den Wählern weiß machen wollen, dass nur zielgerichtete Forschung Sinn macht und alles andere Verschwendung von Mittel ist, sind echte Wirtschafts-Lobbyisten.
Firmen scheuen das Risiko einer nicht-ergebnisorientierten Forschung, da das finanzielle Risiko hoch ist. Rein ergebnis-, gewinnorientierte Forschung schränkt allerdings den Horizont extrem ein.
Die universitären Einrichtungen könnten unabhängig bestimmen, welche Fragen in welchem Ausmaß beforscht werden. Wenn Universitäten dann vereinzelt interessante Ergebnisse erzielen und diese an interessierte Unternehmen für weitere Forschung und Entwicklungen verkaufen oder Lizenzen dafür vergeben, könnte ein kleiner Teil der Aufwendungen retour kommen.

Trotz allem kommen wir aus meiner Sicht um gesetzliche Transparenz-Vorschriften mit harschen Konsequenzen bei Zuwiderhandeln nicht umhin. Gerade wenn sich wirtschaftliche und politische Interessen zu überlagern drohen!
 
Denkst Du, Pharmafirmen - die jährlichen ihren Obulus an Dividenden abliefern müssen - machen Forschung for free, wenn sie nicht erfolgreich ist? Diese Kosten werden genauso auf die Preise der verkauften Medikamente umgelegt.

Auch die Insolvenz eines Unternehmens zahlt letztendlich jemand. Dass sich hier die Inverstoren der Pharmaindustrie in einem Topf von Verlierern zum eigenen Erfolg bedienen, hilft zwar ihren Gewinnen ... nur leider der Menschheit so gar nicht.
Was denkst Du denn, wer die Folgekosten einer Insolvenz zahlt (Arbeitslosigkeit, Entsorgung, offene Sozialversicherung) ... oh Wunder ... es ist wieder der Steuerzahler. Genauso wie die Subventionen, die das Unternehmen vorher bekommt.
Die Kosten einer Insolvenz trägt nur in Ausnahmefällen der Staat, im Regelfall wird das wie alles andere ganz normal aus der Insolvenzmasse bedient.
Und: klar bezahlt das auch "jemand". Aber dieser jemand wird normalerweise ein privater Risikokapitalfonds sein, und was interessiert es dich, oder mich, oder den Staat wenn so ein privater Fonds mal 20 Millionen oder was verliert?
Und ich sag mal so ... in so kleinen forschenden Unternehmen ist normalerweise hochqualifiziertes Personal am Start. Dass die nach der Insolvenz auf Hartz 4 vorm Fernseher versauern halte ich für, gelinde gesagt, etwas realitätsfremd.
 
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Wie begründest Du diese Annahme?

Für 2017 war der Etat für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) etwa 17 Miliarden Euro. Glücklicherweise war es stetig ansteigend die letzten Jahre. Davon kann auch nicht alles für die medizinische Forschungs ausgegeben werden, sondern ein großer Anteil geht z.B. an Bildungseinrichtungen und die Forschung in anderen Fachbereichen.

Wieviel kostet die Entwicklung eines Medikaments? Damit meine ich nicht die Kosten einer Studie, sondern die gesamten Kosten aller notwendigen Studien - von den ersten in vitro Versuchen bis hin zur klinischen Studie der Phase III - und die dazu fallenden Kosten für all die Ideen und Ansätze, die in dem Forschungsprozess irgendwann durchfallen, bis dann doch mal EINE es schafft. Für die Entwicklung EINES Medikaments kommen wir dann so auch leicht auf Gesamtkosten in Miliardenhöhe.

Wieviele Medikamente könnten also alleine durch das BMBF finanziert entwickelt werden? Antwort: Nicht viele.

Du wrist jetzt wahrscheinlich einwenden, dass diese Kosten für ein neues Medikament auf mehr als ein Jahr verteilt sind. Das wird die Zahl der Entwicklungen, die gleichzeitig finanziert werden können, aber auch nicht stark erhöhen.

Fazit: Alleine staatlich finanziert ist Forschung in dem Umfang und Ausmaß, wie es heute stattfindet, nicht möglich - und erst recht nicht in dem Ausmaß, der wünschenswert wäre.

Aber sicher. Sie zahlen es ja auch mit den Medikamentenpreisen + noch einen Gewinnaufschlag.

Da sagst Du es selbst: Die Pharmafirmen bezahlen die Forschung zu einem großen Anteil durch ihre Einnahmen. Einnahmen, die der Staat nicht hat. Darum können sich die Pharmafirmen die Forchung auch leisten, der Staat aber nicht in dem Ausmaß, welcher notwendig ist.

Oder stellst Du Dir vor, der Staat soll auch die Einnahmen durch die Medikamente erhalten. Aber, wie sollen dann die Pharmafirmen finanziert werden, die die Medikamente herstellen? Die müssen auch mindestens ein Nullsummenspiel erwirtschaften, um ihre Mitarbeiter zu bezahlen etc. Wenn die Forschung dann also auch mit Einnahmen aus dem Verkauf bezahlt werden soll, die dann der Staat in nötigem Ausmaß bekommt, sind die Medikamente letztendlich genauso teuer wie jetzt auch.

Aber das Thema ist eigentlich ein Anderes - nämlich die Zahlungen der Pharmaindustrie an Ärzte.

So what? Wenn Ärzte für Pharmafirmen Arbeiten erledigen, so ist es auch gut und richtig, dass sie dafür bezahlt werden. Dass dabei Transparenz wünschenswert bis notwendig ist, stellt niemand in Frage. Dass es passiert, ist aber durchaus ok und ethisch vertretbar.
 
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