alleine im Krankenhaus sterben

silberstern

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20. August 2005
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Mich beschäftigt gerade folgendes: Es verstarb eine betagte Person, im Krankenhaus, allein, zuvor von der Intensivstation auf ein Einzelzimmer verlegt, anfangs noch fixiert, sediert, Sauerstoffmaske. Die Ärzte fragten dann irgendwann, ob lebensverlängernde Maßnahmen nicht abgeschalten werden sollten, da "es keinen Sinn" mehr machte.
Derjenige, der nun tags noch bei der Person war, erkannte auch nur Qual und Leiden für die Person und informierte die abwesenden Angehörigen über die Situation, die daraufhin telefonisch mit den Ärzten sprachen und sich für die Beendigung der lebensverlängernden Maßnahmen entschieden.
In der Nacht verstarb dann die Person.
Nun fühlt sich die Person ein bisschen mitschuldig am Tod, auch dafür, dass sie den Sterbenden in der Nacht alleine gelassen hat. Vorallem weiß niemand, ob die Abschaltung der lebensverlängerden Maßnahmen nicht doch zu einem langsamen und qualvollen Tod geführt hat.

Vielleicht fällt jemandem etwas dazu ein oder war schon mal in einer ähnlichen Situation. Danke.
 
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das tut mir leid - ich verstehe, dass man sich da vorwürfe macht. meine oma starb letztes jahr im heim ohne lebensverlängernde massnahmen, es waren sich alle einig, dass keine künstliche beatmung oder ernährung erfolgen soll (sie war im 94. lebensjahr). mein grossvater und meine mutter waren bei ihr und hielten ihre hand, sie atmete einfach immer schwächer und hörte dann auf zu atmen, ihre aura war noch zu spüren (so meine mutter). die krankenschwestern kamen dann, als opa und mutter es wollten - eigentlich ein "schöner tod", sofern man das so sagen kann. das ist aber eher die idealversion, die es nicht bei jeder todesursache gibt (herzversagen bzw. ab etwa zwei wochen vorher weniger essen, weniger kraft haben, weniger werden und auch sagen, dass es zu ende geht).

also bitte keine vorwürfe machen, es gibt oft nicht die idealen umstände oder der zustand eines menschen verschlimmert sich so plötzlich, dass man sich gar nicht darauf einstellen kann. auch nicht sagen kann, man hätte es abchecken und anders handeln müssen. dass man den tod einigermassen vorhersehen kann, ist wohl eher die ausnahme (und bei jüngeren menschen hofft man auch noch mehr, dass es noch nicht soweit ist, dass sich ein mensch erholen kann).
 
hallo silberstern !!

naja, ich war schon mal in so einer situation !! als mein dad starb ! heute, vor 6 monaten !
mein dad lag nach seinem infarkt auf der intensivstation, anfangs lag er im künstlichen koma, wurde beatmet, etc. nach drei tagen kamen alle geräte weg und er atmete alleine, sein kreislauf blieb stabil und alles sah gut aus !!
am 6.ten tag bekam er auf der intensivstation noch einen infarkt und die ärzte taten alles, um ihn am leben zu halten ! als ich sah, wie mein dad sich quälen muß, fragte ich die ärztin, wie oft sie ihn noch reanimieren wollen ? und ich sagte ihnen, wenn mein dad nicht mehr kann, dann sollen sie ihn in frieden gehen lassen ! als ich am nächsten tag abends nach hause ging, war noch alles in ordnung, doch mich quälte so ein komisches gefühl, also rief ich noch zwei mal im kh an und erkundigte mich, wie es meinem dad geht, sie sagten mir, es gehe ihm unverändert ! ich machte mich so gegen 22.20 uhr fürs bett fertig, als das telefon um 22.30 uhr klingelte, wußte ich gleich, warum. es war der arzt, er sagte, mein dad hätte wieder schwere herzrythmusstörungen, sie hätten alles an medikamenten gegeben, aber er bliebe nicht stabil und sie müßten mit den "elektrostößen"(mir fällt gerade der begriff nicht ein) ständig weitermachen.
ich sagte, ohne zu überlegen, sie sollten aufhören !! ich wollte nicht, das sie meinen dad damit so quälen ! ich sagte, ich komme gleich ins kh. als ich ca. 20 min. später im kh war, war mein dad tod ! er war alleine, als er starb. er starb um 22.41 Uhr !

ich mache mir bis heute so vorwürfe !!!
hätte ich sagen sollen, sie sollen weitermachen ? hätten sie ihn so retten können ? hätte er nur noch etwas mehr zeit gebraucht, die ich ihm nicht mehr gegeben habe ? hab ich ihn zu früh aufgegeben ?

oder hätten sie wenigstens weitermachen sollen, bis wir da waren, damit er nicht alleine sterben muß ? wie ist er gestorben ? ist er ganz ruhig gewesen ? hat er ich quälen müssen ? hatte er schmerzen ?

fragen über fragen !!!

die ich mir immer und immer wieder stelle !! und doch keine antwort bekomme !! es ist eine qual für mich ! denn ich weiß nicht, wie mein dad gestorben ist, denn ich war nicht bei ihm ! das werde ich mir mein leben nicht verzeihen !!

nici
 
Meine Mutter war erst im krankenhaus wo man trotz der aussichtslosen Situation alles unternommen hat ihr LEBEN zu verlängern. Ich konnte sie dann in ein Hospiz bringen lassen und wenn man den Unterschied zwischen sterben und sterben einmal hautnah miterlebt hat. Kann ich nur dazu sagen, daß man sich in keiner weise schuldig fühlen muß oder soll. LG Eva111
 
meine oma liegt grade im sterben. im krankenhaus. es ist regelmässig wer von der familie bei ihr. ich hoffe, es ist auch jemand bei ihr, wenn sie ihren letzten atemzug macht. in 1-2 tagen. es ist wirklich bedrückend.
 
Hallo zusammen :)

als ich begann, im Krankenhaus zu arbeiten, dachte ich, es mag niemand allein sterben. Im Laufe der über 20 Jahre, in denen ich auch auf Krebsstationen und Intensivstationen arbeitete, stellte ich fest, dass es Menschen gibt, die lieber allein sterben möchten. Wenn es irgendwie einzurichten war, wurde Angehörigen die Möglichkeit gegeben, beim Sterbenden zu sein, dort auch zu übernachten. Und in mindestens 50 % dieser Fälle tat der Sterbende seinen letzten Atemzug, wenn der betreuende Angehörige das Zimmer verlies, um zum Beispiel zur Toilette zu gehen oder sich kurz auszuruhen.

Es muss also nicht so sein, dass der Sterbende es als schlimm empfindet, wenn niemand im Moment des Sterbens bei ihm ist. Es ist genauso gut möglich, dass er leichter gehen kann, wenn er allein ist und die Anwesenheit sehr nahestehender Menschen als eine Art "Hindernis" erfährt.

Alles Liebe
Rita
 
Hi Greeni,

in der Tat, genauso war es damals bei dem Tod meiner Mutter. Meine Schwester und ich hatten uns am Krankenbett immer abgewechselt, weil wir sie in ihren letzten Stunden nicht allein lassen wollten und konnten!
Dann kam wieder der "fliegende Wechsel". Meine Schwester hatte aber nicht wie sonst gewartet, bis ich eingetroffen war, sondern war 10 Minuten eher gegangen. Als ich dann eintraf, war unsere Mutter genau in diesen 10 Minuten verstorben. Erst war ich fassungslos, meine sofort informierte Schwester auch, aber dort sagte uns eine Pflegerin genau das, was Du oben beschrieben hattest: Unsere Mutter wollte in Ruhe gehen......



Lieben Gruß
Silke
 
ja, da hast du recht, das kann schon sein. meine oma sagte ja, sie will jetzt sterben. sie schickt derzeit alle leute heim, wenn ihr der besuch zu anstrengend wird.
ich glaube, es geht mehr um einen selbst auch, man will nicht das gefühl haben, jemanden im stich gelassen zu haben.
 
Sowas hab ich auch erlebt... das stimmt haargenau. Die Uroma hat damals noch gewartet, bis einer von uns ihr - die schon fest geschlafen hat - liebevoll sagte, wir würden sie loslassen und dankten ihr für alles, was sie getan hatte. Und dann ist sie wenige Minuten, nachdem sie allein war, in Frieden gegangen. Ich bin auch überzeugt, wir sind nicht allein in diesen Minuten, wir sind nie allein.
 
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Irgendwie wenn ich so eure Beiträge zum Thema Tod lese.....:morgen:

Jede Veränderung gibt uns als "kleiner Tod" die Möglichkeit zur Transformation. In jedem der Veränderungen (Heirat, Umzug, Arbeitsverlust, etc.) und ganz besonders im Moment des Todes liegt die Möglichkeit zur Erleuchtung.

Seid doch einfach bei dem Sterbendem und haltet seine Hand. Die Person selbst hat schon solche Angst, weil sie nicht weisst, was sie erwartet. Die eigenen Glaubensätze lähmen ja einen schon.

Wieso werden nicht Parties veranstaltet und mit der sterbenden Person ihr ganzes Leben "revue" passieren lassen? Es geht darum in Würde und Respekt zu sterben, und nicht anonym und allein. Mir schwebt da immer ein Slogan (werde es bestimmt realisieren) "Bald ist deine Beerdigung, let's Party!!!!" :party02:

Wenn du den Tod verstehst, dann verstehst du das Leben.....:party02:

Es ist nichts dabei zu sterben, die grössere Kunst ist es, im Hier und Jetzt zu LEBEN!!!! Die meisten von uns existieren, aber sie leben nicht.

Also, Schuldgefühle und Trauer zu haben, bewirkt, dass du die Person an die Erde bindest und sie kann nicht wirklich die Erd-Umgebung verlassen.

In Liebe
Lukrezia
 
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