Abschied vom Perfektionismus - Landen in der Leere!

Hallo Abraxas,

....wem sagt Du das!!! Ist aber vielleicht auch ein Motor zum Austieg...

Dieser Satz hat mich neugierig gemacht. Magt Du dazu etwas mehr schreiben? Was ist heute "in gewisser Weise perfekt" in Deinem Leben? Klingt doch erst mal wie ein Widerspruch.


Hallo wonder :)

Es liest sich vielleicht wie ein Widerspruch, ist aber keiner.

Teile ich den Satz mal auf:

1) Mein Leben ist in gewisser Weise perfekt
2) ohne dabei selbst noch allzu perfektionistisch sein zu müssen

zu 2) Damit habe ich die negative Seite des Perfektionismus angesprochen. Der Perfektionismus hat ja auch seine guten Seiten. Immerhin hat der "Drang", immer mein Bestes geben zu wollen, dazu geführt, daß ich früher während meiner Schulzeit meist gute Noten hatte. Auch im Beruf wurde ich (anfangs) für meine gewissenhafte, präzise und qualitativ hochwertige Arbeitsweise gelobt.

Die negative Seite des Perfektionismus ist halt die krankhafte Angst, Fehler zu machen und zu versagen und sich deswegen der Kritik von übergeordneten Autoritäten (z.B. Chef, Vorgesetzter, Schullehrer) aussetzen zu müssen! Wer läßt sich schon gerne kritisieren? Diese Angst vor Kritik verstärkt dann noch das Verlangen nach Perfektion und kann zu einer regelrechten "Besessenheit" ausarten. Bloß keine Fehler machen! Noch viel vorsichtiger, gewissenhafter und präziser arbeiten!

Und dann ändern sich die Zeiten: Plötzlich ist eher Quantität als Qualität gefragt. Doch wie soll das funktionieren? Bei gleicher Arbeitszeit und gleichen Arbeitsbedingungen soll auf einmal mehr geleistet werden? Das kann doch nur auf Kosten der Qualität gehen! Und Qualitätseinbußen können für einen Perfektionisten nur eines bedeuten ----> Streß!!!
Schließlich kommt man jetzt in einen Gewissenskonflikt mit seinen innersten Überzeugungen: Auf der einen Seite der eigene Anspruch an sich selbst, qualitativ immer sein Bestes geben zu wollen und auf der anderen Seite der Umstand, durch den Zeitdruck bedingt nicht mehr sein qualitativ Bestes geben zu können.

zu 1) Wie ich schon erwähnte, wurde meinem Perfektionismus (zuletzt) die Anerkennung verweigert. Ich fühlte mich auf meiner Arbeitsstelle nicht mehr wohl. Ich war unzufrieden, unglücklich. Und ich war mir der Streßsituation durchaus bewußt, in der ich mich befand. Dennoch habe ich mich noch einige Jahre weiter so "durchgeschleppt". Bis das Schicksal dann zuschlug, und mir innerhalb von 3 Jahren meine beiden liebsten Menschen nahm. Dadurch bedingt hatte sich schlagartig etwas in mir verändert, gewandelt. Viele Dinge hatten plötzlich ihre Bedeutung für mich verloren bzw. einen anderen Sinn bekommen. Alle Problemchen (inclusive meines Perfektionismus) erschienen mir auf einmal geradezu lächerlich. Meine Arbeitsstelle hatte ich dann aufgegeben. Ich muß allerdings auch eingestehen, daß meine wirtschafliche Situation es mir erlaubt, nicht mehr unbedingt einer Arbeit nachgehen zu müssen. Dennoch habe ich eine andere Arbeit angenommen, die ich jetzt bequem und streßfrei von zu Hause erledigen kann.

Der "spirituelle" Weg, auf dem ich mich seit vielen Jahren befinde, hat sein Übriges dazu beigetragen, mir gewisse Erkenntnisse und Einsichten zu vermitteln. Kurzum: Meine Einstellung zum Leben hat sich verändert. Und zwar so, daß ich sagen kann, daß mein Leben jetzt in gewisser Weise perfekt ist. (Wobei die Betonung auf "in gewisser Weise" liegt.)


PS: Ich dürfte das hier eigentlich gar nicht, weil mein "Seelenstriptease" dann bis in die Kindheit reicht, aber Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie erleichert und glücklich ich bin, dass Du das hier geschrieben hast.
Die Vorstellung, dass ich in jemandes Augen einen "Fehler" gemacht, etwas "kritikwürdiges" anderen Menschen gegenüber getan hab, macht mich echt fertig. Als ich Deinen 1. Beitrag gelesen hab, hatte ich Angst "Jetzt hat mich keiner im Forum mehr lieb". (albern gemessen an der Realität, aber total real in meinem gefühlsmäßigen Erleben)
Meine Angst fühlt sich fast wie Vernichtung an, ein bißchen wie Sterben müssen. Nur weil ich das Gefühl hatte, jemand könnte "böse" auf mich sein.

Vielleicht bin ich auch deshalb Perfektionistin, weil etwas "falsch machen" bzw. andere unabsichtlich enttäuschen oder verletzen, sich für mich wie Sterben müssen anfühlt.

Ich kann dich sehr gut verstehen und deine Gefühle nachempfinden!


Liebe Grüße :)
Abraxas

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Hallo, Ihr Lieben,

mische mich auch ein wenig in diese Debatte, weil es auch mich betrifft.

Ja, manchmal sind meine komplexen Höhenflüge für andere nicht mehr als ein "Pups", um den ich viel Wind gemacht hab. Mit etwas Abstand zu meinen "Ergüssen" kann ich die Anderen immer öfter verstehen.
Scheinbar besteht noch Hoffnung für mich.
Über mich selbst lachen können , hilft mir inzwischen sehr, wenn ich mal wieder zu hoch geflogen bin.

Auch ich habe solche Höhenflüge schon gehabt und mich wahnsinnig darüber gefreut. Nach einiger Zeit zieht man Bilanz und denkt: Was haben sie mir wirklich gebracht? Vielleicht nicht viel Sichtbares, doch die Freude, die man dadurch gehabt hat, hat man geflissentlich vergessen. Die Freude am Erfolg ist das Wesentliche würde ich sagen. Aber so wie ich die Freude von damals nicht mehr so gut in Erinnerung habe, so haben die anderen Menschen auch meine besondere Leistung nach einiger Zeit vergessen.

Soll ich deswegen traurig sein? Bestimmt nicht, doch wird es gut sein, wenn ich mich wieder um einen Höhenflug bemühe. Natürlich gelingt es nicht immer, gewisse Höhen zu erreichen, doch das ist ganz normal. Es geht hinauf, aber irgendwann einmal auch hinunter. Na, wenn schon, man kann sich auch im Tal wohlfühlen, überhaupt wenn man weiß, dass es eben im Leben ein Auf und Ab gibt und wenn ich Glück habe, trägt es mich vielleicht auch einmal ohne größere Anstrengung hinauf.

Überkommt mich einmal eine gewisse Leere, dann nehm ich sie an und hoffe, dass sich das bald ändern wird:

Wenn wir in diesem Leben bestehen wollen, und das wollen wir doch alle, schließlich geht es um unseren Lebensunterhalt, müssen wir uns nolens volens anstrengen. Dazu aber gehört wieder der Perfektionismus, denn was für ein Chef will schon für minderwertige Arbeit etwas bezahlen. Doch muss jeder für sich sein Limit feststellen. Man kann sich nämlich auf lange Sicht nicht andauernd überarbeiten. Dann muss man sich sagen: Ich habe mein Möglichstes getan und den Rest muss ich dem lieben Gott überlassen. Was dann immer geschieht, zum beruflichen Vor- oder Nachteil, ich muss es annehmen. Beim Anhängen an den Perfektionismus kommt es nämlich häufig zu Verkrampfungen und das tut niemanden gut.

Jeder aber muss für sich feststellen, was ihm gut tut, was er braucht um beruflich einigermaßen gut über die Runden zu kommen. Auf Lob sollte man gar nicht warten, schließlich bekommt man für gute Arbeit ja bezahlt. Bekommt man aber ein Sonderlob, dann sollte man es nicht als selbstverständlich hinnehmen sondern sich aus ganzem Herzen freuen. Mit der Freude tanken wir Kraft.

Und Angst haben alle Menschen, auch wenn es nicht ins Auge fällt. Die Angst sollten wir als ewas ganz Natürliches hinnehmen, es aber nicht zulassen, dass uns dieses Unbehagen verschlingt.

Leben bedeutet Angst aber auch Freude und in seltenen Augenblicken Glück.
Wir sollten nicht glauben, dass es den anderen in dieser Hinsicht viel besser geht. Irgendeine Angst hat jeder. Wir kommen einer übergroßen Angst nur so aus, dass wir uns ein schönes Hobby suchen. In der Kunst z.B. liegt viel Trost. Nur - so glaube ich - dürfen wir nicht verkrampft dem Erfolg nachlaufen. Auf Erfolg hinzuarbeiten ist legitim, nur stellt er sich nicht immer ein und das ist auch ganz normal. Es kommt auch vor, dass unsere Nächsten missgünstig sind und versuchen unsere Freude zu trüben. Man bleibt trotzdem derselbe Mensch, was immer sie von einem halten oder denken.
Ich liebe den esoterischen Gedanken:

Der Weg ist das Ziel

Ich würde mich vom Perfektionismus nicht verabschieden und schon gar nicht zu lange in der Leere verharren wollen, sondern meinen Weg gehen und nach Kräften mein Möglichstes tun. Gott ist mein Begleiter.

Liebe Grüße

eva07:zauberer1
 
Aber ich glaube ohne meinen Perfektionismus und dem, wozu er mich täglich antreibt, wäre mein Leben sehr leer.
Wenn ich nicht arbeiten würde und meinen anderen Leistungsanforderungen (s.o) nachkäme, ich glaube, ich wüßte gar nichts anzufangen mit meiner Zeit, bzw. würde in ein tiefes Loch fallen.
So ist der Perfektionismus für mich auch ein harter, aber wichtiger Schutz vor Langeweile, Leere, Einsamkeit und Traurigkeit.

Liebe Grüße
wonder
<<<Zitat>>>

Hallo Wonder,

irgendwie bekomme ich nicht raus, wie das mit dem Zitat einzelner Zeilen hinhaut. Jetzt hab ich es einfach kopiert. Sorry.

Ich gehe davon aus, dass Du entweder eine Stationsschwester im Krankenhaus oder in einem Altenpflegeheim bist. Kann sein, dass Du es irgendwo erwähntest, ich hab jetzt nicht alles gelesen.

Vielleicht könntest Du mal Abwechslung gebrauchen? Sprich, andere Menschen ohne Leid und Elend? Oder einfach mal in den Wald gehen und die Natur genießen?
Es wäre schön, wenn Du so bleiben könntest wie Du bist, denn Menschen, die auf die Dinge wirklich acht geben, die sehr wichtig sind, gibt es nicht so viele.
Wir brauchen Dich so wie Du bist.
Die Leere, die Du manchmal verspürst, kann es sein, dass Du eine bestimmte Aufgabe in Deinem Leben erfüllt hast und dann kein Ziel in dem Moment hast?

Hast Du Freunde, mit denen Du über Dein "Leid" reden kannst? (Außer hier) So richtig Auge ins Auge sehen, um Reaktionen zu sehen?

Ich denke in etwa zu wissen wie Du Dich fühlst. (Hab es jahrelang miterlebt, wie es einen Menschen fertig machen kann.)
Könnte mir vorstellen, dass Du öfter mal ein Umarmen brauchst. Nicht um Dir ein Lob auszusprechen, sondern einfach nur um Wärme und Nähe zu spüren.

Ich wünsche Dir ein Engel, der Dich umarmt und Dir Angst nimmt, wo keine sein bräuchte.

Licht und Liebe für Dich
Orion7
 
Sorry, wenn ich hier auch mal kurz mitschreibe, aber ich möchte mich nur für diese Aussagen bedanken:
Solange man "selber" nicht gut genug ist, oder solange der Mensch in der Behörde, dem ich etwas an den Kopf frickeln möchte, nicht gut genug ist, um für Dritte Gutes zu bewirken, solange habe ich Streß!! Und solange erreiche ich auch nicht alles, was ich mit meinem Mundwerk erreichen könnte.

Erst wenn ich innerlich weiß, daß Ich selber gut genug bin, der behördliche Partner gut genug ist und auch das System, in dem ich arbeite, gut genug ist um Gutes für Dritte zu tun, ist der Fall doch meist geritzt. Ich muß wissen: "es geht". Dann geht es.
Ist für mich persönlich grad *der* Denkanstoss, der wieder Vieles ins Fliessen bringt.
 
Perfektionismus (etwas bestmöglichst machen zu wollen) ist per se nicht schlecht, setzt er doch voraus, daß man sich intensiv mit bestimmten Sachverhalten auseinandersetzt. Das kann anstrengen, muss aber nicht.

Beinhaltet aber nicht zuletzt auch Optimierung - Kürze Würze - ohne dabei an Qualität zu verlieren, die Besinnung aufs Wesentliche. Vorher zu überlegen, was das genau ist und wie man am elegantesten dahin kommt, kann Ressourcen sparen (Zeit, Energie, Aufwand, etc) die anderweitig vielleicht sinnvoller wären.

Wenns dann auch noch dem abschliessenden prüfenden Blick standhält, ist das doch was schönes ...

Seh ich auch so - Optimierung statt Perfektionismus.

Ich muss sagen, dass ich auch immer wieder mit meinem Perfektionismus zu kämpfen habe - ich nenne es Ordnungssinn. Zu perfektionistisch kann bald mal pingelig sein, ohne wirklich besser zu machen, der Fluss des Natürlichen geht verloren und ein Bericht kann dadurch auch trocken und leblos werden.
 
Aber ich glaube ohne meinen Perfektionismus und dem, wozu er mich täglich antreibt, wäre mein Leben sehr leer.
Wenn ich nicht arbeiten würde und meinen anderen Leistungsanforderungen (s.o) nachkäme, ich glaube, ich wüßte gar nichts anzufangen mit meiner Zeit, bzw. würde in ein tiefes Loch fallen.
So ist der Perfektionismus für mich auch ein harter, aber wichtiger Schutz vor Langeweile, Leere, Einsamkeit und Traurigkeit.

Liebe Grüße
wonder
<<<Zitat>>>

Hallo Wonder,

irgendwie bekomme ich nicht raus, wie das mit dem Zitat einzelner Zeilen hinhaut. Jetzt hab ich es einfach kopiert. Sorry.

Ich gehe davon aus, dass Du entweder eine Stationsschwester im Krankenhaus oder in einem Altenpflegeheim bist. Kann sein, dass Du es irgendwo erwähntest, ich hab jetzt nicht alles gelesen.

Vielleicht könntest Du mal Abwechslung gebrauchen? Sprich, andere Menschen ohne Leid und Elend? Oder einfach mal in den Wald gehen und die Natur genießen?
Es wäre schön, wenn Du so bleiben könntest wie Du bist, denn Menschen, die auf die Dinge wirklich acht geben, die sehr wichtig sind, gibt es nicht so viele.
Wir brauchen Dich so wie Du bist.
Die Leere, die Du manchmal verspürst, kann es sein, dass Du eine bestimmte Aufgabe in Deinem Leben erfüllt hast und dann kein Ziel in dem Moment hast?

Hast Du Freunde, mit denen Du über Dein "Leid" reden kannst? (Außer hier) So richtig Auge ins Auge sehen, um Reaktionen zu sehen?

Ich denke in etwa zu wissen wie Du Dich fühlst. (Hab es jahrelang miterlebt, wie es einen Menschen fertig machen kann.)
Könnte mir vorstellen, dass Du öfter mal ein Umarmen brauchst. Nicht um Dir ein Lob auszusprechen, sondern einfach nur um Wärme und Nähe zu spüren.

Ich wünsche Dir ein Engel, der Dich umarmt und Dir Angst nimmt, wo keine sein bräuchte.

Licht und Liebe für Dich
Orion7


Orion7

Du bist echt süß und zum Knuddeln!
3.gif
 
Zitat:
Zitat von wonder
Vielleicht bin ich auch deshalb Perfektionistin, weil etwas "falsch machen" bzw. andere unabsichtlich enttäuschen oder verletzen, sich für mich wie Sterben müssen anfühlt.

Ist es genau das, was dich treibt, wonder?

Liebe Rita,

genau das ist es. Es hat früh angefangen, das Gefühl selbst "falsch" zu sein; einen Makel (meinen ungeliebten, weil behinderten) Körper ausgleichen zu müssen; keinen Platz für meine Trauigkeit zu haben, weil meine Eltern durch meine Behinderung schon belastet genug waren.
Auch heute noch fällt es mir schwer, Freundschaften zu anderen Menschen aufzubauen. Ich habe Angst eine Belastung für sie zu sein. Schlimmer noch als das mit der Belastung, ist meine Angst, andere könnten sich für mich (meinen Körper) schämen. Ich schäme mich auf jeden Fall für meinen Körper und bin einfach unendlich traurig. Wenn ich (intellektuelle) Leistung bringe, vergesse ich manchmal, dass ich diesen, von mir so ungeliebten Körper, habe. Ich fühle mich anderen ebenbürtig, manchmal sogar überlegen (*schäm* gibt man eigentlich nicht zu). Es ist schwer, sich nur als geistiges Kopfwesen durch die Welt zu bewegen. Inzwischen "vermisse" ich meinen Körper immer öfter auch in Beziehungen zu anderen Menschen. Wenn ich mich wieder mal mit einer Bekannten zu tiefgehenden (natürlich auch sehr differenzierten) Psycho-Gesprächen (viele Soz-Päds lieben das auch privat) treffe, würde ich inzwischen oft lieber einfach weinen oder in den Arm genommen werden. Aber solange ich meinen Körper nicht annehmen kann, und mich für meine Tränen vor anderen schäme, wird es dann doch wieder ein analysierendes Gespräch über (*geistiger Höhenflug*- gehen geht ja nicht) unsere private Situation.
Ich möchte als interessanter Gesprächspartner :reden: und lebenslustiger Mensch:) - was ich ja auch bin - gesehen werden. Ich habe Angst, die andere Seite in mir könnte diese Ansicht zerstören.
Eine behinderte Person an sich ist schon eine Belastung. Aber eine, die weint?!
Ich trau mich einfach (noch :)) nicht...
Aber ich bin lernfähig...(*hope so*)

Liebe Grüße

wonder
 
Orion7

Du bist echt süß und zum Knuddeln!
__________________
Alles Liebe, Sunnygirl



kann mich Sunnygirl nur anschließen, möchte mein herzliches:danke: auf Euch alle ausdehnen.
Würde am liebsten auf jeden Beitrag einzeln eingehen, schaffe es aber nicht.
Ihr seid:liebe1:

Viele liebe Grüße und noch viele Anregungen aus diesem Thread wünscht Euch
wonder

PS. Auch wenn sich viele Beiträge direkt an mich wenden, und ich auch sehr persönlich darauf anworte, möchte ich, dass es ein Thread für alle bleibt, die sich vom Thema angesprochen fühlen!!!
Wer mag, ist herzlich eingeladen, mir zu folgen und seine persönliche (Lebens)Geschichte zu erzählen. Für mich ist eine schwierige Gratwanderung zwischen offenem Anworten auf Eure Beiträge und der Wahrung meiner Intimsphäre. Letztendlich sind es aber unsere persönlichen Erfahrungen, die uns zu dem machen, was wir sind und auf deren Boden auch Veränderung passiert. Anderseits: bitte pfeifft mich zurück, wenn es Euch zuviel ("individueller Seelentriptease") wird. Es ist ein schöner Thread, er sollte nicht zu meinem "Ego" Thread verkommen!!!
 
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Liebe Wonder :)

Es hat früh angefangen, das Gefühl selbst "falsch" zu sein; einen Makel (meinen ungeliebten, weil behinderten) Körper ausgleichen zu müssen; keinen Platz für meine Trauigkeit zu haben, weil meine Eltern durch meine Behinderung schon belastet genug waren.

Du hast also versucht, deinen Eltern nicht noch zusätzlich zur Last zu fallen. Hm, und hast du mal gefragt, ob das wirklich eine Last gewesen wäre? Oder ob das eher dein (kindliches) Empfinden war?

Auch heute noch fällt es mir schwer, Freundschaften zu anderen Menschen aufzubauen. Ich habe Angst eine Belastung für sie zu sein.

Ja, das kenne ich auch sehr gut, niemandem zur Last fallen zu wollen. Es ist mühsam, zu lernen, sich anderen zuzumuten. Aber: Es geht. Es kann sogar Spaß machen, für andere (vorübergehend) eine Zumutung zu sein. Und zwar deshalb, weil du darüber Erfahrungen sammeln kannst und sehr spürbar und deutlich erfährst, dass das, was du als Belastung oder Zumutung empfindest, für andere gar keine sein muss oder weniger schlimm ist, als du dir vorstellst.

Schlimmer noch als das mit der Belastung, ist meine Angst, andere könnten sich für mich (meinen Körper) schämen. Ich schäme mich auf jeden Fall für meinen Körper und bin einfach unendlich traurig. Wenn ich (intellektuelle) Leistung bringe, vergesse ich manchmal, dass ich diesen, von mir so ungeliebten Körper, habe.

Weil du dich schämst, gehst du davon aus, dass andere sich auch schämen. Das muss aber gar nicht so sein. Traust du dich, Freunde zu fragen, ob sie sich für dich schämen?

Ich fühle mich anderen ebenbürtig, manchmal sogar überlegen (*schäm* gibt man eigentlich nicht zu). Es ist schwer, sich nur als geistiges Kopfwesen durch die Welt zu bewegen.

Finde ich nicht schlimm, das zuzugeben. Ich finde es ganz normal und gesund, sich "messen" zu wollen, zumindest ab und an.

Inzwischen "vermisse" ich meinen Körper immer öfter auch in Beziehungen zu anderen Menschen. Wenn ich mich wieder mal mit einer Bekannten zu tiefgehenden (natürlich auch sehr differenzierten) Psycho-Gesprächen (viele Soz-Päds lieben das auch privat) treffe, würde ich inzwischen oft lieber einfach weinen oder in den Arm genommen werden. Aber solange ich meinen Körper nicht annehmen kann, und mich für meine Tränen vor anderen schäme, wird es dann doch wieder ein analysierendes Gespräch über (*geistiger Höhenflug*- gehen geht ja nicht) unsere private Situation.

Du kennst als SozPäd doch sicher auch körperorientierte Verfahren. Mir hat eine solche "Sitzung" sehr geholfen, mich in meiner Körperlichkeit anzunehmen. "Körperlos" zu sein, nein, das ist nicht gerade erstrebenswert. Kannst du sagen, dass du in den Arm genommen, gehalten werden möchtest? Kannst du dir erlauben, zu fragen?

Eine behinderte Person an sich ist schon eine Belastung. Aber eine, die weint?!
Ich trau mich einfach (noch :)) nicht...
Aber ich bin lernfähig...(*hope so*)

Magst gleich anfangen, zu lernen?

Ein Mensch, der mir sehr, sehr nahe steht, ist behindert. Er traut sich, zu weinen. Es belastet mich weder das eine noch das andere. Du musst ja nicht gleich alles auf einmal angehen. Vielleicht kannst du damit anfangen, dir Tränen zu erlauben (die nicht ein jeder als Belastung empfindet). Oder du erlaubst dir, um eine Umarmung zu bitten. Das kannst du einfach üben, es wird nach und nach leichter werden.

Du kennst dich und deine Bedürfnisse doch schon sehr gut; ich bin sicher, du wirst sehr viel dazulernen und neue Erfahrungen machen. Und dann kann der Perfektionismus gehen, ohne dass du dich leer fühlst. Leere heißt auch, dass da Platz für Neues, für Anderes ist. Es ist Raum da, den du füllen kannst.

Alles Liebe
Rita
 
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