Akzeptanz vs. Vermeidungshaltung?

Aember

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Hallo,

ich habe mich gefragt, ob Akzeptanz eine Vermeidungshaltung definitiv ausschließt? Bzw. woher weiß man, wann man etwas vollkommen akzeptiert hat?
Ein fiktives Beispiel, damit man sich besser vorstellen kann, was ich meine:
Angenommen, Person X fürchtet sich davor, an einer bestimmten Stelle die Straße zu überqueren. Weil sie aber unbedingt auf die andere Straßenseite muss, geht sie regelmäßig einen Umweg, nur um diese eine gefürchtete Stelle zu umgehen.
Nehmen wir weiter an, diese Überquerung der Straße muss einfach sein - idealerweise an der angstbehafteten Stelle.

Wie würde sich diese Person verhalten, wenn sie ihre Angst vor dieser einen Stelle akzeptiert hätte? Würde dann automatisch die Vermeidungshandlung, also der Umweg, wegfallen? Und was hätte die Person dadurch gewonnen, außer, dass sie regelmäßig mit einem Gefühl der Angst etwas tut, das ihr nicht behagt?

Wie gesagt, fiktives und nicht besonders realistisches Beispiel, aber darauf kommt es nicht an.

Wie seht ihr das?
 
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Wie würde sich diese Person verhalten, wenn sie ihre Angst vor dieser einen Stelle akzeptiert hätte?
Er oder sie wäre sich der Angst bewusst und hätte seinen*ihnen Frieden damit statt sich darüber zu ärgern, sich zu schämen oder dagegen anzukämpfen. Die Überwindung der Angst ist unabhängig von der Akzeptanz. Akzeptanz bedeutet einfach die Dinge so zu sehen, wie sie sind, ohne Bewertung. Die Angst ist weder gut noch schlecht, sie ist einfach.

Würde dann automatisch die Vermeidungshandlung, also der Umweg, wegfallen? Und was hätte die Person dadurch gewonnen, außer, dass sie regelmäßig mit einem Gefühl der Angst etwas tut, das ihr nicht behagt?
Nein, das würde nicht automatisch wegfallen. Sich einer Angst zu stellen kann man machen, muss man nicht.

Wenn diese Person anfinge, an "guten" Tagen trotz Angst die Straße an besagter Stelle zu überqueren, wäre die Angst genauso stark wie ohne Akzeptanz. Nach und nach würde die Angst aber durch die Gewöhnung und die mir-passiert-ja-gar-nichts-Einsicht weniger werden. Statt Angst wäre da dann nur noch Vorsicht, nehme ich an. Vermutlich würde ein unangenehmes Gefühl bleiben, aber es wäre nicht mehr so deutlich wahrnehmbar und leichter zu überwinden.

Falls dann mal ein zeitlicher Druck da wäre, könnte die Person den idealen Weg wählen statt den Umweg gehen zu müssen. Wer Angst überwindet hat einen größeren Handlungsspielraum.
 
Wie würde sich diese Person verhalten, wenn sie ihre Angst vor dieser einen Stelle akzeptiert hätte? Würde dann automatisch die Vermeidungshandlung, also der Umweg, wegfallen? Und was hätte die Person dadurch gewonnen, außer, dass sie regelmäßig mit einem Gefühl der Angst etwas tut, das ihr nicht behagt?
Wieso sollte, nur weil die Angst vor dem Überqueren der Straße jetzt akzeptiert wird, zukünftig dieser beängstigende Überweg benutzt werden?

Das sind doch zwei vollkommen verschiedene Paar Schuh'

Wenn die Angst akzeptiert wird, heißt das doch lediglich dass die Angst nicht mehr bekämpft wird, dass sie als "gegeben/vorhanden" angenommen wird. Also ist die Angst immer noch da und somit wird auch nach wie vor der Umweg benutzt, nur jetzt ohne Selbstvorwürfe/Selbstzweifel/etc.

R.
 
Nein, das würde nicht automatisch wegfallen. Sich einer Angst zu stellen kann man machen, muss man nicht.
Na ja, wenn man aber durch Zeitmangel (um beim Beispiel zu bleiben) dazu gezwungen wird, den angsbesetzten Weg zu nehmen, muss man sich dieser Angst stellen, ob man will oder nicht.

Wenn diese Person anfinge, an "guten" Tagen trotz Angst die Straße an besagter Stelle zu überqueren, wäre die Angst genauso stark wie ohne Akzeptanz. Nach und nach würde die Angst aber durch die Gewöhnung und die mir-passiert-ja-gar-nichts-Einsicht weniger werden.
Das klingt auf den ersten Blick logisch, jedoch erlebe ich es anders. Die Angst wird nicht weniger, egal, wie oft man die Situation durchlebt. Viel mehr wird man kreativer, was "Vermeidungswege" angeht.

Wer Angst überwindet hat einen größeren Handlungsspielraum.
Das auf jeden Fall.
 
Wieso sollte, nur weil die Angst vor dem Überqueren der Straße jetzt akzeptiert wird, zukünftig dieser beängstigende Überweg benutzt werden?

Das sind doch zwei vollkommen verschiedene Paar Schuh'

Wenn die Angst akzeptiert wird, heißt das doch lediglich dass die Angst nicht mehr bekämpft wird, dass sie als "gegeben/vorhanden" angenommen wird. Also ist die Angst immer noch da und somit wird auch nach wie vor der Umweg benutzt, nur jetzt ohne Selbstvorwürfe/Selbstzweifel/etc.
Und wenn man diese Selbstzweifel nicht mehr hat, müsste doch zumindest etwas einfacher werden bzw. sich etwas verändern?
Ich meine, irgendwie muss man dieser Angst begegnen und der Situation immer aus dem Weg gehen, geht auch nicht.
 
Und wenn man diese Selbstzweifel nicht mehr hat, müsste doch zumindest etwas einfacher werden bzw. sich etwas verändern?
Ich meine, irgendwie muss man dieser Angst begegnen und der Situation immer aus dem Weg gehen, geht auch nicht.
Die Selbstzweifel beziehen sich ja nicht auf die Art und Weise wie die Straße überquert wird, sondern lediglich auf das Gefühl der Angst in einem.
Unter "Angst akzeptieren" verstehe ich hier - mal ganz plump formuliert: Meine Angst ist nunmal da, damit muss/will/kann ich leben und dann gehe ich halt einen Umweg .... was soll's!

R.
 
Wenn diese Person anfinge, an "guten" Tagen trotz Angst die Straße an besagter Stelle zu überqueren, wäre die Angst genauso stark wie ohne Akzeptanz. Nach und nach würde die Angst aber durch die Gewöhnung und die mir-passiert-ja-gar-nichts-Einsicht weniger werden. Statt Angst wäre da dann nur noch Vorsicht, nehme ich an. Vermutlich würde ein unangenehmes Gefühl bleiben, aber es wäre nicht mehr so deutlich wahrnehmbar und leichter zu überwinden.

das ist der Weg, ja,
wenn er vorsichtig und regelmäßig beschritten wird.
Gut beschrieben (y)
 
Die Selbstzweifel beziehen sich ja nicht auf die Art und Weise wie die Straße überquert wird, sondern lediglich auf das Gefühl der Angst in einem.
Unter "Angst akzeptieren" verstehe ich hier - mal ganz plump formuliert: Meine Angst ist nunmal da, damit muss/will/kann ich leben und dann gehe ich halt einen Umweg .... was soll's!
OK....Wenn du das so formulierst, habe ich den Level der Akzeptanz nicht erreicht, denn ein "was soll's" fühle ich nur selten in Bezug auf die angstauslösende Situation.
Da stellt sich aber auch die Frage, wie man so weit kommen soll, wenn man bereits vor dem Eintreffen der besagten Situation Angst verspürt und danach einfach nur froh ist, es hinter sich zu haben.
 
Na ja, wenn man aber durch Zeitmangel (um beim Beispiel zu bleiben) dazu gezwungen wird, den angsbesetzten Weg zu nehmen, muss man sich dieser Angst stellen, ob man will oder nicht.
Dazu gezwungen zu sein ist nicht das gleiche wie sich freiwillig einer Situation zu stellen.

Da stellt sich aber auch die Frage, wie man so weit kommen soll, wenn man bereits vor dem Eintreffen der besagten Situation Angst verspürt und danach einfach nur froh ist, es hinter sich zu haben.
Es geht nicht darum keine Angst mehr zu haben, sondern die Angst als ein vorübergehendes Gefühl wahrzunehmen.

Hast Du Dich jemals freiwillig und so achtsam wie möglich der Angst-auslösenden Situation gestellt? Ich glaube nicht, dass ein wiederholtes Durchleben der Situation reicht. Wenn Du Dein Gehirn dazu kriegen willst umzulernen, muss Dein Gehirn auch andere Dinge tun als sonst, und dazu brauchst Du bewusstes Umdenken.

Was Du machen kannst ist das Angst-Level zu beobachten, sprich: auf einer Skala von 1 - 10 wie stark ist die Angst gerade?

Je intensiver Du mit der Beobachtung des Gefühls beschäftigt bist, desto weniger Zeit hast Du Dich in das Gefühl reinzusteigern. Je geübter Du beim Beobachten der Angst wirst, desto distanzierter wirst Du das Gefühl wahrnehmen. Das nimmt dem Gefühl die Dringlichkeit und Stärke. Theoretisch jedenfalls. Mit Angst habe ich es noch nicht ausprobiert, aber andere Gefühle habe ich so schon in den Griff gekriegt.

Danke übrigens für die Anregung, ich habe selbst noch so ein Thema, vor dem ich mich drücke. Jetzt weiß ich, wie ich das machen muss :ROFLMAO: Bisher war das Wissen zwar da, aber diffus. Blinder Fleck und so.
 
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OK....Wenn du das so formulierst, habe ich den Level der Akzeptanz nicht erreicht, denn ein "was soll's" fühle ich nur selten in Bezug auf die angstauslösende Situation.
Da stellt sich aber auch die Frage, wie man so weit kommen soll, wenn man bereits vor dem Eintreffen der besagten Situation Angst verspürt und danach einfach nur froh ist, es hinter sich zu haben.
Ich denke zwischen Angst und Angst ist immer noch ein himmelweiter Unterschied, weshalb es schwierig ist zu deiner Situation etwas zu sagen.

Ich hatte eine Freundin (letztes Jahr gestorben) die über Jahrzehnte Angstpatientin war. Das volle Programm, Tabletten, Therapien und auch immer wieder Klinikaufenthalte.

Das ist ein Stadium in dem jeder befragte Laie nichts mehr sagen kann (und sollte), weil es für ihn nichtmal annähernd nachzuvollziehen ist. Sie war krank.

Trifft das so auch für dich zu, bist du wegen Ängsten in Behandlung, oder krümelst du alleine vor dich hin und versuchst einer Angst Herr zu werden?

Ihren Satz "Am schlimmsten ist die Angst vor der Angst" fand ich für ihren Zustand sehr bezeichnend. Immer auf der Hut, immer angespannt darauf lauernd und wartend dass die nächste Panikattacke kommt. Da war kein Akzeptieren der Angst möglich, sie war ihr vollkommen ausgeliefert.

R.
 
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