Es gibt diese Idee, man müsse als Eltern immer geduldig sein mit den Kindern. Und wenn man merkt, dass man alles andere als geduldig ist, nämlich oft gestresst, genervt und voller Aggressionen, dann fühlt man sich auch noch schuldig dafür. Manche Leute gehen dann in eine Therapie und erwarten unterschwellig, dass die Therapie ihnen die Aggression irgendwie wegnehmen würde, damit sie dann danach diesem Bild entsprechen können, nämlich geduldige, wohlmeinende und freundliche Eltern zu sein. Und natürlich funktioniert das dann nicht, und dann stellt man die Therapie und den Therapeuten infrage und hat den Eindruck, dass das alles nichts gebracht hat. Und man ist noch immer gestresst, genervt und voller Aggressionen und fühlt sich noch immer schuldig dafür, und man hat noch immer das innere Bild, wie man als Eltern optimal zu sein habe. Vielleicht fühlt man sich jetzt zusätzlich auch noch als Versager, weil ja nicht einmal die Therapie geholfen hatte. Das ist ein Teufelskreis.
Rein theoretisch geht es bei solchen Dingen oft um Fürsorglichkeit versus Abgrenzung. Inwieweit bin ich für andere da? Inwieweit darf ich einfach für mich da sein (ohne mich deswegen schuldig zu fühlen)? Wieviel Freiraum (und Freizeit) für mich selbst brauche ich auch als Vater/Mutter? Rein theoretisch. Weil in der Theorie klingt das ja alles oft gut, aber was tun, wenn das Kind einfach brüllt und schreit und nicht will, wie man selbst will?
Wir erwarten in solchen Situationen irgendwelche brauchbaren Strategien und Tipps. Es ist aber meine Erfahrung, dass es so gut wie immer nötig ist, zuerst einmal einen klaren Blick auf sich selbst und die Situation zu gewinnen. Was beispielsweise ist es eigentlich genau, das mich aggressiv macht? Ist es vielleicht die enttäuschte und unerfüllte Erwartung, die Kinder sollten den guten Willen, denen man ihnen ja als Mama/Papa entgegenbringt, bitteschön auch entsprechend quittieren? (Müssen sie das? Gibt es irgendeine allgemeine Menschenpflicht, nach welcher sie das zu tun hätten?) Oder ist es das Gefühl, ständig nur Geber zu sein, und nie entsprechend zu empfangen? Geht es vielleicht letztlich nicht um eine enttäuschte Erwartung, dass man selbst nicht so ist, wie man gerne wäre? Wer wäre denn nun mal nicht gerne der Superpapa oder die Supermama, dauernd elegant angezogen, souverän im Umgang mit all den grossen und kleinen Alltagsproblemen, die Kinder ermutigend, tröstend, ihnen helfend, sie fördernd, dabei auch noch gut gelaunt, beruflich erfolgreich, ein erfülltes Sexleben und ein ausgeprägtes soziales Netz von Freunden, auf die man sich verlassen kann?
Die Frage, welche meiner Meinung nach gestellt werden sollte, wenn es um Erziehung geht, ist immer: Welche Vorstellungen und Ideen habe ich über mich selbst, welche Erwartungen stelle ich an mich selbst als Vater/Mutter? Und entsprechen diese Vorstellungen, Ideen und Erwartungen auch der Realität, sind sie auch wirklich erfüllbar?
Ich glaube, ohne diese Basis sind alle weiteren Erziehungsversuche letztlich unfruchtbar. Weil man gar nicht weiss und versteht, warum man tut, was man tut.
Hat man sich aber erst einmal mit dem eigenen Selbstbild als Eltern auseinandergesetzt, so heisst das nun leider noch lange nicht, dass dadurch auch nur ein einziges Problem aus der Welt geschafft wäre. Die Kinder sind immer noch widerspenstig und brüllen immer noch herum. Man selbst hat immer noch viel zu wenig Geduld und ist überfordert, aggressiv und hilflos.
Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied zu vorher: Man ist sich jetzt viel bewusster als zuvor darüber, wer man ist (und darum auch, was man echt will, und was man echt nicht will).
Gerade Pluto im 4. Haus erfordert, mehr als alle anderen Planeten, ein Bewusstmachen von unbewussten Inhalten.
tPluto Konj. rSonne: Wer bin ich wirklich? Wo schwanke ich ständig zwischen Ohnmachtsgefühl und dem umgekehrten Kompensationswunsch? Wo sehe ich mich als Opfer der Umstände?
Gerade wenn rChiron beteiligt ist, geht es immer auch um die Frage, wie mit eigenen alten Verletzungen umzugehen ist. Zusammen mit der Ohnmachtsfrage von PL/SO lautet die Sache also: Wo habe ich mich in der Vergangenheit dauernd als Opfer gesehen bzw. bin dauernd Opfer anderer oder äusserer Umstände geworden? Mit tPluto im 4. Haus und rChiron im 7. Haus ist, dürfte es höchstwahrscheinlich um die nächsten Mitmenschen im Heim gehen (also Partner und, ja, auch Kinder - aber mit Blick in die Vergangenheit auch um den eigenen Vater oder Autoritäten (Sonne) oder auch, je nach Sichtweise, die eigene Mutter (4. Haus)).
Vielleicht gibt es auch diesen Anspruch, es selbst als Eltern besser zu machen als die eigenen Eltern. Und dann sieht man, wie man es eben doch nicht unbedingt besser macht, sondern höchstens anders. Und das frustriert einen dann auch noch.
Ich glaube, in einer solchen Situation könnte womöglich ein Familienstellen eine geeignete Möglichkeit sein, um unverarbeitetes Material aufzuarbeiten. Nachdem ich das selbst einmal ausprobiert habe, bin ich von der Wirksamkeit der Methode überzeugt (allerdings gibt es beträchtliche Unterschiede bezüglich der Familiensteller; eine gute Information zuvor ist also unerlässlich). Gerade Pluto zeigt immer auch das Potential für jegliche Art von Bewusstseinsarbeit und Therapie an.