15 Jahre deutsche Einheit...

Hallo Herr Hundi, hallo woodpecker,

Romaschka und romy_hexe haben schon etliches gesagt.
Die Sache mit den Reparationszahlungen will ich aber noch mal aufgreifen:

Der wirtschaftlich schwächere (schon von der Industriestruktur her) und viel schwerer zerstörte Osten hat sämtliche Reparationen an die Sowjetunion gezahlt - für den Westen komplett mit.

Übereinstimmende Berechnungen von ostdeutschen und westdeutschen Wirtschaftsinstituten 1989/90 haben ergeben, daß dies zur Zeit der "Wiedervereinigung" einem Betrag von ca. 770 Milliarden DM entsprach!

nix eingezahlt?? hm?

zweitens verschaffte die deutsche Einheit der Wirtschaft West eine exorbitante Sonderkonjunktur. Längst gesättigte Märkte vergrößerten sich über Nacht , übervolle Lager bei Einzelhandel, Autoproduzenten, Textilherstellern etc. konnten auf einmal gewinnbringend abgebaut werden.
Von den etlichen hundert Milliarden DM, die als Transferleistungen in den ersten Jahren in den Osten flossen, sprudelten 60% umgehend wieder zurück in die Konzernkassen West.

Daß weite Teile der Industrielandschaft Ost den Bach runtergingen lag an zwei Hauptfaktoren: Zum einen ineffiziente Produktionsstrukturen in weiten Teilen der Wirtschaft (d.h. höhere Beschäftigtenzahlen und teils niedrigere technologische Standards als in vergleichbaren westeuropäischen/amerikanischen/japanischen Firmen)

Der wesentliche aber: Verlust der Wettbewerbsfähigkeit quasi über Nacht durch die Einführung der DM. Haupthandelspartner waren schließlich die ehem. Ostblockstaaten.
Die Einführung der DM hatte da in etwa denselben Effekt, wie es eine schöagartige Aufwertung der DM um den Faktor 5-6 für die Exportwirtschaft West gehabt hätte: eine chancenlose Verteuerung der Produkte für die bisherigen Export-Empfängerländer.

Da nicht alle hier Wirtschaftsfachleute sind eine Beispiel zur Illustration:

Der US-Computerriese Dell verkauft heutzutage Notebooks z.B. für 700 Euro in Deutschland. (entsprechend derzeit ca.850$). Mal angenommen, er hätte 40% Gewinnspanne und die reinen Herstellungskosten in USA lägen bei etwa 500$.

Wenn der Dollar zum Euro nun mal eben um Faktor 6 aufwerten würde, hieße das nichts anderes, als daß Dell nun einen preis von 4.200 Euro ansetzen müßte, um weiterhin die 850$ in seiner heimatwährung zu kassieren. Beziehungsweise 3.000 Euro, um wenigstens die Herstellungskosten abzudecken.

Preisfrage: um wieviel müßten die Löhne in USA und die Abgaben ungefähr gesenkt werden, damit Dell bei einer solchen sprunghaften Währungsaufwertung wieder konkurrenzfähig mit seinen Notebooks in Europa sein kann??




Hinzu kommt, daß schließlich auch der Osten Steuern und Sozialababgaben zahlt - und das nicht zu knapp.

Die strukturellen probleme der kapitalistischen warenproduktion (west) bestanden vor der einheit schon und wurden durch sie natürlich auch nicht gelöst. Sie wurden teilweise sogar vorübergehend abgemildert.

Was die Staatsfinanzen betrifft, so ist es unstrittig, daß die deutsche Einheit die Situation markant verschärft hat.
Die strukturellen probleme der Renten- und Krankenkassen bestanden freilich Mitte der 80er Jahre bereits für jeden klar erkennbar. Sie wurden durch die Einheit wohl versträkt- aber nun weiß Gott nicht geschaffen!

liebe Grüße Stephan


P:S: Auflösung der Preisfrage:
Von den 500$ herstellungskosten für einen PC sind maximal 150$ Lohnkosten, der Rest ist Material und Energie etc.
Bei einer Absenung der Lohnkosten auf Null müßte Dell immer noch einen Verkaufspreis von (500-150)*6 also rund 2.100 Euro erzielen, um nur die Kosten zu decken.

Antwort folglich: auch eine Senkung der Löhne um 100% (also kostenlose Arbeitskräfte ohne Löhne und Abgaben und Steuern) würde die Wettberwerbsposition nicht nennswert verbessern können und den Ruin des Unternehmens nicht verhindern.


Die schlagartige komplette Einführung der DM 1:1 bzw. 2.1 im Osten, v.a. auch als Währung für die Außenhandelsbeziehungen, hat den überwiegenden Teil der ostdeutschen Exportwirtschaft in eine geradezu ausweglose Wettbewerbslage geschoben, die keine Volkswirtschaft der Welt hätte bewältigen können.
Übereinstimmend in dieser Grundaussage nachzulesen bei fast allen renommierten Wirtschaftsforschungsinstituten, der Bundesbank, der OECD... etc.
 
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ElaMiNaTo schrieb:
(ich hab mir schon gedacht, dass nen roter punkt eingetrudelt kommt, kann ja nur so sein bei so einem Thema)
Hat bei Dir auch gestanden: "denken ist nicht jedem gegeben"? :D
Aber ich wette, ich wäre ein Genie, wenn ich das denken würde, was der Punkteverteiler/in auch denkt. :lachen:
Nun ja. Vielleicht ist mir das Denken nicht gegeben, aber auf jeden Fall bekam ich die Fähigkeit, niemanden für sein Denken zu "bestrafen", auch wenn ich dem nicht zustimme.
Ich glaube, ich bin damit ziemlich reich ausgestattet an Gaben. :D :lachen:
 
HerrHundi schrieb:
Hat bei Dir auch gestanden: "denken ist nicht jedem gegeben"? :D
Aber ich wette, ich wäre ein Genie, wenn ich das denken würde, was der Punkteverteiler/in auch denkt. :lachen:
Nun ja. Vielleicht ist mir das Denken nicht gegeben, aber auf jeden Fall bekam ich die Fähigkeit, niemanden für sein Denken zu "bestrafen", auch wenn ich dem nicht zustimme.
Ich glaube, ich bin damit ziemlich reich. :D :lachen:

Ich hab bisher nur einen roten Punkt kassiert. Hast du schon mehrere gesammelt ? Ich hab bisher nur einen roten. :lachen: Bei mir wurde das Denken nicht angegriffen ;)
 
ElaMiNaTo schrieb:
Ich hab bisher nur einen roten Punkt kassiert. Hast du schon mehrere gesammelt ? Ich hab bisher nur einen roten. :lachen: Bei mir wurde das Denken nicht angegriffen ;)
Naja, hast ja auch nicht Du gedacht, sondern die Oma. Ich habe sie wenigstens unterschrieben... :lachen:
Habe 2 bis jetzt. Den zweiten habe ich bekommen wegen der Seele der Plüschtiere. :(
Habe gezweifelt, dass sie welche hätten, nicht gezweifelt am Mangel der Tassen im Schrank der Autorin der Behauptung. :D

Ah, wer auch immer es war, hat mich sehr zum Lachen gebracht. :D
 
ein wunder daß ich noch keine roten kassiert habe nachdem ich meinen schnabel hiier im thread so weit aufgerissen habe:D
wer weiß kommt vielleicht noch...

find ich jedenfalls super seine meinung zu sagen zu dem thema.
die grenzöffnung war für mich so das ergreifendste in der geschiche, was ich erlebt habe.
mal sehen vielleicht schreibe ich mal einen kleinen bericht wie ich die ddr erlebt habe.
 
Daß eine Menge schief gelaufen ist bei dem Prozess der Vereinigung, wird niemand bestreiten.
Das es für diesen Vorgang keinerlei Erfahrungen gab, ist auch klar.
Das daß Hauptproblem ein ökonomisches ist, liegt auf der Hand.

Am meisten habe ich es bedauert, daß der Vorschlag vom Altkanzler Helmut Schmidt, die ehem. DDR zur Sonderwirtschaftszone mit erheblichen steuerlichen Vergünstigen für Unternehmen zu machen, vom dicken Helmut mit Arroganz abgeschmettert wurde. Er wollte die Einheit aus der Portokasse bezahlen.
Bei Schmidts Vorschlag hätten Viele Unternehmen im Osten investiert, und die Leute hätten sich ihr Geld selbst verdienen können, statt massenhaft am sozialen Tropf zu hängen, oder in den Westen abzuwandern.
Wer den Osten mal mit wachen Augen bereist, sieht wunderbar renovierte Stadtkerne und verkommene und verlotterte Wohngebiete, weil teilweise bis zu 50% unbewohnt.
Die Plattensiedlungen an den Rändern der großen Städte sehen viel misserabler aus als zu DDR - Zeiten.
Es gibt nur ein primäres Problem im Osten, und alle anderen sind davon abgeleitet, Arbeit, Arbeit, Arbeit. Arbeit schafft nicht nur Wohlstand, sondern auch Selbsbewußtsein. Arbeitslosigkeit von 20 - 30% ist zerstörerisch.
 
Was mir auch ein Dorn im Auge ist, ist die Tatsache das beim Aufbau Ost immer nur von Infrastruktur geredet wird. Seit nunmehr 15 Jahren wird in Infrastruktur investiert und Merkel meint heute noch, es muesse die Infrastruktur verbessert werden. Bitte? Die letzten 15 jahre haben gezeigt, dass Infrastruktur nicht reicht. Es muss in Arbeit investiert werden. Die Infrastruktur ist doch schon viel besser geworden. Wir brauchen keine schnelle und Schlaglochfreie Straßenanbindung zu den Arbeitsämtern sondern wir mussen die Arbeit dort ankurbeln.

Wir müssen dafür sorgen, dass die Kaufkraft gestärkt wird. Wir brauchen die Angleichung der Löhne. Es kann nicht sein das die Lebenshaltungskosten genauso hoch wie in Westdeutschland sind und das verfügbare Geld nicht ausreicht.

Seit 15 Jahren ist die Lüge verbreitet worden, dass weniger Löhne mehr Wachstum bringen. Wo bitte schön ist der Wachstum dort geblieben?
 
JimmyVoice schrieb:
Wir brauchen keine schnelle und Schlaglochfreie Straßenanbindung zu den Arbeitsämtern sondern wir mussen die Arbeit dort ankurbeln.

Wir müssen dafür sorgen, dass die Kaufkraft gestärkt wird.

Wo bitte schön ist der Wachstum dort geblieben?
Dies gilt aber leider nicht nur im Osten, sondern auch mittlerweile wieder im Westen.
 
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