Krank durch die Klinik
Jährlich sterben mehr Menschen an Krankenhauskeimen als an der Immunschwäche Aids. Vor allem Infektionen mit dem resistenten Bakterium MRSA bereiten Medizinern große Sorgen.
Sein rechter Oberschenkel ist geschwollen und schmerzt. Trotz dieser Symptome will Ralph Adam nicht zum Arzt. Er hat Angst, dass er noch mal ins Krankenhaus muss. Ich mag mich nicht noch einmal kasteien lassen, seufzt der 64-Jährige. Seit dem Jahr 1999 hat er viel Zeit in Kliniken verbracht, zu viel Zeit.
Damals rutschte ihm beim Heimwerken die Schlagbohrmaschine aus und fügte ihm eine zehn Zentimeter lange Verletzung am Oberschenkel zu. Im Krankenhaus nähten Ärzte die Wunde, alles schien in Ordnung. Doch knapp eine Woche später rötete sich das Bein und schwoll an. Ralph Adam bekam Fieber und Schüttelfrost. Für ihn begann eine lange Odyssee durch Krankenhäuser, die möglicherweise immer noch nicht beendet ist. Denn der Personalberater hat sich im Krankenhaus mit MRSA Methicillin-resistentem Staphylococcus aureus infiziert.
Das Buchstabenkürzel bezeichnet bestimmte Bakterien, die eitrige Entzündungen verursachen und gegen eines oder mehrere Antibiotika resistent sind. In den USA litten im Jahr 2005 etwa 94 000 Menschen an einer lebensbedrohlichen Infektion mit MRSA, 18 650 starben. Zum Vergleich: Die Immunschwäche Aids forderte im gleichen Jahr 16 000 Opfer. Für Deutschland gibt es keine bestätigten Zahlen. Experten schätzen jedoch, dass sich in Deutschland etwa 50 000 Menschen jährlich mit MRSA infizieren. Rund 1500 von ihnen sterben. Einen ersten Sieg haben die Mediziner jedoch errungen: Seit 2004 bleibt die Zahl der Infektionen hierzulande auf gleichem Niveau. In den USA, in Großbritannien oder in Japan machen die Killerkeime hingegen immer wieder Schlagzeilen. Einige Patienten verlieren Arme und Beine, weil sich die Infektion so rasant ausbreitet, dass nur noch eine Amputation ihr Leben retten kann. Greifen besonders aggressive Keime auf innere Organe über oder verbreiten sich bei einer Blutvergiftung durch den ganzen Körper, können die Ärzte das Leben des Patienten oft nicht mehr retten.