Das mit dem Alkohol ist eine ziemlich schitzophrene Angelegenheit. Zum einen ist es die anerkannteste Droge überhaupt, zum anderen, sofern man den Pegel überschritten hat und nicht mehr ohne ihn leben kann, gleichzeitig auch die verpönteste, vor allem in schulmedizinischen Kreisen.
Ich habe das im Todesprozess meiner Mutter, die an Leberzirrhose gestorben ist, genau beobachtet. In diesen Kreisen wird Alkoholkonsum verteufelt wie nichts anderes. Meine Mutter bei ihrer Einlieferung: im konvulsiven Zustand, kurz bevor sie ins Koma fiel - der "Arzt": "Haben sie wieder Alkohol getrunken, Frau...?", in einem vorwurfsvollen Zeigefingerswing, der seines gleichen sucht. Obwohl ich im allgemeinen ein durchaus friedlicher Mensch bin, hätte ich diesem Medizinlehrling in dem Moment am liebsten die gesamte Dentur ausgeschlagen, was natürlich daran lag, dass ich hier persönlich emotional ergriffen war.
Unabhängig davon ist das dennoch rein neutral betrachtet ein definitiver Misstand. Der Alkohol wird verteufelt, aber keineswegs so gesehen, wie er wirklich ist. Und im sonstigen System wird er, solange das destruktive Pegel noch nicht erreicht ist, zu sehr verharmlost.
Was mir im eigenen Selbstexperiment aufgefallen ist, ist, das Alkohol völlig unterschiedlich wirken kann. Sagen wir, wenn die Grundstimmung konstruktiv ist, wirkt er weitaus weniger destruktiv als wenn sie es nicht ist. Sicherlich muss ihn der Körper auch dann irgendwie abbauen, aber mir scheint, dass der menschliche Körper so justiert ist, dass er dies bis zu einem gewissen Grade über eine längere Zeitspanne auch leisten kann, ohne dass es zu Endstufen wie Leberzirrhose kommen muss.
Die Schulmedizin sieht dies jedoch anders. Und diejenigen, die der Schulmedizin blind vertrauen, die eventuell die Ebene des Trinkens selbst nie genau erforscht haben, ebenfalls. Das sind dann diejenigen, die Alkoholopfer in ihrem näheren Umkreis mit dem selben destruktiven Zeigefingerswing behandeln, wie dieser Medizinlehrling, der sich selbst Arzt nennt, es mit meiner Mutter tat. Und meiner Ansicht nach fängt der Alkohol erst in diesem Moment an, wirklich destruktiv zu wirken. Dann nämlich, wenn die Grundstimmung der Alkoholopfer durch negative Schwingungen anderer beeinträchtigt wird.
Das ganze ist letztlich nichts weiter als ein Konflikt zwischen denjenigen, die sich getraut haben, die Ebene des Trinkens zu erforschen und denjenigen, die sich nicht getraut haben. Das einzige Problem dabei ist, dass das heutige System von denjenigen beherrscht wird, die sich nicht getraut haben.
Das sind dann meistens auch diejenigen, die, wenn sie überhaupt mal Alkohol trinken, eher zu so süßen Sachen wie dem "Feigling" (oder war's der kleine Feigling?) greifen. Egal, Hauptsache süß.
Nicht der Alkohol ist das Problem, sondern der Umgang mit ihm. Natürlich spielt dabei auch die Dosis eine Rolle, jedoch muss man bedenken, dass übermäßiger Gebrauch (oder zu hohe Promillezahl wie bei Schnapskonsum) fraglos ein Resultat dieses undifferenzierten Zeigefingerswings ist. Wer bereits Alkoholiker ist, sollte sich daher auch zwingend emanzipieren und denjenigen, die überhaupt keine Ahnung vom Alkohol haben, weil sie ihn niemals wirklich selbst erforscht haben, aber trotzdem immer wieder große Töne spucken, den definitiven Stinkefinger zeigen.