Wie wirkt sich Adrenalin auf die Psyche/Persönlichkeit aus?
Angstlösend, nehme ich an.
Wenn man Angst als dasjenige Grundgefühl versteht, welches der Liebe entgegensteht in einem polaren Gefüge, dann ist Angst dasjenige Gefühl, das einen zurückhält, während Liebe als Gefühl einen auf Anderes zutreibt.
Stehst Du zum Beispiel zum ersten Mal auf 4 km Höhe an einer offenen Flugzeugtür, hast Du im Normregelfalle Angst. Das bleibt nicht aus. Wenn Du dann rausspringst, braucht Deine Wahrnehmung erst mal eine Weile, bis sie sich orientiert hat und wieder weiß, wo oben und unten ist und was gerade passiert. Beim ersten Mal auf jeden Fall, es wird dann weniger und man wird immer bewußter in dieser "Angstsituation", die der Körper nicht kennt.
Wenn dann der Schirm aufgeht, dann fühlt man sich zum Platzen gefüllt mit Erlebtem, man ist total "high". Da ist Adrenalin pur in Dir, zusammengekommen durch die Situation, aus dem Flugzeug gesprungen zu sein und sich mit 220km pro Stunde auf die Erde zubewegt zu haben. Das ist dem Körper nicht ohne Weiteres eine gewöhnliche Situation und daher wohl dieser Prozeß.
Nach der Schirmfahrt und der Landung ist man dann voller Glücksgefühle, was man als Kribbeln am ganzen Körper spürt. Und gleichzeitig ist der Geist total ruhig, die Ohren sind offen und hören in die Natur bzw. auf dem Flugplatz herum, die Augen beschäftigen sich mit den Händen im Verbund mit dem Ordnen des Schirms und man fühlt sich wirklich außerordentlich wohl. Dieses Gefühl gibt es bei nichts Anderem, was man im Leben so tun kann.
Das Gleiche beim Autofahren, aber ganz anders: angenommen Du fährst so dahin auf der linken Spur einer bundesdeutschen Autobahn ohne Geschwindigkeitsbegrenzung und dann schert Onkel Rudolf am Steuer seines Opel Vectra B mir nichts dir nichts aus, um etwa 300 Meter vor dem Erreichen desselben einen LKW zu überholen. Jeder Andere hätte Dich vorbeifahren lassen, aber Onkel Rudolf konnte wegen seiner Sehschwäche und wegen des Gesprächs mit Tante Hedwig über das Verhalten des Neffen nicht abschätzen, wie schnell Du unterwegs bist.
Und jetzt kommt es auf Deine Persönlichkeit an und auf das Fahrzeug, in dem sie sitzt. Und Deine Psyche ist nun auch entscheidend:
Person A steigt in die Eisen und schafft durch eine Vollbremsung im viel zu schnell bewegten Kleinwagen es nicht, die Stoßstange von Onkel Rudolf zu meiden.
Person B steigt in die Eisen und sitzt in einem Fahrzeug mit guten Bremsen und Fahreigenschaften.
Person C bremst dosiert und lenkt das Fahrzeug rechts an Onkel Rudolf vorbei, um dann hinter ihm zu bleiben.
Person D fährt einen Ferrari und saust einfach rechts an Onkel Rudolf vorbei.
Alle diese Personen haben eine Adrenalinausschüttung, wenn Onkel Rudolf ausschert. Aber Person A ist nicht gewohnt, damit umzugehen, sie vergißt zu lenken. Person B im guten Fahrzeug bremst und das Fahrzeug schafft es, aber es hätte vielleicht auch schief gehen können. Person C ist wohl offensichtlich in der Lage, die Situation und damit auch die unwillkürlich in ihr stattfindende Adrenalinausschüttung zu kontrollieren. Und Person D ist ein Adrenalinjunkie: er negiert die Gefahrensituation, welche ja im Grunde nur aus der Regel heraus entsteht, nicht rechts überholen zu dürfen und braust weiterhin mit 220 dahin.
Ich denke man sieht an diesen Beispielen, daß Adrenalin gewöhnungsfähig ist. Im Umkehrschluß kann man daher auch von ihm abhängig werden. *winkewinke*
Adrenalinausschüttung hängt für mich mit dem Prozeß der Angstentstehung und der Überwindung der Angst zusammen. Wenn man "Angst" jetzt nicht als etwas Schlechtes, sondern nur als den natürlichen Gegenpol der Liebe betrachtet, dann hat Angst ja durchaus ihren Zweck. Man würde immer nur oh ja schreiben und auf alles zulaufen, würde verletzt werden und enttäuscht, würde unkritisch sein, wenn man nicht auch vor Dingen zurückschrecken würde. Angst ist als Pegelstand in uns beobachtet ein guter Wegweiser in unbekannten Situationen. Ein guter Umgang mit ihr kann so etwas wie ein Lichtlein sein, das ein Rotkäppchen durch den Wald zur Großmutter führt.
"Zuviel" Adrenalin führt dazu, daß man Angst weniger wahrnimmt bzw. man eine erhöhte Bereitschaft hat, sie zu überwinden. Das heißt man wird tatkräftiger, auch körperlich gibt dieses Hormon Kraft, weil es in den gesamten Organismus ausgeschüttet wird wie ein "rush". Es wirkt unmittelbar in allen Organen. Man ist dann quasi "angstblind", weicht nicht zurück vor Dingen, die andere beängstigen und das ist natürlich sehr schwierig. Auf der anderen Seite braucht es auch solche Leute, die sich selbst überwinden, um anderen voranzugehen. Und so weiter.
jou. Das fiel mir ein. Bis dann!
Trixi Maus