Adam träumt von seiner Mutter

Und ich genieße großen Respekt von Seiten der Mieter. Meine Anwesenheit allein reicht aus, dass im Haus alles rund läuft.

Ja, ich weiß. Da hab ich ein wenig übertrieben. So weit ist das nicht her, mit dem Respekt. Wie auch, als kleiner, unscheinbarer Hausbesorger? Da lebt man natürlich viel von seiner Einbildung :rolleyes:

Aber zu tun hab ich schon. Mehr als genug. Unter Tags muss ich oft Pacificatorix wecken. Wenn mir der einschläft, geht Litigatorix durchs Haus und wiegelt alle auf. Hin und wieder muss ich Imperatorix daran erinnern, dass er nicht mit Asinix Kartenspielen, sondern Beneficentiatix unterstützen und Invidiatix ein wenig in die Schranken weisen sollte. Und so weiter und so fort. Genug zu tun. Und ich arbeite ehrenamtlich. Bekomme nichts für diesen Job. Außer den freien Willen. Ja, als Hausmeister ohne Eigenschaften habe ich den freien Willen, sonst nicht. Als Hausbesorger kann ich frei entscheiden, welchen Hund ich wecke und welchen Hund ich schlafen lasse.

Aber ich geh eben auch außer Haus. Zum Einkaufen, zum kurzen Tratsch mit Freunden, zu irgendeiner Veranstaltung. Letzten Samstag war ich zum Beispiel beim Picasso in der Albertina. Oder ich geh in die Kneipe einen saufen. Und immer wenn ich außer Haus geh, bin ich nicht der Hausmeister. Und wenn ichs übertreib und zwei Wochen ins Wirtshaus geh, bricht die Hölle los in diesem Irrenhaus und ich verkriech mich im Keller und bin vier Wochen im Krankenstand.

Gott sei Dank ist da noch Herr Gott, der einsame Mieter ohne Gegenteil im letzten Stock.
 
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Gott springt für dich ein? :schmoll: Wie haste das denn hingekriegt?

Gott ist doch nur ein Männlein, ein Götze, den man anbeten kann, wenn die Angst vorm Verlorensein zu groß wird. Das pseudo-personifizierte Schutzschild. Das ist für mich der einzige Grund, warum ich den ganzen göttlichen Zauber nicht wirklich verurteile.

Ich meinte Herrn Gott... das ist der einsame Mieter ohne Gegenteil im Dachgeschoß. Ich lass ihn da wohnen seit ich denken kann und kassier keinen Zins, weil mit ihm hab ich auch keine Arbeit. Und er springt dafür ein, wenn ich nicht da bin oder hilft mir aufzuräumen, wenn ich kneipen war.

Die Verantwortung fürs eigene Tun müssen wir eh selber übernehmen. Kein Grund, sich da großartig den Kopf drüber zu zerbrechen.
Das sagt sich so leicht, doch so leicht ist es auch wieder nicht, Hausbesorger zu sein.

Schweine müssen das auch - jedenfalls die, die das Glück haben, noch in einer Halb-Freiheit zu leben.
Also die Schweine in meinem Haus kennen keine Verantwortung. Die wollen sich nur ausleben oder schlafen. :D

Das wahre Ich. Mhm???? Ich glaub nicht dran, dass irgendwer das jemals erkennt, geschweigedenn sich drauf besinnen kann. Wir sind doch alle sovielen Faktoren ausgeliefert, die Interaktion erfordern und das Ich ins Abseits drängen.
Als Hausbesorger ohne Eigenschaften kann ich mir das nicht leisten, ausgeliefertes Opfer zu sein.

Die Yogis oder ein paar wenige Mönche haben sich vielleicht mal so runterfahren können, doch uns Normalos bleibt das wohl eher verwehrt.
Was einem Yogi zusteht, steht auch einem Hausmeister zu. :rolleyes:

Wäre auch irgendwie übel, wenn plötzlich alle nur noch meditierend die Höhlen dieser Welt besiedeln würden. Ginge das gut?
Übel fände ich das nicht, wenn kein Übel zu beklagen wäre, auf der Welt, weil die Hausmeister Verantwortung übernommen haben.

Für mich wäre es sehr interessant zu wissen, was die Extremisten ins frei gewählte Nirvana geführt hat. Der Wunsch, dem Göttlichen nah zu sein? Oder eher Weltflucht? Depression? Das Gefühl, im Diesseits verloren zu sein? Mönche, sie sich einlehmen lassen in kleine Kämmerchen, wie Bauopfer mittelalterlicher Trutzbugren, von aussen Salz zu saufen bekommen, damit sie auch ordentlich austrocknen und kleine hübsche Leichen abgeben, sind mir jedenfalls mehr als suspekt. :D
Das weiß ich auch nicht, was Extremisten ins Nirvana führt. Ich weiß nur, was mich zum Hausmeister führt. Der Wunsch, wirklich Ich zu sein und meinen freien Willen zu finden. Doch mach dir keine Sorgen. Wenn ich mit dir rede, trete ich dir nicht in meiner Funktion als Hausbesorger entgegen. :clown:

Die Gedanken sind sinnlos, Monk.
Neidvoll muss ich aber zugeben, dass mir deine Gedanken doch immer wieder gefallen :)
Oh... Aequitatix, der Gleichmütige bemerkt soeben, dass deine Rede nicht von dir kommt, sondern im Moment Litigatorix und Invidiatix durch dich zu mir sprechen. Und Curiositatix, der Neugierige lässt dich fragen, welchen Sinn der Gedanke...

Die Gedanken sind sinnlos, Monk.
...hat :rolleyes:
 
Curiositatix, der Neugierige, soll mich morgen nochmal fragen. Stimmungsschankungen, Wankelmut...all diese menschlichen Gebrechen wirken gerade auf mich ein :schmoll:
 
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Vor Weihnachten.

Die Wochen vor Weihnachten hatte ich ja wieder mal ein kleines Tief, auch wieder bis zur Besinnungslosigkeit getrunken und am 22. Dezember die Bremse gefunden. Gott sei Dank. In der Nacht zum 23. die üblichen Entzugserscheinungen, Zittern, Schweißausbrüche, Schwarzes Loch und alles was dazugehört. Zur Beruhigung meiner Nerven habe ich zwei Nitrazepam-Tabletten eingeworfen. Das ist ein gängiges Medikament beim Alkoholentzug, sollte allerdings nur unter ärztlicher Aufsicht angewendet werden.

Irgendwann zwischen Mitternacht und Morgen "wach" ich auf, weil ich eine fremdartige Anwesenheit spüre. Ich sehe das Zimmer, mein Zimmer, in dem ich bin, den Tisch in der Mitte des Raumes, auf dem normalerweise Tag und Nacht eine brennende Kerze steht. Heute nicht, weil ich im Suff vergessen habe, welche einzukaufen. Alles ist so, wie im Wachzustand und ich denke auch wirklich, aufgewacht zu sein. Nur diese fremdartige Anwesenheit neben meinem Bett stört mich. Weil sie mir ganz einfach Angst macht, mich regelrecht lähmt, ohne etwas zu tun. Ich kann nicht sehen, was da neben mir am Bett sitzt, kann meinen Kopf nicht drehen, spüre nur, dass da Etwas ist. Vermutlich nur eine Projektion aus meinem Inneren, aber immerhin sehr energetisch auf mich zurückwirkend.

Ich liege da wie erstarrt und will auf diese Anwesenheit schimpfen, will sie fortschimpfen. "Hau ab! Verschwinde!" will ich rufen, doch kein Ton kommt über meine Lippen. Ich versuche, danach zu schlagen, doch meine Hand lässt sich keinen Millimeter bewegen. Ich bin wie gebannt. Aber ich gebe nicht auf, will nach diesem Etwas schlagen, weil ich mich bedroht fühle und irgendwann gelingt es mir, denn Bann zu durchbrechen. Mit einem Schrei drehe ich den ganzen Körper auf die linke Seite und die Faust saust auf den leeren Platz neben mir. Keiner da. Der Bann bricht, ich steh auf, geh aufs Klo und leg mich wieder nieder. Weiterschlafen.

In der Nacht vom 23. zum 24. Dezember wieder. Wieder habe ich zwei Beruhigungstabletten eingenommen und rgendwann zwischen Mitternacht und Morgen wach ich auf und wieder ist diese bedrohliche Anwesenheit da. Doch im Gegensatz zur letzten Nacht kann ich den Kopf und die Augen ein wenig nach Links drehen. Von der Bettkante zum Schreibtisch sind es ungefähr zwei Meter und in der Mitte dieser Distanz steht mein Schreibtischsessel. Eine seltsame Gestalt hockt da drauf, zeigt mir das Körperprofil und dreht mir das grinsende Gesicht zu. Hörner, wie die von einem Widder, ein dürrer menschlich-männlicher Oberkörper und das Unterteil wie von einer Ziege.

Ich sehe dieses Mischwesen ganz deutlich in meinem Zimmer sitzen und will es wieder anbrüllen. Doch weder kann ich aufspringen noch kommt ein Ton aus meinem Mund. Angst lähmt mir Glieder und Stimme. Dieses Ding berührt mich nicht physisch und tut nichts, was mir gefährlich werden könnte, im Gegenteil, es wirkt nicht einmal bösartig. Aber irgendwie ist mir nicht geheuer, was ich da sehe und ich würde es gerne vertreiben.

Plötzlich verändert sich etwas im Zimmer, was mich später vermuten lässt, dass es sich doch nur um einen Traum handelte. Das Tier springt aus der Hocke nach hinten, in die Mitte des Zimmers, wo normalerweise der Tisch steht und landet auf einem Objekt, das vorher nicht da war. Es sieht aus wie ein Totempfahl der Dakota, nur aus glänzendem Edelstahl oder Silber und es klingt wie wenn die Stäbe eines metallischen Windspieles aneinander schlagen. Dann springt das Tier wieder zurück auf den Schreibtischsessel. Noch ein Satz und weg ist es, als ob es durchs geschlossene Fenster ins Freie gesprungen wäre.

Der Bann löst sich, ich setzt mich auf und geh in die Küche. Ich hab Hunger, mach mir ein Brot und denk mir: "Die Nitrazepam-Tabletten sind der volle Scheiss, die muss ich wieder absetzen. Und überhaupt, die ganze Sauferei muss ich absetzen, sonst werd ich wirklich noch irre."

Traumbild, Wahn oder Projektion innerer Bilder, Pan der Hirtengott oder der leibhaftigeTeufel selber, was auch immer das für ein Ding war, für mich steht es symbolisch am tiefsten Punkt einer sinn und fruchtlosen Trinkerkarriere. Wie ein Wächter, den ich nicht überwinden will.
 
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... und was ich - offensichtlich und warum auch immer - einer Bemerkung wert finde:

Die Stille nach dem End von dem Lied


ist fast genau so, wie beim Original :D
 
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