Nicht nur Leere will gefüllt werden, auch Zwänge und Konventionen und die so oft umstrittene Normalität kann man gut damit zerreissen.
Der Alkohol hat eine Eigenschaft, die ist an sich nicht sichtbar, so wie der elektrische Strom, die erkennt man nur an ihrer Wirkung und die hab ich bis zur Gänze entfaltet, weil ich nicht etwas seiner Eigenschaft wegen zu mir nehme, um mich dann zu kontrollieren. Ja, manche begnügen sich, der normalen Realität für ein paar Stündchen zu entfliehen.
Ich nicht. Ich fliehe nicht vor etwas, um dann genau dahin wieder zurück zu kehren. Ja, wenn mir das Geld ausgeht oder wenn mich die Realität mit Gewalt zurückholt, wie es immer wieder der Fall war. Dann blieb mir nix anderes übrig, als wieder nüchtern zu werden. Oder wenn mich eine Verantwortung zurückgerufen hat.
Entweder will ich diese enthemmende, manchmal auch beruhigende und häufig recht belustigende Eigenschaft des Alkohols in meinem Blut oder ich will sie nicht. Gott steh mir bei, dass ich sie nicht mehr will.
Ja, ich weiß, ich bin ein vollkommener Vernichtungstrinker und kein Maßstab für sogenannten "normalen Alkoholgenuß". Sowas kenn ich nicht, sowas gibts für mich nicht. Spaßtrinken hatt`s in der Jugend gegeben, bis zum bundesheer vielleicht. Aber dann hatte Spaß schnell sein Ende, weil ich hab meine Lebensdroge im Alkohol gefunden. Meinen Lebenssinn, sozusagen. Dafür hab ich gelebt und gearbeitet. Dass ich mich volle Post wegmachen kann.
Mit einem Revolver wärs schneller und einfacher gewesen.
Phu, und dann hab ich 10 Jahre nix gesoffen und hab plötzlich auch nüchtern Freude am Leben gehabt und es is gut aufwärts gegangen, mit allem. Und was mach ich Arsch*och vom Dienst? Ich fang wieder an zu saufen, aus Wut auf mich selber, weil mir ein grober Blödsinn passiert is. Nach 10 Jahrten Abstinenz fang ich wieder an und extremer noch als vorher.
Erst seit sich vor einem halben Jahr ein Kumpel im Rausch mit nem Elektrokabel erhängt hat und ich einer Freundin zugeschaut hab, wie sie gegen die Leberzirrhose - ich hoff, ich hab das richtig geschrieben - rauft, hab ich sowas von genug von dem Scheissdreck, dass ichs kaum noch auf ein Blatt Papier schreiben kann. Von meinem Kumpel im Nebenhaus, dem sie bereits begonnen haben, Gliedmaßen zu entfernen, weil die Leber als Entgiftungsstation nicht mehr arbeitet, red ich ja gar nicht.
Alkohol, wie seht ihr das?
So, wie ichs schreib, so seh ich das.
Mir is es total scheissegal und wurscht, ob einer gemäßigt trinkt oder sich ins tägliche Koma oder gleich ins Grab säuft. Dasinteressiert mich gar nicht, was ein Fremder macht.
Aber ein Anwalt von der Spirituosenindustrie bin ich natürliuch nicht, nur weil ich selber nen Hang zum Saufen hab. Und wenn sich Freunde und angehörige der Familie zugrunde richten, da will ich halt auch nicht mehr zuschaun dabei. Drum bin ich sehr froh, dass auch Lady Manhatten, das is der Nick von einer Freundin, zur Besinnung gekommen ist. Gott steh ihr bei, dass es so bleibt und mir auch, dass ich mit dieser Einstellung zum alk, die ich jetzt hab, zu Grunde gehen darf.